Hansen | Homers Odyssee | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

Hansen Homers Odyssee

Die Simpsons und die Literatur
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-7453-0183-0
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Die Simpsons und die Literatur

E-Book, Deutsch, 200 Seiten

ISBN: 978-3-7453-0183-0
Verlag: riva
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Die Simpsons haben sich über mehr als 600 Episoden auch bei uns zu einem Kult entwickelt. Ganze Generationen sind mit der gelben Familie aufgewachsen, Zitate wie 'Nukular' sind allseits bekannt und die vielen Fanartikel finden reißenden Absatz. Dieses Buch beleuchtet einen ganz besonderen Aspekt: die literarischen Anspielungen in der Serie. Hiervon gibt es reichlich, Shakespeare taucht ebenso auf wie Poe's Rabe Nimmermehr, Mark Twain, Ernest Hemingway oder Joanne K. Rowling - und nicht zuletzt spricht der Name der Hauptfigur Homer für sich. Ein Buch für alle Fans, die mehr über die Hintergründe der Serie erfahren möchten.

Mathias Hansen wurde 1990 in Berlin geboren und gehört damit zu einer Generation, die mit den Simpsons groß geworden ist und für die kein Tag ohne ein Serienzitat vergeht. Er hat Kulturwissenschaften in Frankfurt (Oder) und Literaturwissenschaften in Paderborn studiert, wo er seitdem lebt.
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SEIN ODER NICHTSEIN?

Über William Shakespeare

Manchmal ist es schon fast beängstigend, wie sehr sich literarische Zitate, Szenen oder Figuren verselbstständigen. In der Simpsons-Episode »Down by Lisa« beispielsweise reicht der Anblick eines kostümierten Schülers mit einem Schädel in der Hand aus, um uns direkt an Shakespeare zu erinnern. Er muss die berühmt gewordene Phrase »Sein oder Nichtsein? Das ist hier die Frage!« nicht einmal aussprechen, um den Zuschauer die Hamlet-Referenz erkennen zu lassen.

Zu oft haben wir Menschen mit Totenköpfen in der Hand diese acht Worte sprechen hören, als dass wir diesen Wink mit dem Zaunpfahl nicht sofort erkennen würden. Da ist es dann auch eher nebensächlich, dass der Schädel in Wahrheit gar nicht in derselben Szene zu sehen ist, in der das berühmte Zitat auftaucht. Tatsächlich handelt es sich dabei im Original um zwei verschiedene Szenen: In einer hält Hamlet einen Schädel in der Hand, in der anderen stellt er die berühmte Frage nach dem Sein oder Nichtsein.

Dies alles tut dem Ruhm des Autors, der hinter alldem steckt, natürlich keinen Abbruch. Wenn man über William Shakespeare (1564– 1616) schreibt, kann man sich sehr schnell in einer Anhäufung von Superlativen verlieren. Machen wir es daher kurz: William Shakespeare gilt als größter Autor aller Zeiten. Punkt. Auch wer bemüht ist, das Feld Literatur etwas genauer zu differenzieren, wird sich zumindest noch zu der Formulierung »größter Dramatiker aller Zeiten« hinreißen lassen.

Über Shakespeares Leben ist wenig bekannt, doch das gilt für die meisten Menschen seiner Zeit. Dennoch gibt dieser Umstand den Skeptikern Zündstoff, daran zu zweifeln, dass Hamlet oder Romeo und Julia tatsächlich vom Sohn eines Handschuhfabrikanten verfasst wurden. Ungeachtet aller Zweifel gelten die Werke, die unter Shakespeares Namen verkauft werden, zusammen mit denen Homers (siehe Kapitel 1) als bedeutendste der weltlichen Literaturgeschichte. Seine Komödien und Tragödien zählen zu den am häufigsten aufgeführten und verfilmten Bühnenstücken der Weltliteratur. Seiner Berühmtheit sind derlei Diskussionen nur förderlich: Gut vierhundert Jahre nach Shakespeares Tod erscheinen jährlich etwa fünftausend Bücher über den Engländer. Alltägliche Sprichwörter und Redewendungen wie »Da ist was faul im Staate Dänemark« oder »Alter schützt vor Torheit nicht« gehen ebenfalls auf ihn zurück. Zudem ist er derzeit der Autor mit den meisten Referenzen bei den Simpsons.

Seinen ersten, jedoch relativ unbedeutenden Auftritt hat er bereits in der zweite Folge der ersten Staffel, »Bart wird ein Genie«: In der Hochbegabtenschule steht ein Sammelband seiner ersten fünfzehn Dramen im Regal. Interessanter wird es jedoch in »Bösartige Spiele«, einer Halloween-Folge: Durch einen Zauber erweckt Bart aus Versehen alle Verstorbenen zum Leben, weshalb auch William Shakespeare als Zombie durch Springfield wandelt. Homer erschießt ihn schließlich, was dieser mit »Dies ist das Ende des Zombie-Shakespeare« kommentiert. In »Allgemeine Ausgangssperre« entpuppt sich Nelson – überraschenderweise – als Kulturbanause. Als er einen Splatterfilm mit dem Titel Das Blutgemetzel sieht, zeigt er sich begeistert von den vielen Toten: »Ich habe Shakespeare nie gemocht, bis zum heutigen Tag.« An und für sich ist diese Aussage natürlich ausgemachter Blödsinn: Weder hat Shakespeare die Vorlage für diesen fiktiven Film geliefert noch weist diese auch nur irgendwelche Parallelen zu Shakespeares Werken auf. Nun ja, bis auf eine Kleinigkeit: In Shakespeares Dramen sterben tatsächlich auffällig viele Leute. Die Spitze markiert das etwas weniger bekannte Stück Titus Adronicus mit ganzen vierzehn Toten. Doch auch bekanntere Dramen stehen dem kaum nach: Hamlet kommt immerhin noch auf insgesamt acht Tote.

Dieser Shakespeare-Klassiker wird in der Folge »Drei uralte Geschichten« aufgegriffen. Homer liest die Geschichte seinen Kindern vor. Die Handlung wurde zwar auf das Wesentliche heruntergebrochen, doch im Kern hielten sich die Simpsons-Macher an die Vorlage: Hamlet (Bart), der Prinz von Dänemark, erfährt, dass sein Onkel Claudius (Moe) sich unrechtmäßig den Thron gesichert hat, indem er Hamlets Vater (Homer) vergiftete. Um sich dessen zu vergewissern und Claudius zu überführen, lässt der Prinz ein Schauspiel aufführen, in dem genau diese Intrige dargestellt wird. Im Verlauf seines Rache-plans ersticht er aber aus Versehen Polonius (Chief Wiggum), dessen Sohn Laertes (Ralph) ihn rächen soll. Laertes berät sich mit Claudius und fordert Hamlet schließlich zum Duell.

In Shakespeares Vorlage ist Laertes’ Degen mit Gift getränkt, ebenso wie Hamlets Kelch damit gefüllt ist. Königin Gertrude (Marge), Hamlets Mutter, trinkt daraus und stirbt. Im Laufe des Duells vertauschen beide Kontrahenten ihre Degen, woraufhin Laertes getroffen wird und stirbt. Doch auch Hamlet wurde zuvor durch den vergifteten Degen verletzt, sein Tod steht also unmittelbar bevor. Mit letzter Kraft zwingt er Claudius, den Kelch zu leeren. Die Simpsons-Version variiert dieses Ende auf ihre ganz eigene Weise: Laertes (Ralph) ersticht sich durch Ungeschicklichkeit selbst, Hamlet (Bart) ersticht – wie im Original – Claudius (Moe), rutscht danach aber auf einer Blutlache aus und liegt bewusstlos auf dem Boden. Königin Gertrude (Marge) denkt nicht daran, die Sauerei aufzuwischen, und schlägt sich selbst mit einem Morgenstern k. o.

In einer anderen Folge, »Homer als Restaurantkritiker«, besucht Homer das Springfield Dinner Theater, in dem Krusty der Clown Shakespeares King Lear darbietet. Doch seine Witze zünden nicht. »Ihr dürft ruhig lachen, das ist eine Komödie!«, fordert er sein Publikum auf, woraufhin ihm ein Nebendarsteller »Nein, ist es nicht!« ins Ohr flüstert. Krusty durchblättert daraufhin ungläubig das Skript. »Diese Texte sind nicht zum Aushalten! Die Geschichte muss viel spannender werden. Oh, ich hab’s! König Lear mal anders: Die Königin tritt auf im Bikini!« Das Publikum buht, doch Krusty gibt nicht auf: »Dann erzähl ich eben ’nen Witz. Klopf, klopf, wer ist da? Julia! Julia wer? Julia hat so viel Spaghetti und Bohnen gegessen, dass Romeo sie jetzt nicht mehr will.« Erneute Buhrufe. »Oh, ein schlechtes Publikum! Wie kann man nur Shakespeare ausbuhen?«

Bühnenshow

Tatsächlich hat Krustys Darstellung viel mit dem modernen Theater gemeinsam. Heutzutage holt eine »herkömmliche« Aufführung des Originalskripts eines Shakespeare-Stücks kaum noch jemanden hinter dem Ofen hervor. Doch die Maßnahmen, die so mancher Regisseur deshalb ergreift, sind ebenso fragwürdig wie Krustys schlechte Pointen: Die Stücke werden zuweilen so stark verfremdet und verunstaltet, dass nun wirklich nicht mehr die Rede davon sein kann, dass das unzufriedene Publikum Shakespeare ausbuht. Mit Shakespeare haben moderne Inszenierungen seiner Stücke nämlich immer seltener etwas zu tun.

Darüber hinaus taucht Shakespeare mehrmals in kürzeren Szenen, manchmal auch nur im Hintergrund auf. In »Die Queen ist nicht erfreut!« hängt ein Porträt von ihm im Schlafzimmer der Queen. Es verdeckt einen Geheimgang. In »Homer, hol den Hammer raus!« ist er auf einem Plakat in einer Buchhandlung zu sehen. Und als Homer in »Der Tod kommt dreimal« aus Versehen Krusty umbringt, was diesem zu großer Popularität verhilft, bitten ihn plötzlich auch andere Prominente, sie umzubringen. Dabei sieht man berühmte Personen, die bereits im Himmel sind – neben John F. Kennedy, John Lennon, George Washington und Abraham Lincoln auch William Shakespeare. Und übrigens sogar den Musiker Prince, der zu diesem Zeitpunkt noch am Leben war!

Auch ein Unternehmer im Fastfood-Business scheint ein großer Shakespeare-Fan zu sein. In gleich mehreren Folgen ist zu sehen, dass die Springfielder ihr Hähnchen aus Pappeimern von Shakespeare’s Fried Chicken, kurz SFC, essen. Zudem ist in der Folge »Der Vater, der zu wenig wusste« ein Restaurant mit dem Namen Hangover Hamlet zu sehen, welcher auf die real existente Kette namens Hamburger Hamlet anspielt.

Dennoch kann man nicht davon sprechen, dass Shakespeare in Springfield ausnahmslos allen vertraut wäre. Als Moe seine Tränen darüber, dass er gerade einen sehr teuren Wein an Marge und Homer für nur vier Dollar verkauft hat, trocknen möchte, greift er in »Marge im Suff« zu dem Manuskript von Shakespeares The Two Noble Kinsmen (dt. Die beiden edlen Vettern ) – welches noch deutlich wertvoller als der Wein sein dürfte. Tingeltangel Bob hingegen ist ein echter Shakespeare-Kenner. Dieser Umstand rettet den Simpsons in »Begräbnis für einen Feind« sogar das...


Mathias Hansen wurde 1990 in Berlin geboren und gehört damit zu einer Generation, die mit den Simpsons groß geworden ist und für die kein Tag ohne ein Serienzitat vergeht. Er hat Kulturwissenschaften in Frankfurt (Oder) und Literaturwissenschaften in Paderborn studiert, wo er seitdem lebt.



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