E-Book, Deutsch, Band 180, 64 Seiten
Reihe: Mythor
Haensel Mythor 180: Gorgans Heer
1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-8453-9932-4
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
E-Book, Deutsch, Band 180, 64 Seiten
Reihe: Mythor
ISBN: 978-3-8453-9932-4
Verlag: Perry Rhodan digital
Format: EPUB
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Als Mythor in der durch ALLUMEDDON veränderten Welt zu sich kommt, dauert es geraume Zeit, bis unser Held in gewohnter Manier zu handeln vermag. Inseln des Lichts zu gründen und die Welt vor einer erneuten Invasion durch die Horden Xatans zu schützen ist sein Ziel. Und dieses Ziel erreicht er im Drachenland. Der weitere Weg unseres Helden ist verschlungen. Da geht es um die Spur der Albträume, um die Gründung weiterer Oasen des Lichts, um Coerl O'Marn, den Albtraumritter, der über das DRAGOMAE, das Werk der Weißen Magie, verfügt. Es geht auch um die anbrechende Auseinandersetzung zwischen Gorgan, dem Krieger, und Vanga, der Hexe, und um die Waffen des Lichtboten. Und es geht schließlich um das BUCH DER ALBTRÄUME, dessen einzelne Kapitel in Verstecken ruhen, die vor dem Zugriff der Finstermächte sicher zu sein scheinen. Wie trügerisch diese Sicherheit ist, bewies der Raub des ersten Kapitels durch den Dämon Trillum. Und auch das vom Krieger Gorgan in Sworgeda bewachte zweite Kapitel konnte entwendet werden. Gorgan selbst scheint es aber nicht viel auszumachen, dass Xatan ihn überlistete. Der Krieger rüstet jetzt zu neuen Taten. Sichtbarer Ausdruck dieser Bestrebungen ist GORGANS HEER ...
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2.
In den vergangenen Tagen hatte ich Zeit und Muße gefunden, Mythors Verhalten zu beobachten. Gorgan gegenüber gab er sich nach wie vor äußerst zurückhaltend; der Krieger tat allerdings auch von sich aus nichts dazu, was die recht frostige Beziehungen zwischen ihnen hätte verändern können.
Etwas lag in der Luft, wie man so schön zu sagen pflegt. Über kurz oder lang würde sich diese Anspannung wohl in einer handfesten Auseinandersetzung entladen, in einem Zweikampf zwischen Mythor und dem »wiedergeborenen« Krieger Gorgan.
In manchem wirkten beide einander ähnlich, auch wenn sie selbst dies wohl als letzte einsehen würden. Trotzdem war ich versucht zu sagen, dass Welten sie trennten.
Wegen seiner Größe von beinahe sieben Fuß, seinen breiten Schultern, dem mächtigen Brustkorb und den muskulösen Armen und Beinen durfte ich Gorgan getrost als Hünen bezeichnen. Stiernackig, mit kantigem, zerfurchtem Gesicht und ausgeprägten Kiefern wirkte er wie der geborene Kämpfer, der nichts und niemanden fürchtete. Seine dichte, eisengraue Lockenpracht ließ vermuten, dass er ungezählte Winter gesehen hatte, dennoch vermochte niemand zu sagen, ob er nun fünfzig war oder tausend. Obwohl das Leben ihn gezeichnet hatte, blieb er eine zeitlose Erscheinung. Die meisten Flüche und Verwünschungen, die er benutzte, hatte ich bisher nicht zu Ohren bekommen. Und das will einiges heißen. Für mich war Gorgan nicht nur rüde und grob, ich hätte ihn am ehesten als polternden Radaubruder charakterisiert. Wenn Vanga, die Hexe, ihm nur in etwa entsprach, so musste sie ein keifendes, bissiges Weib sein, um das man besser einen weiten Bogen schlug.
Wäre ich vor die Wahl gestellt worden, mich zwischen Mythor und Gorgan zu entscheiden, sie wäre mir gewiss nicht schwergefallen. Und das nicht nur, weil ich schon vor ALLUMEDDON Seite an Seite mit Mythor manches Abenteuer bestanden hatte.
Mythor war einfach ... anders. Er war eben menschlicher, schwang sein Schwert nicht um des Kampfes willen, sondern versuchte oftmals sogar, sich in seine Gegner hineinzuversetzen. Er wusste, dass es ein Unding war, die Welt und ihre Bewohner nur nach Gut und Böse einzustufen, denn im Grunde genommen konnte das eine ohne das andere nicht existieren. Mitunter genügte auch ein unscheinbarer Anstoß, um einen bislang guten Menschen den Finstermächten in die Arme zu treiben. Kalaun war in der Hinsicht ein besonderes Beispiel gewesen.
Warum ich das erzähle? Zum einen finde ich, dass es an der Zeit ist, sich Gedanken über unsere Existenz zu machen. Alle, die ALLUMEDDON mehr oder weniger gut überstanden haben, sollten sich damit befassen. Zum anderen glaube ich zu wissen, wer Mythor ist und was er wirklich kann. Er hat sehr wohl konkrete Vorstellungen von seinen Zielen, aber er hält sich gerne zurück. Ich bin nicht der Meinung, dass ihm diese Toleranz anzukreiden ist. Im Gegenteil. Jetzt, da ich endlich eine Vergleichsmöglichkeit habe, fange ich an zu begreifen, was für einen Freund wir in Mythor besitzen. Eines Tages wird er in der Lage sein, die Massen zu begeistern und mitzureißen. Aber nicht wie Gorgan durch rüden Tonfall und indem er bedingungslosen Gehorsam fordert, sondern einzig und allein durch Überzeugung.
Auch äußerlich wirkt er anziehender als Gorgan. Er ist groß und schlank, kräftig, aber keineswegs übertrieben muskulös. Seine hellen, in der Dämmerung manchmal einen Hauch gelblich schimmernden Augen bilden einen angenehmen Kontrast zu seiner dunkleren Haut und dem dunklen Haar, das er halblang und glatt bis fast auf die Schultern trägt. Sein Kinn zeugt von unbeugsamem Willen, die scharfrückige Nase lässt eine edle Abstammung vermuten, obwohl er selbst noch immer nicht weiß, wer er eigentlich ist. Für mich ist er der Sohn des Kometen. Die Zukunft wird zeigen, ob ich recht behalte.
»Träumst du?« Seine kraftvolle Stimme schreckte mich aus meinen Gedanken auf.
»Vielleicht«, erwiderte ich nur. Ohne auf den Weg zu achten, stapfte ich durch den knirschenden Schnee. Das Gebirge gefiel mir nicht. Je eher wir in tiefergelegene Regionen gelangten, desto besser.
Gorgan hatte sich geweigert, sich von Coerl O'Marn mit Hilfe des DRAGOMAE nach Skarpalien bringen zu lassen, weil er den anstrengenden Fußmarsch zum Aufwärmen nutzen wollte und um seine in langen Jahrhunderten eingerosteten Glieder zu trainieren. Allerdings hieß das nichts anderes, als dass er den Kampf suchte.
Gorgan trug die Ausrüstung des Lichtboten, das Gläserne Schwert Alton, den Sonnenschild, Sternenbogen und Mondköcher. Dazu hatte er von Coerl O'Marn eine passende Rüstung erhalten, die im Land der Heroen für den Tag seiner leiblichen Rückkehr aufbewahrt worden war. Was Wunder, dass er es sich in gespielter Großzügigkeit erlauben konnte, Mythor den Helm der Gerechten zu überlassen. Er habe immer nur barhäuptig gekämpft, hatte er gesagt, und im Übrigen benötige ein wirklicher Held keinen solchen Firlefanz.
Eigentlich muss ich Mythors Gelassenheit bewundern. An seiner Stelle hätte ich vermutlich die Beherrschung verloren, obwohl Gorgans Provokation offensichtlich gewesen war.
Ich kam mir vor wie auf dem Dach der Welt. So weit das Auge reichte, türmten sich zerklüftete Felsmassive auf. Wenn ich daran dachte, dass die Hirdanai überwiegend gebirgig war, fühlte ich mich gar nicht sonderlich wohl.
Warum mussten wir dem Krieger folgen?
Wir hätten uns von Coerl O'Marn mittels des DRAGOMAE an einen angenehmeren Ort bringen lassen sollen. So wie Luxon, der jetzt schon in Logghard weilte, um seine Untertanen für Gorgan zu begeistern.
*
Zum Glück gab es immer wieder windstille, geschützte Plätze, wo die Sonne die Felsen erwärmte und den Schnee schmolz. Dort wucherte Moos, blühten Blumen, und kleine Rinnsale tropften über die Steine, um nachts zu bizarren Eisgebilden zu erstarren.
Ich genoss die wenigen Augenblicke der Ruhe, wenn ich mich auf den warmen Felsen ausstrecken konnte, während die Gefährten ihren Weg fortsetzten. Dass ich mich hinterher sputen musste, um sie wieder einzuholen, war meine Sache. Aber es tat gut, faul in der Sonne zu liegen, zu spüren, wie sich jedes einzelne Haar an meinem Körper aufrichtete.
Eine seltsame Schleifspur im Schnee weckte meine Neugierde. Die Spur endete abrupt, begann einige Schritte entfernt von neuem. Ich fing an zu graben, doch der Schnee war derart verharscht, dass ich mir die Finger aufschürfte.
Völlig unerwartet tauchte neben mir ein unterarmlanger, nur zwei Fingerbreit durchmessender Wurm auf, der sich ruckartig vorwärtsbewegte. Als ich ihm den Weg vertrat, fraß er sich in Windeseile in den Schnee hinein.
Eine Vielzahl dieser Spuren führte zu einer engen Schlucht und verlor sich dort.
Schon wollte ich wieder den Gefährten folgen, da vernahm ich das Geräusch. Jemand summte eine einschmeichelnde Melodie.
Vor langer Zeit hatte ich ähnliche Weisen gehört. Vina hatte sie oft gesungen, wenn wir in ihrem Ballon über dem Meer schwebten.
Erinnerungen an Vanga wurden wach. Überwiegend bedrückende Erinnerungen. Trotzdem folgte ich dem leisen Klang, als würde eine magische Kraft mich anziehen.
Wir sahen uns fast gleichzeitig. Sie war ein wahrhaft bezauberndes Geschöpf, jung, mit wallendem hellen Haar, mit Augen, tief und unergründlich wie ein Bergsee, und Lippen, die wohl jeden Jüngling zum Küssen verführten.
Sie begann lauthals zu schreien, als sie mich erblickte.
Und sie schrie noch durchdringender, als ich versuchte, sie zu beruhigen.
»Warte«, rief ich. »Ich will dir nichts tun.«
Sie starrte mich an, schüttelte den Kopf.
Etwas oder jemand brach mit der Gewalt eines wilden Ebers durch die Büsche am anderen Ende der Schlucht. Mich umwendend, sah ich einen Krieger mit blanker Klinge heranstürmen. Mein Anblick ließ ihn merklich taumeln, aber er fasste sich sofort wieder.
»Du Bestie«, fauchte er und drang mit dem Schwert auf mich ein.
Hart klirrten unsere Schwerter aufeinander. Er kämpfte mit einer ungestümen Wut, wie ich sie selten erlebt hatte.
Vergeblich versuchte ich, meinen kalten Griff anzubringen und ihn zu lähmen; er war schlimmer als ein Irrwisch.
»Spring nicht herum wie ein wilder Geißbock, wenn du dich mit mir messen willst«, fuhr ich ihn an.
Beinahe hätte er mich erwischt. Die Spitze seiner Klinge ritzte fast meine Brust.
Ich spie Feuer. Leider ohne ihn damit zur Besinnung zu bringen.
»Diesmal stirbst du wirklich«, schleuderte er mir seine Verachtung entgegen.
Ziemlich rasch kam ich zu der Überzeugung, dass er mich verwechselte. Aber mit wem?
Seine Hiebe prasselten geradezu auf mich herab. Ich hatte Mühe, mich nicht aufspießen zu lassen. Mein Arm wurde zunehmend schwerer. Eine seltsame Taubheit strahlte durch meinen ganzen Körper aus.
Ohne dass ich etwas dagegen tun konnte, prellte er mir das Schwert aus der Hand. Mein eigener Schwung ließ mich straucheln, und im Fallen verwandelte ich mich, wurde Mu, der Mandaler, der ich gewesen war, bevor eine Hexe mich in das Zerrbild eines Drachen verwandelt hatte. Seit ALLUMEDDON war ich in der Lage, abwechselnd beide Gestalten anzunehmen. Als Gerrek konnte ich Feuer speien wie ein richtiger Drache und besaß die Fähigkeiten des »kalten Griffs« und des Nachts zu sehen. Die Freunde behaupteten allerdings, ich sei dann griesgrämig und mitunter unausstehlich. In Wirklichkeit sagten sie dies nur, um ihren Neid zu vertuschen.
Als Mu hingegen war ich ein beachtenswerter Jüngling, was ich just im Moment meiner Verwandlung wieder einmal bestätigt bekam. Wäre mein Gegner ein jungfräuliches Wesen gewesen, er hätte das Schwert mit...




