E-Book, Deutsch, Band 6, 140 Seiten
Reihe: Haus der Hüterin
Habeney Haus der Hüterin: Band 6 - Der verschwundene Schlüssel
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-946413-40-0
Verlag: MainBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Fantasy-Serie
E-Book, Deutsch, Band 6, 140 Seiten
Reihe: Haus der Hüterin
ISBN: 978-3-946413-40-0
Verlag: MainBook
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Als Autorin hat sich Andrea Habeney einen Namen gemacht mit ihrer Frankfurter Krimi-Reihe um Kommissarin Jenny Becker: 'Mörderbrunnen' (Frühjahr 2011), 'Mord ist der Liebe Tod' (Herbst 2011), 'Mord mit grüner Soße' (April 2012), 'Arsen und Apfelwein' (2013), 'Verschollen in Mainhattan' (2014) und 'Apfelwein trifft Weißbier' (2015). Zudem hat Andrea Habeney zwei weitere Fantasy-E-Books bei mainbook veröffentlicht: 'Elbenmacht 1: Der Auserwählte' und 'Elbenmacht 2: Das Goldene Buch'.
Autoren/Hrsg.
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Sie fühlte sich ausgeschlafen und topfit und rekelte sich noch eine Weile im Bett. Noch nie hatte sie sich so erholt gefühlt. Dann jedoch, als ihr die Ereignisse des gestrigen Tages ins Gedächtnis kamen, runzelte sie die Stirn. Es gefiel ihr gar nicht, dass Rudd offensichtlich mit Hilfe seines Schlagzeugs in irgendeiner Weise Einfluss auf sie hatte nehmen können. Sicher, er hatte den Eid geschworen und war somit gebunden, sie und das Haus zu schützen, aber wie genau dieser Eid zu interpretieren war …? Wer wusste das schon. Sie würde mit ihm reden müssen. Nun ja, zumindest sie würde reden.
Doch wie es sich herausstellte, musste sie die Aussprache aufschieben. Rudd kam, gerade als sie ihren ersten Kaffee trank, in die Küche. Er war von Kopf bis Fuß in schwarzes Leder gekleidet und schnupperte, als er den Kaffee roch.
„Ich würde Euch ja eine Tasse anbieten, aber …“, meinte Rylee verlegen.
Er zückte sein Tablet und schrieb: „Keine Nahrung. Nur Gerüche“, und sog noch einmal tief die Luft ein. Dann schrieb er weiter: „Ich bräuchte Eure Hilfe, Hüterin. Man erwartet mich in“, er sah auf eine fremdartig wirkende Uhr an seinem Handgelenk, „zwei Stunden in einer Stadt namens Hamburg. Könntet Ihr mir ein Fortbewegungsmittel besorgen? Ich habe etwas Erdengeld.“
„Sicher“, sagte Rylee, „ich rufe Euch ein Taxi. Kommt Ihr danach wieder hierher?“
„Ja.“
Mit einer gewissen Erleichterung sah ihm Rylee nach, als er aus dem Gartentor ging und in das wartende Taxi stieg. Der Mann war ihr unheimlich und seine Fähigkeit machte ihr Angst. Er wirkte wie ein Rockmusiker, doch wie war es ihm möglich, ausgerechnet mit einem Schlagzeug, einem Instrument, das kaum unterschiedliche Tonhöhen kannte, Menschen zu beeinflussen?
Sie wischte den Gedanken beiseite. Es gab Wichtigeres, das ihr im Kopf herum ging und zu erledigen war. Ihr Blick wanderte die Treppe hinauf. Seit dem Zeitpunkt, als sie festgestellt hatten, dass Adriana weg war, war sie nicht mehr in deren Zimmer gewesen. Die falsche Hüterin hatte einige Sachen da gelassen und Rylee graute davor, den Raum ausräumen zu müssen.
Andererseits, vielleicht fand sich etwas, das Hinweise auf Adrianas Verbleib liefern konnte. Langsam stieg Rylee die Treppe hinauf. Vor dem Zimmer blieb sie noch einen Moment stehen und lauschte, dann gab sie sich einen Ruck und öffnete die Tür. Die Fensterläden waren halb geschlossen, sodass der Raum im Halbdunkel lag.
Rylee stand eine Zeit lang absolut still und ließ die Atmosphäre auf sich wirken. Sie vermutete, dass es an dem lag, was sie mittlerweile über Adriana wusste: Der Raum, den ihre angebliche Tante mehrere Tage bewohnt hatte, kam ihr düster und bedrohlich vor. Entschlossen ging sie zum Fenster und stieß mit einem Ruck die Läden auf. Sonnenlicht flutete herein und erhellte auch den letzten Winkel. Rylee sah sich um. Obwohl Adrianas Abreise von ihr geplant gewesen war, schien sie doch überhastet stattgefunden zu haben. Auf dem Bett lag achtlos hingeworfen eine dünne Strickjacke und auf dem Nachttisch daneben stand ein halbvolles Glas. Rylee nahm es und schnupperte daran. Dann verzog sie das Gesicht. Adriana hatte sich offensichtlich an den Kognak-Vorräten ihrer Eltern bedient.
Sie öffnete die Schubladen des Nachttisches. Zu ihrer Enttäuschung waren sie leer. Dann wandte sie sich dem Kleiderschrank zu. Die Kleiderstange war leer, auch in den Fächern befand sich nichts mehr. Nur auf dem Boden lag eine zerknitterte Bluse, die vermutlich beim Packen vom Bügel gerutscht war.
Viel blieb nun nicht mehr. Die Fläche des Schreibtischs war leer, ebenfalls seine Schubladen. Verdrossen ließ Rylee ihren Blick durch den Raum wandern. Dann kniete sie sich hin und sah unters Bett. Nichts.
Sie rappelte sich hoch und klopfte ihre staubigen Knie ab. Es wurde wirklich Zeit, Staub zu wischen und zu saugen.
Frustriert verließ sie das Zimmer und stieß auf der Treppe auf Squeech, der ein belegtes Brot in den Händen hielt. „Entschuldigung“, begann er verlegen. „Ich wusste nicht, wo Ihr seid und habe mir schnell etwas zum Frühstück geholt. Ich arbeite an etwas, das ich nicht aufschieben will. Ich hoffe, das ist in Ordnung?“
„Sicher. Soll ich dir rasch noch etwas Richtiges machen? Und solltest du dich nicht noch ausruhen?“
„Nein, nein, es reicht. Mir gehts bestens. In der Wanne war ich heute auch schon.“
„Gut, gut“, murmelte Rylee und bekam nicht mehr mit, dass Squeech nach einem letzten Blick auf sie in seinem Zimmer verschwand. Sie ging zurück in Adrianas Zimmer und weiter in das kleine Badezimmer, das sich anschloss. Bis auf eine angebrochene Flasche Duschgel, die hinter dem Duschvorhang stand, waren alle Ablageflächen leer. Sie bückte sich und öffnete die Tür unter dem Waschbecken. Hier stand der kleine Kosmetikeimer. Adriana war immer sehr sorgfältig und aufwendig geschminkt gewesen, also war zu vermuten, dass sie ihn gefunden und benutzt hatte. Und hier wurde Rylee endlich fündig.
Der Beutel war entfernt worden, doch am Boden lag etwas weißes. Mit spitzen Fingern holte Rylee es heraus. Es handelte sich um den Deckel einer Cremedose, der vermutlich neben den Beutel gefallen war. Rylee versuchte, die Schrift zu lesen. „Crema fleurissima oilia“. Sie roch daran. Der Duft war bittersüß, blumig und fruchtig zugleich. Sie erinnerte sich, ihn an Adriana gerochen zu haben. Das Design sah teuer aus.
Sie nahm den Deckel mit nach unten und tat ihn vorsichtig in einen Frischhaltebeutel. Dann ging sie ins Wohnzimmer und fuhr den Laptop hoch.
Sie gab den Namen der Creme und des Herstellers zuerst ins normale, dann ins Interstellare Web ein.
Zu ihrer Überraschung fand sich kein einziger Hinweis. Ob sie etwas falsch machte?
Rasch lief sie nach oben und klopfte an Squeechs Tür. Es dauerte einen Moment, bis er die Tür einen schmalen Spalt öffnete.
„Ich bräuchte deine Hilfe“, erklärte Rylee und versuchte, durch den Spalt ins Zimmer zu sehen. Seine Augen leuchteten auf. „Gerne. Jetzt gleich?“
„Wenn es geht!“, antwortete Rylee. „Was machst du eigentlich? Warum darf ich nicht ins Zimmer?“
Verlegen öffnete er die Tür etwas weiter. „Ich weiß nicht, ob es Euch recht ist, wenn ich weiter an den Sicherheitsvorkehrungen arbeite.“
Rylee schob die Tür ganz auf und machte einen Schritt ins Zimmer. Verblüfft sah sie sich um. Hatten bei ihrem letzten Besuch alle Tische voller elektronischer Geräte gestanden, waren jetzt auch der größte Teil des Bodens und das Bett mit ihnen bedeckt.
Sie schüttelte den Kopf und sah ihn ernst an. „So geht das nicht, Squeech.“
Er ließ den Kopf hängen. „Ich baue es ab“, murmelte er.
„Ja bitte, und dann baust du es in einem der leeren Zimmer wieder auf.“
Sein Kopf schoss nach oben. “Wirklich?“
„Aber ja!“, sagte Rylee, “Adrianas Fall hat uns doch am besten gezeigt, wie wichtig es ist, die Räume zu überwachen. Außer den privaten Zimmern natürlich. Ich dachte, du richtest eine Art Schaltzentrale ein und weist mich in ihre Bedienung ein. Schließlich wirst du ja nicht immer hier wohnen wollen.“
Er zuckte unbestimmt mit den Achseln. “Momentan wüsste ich nicht, wohin ich sollte. Ich fange gleich mit dem Umbau an. Welches Zimmer nehmen wir?“ Er war Feuer und Flamme, dann fiel ihm jedoch ein, warum Rylee gekommen war. “Ach, wobei soll ich Euch eigentlich helfen?“
„Ich suche eine Information und finde nichts. Vielleicht kommst du weiter.“
Kurz darauf saßen sie vor dem Laptop und sie erklärte ihm, was sie suchte. Squeech tippte einige Befehle ein, dann seufzte er tief. “Dieser Laptop ist wirklich extrem langsam. Für das Interstellare Web reicht der Arbeitsspeicher einfach nicht. Alles dauert ewig. Ich könnte ihn ein wenig aufrüsten, aber irgendwann solltet Ihr an einen besseren denken.“
Rylee wollte aus alter Gewohnheit sofort ablehnen. Noch nie in ihrem Leben hatte sie Geld besessen, schon gar nicht genug, um sich irgendwelche Luxus-Dinge zu kaufen. Dann aber hielt sie inne. Ihr Konto war durch die Großzügigkeit einiger Gäste prall gefüllt und das Portal würde voraussichtlich weitere üppige Einnahmen bringen. Ein Anfall von Leichtsinn überkam sie. “Such doch bitte ein geeignetes aus. Ich sehe dann, ob wir es uns leisten können.“
Squeech strahlte übers ganze Gesicht. Dann verdüsterte es sich jedoch. “Darüber wollte ich die ganze Zeit schon mit Euch sprechen. Ich habe doch vielleicht etwas mehr als … äh … geplant für die Technik ausgegeben. Ihr wollt ja nicht, dass ich mich in die Buchhaltung des Großhandels einhacke. Ich könnte es wirklich...