Fragmente

Version 03/21
ISBN: 978-3-949417-06-1
Verlag: Botnanger Verlag

Buch, Deutsch, 208 Seiten, Format (B × H): 128 mm x 198 mm

Reihe: Roman

Autoren/Hrsg.

H., Ralf

Leseproben

Der Blick geht in den Garten, nicht auf die Tastatur oder den Bildschirm.
Draußen scheint die Sonne. Einige wenige weiße Schleierfäden geben dem hellen Blau etwas, an dem sich das Auge orientieren kann. Im Garten sitzen zwei Vögel und picken im erst vor wenigen Tagen gemähten Rasen.
Er weiß nicht, um was für Vögel es sich handelt. Keine Spatzen, auch wenn die Größe stimmt. Sie sind viel zu farbig. Spatzen sind schmutzig-grau und trist. Diese Vögel scheinen sich ihrer farblichen Eleganz bewusst. Sie stehen aufrecht, hüpfen hin und her – und manchmal macht es den Eindruck, sie würden zum Haus schauen, um sicher zu sein, dass der Mensch sie tatsächlich würdigend beobachtet.
Am entfernten Ende des Gartens ist ein Zaun zu sehen, an dem sich der aktuelle Rasenschnitt mit dem des letzten Jahres vermischt. Daneben erheben sich Rosensträucher, die kräftige rote Blüten tragen, dahinter eine mehr als mannshohe Hecke, die bereits zum Nachbargrundstück gehört. Links und rechts wachsen ebenfalls Hecken, sauber geschnitten, in und um den Zaun herum. Niemand kann auf das Grundstück blicken. Das Nachbarhaus ist zu weit entfernt und eine kräftige, haushohe Tanne verhindert, dass man von deren Balkon herüberschauen kann. Hinter der rechten Hecke verläuft eine Straße, die als Grenze zu den noch nicht abgeernteten Feldern dient. Hinter der linken Hecke beginnt bereits wild wuchernder Wald.
Das Haus ist Außenposten der Stadt. So weit außerhalb des Zentrums, dass sich fast nie jemand hierher verirrt.
Es ist ruhig.
Manchmal zu ruhig.
Im Sommer trägt der Wind die Geräusche der Stadt heran, aber meist ist es so ruhig, dass selbst die Nachbarn in ihrem Garten sich nur flüsternd zu unterhalten scheinen. Man grüßt sich, wenn man sich begegnet, was selten genug der Fall ist. Haus und Garten sind eine seltene Insel der Ruhe.