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Gutzmann / Turgay | Semantik | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 18, 162 Seiten

Reihe: Linguistik und Schule

Gutzmann / Turgay Semantik


1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-381-11403-0
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, Band 18, 162 Seiten

Reihe: Linguistik und Schule

ISBN: 978-3-381-11403-0
Verlag: Narr Francke Attempto Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Dass Wörter und zusammengesetzte sprachliche Ausdrücke eine wörtliche Bedeutung haben, ist allen Sprecher:innen einer Sprache mehr oder weniger bewusst. Doch wie lässt sich diese Bedeutung (unabhängig vom kommunikativen Sinn) präzise und genau beschreiben? Und wie ergibt sich die Bedeutung von komplexen Ausdrücken aus den Einzelteilen? Mit genau diesen Fragen beschäftigt sich die linguistische Semantik, in die dieses Buch kompakt einführt. Dabei orientiert es sich nach einer Übersicht über grundlegende Annahmen der Semantik sowie einem Überblick über Bedeutungsrelationen an den für die Sprachdidaktik wichtigen Wortarten und Beschreibungsebenen: Semantische Aspekte von Verben und den Kategorien der Nominalphrase, Adjektiven, sogenannten 'Füllwörtern' sowie Appositionen werden anschaulich und ausführlich behandelt. Durch seinen Fokus auf unterrichtsrelevante Kategorien ist dieses Buch insbesondere an den Bedürfnissen von Lehrer:innen und Lehramtsstudierenden ausgerichtet.

Prof. Dr. Daniel Gutzmann ist Professor für Germanistische Linguistik/Sprachsystem an der Ruhr-Universität Bochum. Prof. Dr. Katharina Turgay ist apl. Professorin für Germanistische Linguistik an der Ruhr-Universität Bochum.
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1.3 Was ist Bedeutung?


Ganz abstrakt gesprochen ist eine Semantik für einen Ausdruck oder für eine ganze Sprache (oder nur Teile davon) eine Abbildung oder eine Funktion, die sprachlichen Ausdrücken eine Bedeutung zuordnet.

(7)

Eine der Kernfragen der Semantik (als die Wissenschaft der Bedeutung) ist folglich auch die Frage danach, worin die Bedeutung von sprachlichen Ausdrücken besteht. Oder salopp gesagt: Was ist Bedeutung eigentlich? Dies ist insofern notwendig, als es sich bei Bedeutung ja zunächst um einen sehr abstrakten Begriff handelt. Dies ist sicher auch ein Grund dafür, warum Semantik, wenn sie nicht wissenschaftlich betrieben wird, oft etwas Nebulöses, um nicht zu sagen „Schwammiges“, an sich hat (wie im vorangegangenen Abschnitt auch kurz angerissen). Umso wichtiger ist es, dass der linguistischen Semantik ein Verständnis von Bedeutung zugrunde liegt, das eine wissenschaftlich präzise Herangehensweise erlaubt und es ermöglicht, wissenschaftliche Vorhersagen zu machen, sodass die Folgen einer bestimmen Analyse auch ermittelt und überprüft werden können. Überprüfbarkeit bedeutet hier, dass die Hypothesen durch empirische Daten getestet werden können, beispielsweise durch empirische Befragungen der Intuitionen von Sprecher*innen der Sprache, durch authentische Sprachdaten (aus sogenannten Korpora, also Sammlungen von Sprachdaten) oder sogar durch psycholinguistische oder neurolinguistische Experimente. Überprüfbarkeit ist deshalb wichtig, weil nur solche Hypothesen, die sich prinzipiell testen lassen, auch wirklich wissenschaftliche Thesen sind. Damit das Ziel der wissenschaftlichen Formulierung einer Bedeutungstheorie – denn die Frage, was Bedeutung ist, ist die Ausgangsfrage der Semantik – erreicht werden kann, muss es eine semantische Theorie zulassen, dass sich präzise und genaue Hypothesen aus der Theorie ableiten lassen können, die dann durch sprachliche Daten gestützt oder falsifiziert werden können.

1.3.1 Bedeutung und Referenz


Eine solche präzise und nahezu mathematisch genaue Formalisierung erlaubt die sogenannte Referenztheorie der Bedeutung, die in der Linguistik eine der etabliertesten semantischen Theorien ist. Deshalb wollen wir uns im Rahmen dieses Bandes auf diese Theorie stützen, auch wenn auf die Frage, was Bedeutung ist, viele verschiedene Antworten gegeben wurden und insbesondere die Sprachphilosophie reich an verschiedenen Ansätzen ist.

Die Grundidee der Referenztheorie ist leicht zu formulieren:

Referenztheorie der Bedeutung

Die Bedeutung von sprachlichen Ausdrücken liegt in ihrem Bezug auf „Dinge in der Welt“.

Sprachliche Ausdrücke „stehen“ also für bestimmte außersprachliche Dinge. Dieses „für etwas stehen“ nennt man referieren und das Ding, auf das ein Ausdruck referiert, ist der Referent oder die Referenz des Ausdrucks. Dies ist für Eigennamen oder auch Nominalgruppen mit definitem Artikel besonders einleuchtend:

(8)

(9)

Die Referenz und somit die Bedeutung des Eigennamens ist die Person Bart und die Referenz der Nominalphrase ist die Person Lisa. Beide Ausdrücke referieren also auf die beiden entsprechenden Personen.

Anstatt Pfeile wie in (8) und (9) zu nutzen, wird in der Semantik oft die Konvention verwendet, die Bedeutung eines Ausdrucks durch doppelte eckige Klammern anzugeben. Diese Klammern nennen sich : Man gibt einen Ausdruck in diese Funktion und erhält die Bedeutung des Ausdrucks zurück.

(10)

?? =

Die Gleichung in (10) liest sich als: Die Bedeutung des Ausdrucks ist die Person Bart.

Der Referenztheorie zufolge liegt die Bedeutung also in Dingen in der Welt. Diese können wir hier natürlich nicht in das Buch einbinden. Und es ist meist auch eher unpraktisch, Bilder als Stellvertreter für Referenten zu nutzen. Deswegen verwenden wir Sprache selbst, um den Referenten zu bezeichnen. Wir schreiben also

(11)

?? = Bochum

Sprich: Die Bedeutung des Ausdrucks ist die Stadt Bochum. Hier haben wir es mit zwei sprachlichen Ebenen zu tun, die wir nicht verwechseln sollten. Einmal die Sprache, die wir untersuchen und deren Bedeutung wir beschreiben wollen. Diese wird Objektsprache genannt, da sie unser Untersuchungsobjekt ist. Die Sprache, die wir nutzen, um die Objektsprache und deren Bedeutung zu reden, nennen wir Metasprache.

Objektsprache

Die Objektsprache ist die Sprache, die wir sprachwissenschaftlich untersuchen.

Metasprache

Die Metasprache ist die Sprache, die wir nutzen, um über die Objektsprache zu reden.

Objekt- und Metasprache können dabei die gleiche Sprache sein: Wir nutzen hier die deutsche Sprache, um über die deutsche Sprache zu sprechen.

Und auch wenn (11) selbst bei der Trennung von Objekt- und Metasprache trivial klingen mag, lernen wir beispielsweise aus (12) etwas über die Objektsprache Englisch, falls wir das noch nicht wussten.

(12)

a.

?? = Köln

b.

?? = München

Wichtig für die ganze Referenztheorie ist dabei, dass die Referenztheorie nicht nur solche Ausdrücke behandeln kann, bei denen die Referenz ein „konkretes Ding“ wie eine Person oder eine Stadt ist. Die Referenz kann auch etwas sehr Abstraktes sein. Beispielsweise eine Menge von Dingen oder eine Relation zwischen zwei Dingen. Für Verben werden wir uns dies im nächsten Kapitel ein wenig genauer anschauen. Wichtig ist jedoch zunächst, dass die Referenztheorie auch Bedeutungen für weniger „dingliche“ Referenten zur Verfügung stellt.

1.3.2 Sätze und Wahrheitsbedingungen


Wir wollen uns hier noch eine weitere Bedeutung anschauen, die den Grundbaustein legt, aus der Referenztheorie eine formal modellierbare Theorie der Bedeutung zu machen: die Bedeutung von Sätzen. Aufbauend auf den Arbeiten von verschiedenen Philosoph*innen – es seien hier Frege, Carnap und Wittgenstein genannt – wird folgende Grundannahme gemacht:

Bedeutung von Sätzen

Die Referenz eines Satzes ist sein Wahrheitswert.

Ein Wahrheitswert ist natürlich etwas sehr Abstraktes. Daher symbolisieren wir diesen, wie in der Logik üblich, mit einer 1 für bzw. einer 0 für . Natürlich wissen wir nicht für alle Sätze, die wir verstehen, deren Wahrheitswert. Es reicht aber – so eine weitere Grundannahme – zu wissen, unter welchen Bedingungen der Satz wahr ist. Deshalb nennt man die wohl einflussreichste Variante der Referenztheorie auch die Wahrheitsbedingungensemantik, da in dieser Bedeutungstheorie die Bedeutung von Sätzen in Form von den Bedingungen angegeben wird, die den Satz wahr machen.

(13)

?? = 1,
wenn die Sonne am 9. Juni 2024 in Bochum scheint.

Diese Gleichung liest sich: Der Satz ist wahr, wenn die Sonne am 9. Juni 2024 in Bochum scheint.

Die Bedeutung von Ausdrücken, die keine Sätze sind, kann dann – so die Weiterentwicklung der Idee – immer als der Beitrag verstanden werden, den sie zu den Wahrheitsbedingungen leisten. So ist es leicht zu sehen, dass die Bedeutung des Ausdrucks auch einen Beitrag zu den Wahrheitsbedingungen des Satzes in (13) leistet: Die Referenz des Ausdrucks , also die Stadt Bochum, taucht auf der rechten Seite der Gleichung als der Ort des Sonnenwetters wieder auf. Wenn wir den Ausdruck in dem Satz (13) nun ersetzen, dann ändern sich auch die entsprechenden Wahrheitsbedingungen, wenn der neue Ausdruck eine andere Bedeutung hat.

(14)

?? = 1,
wenn die Sonne am 9. Juni 2024 in Landau scheint.

Dies bietet auch den Anknüpfungspunkt, um dem Prinzip der Kompositionalität, das wir eingangs erwähnt haben, gerecht zu werden, denn eine angemessene semantische Theorie sollte in der Lage sein, die Wahrheitsbedingungen (und generell die Bedeutung von komplexen Ausdrücken auch unterhalb der Satzebene) kompositionell aus den Bedeutungen der Einzelteile abzuleiten. Und darin ist die moderne linguistische Semantik, die auf Wahrheitsbedingungen aufbaut (und heutzutage auch darüber hinausgeht), äußerst erfolgreich.

Wir werden im Rahmen dieses Buches allerdings nicht in die Details der Wahrheitsbedingungen einsteigen, da diese viele formale Methoden aus Logik und Mathematik nutzt, was nicht nur den Rahmen dieses Bandes sprengen würde, sondern auch nicht dem Ziel entspricht, die Wichtigkeit von semantischem Wissen für den schulischen Kontext zu unterstreichen. Allerdings könnte die formale Semantik einen interessanten Ansatzpunkt bieten, um primär mathematisch und naturwissenschaftlich...



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