E-Book, Deutsch, 348 Seiten
Günther Die zivilen Fahnder/innen
2. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7578-4382-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ermittlerduo Judith Reiter & Nick Fengler - Ruhrpott Krimiserie (Staffel 1)
E-Book, Deutsch, 348 Seiten
ISBN: 978-3-7578-4382-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
"Samma, Nick, seit wann bestimmsse bei uns, wo't langgeht? Dat issoch mein Part!" - Samma, Judith, bisse wieder in Topform ?!? Ob tödliches Raserrennen, ein streikender Fluchtwagen an einer Bushaltestelle voller Kinder oder ein eiskaltes Duell bei einem mysteriösen Einbruch - über mangelnde Arbeit kann sich das neue Ermittler-Duo Judith Reiter und Nick Fengler gewiss nicht beschweren. Kein Tag ist wie der andere in den Essener Stadtteilen Werden und Kettwig für das sich ständig käbbelnde Ruhrpott-Pärchen. Judith kokettiert gerne mit seinem ach-so-hohen Alter, Nick ärgert sie im Gegenzug mit Anspielungen auf ihr nicht bekannte Serien aus den 80ern. Doch ist die starke und selbstbewusste Judith nur die toughe Ermittlerin, für die sie sich ausgibt - oder trägt sie in Wahrheit ein erschreckendes Geheimnis mit sich herum? Begleiten Sie das Duo Reiter/Fengler bei acht abwechslungsreichen Fällen, von lustig bis knifflig, von dramatisch bis actionreich - und vom ersten bis zum letzten Tag! Die Fälle dieser Staffel: 1.1 Vergeudetes Talent, 1.2 Der erste Tag - ein Schlenker mit Folgen, 1.3 20 Leben oder 20000 Euro?, 1.4 Taxi nach Düsseldorf - und wann kommen wir wieder zurück?, 1.5 Eiskaltes Duell, 1.6 Blüten und die Jagd auf dem Esel, 1.7 Die Vertretung, 1.8 Der letzte Tag - auf Leben und Tod, Klassische Ermittlungen und Polizeiarbeit, detaillierte Besprechungen und Funksequenzen, angereichert durch spektakuläre Szenen (z.B. Mitfahrt auf der Motorhaube hockend, Faustkampf) - es ist die Mischung aus realistischen und fiktionalen Elementen, die diese Serie ausmacht. Der Autor setzt auf Fälle aus dem Alltag und ein menschliches, bodenständiges Ermittlerteam - mit absolut gleichberechtigten Frauenrollen als wichtiges Statement für die heutige Zeit. Als Schauplatz fungiert die Heimat des Autors - der Süden der Großstadt Essen. Ermittlungen führen das zivile Duo des Reviers Kettwig/Werden aber auch nach Velbert/Heiligenhaus oder zum Flughafen Düsseldorf. Einige Protagonisten sprechen einen allgemeinen, vereinfachten Ruhrpott-Slang. Im TV neben Filmen etabliert, macht sie sich auf dem Buchmarkt (noch) rar neben dem Roman: die klassische Serie. 'Die zivilen Fahnder/innen: Ermittlerduo Judith Reiter & Nick Fengler - Ruhrpott-Krimiserie Staffel 1' ist als Buch und als eBook erhältlich. Weitere Staffeln und Veröffentlichungen sind geplant.
Christian Günther wurde 1979 in Essen geboren. Er ist gelernter Industrie-Technologe und examinierter Altenpfleger. Vor seinen ersten Veröffentlichungen versorgte er regionale Zeitungen mit Berichten zum hiesigen Schachverein. In den Jahren 2007 bis 2009 erschienen drei Bücher, u.a. "Böses Erwachen" mit dem zivilen, Essener Duo Romina Cervic und Nick Fengler - damals nur für Werden zuständig. Seit 2022 geht das neue Duo Judith Reiter und Nick Fengler unter dem gleichberechtigten Titel "Die zivilen Fahnder/innen" in den Essener Stadtteilen Kettwig und Werden auf Streife.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Fall 1.1
Vergeudetes Talent
1
Freitag, 11. Januar, 23:22 Uhr Ich stützte mich mit beiden Armen auf dem Tisch im Verhörzimmer ab und sah der Polizistin, die mir in ähnlicher Haltung mit dem Rücken zum einseitigen Spiegel gegenüber saß, in die Augen. Ihr Kollege beobachtete uns vermutlich aus dem Nebenraum. Sie schenkte meinen Ausführungen keinen Glauben. Zur Entspannung zur Brücke gegangen und zufällig an der Haltestelle, als es zu dem Aufeinandertreffen mit ihr kam. Ich wohne alleine und niemand kann bezeugen, dass ich zur Tatzeit in der eigenen Wohnung und nicht in Bredeney war. Zugegeben, für die Tatzeiten vorheriger Überfälle, stets am Abend liegend, sah es mit einem Alibi ungünstig aus. Aber ein Busticket habe ich auch keins, übrigens. Sie lehnte sich zurück und schob die Ärmel ihres grauen Pullovers hinauf. »Hab kei’n zweiten Mann gesehen. Sie warn der Einzige weit und breit. So gut, dat wir et nicht finden täten, können Se die ganzen Dinge inne Kürze der Zeit wohl nich weggeschafft ham, ne?« Ihr Gesichtsausdruck blieb unverändert unnachgiebig. »Ich hab nichts weggeschafft.« »Wir finden die Beute eh.« »Et gibt keine Beute.« Sie wechselte ihre Position, indem sie sich weit nach vorne beugte und mir direkt in die Augen sah. »Wir ham gleich ’ne Durchsuchungsanordnung für Ihre Wohnung und werden die Handydaten checken. Wat finden wa da, hmm? Wat sacht dat Bewegungsprofil, hmm? Is nur ’ne Frage der Zeit, bis Se überführt sind und aus ’em Anfangsverdacht ’n hinreichender Tatverdacht wird. Warte schon gespannt auffe Liste Ihrer Vorstrafen, dauert nimma lang und se liegt mir vor. Mann, gestehn Se doch einfach. Wat bringet dat Leugnen?« Ich wollte antworten, doch die Tür ging auf. Ein Kawenzmann Anfang sechzig mit Segelohren und Brille betrat das Zimmer. Bekleidet mit Anzug und Krawatte, war er sicher in leitender Position. Ich schätzte, er würde die Polizistin herausbitten, irrte jedoch. »Gratulation, Frau Reiter«, sprach er in den Raum hinein. »Ihr Täter ist tatsächlich polizeibekannt.« Sie sah ihn interessiert an. »Aha?« Er erwiderte ihren fragenden Blick kommentarlos. »Wo ham Se seine Vorstrafen?«, wollte sie, wegen seiner leeren Hände verunsichert, wissen. Das ist hart, dachte ich, der ahnte, was kam. »Er hat keine, ist ein Kollege. Revier Kettwig/Werden.« Sie schob die Augenbrauen zusammen und sah ihn feindselig an. »Stellen Sie, Frau Reiter, sich doch mal kurz neben ihn.« Er gestikulierte uns aufzustehen und wartete, bis sie bei mir stand. »Bei der Täterbeschreibung der Kassiererin war von etwa 1,75m Größe die Rede, erinnern Sie sich? Fällt Ihnen gegebenenfalls jetzt etwas auf?« Sie blickte zu mir (1,85m) hoch und schluckte auffällig. Es glich eher einer Abreibung als einer konstruktiven Zusammenarbeit. Wie geht der denn mit Dir um? »Die Kollegen vor Ort haben Abdrücke auf der Wiese gefunden«, fuhr er fort. »Es ist möglich, wohl sehr wahrscheinlich, dass dort jemand war oder kurz vorher noch war, während Sie den Kollegen Fengler gestellt haben, und sich bei der Gelegenheit unbemerkt vom Ort entfernt hat.« Drückte er sich immer so geschwollen aus? Er seufzte mit angehobenen Armen. »Wir gehen den Hinweisen selbstverständlich nach. Ihren Kollegen können Sie jedoch wieder auf freien Fuß setzen. Es wurden keine Gegenstände der Tat, egal ob Beute oder Accessoires, im nahen Umfeld gefunden und er hat nichts bei sich, das auf eine Beteiligung schließen lässt. Noch Fragen, Frau Reiter?« »Nein, Rix«, antwortete sie kurz und bündig. »Das dachte ich mir.« Rix verließ das Zimmer ebenso schnell wie er hineingeplatzt war. Die Tür schloss sich nach ihm, beobachtet von einer erstarrten Kollegin. »Bring Se gleich wieder zurück«, versprach sie mir, gefasst zur Tür laufend und sich dort umdrehend. »Geben Se mir ’n Fitzelken Zeit?« Als sie draußen war, blickte ich in die Kamera vom Verhör, die weiter aufzeichnete. Augenzwinkernd und nickend sprach ich einen Satz aus einer Serie hinein. »Lasst mich ruhig alle alleine hier«, seufzte ich anschließend. Kollegin Reiter kam zurück und schaltete mit verdrehten Augen die Kamera aus. »Wir können jetzt los«, teilte sie mir mit, ohne einen Blickkontakt zu suchen. »Ab nahause.« Schweigend liefen wir durch das Revier zum Wagen, einem 3er-BMW der F30-Baureihe. Ausgestattet mit diversen Signalleuchten: Zwei längliche flach nebeneinander mittig auf dem Armaturenbrett, im Kühlergrill je eine hochkante in der Nähe der Scheinwerfer und an einem Trenngitter hinter den Kopfstützen. Nichts mehr mit dem einzelnen Blaulicht, das sich bei Bedarf aufs Dach hinausstellen ließ, so wie zum Beginn meiner Karriere beim ersten zivilen Dienstauto, dem ehrwürdigen e46-3er. Sie fuhr bei der Gruga vom Dienstgelände und bog auf die 224 Richtung Bredeney. Wir wechselten kein Wort, bis sie an der roten Ampel bei einer Tanke hielt und zu mir sah. »Hab ich mich schon für de Verwechslung entschuldigt?«, erkundigte sie sich. »Kollegin Reiter, bisher nicht.« »Judith.« »Nick. Dann fühl ich mich nich so ganz alt.« »Jau, dat würd ich mit über vierzig auch denken tun«, entgegnete sie und lächelte verschmitzt. Sehr charmant, Judith Reiter, vielen lieben Dank. Die Ampel wurde Grün und sie fuhr zügig los, wobei sie zum ursprünglichen Thema wechselte. »Hab nur Sie gesehen anne Haltestelle, tut mir leid. Hab Se ja ganz schön hart rangenommen, ne?« Sie wirkte angespannt. Ich schob es nicht auf die ihr unangenehme Situation, auf die ich mich bezog: »Dat ham Se gut gemacht, ich möcht bei Ihnen kein richtiger Täter sein. Bei mir war et vor Ort genauso. Dunkle Ecke, hab auch niemand gesehen. Machen Sie sich kei’n Kopp, bin Ihnen nich bös. ’n Verdächtiger hat Se betuppt, dat nächste Mal zeigen Sie et ihm.« »Schön wär et, wenn mein Chef mich noch lässt.« Ihr Blick war nachdenklich auf die Fahrbahn gerichtet, als wir über die Brücke der A52 rollten und die Straße anzusteigen begann. Sie schaltete in den dritten Gang zurück, obwohl es der BMW im höheren ebenso geschafft hätte. »Isse mein erster Einsatz bei’er Zivilfahndung«, erklärte sie. »Bin nur Ersatz für ’ne erkrankte Kollegin. ’n Bewerbungsschreiben war dat jetzt nisso wirklich, ne? Wie is et bei Ihnen, mit Uniform oder Ziviler?« »Zivil«, erzählte ich, »seit über dreizehn Jahren und fast ebenso lang mit derselben Partnerin, bis auf ’ne Babypause. Also von ihr, mein ich, nich von mir. Erinnere mich noch immer an ’nen verzwickten Fall, einen der ersten gemeinsamen: Da ham bei ’nem Auto hier oben au’m Berg nah der Haltestelle de Bremskes versagt, und dat direkt nach ’ner Inspektion. Die Werkstatt hatte jedoch nix damit zu tun. War nich einfach, dat auseinanderzufrickeln.« »Klingt aber, als hättet Ihr ’en Fall gelöst?« »Sie werden Ihren ebenso lösen.« Der BMW rollte vor dem Haus in eine Lücke. Judith stellte den Motor aus und sah zu mir. Ich erwiderte den Blick und hielt ihm mehrere Sekunden stand. Sie schien etwas fragen zu wollen und ich war gespannt, wie sie es formulierte. Ein gefährliches Unterfangen, ich selber hatte mir keine Worte parat gelegt. »Würden Se mir ’en Dienstausweis noch zeigen? Aus reiner Routine, naaatüüürlich … ähm, dat Se echt de Polizist sind, für den Se sich ausgegeben ham … ähm, also, umme Angelegenheit endgültig zu ’en Akten legen zu können.« Sie atmete hörbar aus, verdrehte die Augen und kratzte sich über die Stirn, ihren Kopf zwischen die Schultern senkend. Ich schätzte sie schon als stark ein. Sie wusste, was sie wollte, ließ sich nicht leicht Butter vom Brot nehmen. War intelligent und einfallsreich, wie Verhaftung und Verhör gezeigt hatten. Daher nicht abwertend, sondern neckend gemeint: Manche Dingens fallen eben doch nisso leicht, ne? Auf die Folter spannen wollte ich sie nicht, sie machte einen natürlichen, sympathischen Eindruck. Wobei es mit einer Kollegin schon einmal nicht geklappt hatte. »Aber sischa doch«, antwortete ich ihr. In meiner Wohnung schaltete ich das Dielenlicht ein und hängte den Schlüssel auf. Als nächstes ging ich ins Wohnzimmer und setzte mich aufs Sofa, während ihr Blick auf DVD-Boxen fiel, die auf dem Schrank neben dem Fenster standen. Sie lief zu ihnen hin. »Magnum is ’ne Serie?«, fragte sie aufgeregt, mit dem Zeigefinger darüberstreichend und mutmaßlich Staub findend. »Jau«, antwortete ich, sie aufmerksam beobachtend. Ihr...