Gründel | Mörderwetter | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 4, 352 Seiten

Reihe: Reisekrimis mit Elena Martell

Gründel Mörderwetter

Ein England-Krimi
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-7099-7788-0
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein England-Krimi

E-Book, Deutsch, Band 4, 352 Seiten

Reihe: Reisekrimis mit Elena Martell

ISBN: 978-3-7099-7788-0
Verlag: Haymon Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Am wolkenverhangenen Himmel Südenglands braut sich etwas zusammen. Eine Reisegruppe findet den Earl of Wharvedale tot in seinem Gartenlabyrinth. Mittendrin: die couragierte Reiseleiterin Elena Martell und ihr Lebenspartner Commissario Giorgio Valentino.
Mit Schwung und britisch-trockenem Humor sorgt Eva Gründel vor der beeindruckenden Kulisse der Cotswolds und in den Straßen Londons für First-Class-Krimi-Lesevergnügen.

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1. Kapitel
„Typisch Mutter! Wenn sie sich einmal in etwas festgebissen hat, lässt sie nicht mehr locker. Was interessiert Giorgio schon ein Raubüberfall in Wien!“ Kopfschüttelnd warf Elena Martell einen kurzen Blick auf die Pestsäule, die an diesem sonnigen Vormittag im April gleichermaßen von Tauben und Touristen umlagert war. „Ein halbes Jahr ist das jetzt her, gesehen hat sie gar nichts, weil sie zu spät gekommen ist, und trotzdem redet sie noch immer von der Nashorn-Geschichte im Dorotheum.“ Erst jetzt fielen Elena die erstaunten Blicke der Passanten auf, die die vor sich hin murmelnde Frau misstrauisch musterten. Schlagartig verstummte sie. Das hatte sie nun von ihren Selbstgesprächen. Die hielten sie sicher für meschugge. Fast hätte sie wieder laut aufgelacht. Aus den tiefsten Tiefen ihrer Erinnerung war plötzlich das jiddische Wort aufgetaucht, das den Nagel auf den Kopf traf. Da lebte sie nun seit mehr als zwanzig Jahren in Italien, erst in Rom und seit 2005 auf Sizilien, doch das gute alte Wienerisch hatte sie nicht verlernt. Auf ihre Umwelt wirkte sie sicherlich nicht wie eine pazza, eine Verrückte, sondern bloß ein wenig närrisch und überspannt. Meschugge eben. Und das konnte man auch werden, wenn vier Wochen Heimaturlaub mit Mutter vor einem lagen. Demnächst würde es zum ersten, aber bestimmt nicht zum letzten Mal krachen. Ilse Hubinek und ihre Tochter Helene, die nach ihrer Hochzeit mit dem Südtiroler Bildhauer Paul Martell auch den ungeliebten Vornamen abgelegt und nur allzu gern gegen die italienische Variante Elena eingetauscht hatte, waren einander viel zu ähnlich, um sich nicht in kürzester Zeit in die Haare zu geraten. Nichtsdestotrotz liebten die beiden einander sehr, und ihre Versöhnungen waren stets tränenreich, sentimental – und für einen Dritten ziemlich anstrengend. Irgendwann hatte sich Paul bei aller Wertschätzung für seine Schwiegermutter geweigert, die Rolle des Stoßdämpfers zu spielen, und war in Rom geblieben, wenn Elena zu ihren Pflichtbesuchen nach Hause gefahren war. Auch Giorgio schien seit seinem ersten Weihnachtsurlaub in Wien wenig Lust auf eine baldige Wiederholung zu haben, gestand sich Elena ein. Paul und Giorgio, die beiden Männer ihres Lebens! Sie hätten sich vermutlich sogar gut verstanden. Verstohlen wischte sich Elena über die Augen, die noch immer feucht wurden, wenn sie an ihren Mann dachte, der mit nur 45 Jahren an einem bösartigen Kopftumor gestorben war. Acht Jahre war das mittlerweile her, und an die erste Zeit danach wollte sie lieber nicht zurückdenken. Nicht an den fassungslosen Schmerz, den sie mit viel zu viel Wein betäuben hatte wollen. Nicht an die Einsamkeit und schon gar nicht an die tiefe Depression, in die sie gefallen war. In Rom würde die Welt für sie für immer dunkel bleiben, das war ihr in einer nüchternen Phase klar geworden. Aber auch nach Wien konnte und wollte sie nicht zurückkehren. Die Lösung hieß, so stellte sich heraus, Sizilien. Dort hatte Elena gute Freunde. Kurzerhand war sie nach Taormina übersiedelt, um sich dort als Reiseleiterin eine neue Existenz aufzubauen. Als gut versorgte Witwe hätte sie nicht arbeiten müssen, doch mit noch nicht einmal 40 steckte sie voller Tatendrang. Dolce far niente – am Nichtstun konnte sie bis heute nichts Süßes entdecken. In Gedanken versunken war Elena vor der Pestsäule stehen geblieben und erst eine Taube, die heftig flatternd unmittelbar vor ihren Füßen landete, holte sie in die Realität zurück. Mit einem spitzen Schrei sprang sie zur Seite und trat einem arglosen Touristen, der eben dabei war, ein Foto zu schießen, auf die Füße. Ohne sich dafür zu entschuldigen, drehte sie sich um und ergriff die Flucht. Vor keinem Tier ekelte es Elena mehr als vor den gefiederten Ratten, die ihr den Aufenthalt in Städten seit einem hässlichen Kindheitserlebnis immer wieder vergällten. „Der hält mich jetzt auch für meschugge“, stellte sie fest, als sie nach wenigen Schritten in die taubenfreie Dorotheergasse bog. Der „Trze?nieswski“, ein winziges Lokal, in dem es, seit Elena denken konnte, die besten Brötchen von Wien gab, war bei jedem ihrer Heimatbesuche eines ihrer ersten Ziele. Sollte sie ihrer Mutter ebenfalls welche mitbringen? Später vielleicht, überlegte sie, erst wollte sie dem Dorotheum einen Besuch abstatten. Noch bevor sie allerdings die wenigen Schritte dorthin gegangen war, läutetet ihr Handy. Giorgio! Für einen Moment war Elena versucht, den Anruf einfach zu ignorieren. Permanente Erreichbarkeit war für sie nach wie vor mehr Fluch als Segen, eine Ansicht, die in ihrem Umfeld zumeist auf Unverständnis stieß. Selbst ihre Mutter liebte ihr Mobiltelefon über alles und ließ sich dieses Vergnügen einiges kosten. „Was ist passiert, Giorgio?“, meldete sich Elena. Ihr Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass sie nicht zum Plaudern aufgelegt war. „Wieso? Es ist alles in bester Ordnung. Ich wollte nur noch einmal deine Stimme hören, bevor ich ins Flugzeug steige“, antwortete Giorgio pikiert. „Aber wenn ich dich störe ...“ „Sei bitte nicht gleich beleidigt. Wir haben doch erst vor zwei Stunden miteinander telefoniert und ausgemacht, dass du dich meldest, sobald du in London gelandet bist. Also muss ich doch annehmen ...“ „Musst du nicht. Der Flug wird pünktlich starten und mir geht es gut. Stimmt nicht. Es geht mir schlecht, denn du fehlst mir jetzt schon, carissima.“ Diese Sizilianer! In der Kunst, eine Frau zu umgarnen, waren sie Weltmeister. Aber bisweilen konnten diese Charmeoffensiven ganz schön anstrengend sein. Unwillkürlich verzog sich Elenas Mund zu einem Lächeln. Eigentlich sollte ich ihn beim Wort nehmen und ebenfalls nach London fliegen. Aber das wäre ihm vermutlich gar nicht recht. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, die Einladung von Scotland Yard zu einem Erfahrungsaustausch hatte ihn ganz schön aus dem Häuschen gebracht. Für einen kleinen Commissario aus Sizilien, der bisher erst wenig von der Welt gesehen hatte, bedeutete das Zusammentreffen mit den renommiertesten Kunstfahndern Europas unendlich viel. Und bestätigte außerdem, dass Mut belohnt wurde. Vor kaum drei Jahren hatte Giorgio Valentino den Sprung ins kalte Wasser gewagt, seinen Job als Chef der Mordkommission von Trapani an den Nagel gehängt und bei der italienischen Kunstpolizei ganz neu angefangen. Der Liebe wegen. Nach einem Mord an einem Mitglied ihrer Reisegruppe war er Elena Martell begegnet, in die er sich Hals über Kopf verliebt hatte. Sie zu erobern, war nicht einfach gewesen und er hatte sich keine Illusionen gemacht. Sie wohnte in Taormina, er am anderen Ende der Insel, dort, wo sich die Füchse im Winter Gute Nacht sagen. Wenn ihre Beziehung eine Zukunft haben sollte, musste einer von ihnen sein Leben radikal ändern, das war ihm klar. Elena aber würde nie in das verschlafene Provinzstädtchen Trapani übersiedeln. Und als sich dann die Tutela Patrimonio Culturale, die italienische Kunstpolizei T.P.C., in Rom für ihn interessierte, ergriff er kurzentschlossen seine Chance. Giorgio, der ein Doktorat in Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität von Palermo erworben hatte und mangels anderer Zukunftsperspektiven bei der Polizei gelandet war, gab mit Mitte 40 den Posten als Leiter einer Mordkommission auf und wechselte von der Polizia Statale zu den Carabinieri. Ein ungeheuerlicher Schritt, den ihm seine ehemaligen Kollegen nie verziehen. Und noch weniger gönnte ihm der Vize-Questore, dass sein einstiger Untergebener in Rekordzeit Karriere machte und Leiter der T.P.C.-Filiale von Catania wurde. Eine neue Wohnung brauchte sich Giorgio nicht zu suchen, er zog zu Elena nach Taormina und nahm die halbstündige Fahrt ins Büro bereit­willig auf sich. „Du gehst mir auch ab“, schwindelte Elena, die seit dem morgendlichen Anruf nicht an Giorgio gedacht hatte. „Wien ist so leer ohne dich ...“ Bei aller Liebe, die sie für den klugen, gut aussehenden Mann empfand, ab und zu sehnte sie sich nach Freiheit und Unabhängigkeit. Sie genoss es, allein durch die Gassen ihrer Heimatstadt zu schlendern und vor niemandem Rechenschaft ablegen zu müssen, wie sie ihre Zeit verbrachte. Aber das konnte sie Giorgio natürlich nicht sagen, schon gar nicht am Telefon. Er würde sie gründlich missverstehen, und Spannungen zwischen ihnen waren das Letzte, was er jetzt brauchen konnte. „In drei Wochen bin ich ja schon wieder bei dir“, sagte er mit einem zufriedenen Seufzer. „Aber jetzt muss ich aufhören, sie haben den Flug eben aufgerufen. Ciao, amore mio. Ti voglio bene.“ Ihre kleine Notlüge hatte funktioniert, stellte Elena zufrieden fest, doch bevor sie das Handy in ihrer Handtasche verstauen konnte, läutete es erneut. Sie blickte erst gar nicht auf das Display, bevor sie den Anruf annahm. „Ich liebe dich auch. Hast du das nicht mehr gehört?“ „Habe ich nicht, aber es freut mich von Herzen“, antwortete eine weibliche Stimme, die Elena im ersten Moment nicht zuordnen konnte. „Ich bin es, Adele. Störe ich?“ „Ganz und gar nicht“, schwindelte Elena erneut. So gern sie auch mit Adele Bernhardt plauderte, im Moment hatte sie nicht die geringste Lust dazu. Im Gegensatz zu Giorgio aber ließ sich die alte Mittelschulprofessorin nicht hinters Licht führen. „Höre ich da einen leisen Unterton von Unwillen? Du brauchst gar nichts zu sagen, ich weiß alles, ich habe mit Ilse gesprochen. Sie hat mir gesagt, dass du in der Stadt bist und man dich besser nicht stören soll. Aber es ist dringend und vielleicht auch besser,...


Eva Gründel, geboren 1948 in Wien, lebt auf Sizilien. Promotion in Publizistik und Kunstgeschichte, Redakteurin für die österreichische Tageszeitung Die Presse. Zahlreiche Reiseführer über den Süden Italiens, Österreich und Tschechien. 1994 Übersiedlung nach Taormina, Leitung von Studienreisen. Seit 2010 erscheinen ihre Kriminalromane rund um die Reiseleiterin Elena Martell und Commissario Giorgio Valentino.



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