E-Book, Deutsch, 265 Seiten
Gruber Winternachtsmagie
1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-96714-173-3
Verlag: Zeilenfluss
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Liebesroman
E-Book, Deutsch, 265 Seiten
ISBN: 978-3-96714-173-3
Verlag: Zeilenfluss
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Sogenannte magische Momente gibt es tatsächlich – sie nennen sich Liebe!
Zeit für Weihnachtsgefühle bleibt Sarah zwischen den cholerischen Ausbrüchen ihres Chefs und seinen unmöglichen Aufgaben kaum. Als eines Winterabends sein deprimierter Kater augenscheinlich in die Tiefe stürzt, lernt sie Leo kennen, der ihr mit seiner schnellen Auffassungsgabe und den flinken Fingern aus der Patsche hilft.
Es liegt tatsächlich Magie in der Luft, denn Leo ist Zauberkünstler und zwischen den beiden knistert es gewaltig. Doch da ist auch noch Sarahs Büro-Flirt Justus, der ihr nicht aus dem Kopf gehen will ...
Kurz darauf muss Sarah beim Winterball als Leos Zauberassistentin einspringen, und als dann noch eine wichtige Akte aus dem Büro verschwindet, steht ihre Zukunft auf dem Spiel. Das Chaos ist perfekt – von winterlicher Besinnlichkeit fehlt jede Spur!
Ob sie am Ende noch zwischen Illusion und Realität unterscheiden kann? Oder ist doch alles Winternachtsmagie?
Nach den Bestsellern "Winterblues mit Zuckerguss" und "Winterflockentanz" folgt mit "Winternachtsmagie" ein weiterer Wohlfühl-Roman von Erfolgsautorin Birgit Gruber zur schönsten Zeit des Jahres!
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»Othello, nun friss doch bitte!« Verzweifelt lief ich dem Kater mit seinem edlen Porzellanschälchen hinterher. Er schaute mich kurz an, bevor er sich umdrehte und weitertrabte, geradewegs auf die weiße Sofalandschaft zu. Meine Hoffnung, dass er seinen Katzenbaum anpeilte, der direkt danebenstand, erstarb, als er geschmeidig auf die Sitzpolster hüpfte und über das Eckteil dahinter in die Tiefe verschwand. Mit dem Schüsselchen in der Hand schmiss ich mich auf die Couch und lugte in das dunkle Dreieck, auf den Boden. »Othello! Komm da raus«, bettelte ich und hielt seinen Fressnapf etwas tiefer in sein Versteck. »Riech doch mal. Das ist Ente in feiner Sahnesoße.« Er ignorierte mich. Schaute nicht nach oben, sondern stur auf die Wand. Hätte ich nicht gewusst, dass er da unten hockte, man hätte ihn fast nicht gesehen. Nur die cremeweißen Fellflecken ließen vermuten, dass da etwas lag. Oder saß. Othello war Dr. Dombauers Perserkater. Ein stattliches Tier mit braun-beiger Farbmaserung. Kopf, Pfoten und Schwanz waren dunkelbraun, der Rest seines Körpers cremefarben. Seine Augen hellblau. Wenn er einen ansah, hatte man das Gefühl, als würde er bis tief in die Seele blicken. Zumindest empfand ich es so. Leider klappte das umgekehrt nicht gleichermaßen. Ich hatte keine Ahnung, was er wollte. Er war zickig, eine Mimose und höchstwahrscheinlich tatsächlich depressiv. Vermutlich verständlich. Er war ein Scheidungskater. Als sich mein Chef vor einem knappen Jahr von seiner Frau getrennt hatte, hatte er vehement auf das Sorgerecht für Othello bestanden. So hieß es zumindest. Dabei hatte der Mann doch kaum Zeit. Ich tippte ja darauf, dass er seiner Ex nur eins auswischen wollte, da sie laut Hörensagen an dem Tier ganz besonders gehangen hatte. Dombauer mit Schmusekatze konnte ich mir jedenfalls nur schwerlich vorstellen. Oder saß er abends heimlich auf der Couch wie der Bösewicht aus dem James-Bond-Klassiker mit Othello auf dem Arm? Ich gluckste. Das war natürlich eine Möglichkeit. Dr. Dombauer sah zwar nicht böse aus, aber er konnte durchaus zornig herumschreien. Dann verfärbte sich sein Gesicht immer so ungesund rot. Dagegen aber sprach, dass ich noch nie auch nur ein einziges Katzenhaar an seinem Anzug hatte erkennen können. Na ja, er war auch ein Pedant. Ich schaute mich in dem großzügigen Wohnzimmer um. Alles wirkte pingelig sauber. Was wohl ein wenig mit der Einrichtung zusammenhing. Abgesehen von dem dunklen Holz des Schreibtisches und der Schrankwand erstrahlte alles Übrige in Weiß. Auch die Küche war klinisch bleich. Dass ich nicht geblendet wurde, lag lediglich daran, dass es draußen heute so trüb war. Ich ließ meinen Blick durch die breite Fensterfront des Penthouses schweifen. Obwohl es erst Mittag war, hätte man glauben können, dass die Nacht bald hereinbrechen würde. Plötzlich fühlte ich mich müde und erschöpft. Allerdings war ich auch schon seit fünf Uhr morgens bei der Arbeit. Da ich gestern Justus geholfen und Katja nicht hatte versetzen wollen, hatte ich meine eigenen Aufgaben nicht mehr fertigbringen können. Für meinen Chef waren persönliche Gründe jedoch niemals der Rede wert. Er erwartete meine Ausführungen zum Fall Sandor pünktlich um neun auf seinem Schreibtisch! Deshalb war meine Nacht kurz gewesen und ich schon vor dem Morgengrauen vom Bett zu meinem Küchentisch gekrabbelt, auf dem Laptop und sämtliche Unterlagen verstreut waren. Da ich, seitdem ich bei Dombauer & Kollegen tätig war, nicht mehr gekocht hatte, war der Raum von mir nach und nach zum anderweitigen Arbeitsplatz umfunktioniert worden. Ein leises Geräusch erinnerte mich wieder an meine Aufgabe. Ich schaute zurück in die dunkle Ecke und wollte den Kater nochmals rufen. Doch genau in dem Augenblick sprang er hoch, stieß mit dem Kopf gegen die flache Schüssel, die ich noch immer lockenderweise darüber hielt, sodass sie mir aus der Hand glitt. Ich purzelte nach hinten, die Schale schlug einen Salto, und die Filetstückchen in Sahnesoße verteilten sich in hohem Bogen in alle Richtungen über die Sofalehne. Othello musste indes wie ein Pingpongball zurück auf den Boden getanzt sein, um gleich darauf einen zweiten Befreiungsversuch zu starten, der ihm diesmal gelang. Unsanft landete er genau auf meiner Magengrube. Leicht benebelt starrte ich ihn an. Er stierte zurück. Seine Schnurrhaare vibrierten. Und für eine Millisekunde hätte ich schwören können, dass er mir zuzwinkerte. Doch Katzen konnten weder lächeln noch absichtlich zwinkern. Trotzdem fand ich, dass er zufrieden wie nie aussah, als er über mich hinwegspazierte und sich auf seinem Kratzbaum niederließ. Ich rappelte mich auf und inspizierte die Bescherung. So sah also Katzenspaß aus? Ein Teil des cremefarbenen Couchbezugs war nun mit bräunlichen Fleischflöckchen gespickt. Auch auf meinem grünen Bleistiftrock fand ich ein paar Spritzer wieder. Der Porzellannapf schien in der Ecke hinter dem Sofa gelandet zu sein. Ich stöhnte. »Was war das denn? Hast du das mit Absicht gemacht?«, fragte ich das Tier, das jetzt vollkommen entspannt auf seinem Hochsitz lag. Mit spitzen Fingern klaubte ich sein Futter von meiner Kleidung und stand auf, da klingelte mein Handy. Sofort bildete sich in meinem Magen ein Eisblock. Das konnte nur Dombauer sein! Zögerlich schaute ich mich im Zimmer um. Hatte der Mann hier etwa Kameras eingebaut? Überwachte er, was ich in seinen Räumen tat? Und hatte er nicht nur unseren dämlichen Zusammenstoß miterlebt, sondern auch schon die Sauerei entdeckt, die dabei entstanden war? Erst jetzt wurde mir das Ausmaß unseres kleinen Unfalls bewusst. Dombauer würde ausflippen, wenn sein klinisch sauberes Zuhause durch meine Wenigkeit verunreinigt wurde. Dabei war ihm garantiert völlig egal, dass sein kleiner Liebling im Grunde der Schuldige gewesen war. Mit wildem Blick suchte ich die Zimmerecken nach Überwachungskameras ab, bevor ich die Schweinerei auf der Wohnlandschaft ins Auge fasste, bis das unaufhörliche Bimmeln meines Handys gefühlt immer lauter wurde. Also wandte ich mich ab und eilte in die Küche. Auf der leeren und auf Hochglanz polierten Anrichte lag das sturmklingelnde Ding. Natürlich war es mein Chef, der mich zu sprechen wünschte. Schnell wusch ich mir die Hände, bevor ich endlich das Gespräch annahm. »Wo sind Sie?«, donnerte er los, kaum dass ich das Telefon an mein Ohr hielt. »Bei Ihnen?« »Wollen Sie jetzt witzig sein?« »Ähm. Nein. Es ist die Wahrheit.« Ich lehnte mich gegen die freistehende Kochzeile und betrachtete mein verzerrtes Gesicht in der Glastür direkt gegenüber. Ich hatte schon besser ausgesehen, stellte ich dabei missmutig fest. »Ich sehe Sie aber nirgendwo«, bellte Dombauer. »Bringen Sie mir die Vermögensaufstellung der Billers. Sofort.« Ich atmete tief durch. »Herr Dombauer, das mache ich selbstverständlich als Erstes, wenn ich wieder zurück bin.« »Aha!«, rief er wie aus der Pistole geschossen. Als hätte er mich ertappt und dingfest gemacht. »Sie sind also doch nicht da. Jetzt bin ich aber froh. Sonst hätte man mich noch für unzurechnungsfähig erklären können, was?« Das konnte man hin und wieder tatsächlich in Betracht ziehen, dachte ich bei mir. Wenn er diese Art an den Tag legte … Die mochte vor Gericht oder bei Prozessgegnern gefürchtet und durchaus zielführend sein, doch im Alltag war sie schlichtweg am Rande des Erträglichen. »Ich füttere gerade Othello. So wie Sie es wollten«, erinnerte ich ihn. »Othello?«, fragte er zurück, ganz so, als müsste er erst überlegen, wer das sein sollte. »Und was dauert da so lange?«, brummte er dann eine Nuance gnädiger gestimmt. »Hat er Sie um Ihren hübschen Finger gewickelt? Singen Sie ihm noch ein Schlaflied, oder was? Sie sollen ihn zum Fressen bringen. Das ist alles. Wenn Sie damit schon überfordert sind, muss ich mir das mit Ihrer Probezeit noch mal überlegen!« Sofort spannten sich meine Schultern an, und ich richtete mich gerade auf. Dabei konnte er mich doch gar nicht sehen. Die Idee mit den Überwachungskameras war bestimmt nur ein wenig paranoid von mir. Ganz im Gegensatz zu meiner Einschätzung seiner Reaktion, sein verschmutztes Sofa betreffend. Diesbezüglich konnte ich bereits jetzt schon seinen cholerischen Anfall bildlich vor mir sehen. Wie versteinert starrte ich durch die Tür geradewegs auf das Korpus Delikti in einiger Entfernung und fragte mich, wie ich das spurlos sauber bekommen sollte. »Ich bin eigentlich –« ›Schon auf dem Rückweg‹, wollte ich sagen. Doch er unterbrach mich. Brummte »Moment« und drückte mich weg. Mozarts fünfte Symphonie dudelte in mein Ohr, und die entspannenden Klänge wirkten in diesem Moment irgendwie surreal auf mich. Mein Hirn arbeitete auf Hochtouren. Wenn ich jetzt die Wohnung verließ, hatte nicht nur Othello nichts im Magen, ich hätte ebenfalls keine Möglichkeit, sauber zu machen. Aber ich konnte es doch auch nicht so zurücklassen?! In dem Bemühen, ruhig zu bleiben und wenigstens irgendetwas zu tun, öffnete ich einige Schranktüren, um einen Lappen zu suchen. Ich stieß auf eine Packung mit Schokocrunchys, ein Glas Nussnougat-Brotaufstrich und eines mit Erdnussbutter. Ansonsten war das Fach leer. In der Tür daneben fand ich ein Päckchen Mehl und eines mit Zucker, noch neu verpackt, zwei Tüten Nudeln und fünfmal Milchreis-Fix. Es war schon interessant, zu erfahren, wie sich mein Chef ernährte. Alles sah unbenutzt aus, aber ich schätzte auch, dass er täglich zum Essen ging. Ich wollte gerade hinter die unteren Türen spitzen, als er plötzlich wieder am Hörer war....