E-Book, Deutsch, 261 Seiten
Gruber Winterflockentanz
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-96714-083-5
Verlag: Zeilenfluss
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Liebesroman
E-Book, Deutsch, 261 Seiten
ISBN: 978-3-96714-083-5
Verlag: Zeilenfluss
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Kann denn Lügen Sünde sein?
Zwei Schwestern, ein Skispringer – und das Winterchaos ist perfekt.
Emma dachte eigentlich, aus der Zwillingsnummer herausgewachsen zu sein. Aber als ihre Zwillingsschwester Sophie sich spontan dazu entschließt, zwischen den Jahren in die Südsee zu verreisen, kann Emma sie nicht hängen lassen. Sie gibt sich für sie aus und versucht Sophies Job zu retten. Dass ihre Schwester ausgerechnet einen Vertrag mit dem Skispringer Benjamin Dreier aushandeln soll, konnte Emma nicht wissen. Denn Benjamin ist für Emma kein Unbekannter, hat er ihr doch in einer ihrer härtesten Stunden zugesetzt. Zwar ist er unausstehlich, aber auch unglaublich attraktiv.
Keine guten Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit!
Doch als plötzlich ein Schneesturm hereinbricht und Benjamin ihr anbietet, sein Hotelzimmer mit ihr zu teilen, sprühen die Funken …
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2
Emma saß an einem der Tische und starrte zum Fenster hinaus. Der Himmel war trüb. Graue Wolken schoben sich darüber hinweg und hinterließen ein Gemisch aus Regen und Schnee. Der Kalender schrieb den ersten Januar. Neujahr! Und sie war gar nicht in der Stimmung dafür. Irgendwo klapperte Besteck. Gemurmel von anderen Gästen und leise Musik als Hintergrundbeschallung drangen an ihr Ohr. Jeanette, ihre beste Freundin, hatte sie zu einem Brunch in dem Café um die Ecke überredet. Sie schob einen vollbeladenen Teller auf den Tisch und setzte sich. »Du solltest bald nochmal ans Buffet und dir einen Nachschlag holen. Vom Obstsalat ist schon nicht mehr viel da. Den magst du doch so gern.« Jeanette griff nach ihrer Gabel. Emma schüttelte den Kopf und stocherte lustlos in ihrem bereits kalt gewordenen Rührei herum. »Vielleicht später. Die füllen sowieso alles wieder auf. Wozu die Eile?« Jeanette zuckte mit den Schultern und aß weiter. »Möchten die Ladys ein Glas Sekt?«, fragte ein Kellner und kam mit einem Tablett zu ihnen. »Auf jeden Fall!« Jeanettes Hände schossen nach oben, und bevor sich Emma versah, stand einer der Kelche vor ihr. »Frohes neues Jahr!« Der Kellner zwinkerte ihnen zu und setzte seine Runde fort. »Los, lass uns mal anstoßen! Wenn ich gewusst hätte, dass du da bist ... Warum bist du denn nicht vorbeigekommen? Ich habe dir doch von der Silvesterfete erzählt.« »Mir war eben nicht nach Feiern.« »Ja, kann ich auch irgendwie verstehen. Aber vielleicht hätte es dir gerade deshalb gutgetan. Rauskommen und etwas anderes sehen. Das wirkt manchmal Wunder.« Die Freundinnen stießen miteinander an. »Ich wünsche dir trotz allem ein supertolles neues Jahr!« Emma grummelte etwas Unverständliches. »Das wünsche ich dir auch«, erwiderte sie dann lahm. Jeanette ließ sich davon nicht beeindrucken und grinste wissend. »Du wirst sehen, dieses Jahr wird klasse. Ich habe das im Gefühl.« »Du und dein Gefühl.« Emma lachte. »Ich erinnere mich, dass du – wann war das? Vorletztes Jahr? – behauptet hast, in diesem Jahr würdest du richtig reich werden. Und was ist daraus geworden?« Unbekümmert stellte ihre Freundin ihr Glas ab und fuhr mit dem Essen fort. »Ja, na ja. Ich gebe zu, dass ich nicht die große Kohle gemacht habe, wie ich anfangs dachte. Aber ich hatte trotzdem recht. In diesem Jahr wurde ich reich an Erfahrung. Oder etwa nicht?« Das stimmte. Jeanette hatte BWL studiert und war als angehende Unternehmensberaterin in einem Laden gewesen, der sie schamlos ausgenutzt hatte. Zu der Zeit hatten die Freundinnen höchstens per SMS Kontakt gehabt, weil Jeanette permanent beruflich im Einsatz gewesen war. Sie hatte etwa vierzehn Stunden am Tag geschuftet, sogar an den Wochenenden, war eben mal nach Berlin oder Hamburg geflogen, manchmal auch nach London. Und alles dafür, dass ihr Vorgesetzter die Lorbeeren einheimste. Erst als sie völlig ausgelaugt einen gesundheitlichen Warnschuss von ihrem Körper erhalten hatte und in einer Notaufnahme erwacht war, hatte sie die Konsequenzen gezogen. Sie hatte sich selbstständig gemacht und es nicht bereut. Emma seufzte. »Dann hoffe ich mal, dass es mir ebenso gelingt, beruflich wieder Fuß zu fassen und etwas Neues zu finden.« »Ach, das glaub ich fest. Pflegefachkräfte werden doch überall händeringend gesucht.« »Schon. Aber wenn ich gewusst hätte, dass ich nicht nach Heidelberg umziehen werde, hätte ich vielleicht nochmal darüber nachgedacht, ob ich wirklich hinschmeißen sollte.« »Also, ich freue mich, dass du dableibst. Denk mal an unseren Mädelsabend. Wir treffen uns, solange ich denken kann, jeden ersten Freitag im Monat. Was hätte denn daraus werden sollen?« »Du hast ja recht. Man soll immer das Positive sehen«, stimmte Emma ihr zu, auch wenn ihr das im Moment gar nicht so leichtfiel. Doch es war schön, zu wissen, dass sie nicht allein war. Jeanette, Sophie und sie kannten sich schon aus dem Sandkasten. Aber während Sophie sich haufenweise mit Freunden und Bekannten umgeben hatte, war Jeanette zu Emmas bester Freundin geworden. Oftmals fühlte Emma sich ihr enger verbunden als ihrer eigenen Zwillingsschwester. Emma kannte die Geschichten über Zwillingspärchen, die so unzertrennlich waren, dass sie manchmal sogar ein Leben lang zusammenblieben. Bei Sophie und ihr war das definitiv nicht der Fall. »Was ist denn nun genau passiert?«, fragte ihre Freundin. »Ich habe das noch nicht richtig verstanden.« »Das geht mir ähnlich.« Emma schnaufte und rührte lustlos in ihrem Cappuccino. »Ich dachte, mit mir und Viktor würde alles perfekt laufen. Klar, wir haben nicht wahnsinnig viel Zeit miteinander verbracht – auf die Entfernung. Aber alles schien bestens. Wir versuchten, uns so oft wie möglich zu sehen. Zumindest habe ich das angenommen. Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, gab es schon öfters mal was, das ihm dazwischenkam, sodass er mir deswegen absagte. Aber er ist Chirurg – Herrgott nochmal! –, da ist es doch normal, dass er Überstunden schieben oder einspringen muss. Oder? Na, wahrscheinlich war ich einfach zu doof, um es zu bemerken ...« »Du meinst, dass er zweigleisig gefahren ist?« Emma zuckte mit den Schultern. »Die Tussi, die er heiraten will, wird ihm ja wohl kaum der Weihnachtsmann gebracht haben.« »Und das hat er dir per SMS geschrieben?« Jeanette runzelte fassungslos die Stirn. Sie schob ihrer Freundin ihr Handy über den Tisch. »Was für eine Arschgeige! Und dann will er noch, dass ihr Freunde bleibt? Der hat sie doch nicht mehr alle!« »Nett, oder?« »Pass bloß auf, der ist so selbstverliebt, dass er dir noch eine Einladung zur Hochzeit schickt.« Der Löffel in ihrer Hand plumpste klirrend in die Tasse. »Was? Meinst du echt?« »Wer weiß. Zutrauen würde ich es ihm. Ich wollte es dir nicht sagen, weil du so glücklich gewesen bist, aber um ehrlich zu sein, so richtig mochte ich Viktor nie.« »Wieso nicht?« Emma setzte sich aufrecht hin, und Jeanette biss von ihrem Käsebrötchen ab. »Hm, ich fand ihn immer so glatt. Zu glatt, wenn du verstehst, was ich meine. Ein typischer Halbgott in Weiß eben. Womöglich ist ihm sein Job zu Kopf gestiegen, vielleicht liegt es auch an seinen Eltern. Du hast zwar nicht viel über sie erzählt, aber so wie ich das verstanden habe, loben die ihn doch über den grünen Klee.« »Mag sein. Ich kenn die ja auch kaum. Besonders sympathisch wirkten sie das eine Mal, als ich sie traf, jedenfalls nicht.« »Und woran lag das? Bitte rede dir nur nicht ein, an dir! Die denken, sie wären was Besseres. Warum hast du sie denn bitte schön innerhalb von zwei Jahren nie zu Gesicht bekommen?« »Du glaubst, die Zukünftige ging damals schon ein und aus bei seiner Familie?« Sie wusste nicht, wie sie darauf kam. Aber plötzlich war Emma sich ziemlich sicher, dass genau das der Fall gewesen war. Wie konnte sie nur die ganze Zeit über so blöd gewesen sein? »Schon möglich«, bestätigte Jeanette, und Emma trank den restlichen Inhalt ihres Sektglases leer. Warum war sie nicht ein bisschen mehr wie Sophie? Der passierte sowas garantiert nicht. Schon deshalb, weil sie selbst ihre Kerle abschoss, bevor diese dazu Gelegenheit bekamen. Ihre Schwester war ein Schmetterling im Wind. Bunt, schillernd, abenteuerlustig, frei und ungebunden. »Was sagt denn Sophie dazu?«, fragte jetzt Jeanette, als könnte sie Gedanken lesen. »Sie ist verreist und weiß noch nichts davon.« »Und warum hast du dich nicht bei mir gemeldet? Dafür sind doch Freundinnen da?« »Keine Ahnung. Ich musste mich erst mal allein damit auseinandersetzen. Ich meine, mein gesamtes Leben hat sich von der einen Minute auf die andere in Luft aufgelöst. Mann weg, Job weg, Wohnung gekündigt ...« Sie schnappte nach Luft und schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Oh mein Gott. Ich habe meine Wohnung gekündigt!«, rief sie, weil es ihr jetzt erst bewusst wurde. »Ich muss gleich morgen versuchen, das rückgängig zu machen.« Jeanette blickte von ihrem Teller auf, sagte aber nichts. Musste sie auch nicht. Emma konnte es so an ihrem Gesicht ablesen. Ja, manchmal war sie etwas übereilig in ihren Entscheidungen. Aber warum hätte sie ihre Wohnung nicht kündigen sollen, wenn sie doch vorhatte, wegzuziehen? Gut, sie hätte vorher mit Viktor reden können. Aber sie konnte doch nicht ahnen ... Eine Sekunde lang überlegte sie, ob er möglicherweise von ihren Plänen erfahren haben mochte und sie deshalb abserviert hatte. Doch dass er gleich eine andere ehelichen wollte, schien ihr dann selbst für ihre Begriffe zu weit hergeholt. »Wo ist Sophie denn überhaupt?«, wechselte ihre Freundin derweil das Thema. »Südsee«, murmelte Emma gedankenverloren. »Echt? Wie kommt sie denn da hin?« »Mit dem Flieger.« »Ach nee. Warum bist du denn auf einmal so pampig?« »Weil du mich an Sophie erinnert hast.« »Hä? Und?« »Ihr zuliebe muss ich morgen nach Rosenheim. Ich hoffe, dass ich das mit meiner Wohnung trotzdem regeln kann. Wenn ich das wegen ihr nicht schaffe ...« Jeanette sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren. »Muss ich verstehen, wovon du redest? Was die Sache mit deiner Wohnsituation betrifft, hast du dir das doch selbst eingebrockt. Was kann Sophie da dafür?« Emma blies die Backen auf und ließ die Luft langsam entweichen. »Musst du immer so schrecklich vernünftig sein? Manchmal bist du schlimmer als meine Mutter.« Ihre Freundin kicherte. »Das...