E-Book, Deutsch, 250 Seiten
Gruber / Wessely Die Reise des Wanderimkers
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7066-2870-9
Verlag: Löwenzahn Verlag in der Studienverlag Ges.m.b.H.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wie guter Honig zu seinem Geschmack kommt
E-Book, Deutsch, 250 Seiten
ISBN: 978-3-7066-2870-9
Verlag: Löwenzahn Verlag in der Studienverlag Ges.m.b.H.
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
DEM GESCHMACK DES HONIGS AUF DER SPUR
Wenn die Bäume im Frühling in voller Blüte stehen, zieht Wanderimker Johannes Gruber mit seinen Bienenvölkern von Weide zu Weide und fängt den Geschmack der Landschaft ein. Je nachdem, wo die Bienen fliegen und welche Pflanzen sie vorfinden, ist der Honig golden oder milchig weiß und schmeckt nach Holunder oder Karamell, duftet nach zarter Bittermandel oder würzigem Harz.
EINE HOMMAGE AN DEN HONIG UND DAS IMKERHANDWERK
Gemeinsam mit Nina Wessely hat Johannes Gruber Imker im ganzen Land besucht, um dem Geschmack und der Geschichte des Honigs nachzuspüren. Sie beschreiben die Entstehung des Honigs, die Arbeit mit den Bienen, erzählen von feuchten Aulandschaften und saftigen Bergwiesen und den so genannten Trachtpflanzen, die den Bienen Nektar spenden. Wolfgang Hummer hat sie dabei begleitet und über 100 stimmungsvolle Bilder eingefangen.
- alles über Honig, seine Historie, Entstehung und Inhaltsstoffe in wundervollen Geschichten und Bildern erzählt
- lebendige Landschaftsporträts: Feld und Stadt, Hügel- und Moorlandschaft, Hochgebirge, Wald und Au
- ausführliche Beschreibungen zu den Bienenweiden: Vogelkirsche und Sonnenblume, Fichte und Alpenrose
- atmosphärisch dichte Porträts von Imkern aus ganz Österreich und Deutschland
- jeder Imker präsentiert sein Lieblingsrezept
- mit Bildern zum Träumen von Wolfgang Hummer
Weitere Infos & Material
Wien und seine Stadthonige
AM BEISPIEL
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WIEN-GRINZING
Den Bienen gefällt es unter dem Himmel von Wien, wo etwa 5000 Bienenvölker leben. Der starke und ungebrochene Trend zur Imkerei in Großstädten scheint paradox: Lärm, Hektik und Autoabgase aus Sicht der Menschen. Die Perspektive der Honigbienen zeigt ein völlig anderes Bild: Alleen und Parkanlagen, bunte, grüne Innenhöfe und Dachgärten, Gstettn und großzügige Gärten um die Villen am Rande der Stadt. Hildegard Burgstaller
WIEN
Wie Hildegard Burgstaller Geschmacksporträts von Stadtlandschaften in die Honiggläser bringt. Freitag, 12. Juni, Himmelstraße 42, „Am Himmel“. Man betritt den Garten durch ein altes, schmiedeeisernes Tor. Dahinter wartet Hildegard, eine großgewachsene, schlanke Frau um die 50, langes dunkles Haar mit auffallenden Silbersträhnen. Sie ist von ausgeprägter Liebenswürdigkeit und – wie sich im Laufe des Gespräches noch herausstellen wird – sie hat enormes botanisches Wissen. Ein alter, verwucherter Garten mit einem Hauch von Dekadenz: verwitterte Statuen, manche mit fehlenden Gliedmaßen, manche umgestürzt. Inmitten von üppigem Grün führt ein schmaler Kiesweg zur alten Villa. Das Haus gehörte einst Luigi Kasimir, einem im Wiener Fin de Siècle bekannten Grafiker, der in seinen Arbeiten auch etliche Landschaften rund um seine unmittelbare Wohngegend porträtiert hatte. Vorerst und unentgeltlich überlassen seine Erben den Garten Hildegard und ihren Bienen. Ein leichter Kärntner Akzent verrät Hildegards Herkunft. Ihr Großvater, ein Patriarch alten Schlages, war es, dem sie die Faszination an der Arbeit mit Bienen verdankt. „Wieso zieht er sich so schön an, wenn er zu den Bienen geht?“, hat Hildegard sich schon als Kind gefragt, wenn er seine Alltagskleidung gegen ein blütenweißes Hemd tauschte. Der Großvater sprach nicht viel und die Enkelin stand ganz ruhig daneben und beobachtete. „Mit mir hat er nicht geredet, aber mit den Bienen“, meint sie schmunzelnd. Wie über Jäger gibt es auch über Imker zahlreiche Vorurteile: Imker seien wortkarg, misstrauisch, geizig, bei Vereinsausflügen würden lediglich mitgenommene Speisen verzehrt, sie seien neidisch, überaltet, Verteidiger ihres Territoriums und der reinen Bienenrasse. Für einige Vertreter der Zunft mag dies durchaus gelten, mit Sicherheit nicht für Hildegard Burgstaller. Sie stellt so etwas wie die Antithese zu all diesen Klischees dar. „Bienen halten sich nicht an Grenzen. Sie suchen dort, wo viel und Gutes zu erwarten ist. Das ist verständlich und vernünftig! Man geht dorthin, wo man wachsen kann.“ Gleich hinter der alten Villa fällt der Hang steil nach unten. Vom Bienenstand, dessen Fluglöcher nach Osten, also Richtung Zentrum der Donaumetropole gerichtet sind, starten Bienen in unregelmäßigen Abständen. Unter einer mächtigen Linde steht ein weiterer Bienenstand, die Bienenbeuten sind mit Leinölfirnis imprägniert und bunt bemalt. „Prinzessinnen brauchen schöne Kleider“, meint die Imkerin. Und: „Bienenvölker riechen unterschiedlich und haben ihre Vorlieben für Nektar und Pollen“, so die feinsinnige Imkerin. „Es kann vorkommen, dass der Honig vom benachbarten Bienenvolk anders ausschaut und auch anders schmeckt.“ Sie ging bei der letzten Ernte sogar so weit, die Honige aus jedem Volk separat zu ernten, und so gab es eine Zeitlang in der Spezerei am Karmelitermarkt, einem stadtbekannten Feinkostladen, Zitroneneis mit Landschaftshonig von der Himmelstraße vom Bienenvolk Nummer 7. Und dann erzählt Hildegard schon von ihrem nächsten Projekt: „Wiener Gstettn Honig“, eine englische Übersetzung dafür, nämlich „urban wilderness“, hat sie auch. Seit Herbst dieses Jahres ist der Honig im Restaurant Steirereck in Wien erhältlich: „5 Sterne für die Gstettn.“ Über Imker gibt es viele Vorurteile. Auf Hildegard Burgstaller trifft kein einziges zu. „Bienen halten sich nicht an Grenzen. Sie suchen dort, wo viel und Gutes zu erwarten ist.“ Der Hype um Stadtbienen ging 1982 von Paris aus. Der Imker und Bühnenarbeiter Jean Paucton musste auf Drängen seines Hausmeisters das Bienenvolk, das er im Hof seiner Wohnung abgestellt hatte, entfernen. Als Ersatzstandort wählte er ausgerechnet das Dach der Pariser Oper. Die Illustrierte Paris Match berichtete und schon waren die Großstadtbienen aus der Anonymität geholt. Dann war New York und irgendwann schwappte der Trend auch nach Wien. Ein ehemaliger Landwirtschaftsminister – nicht gerade der Bienenlobby zuzurechnen – verstand es, sich als Bienenretter zu inszenieren, ebenfalls auf dem Dach der Oper und genauso mediengerecht wie sein Pariser Vorbild. Inzwischen hat Wien mit seinen vielen Bienenvölkern die wohl größte Dichte an Bestäubungsinsekten aller Millionenstädte. Sogar die ökologische Tadellosigkeit der städtischen Kläranlage wird mittlerweile mit Honig beworben, der vor Ort geerntet wird. Hildegard ist Wissenschaftlerin und Imkerin. 1985, mit Ende ihres Studiums, übersiedelte sie ihre ersten beiden Bienenvölker von Kärnten nach Wien. Kern ihrer wissenschaftlichen Arbeiten war immer die Botanik, die Bestäubungstätigkeit der Honigbiene und ihre Auswirkung auf das Ertragsverhalten von Pflanzen. In ihrer noch nicht abgeschlossenen Arbeit über „Honig als Spiegel des Vegetations- und Landschaftswandels“ hat sie mit Tiroler Honigen aus den 20er Jahren zu tun. Bei der Probennahme war auch ein Verkosten dieser „Ötzi-Honige“ unumgänglich: „Die Honige waren schwarz und zäh wie Teer, nicht mehr so süß, aber die Pollenkörner vollkommen erhalten“, resümiert sie wissenschaftliche und kulinarische Aspekte dieser Arbeit. Was ihren Bienenstandort in Wien, am Fuße des Kahlenberges auszeichnet? „Die Vielfalt an Blütenpflanzen! Wenn man herumschaut, sieht man Obstgärten, Blumenstreifen in den Weingärten, Wiesen, die nicht dauernd gemäht werden, dann ist da der nahe Wienerwald, die Akazien und Götterbäume, Rosskastanien und Linden. Alles blüht früher und in ununterbrochener Abfolge. Und es ist wärmer. Im zeitigen Frühjahr finden die Wiener Bienen schon Krokus, Schneeglöckchen und Traubenhyazinthen“, so Hildegard Burgstaller. „Und Efeu, ein Kraftlackel unter den Pflanzen, bietet ein spätes Fest für die Bienen. Seit dieser Beobachtung sehe ich diese Pflanze mit anderen Augen.“ Bienenkönigin mit Arbeiterinnen Hildegard vermittelt den Kindern die Welt der Bienen. „Was gibt es Schöneres, als Kindern den Bienenstand zu zeigen und Wissen weiter zugeben?“ Hildegard Burgstaller ist Gründungsmitglied des Vereins Landschaftshonig. Gemeinsam ist dieser Gruppe von Imkern und Imkerinnen, die Schönheit von Landschaften anhand von Honig zu zeigen. Und es ist ihnen wichtig, für ihre Bienen Standorte zu finden, die die Bienen selber auch auswählen würden. Eine besondere Leidenschaft Hildegards gilt der Vermittlung der Welt der Bienen an Kinder. Für Schulklassen versucht sie sich immer Zeit zu nehmen. Einer ihrer Bienenstände befindet sich auf einem Schulgelände und Bienenkunde ist dort fixer Bestandteil des Lehrplans für Acht- bis Neunjährige. „Ich kann nicht unterrichten. Wenn die Nachbarsklasse Praxisunterricht am Bienenstand hat, kleben meine Kinder an den Fenstern und sind für mich kaum erreichbar“, so ein Lehrer dieser Schule. „Was gibt es Schöneres?“ – meint dazu die Imkerin. Was macht die Imkerin mit ihrem Honig?
„Ich bin froh, dass Honig endlich Husten und Weihnachten hinter sich gelassen hat und in der Küche der Spitzengastronomie angekommen ist“, freut sich Hildegard Burgstaller, deren Honige auch bei Stefan Resch, Küchenchef von Park Hyatt Wien, große Wertschätzung genießen. Auf die Frage nach ihrem Lieblingsrezept mit Honig hält die Imkerin kurz inne, um dann zu verraten, dass sie sich lieber im Freien aufhält und in der Erde buddelt, als den Kochlöffel zu schwingen. Aber dann kommt doch noch etwas: „Zwei oder drei Kugeln Vanilleeis mit einem Kaffeelöfferl Gstettn Honig darüber, das sind tausende Blüten im Mund, ein Geschmackserlebnis, eine Reise in die Landschaft des jeweiligen Honigs!“ WIENER
STADTHONIGE
Wissenswertes
GESCHICHTE DER IMKEREI IN...