E-Book, Deutsch, 234 Seiten
Gruber Bewerben Sie sich nie!
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7562-3680-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 234 Seiten
ISBN: 978-3-7562-3680-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Viktor konnte zu dem Zeitpunkt auch noch nicht wissen, dass er in Kürze verhaftet werden würde. Er ist erfolgreicher Personalleiter bei 2B1 - To be number one, ein Konzern mit über 7.000 Mitarbeitern. Firmenfahrzeug, erfolgreich abgeschlossene Projekte, hohes Prestige, eine liebenswürdige Lebensgefährtin, alles ist perfekt. Sein auf Freiheit ausgerichteter Lebenswandel entspricht trotzdem nicht immer unbedingt der bürgerlichen Moral und sorgt für Spannungen in der Beziehung. Zu allem Überdruss hat ihn auch noch seine Lebensgefährtin zu einem Pflegeelternkurs geschleppt, obwohl er einen Hund gegenüber einem Kind bevorzugen würde. Laufend werden Vorstellungsgespräche geführt, darunter auch mit den beiden sehr attraktiven Frauen Tabea und Sabine. Beide werden bei 2B1 eingestellt. Tabea ist Single und genießt die Wochenenden in Clubs und Bars, Sabine hat einen Lebensgefährten. Alles ändert sich als Tabea und Sabine von einem Unbekannten belästigt, verfolgt und attackiert werden. Schnell kann die Polizei einen Zusammenhang zu 2B1 herstellen, was den CEO Johann Kammerhofer zunehmend beunruhigt. Moralische Verfehlungen sowohl bei Viktor als auch bei 2B1 werden immer offensichtlicher. Geschäftsabschlüsse bei 2B1 unter Zuhilfenahme eines speziellen Cateringservice und nicht zustehende Förderungen sorgen immer mehr für Probleme. Johann kann sich meist elegant aus der Affäre ziehen, während Viktor immer stärker verstrickt erscheint. Stütze in dieser Zeit sind seine Lebensgefährtin und die Assistentin Veronika. Viktors Alibi, das sich hauptsächlich auf die Aussage seiner Lieblingsprostituierten stützt, wird immer brüchiger und Viktor steht kurz vor der Festnahme durch Chefinspektor Haberl, ein merkwürdiger Typ.
Johann Gruber hat bereits viele Kurzgeschichten geschrieben und nun mit "Bewerben Sie sich nie!" seinen ersten Roman veröffentlicht. Er arbeitete in verschiedensten Wirtschaftsunternehmen und verfügt über profundes Hintergrundwissen, das in den ersten Roman eingeflossen ist. Die Personen und die Handlung des Romans sind aber frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Begebenheiten oder lebenden oder verstorbenen Personen wären rein zufällig und nicht gewollt.
Autoren/Hrsg.
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Erfolg Normaler Wahnsinn Dass Viktor kurz vor seiner Verhaftung steht, konnte er trotz seines moralisch nicht ganz einwandfreien Lebenswandels zum jetzigen Zeitpunkt nicht wissen. Im Stopp and go - Verkehr Richtung Innenstadt hält sein 5er BMW dank Stau-Assistent immer den richtigen Abstand. Auf dem Display meldet das Navigationssystem eine kurze Verzögerung und die gestreamte Musik kommt unterbrechungsfrei aus den Bose-Boxen: „The world is closing in and did you ever think, that we could be so close, like brothers“. Viktor ist HR-Leiter (HR für Human Resources oder wie er es nie nennen würde Personalleiter) eines internationalen Industrieunternehmens namens 2B1 mit über 7.000 Mitarbeitern - To be number One. Bereits mit 28 Jahren war er in leitender Position tätig und wechselte vor drei Jahren zu seinem jetzigen Arbeitgeber. In zwei Monaten wird er seinen 37. Geburtstag feiern, wobei das Feiern von Geburtstagen nicht so seine Sache zu sein scheint, aber für seine Lebensgefährtin und ein paar Freunde ist das irgendwie wichtig. Er liebt Erfolge und genießt die Bewunderung, wenn Projekte nach seinen Vorstellungen zu Ende gebracht werden können. Bewerber, die dank seiner charismatischen - so zumindest seine Selbsteinschätzung - Überzeugungskraft sich für 2B1 entscheiden, erzeugen in ihm ein Wohlgefühl, das auch für andere leicht erkennbar ist, sie nennen es einen Anflug von Arroganz. Kinder kommen in seiner Lebensplanung nicht vor, auch wenn er bereits seit acht Monaten gemeinsam mit seiner Partnerin einen Kurs für Pflegeeltern besucht, da seine Lebensgefährtin auf einen Zeitungsartikel gestoßen ist und nun den Mangel an Pflegeeltern etwas reduzieren möchte. Das Haus im Stadtteil Aigen mit Garten ist groß genug für Nachwuchs. „Was ist das auch für eine tolle soziale Sache!“, waren ihre Worte und er hatte anfangs auch keine großen Gedanken darüber gemacht. Seither sitzt er alle zwei bis drei Wochen am Wochenende in einem Kurs und hört sich irgendwelche verzweifelte Geschichten von Paaren an, die keine Kinder bekommen können und deren Aussicht auf eine Adoption de facto nicht vorhanden ist. So bleibt die Pflege von Kindern in Krisensituationen über, die auch in eine Dauerpflege übergeleitet werden kann bzw. von Anfang auf Dauer ausgerichtet ist. Was für ein tristes Publikum, deren Lebensfreude von irgendwelchen kleinen, nicht unterentwickelten Schreihälsen abzuhängen scheint. Letzten Freitag berichtete er der Runde von einem tollen Frankreichaufenthalt, den er mit seiner Lebensgefährtin vor zwei Wochen verbrachte und einem kaum zu überbietenden Rosé-Champagner. Vielleicht war es das Wort Rosé oder doch das Wort Champagner - das konnte er nicht feststellen - aber Verständnis schien die Runde für die angenehmen Dinge des Lebens nicht zu haben. Nein, lieber kümmern sie sich um Gefühle und andere Nebensächlichkeiten und sprechen ausladend darüber. Allein die Frage der Kursleiterin zu Beginn nach dem eigenen Wohlbefinden treibt ihn regelmäßig zur Verzweiflung, wobei sie im Vergleich zu den anwesenden Paaren noch so etwas wie Erfolg ausstrahlt. So sind ihre roten Haare und ihr offenes Wesen auffällig anders und hätte sie einen richtigen Beruf so wäre eine Karriere durchaus machbar. Viktor schätzt Karrieren und Menschen meist richtig ein. Nur bei sich selbst scheint das manchmal nicht ganz so gut zu klappen. Trotz des Erfolges spürt er in letzter Zeit öfter ein leises Unbehagen, das sogar nicht zum äußeren Verhalten passt. Um 08.10 ist er trotz der Mütter-Kinder-Bringdienste und Schrittgeschwindigkeiten vor den Schulen endlich im Büro angekommen. Seine Assistentin Veronika hat ihn schon gesehen und bereitet bereits den ersten Espresso vor. Sie ist 32 Jahre alt, trägt heute Jeans und weiße Bluse, was ihre schlanke Figur gekonnt betont. Das Gesicht deutet auf Zielstrebigkeit hin und ihr freundliches - fast schon dienendes - Wesen - ergänzt seine Dominanz, ohne diese nur ansatzweise zu gefährden. „Bereit für den ersten Espresso?“ erklingt ihre Stimme, die ihn immer an einen 20-jährigen Whiskey mit feinem Abgang erinnert, was selbst an einem Montagmorgen noch ein angenehmes Gefühl erzeugt. Er tauscht sich mit ihr gerne aus. Selbst privat - sie möchte gerne eine neue Wohnung kaufen - scheinen sie einen ähnlichen Lebensentwurf zu haben. Kinder sind dabei kein Thema. Dafür hochwertige Einrichtungsgegenstände, klare Raumaufteilungen, schöne Rückzugsorte, interessante Bücher und Sportaktivitäten. Sie liebt ihr Fitnessstudio und genießt ihr Alleinsein. Zumindest sind für Viktor keine Anzeichen erkennbar, dass sie in nächster Zeit heiraten werde oder gar - noch schlimmer - ein Kind bekommt. Viktor schätzt ihre Unabhängigkeit und fühlt sich in ihrer Nähe wohl, was eine perfekte Assistentin auszeichnet. Auch umgekehrt scheint Veronika ein ausgezeichnetes Verhältnis zu ihrem Vorgesetzten zu haben. „Der CEO möchte sie heute noch sprechen“, merkte Veronika beim Servieren des Kaffees an. Viktor liegt am regelmäßigen Austausch mit dem CEO DI Johann Kammerhofer sehr viel und das unterstreicht aus seiner Sicht die Wichtigkeit seiner Position. Er selbst ist neben zwei weiteren Kollegen Prokurist. Bei Abwesenheit des CEO kommt seit einem halben Jahr immer er zum Zug, wenn es um die Vertretung geht. Die gesamte Belegschaft sowie der gesamte Betriebsrat haben entsprechend Respekt vor ihm und seine verbindliche Art wird immer wieder lobend erwähnt. Viktor hat weiters einen guten Draht zu sämtlichen Hierachieebenen und selbst im Produktionsbereich wird seine Bodenständigkeit positiv bemerkt. Viktor muss diese Erdung und Bodenhaftung auch nicht spielen, sondern es handelt sich um einen ganz natürlichen Wesenszug. Im Gegensatz zu vielen Kollegen kann er Gefühle, über die er selber nicht gerne spricht bzw. diese auch nicht zeigt, trotzdem noch gut wahrnehmen und bemerkt schnell Missstimmungen im Team. „Am Nachmittag ab 13.00 ist sehr gut möglich, bitte stellen sie einen Termin in meinen Kalender“, antwortet Viktor. An das hat sich Viktor erst gewöhnen müssen, dass andere über seinen Kalender verfügen. Anfangs war er wehrhaft und merkte an, dass nur Räume gebucht werden können. In großen Konzernen wurden seit längerem auch Menschen wie Räume gebucht. Diese Veränderung war erkennbar. Für Viktor blieb dabei immer ein schaler Beigeschmack, was ihn deutlich von den übrigen Führungskräften unterschied. Seine Kollegen in der Geschäftsleitung Christian, COO - Chief Operating Officer / Produktion und der CSO - Chief Sales Officer - Vertrieb waren Techniker, die für HR nur wenig übrig hatten. Viktor konnte sich in der Vergangenheit bereits einiges technisches Wissen aneignen und wusste um die wesentlichen Geschäftsfelder und Produktionsabläufe zumindest rudimentär Bescheid. Wenn sich Viktor in den Management-Sitzungen technisch einbrachte, wurde er trotzdem oft nur müde belächelt. Umgekehrt war jeder seiner Kollegen ein Experte in Sachen Personal. Der letzte Vorschlag von Christian zur Produktivitätssteigerung betraf einen Schrittzähler. Dieser Schrittzähler wird mittlerweile in einer Pilotphase getestet und das Management ist Feuer und Flamme, was wohl auch dem Umstand geschuldet ist, dass der CEO seinen Schrittzähler Tag und Nacht, 365 Tage im Jahr, tragen möchte. Die von der App gezählten Schritte werden stündlich an den Firmenserver übermittelt, der ein entsprechendes Ranking erstellt. Die GPS-Funktion wurde nicht offiziell mitgeteilt, da diese nur für berufliche Zwecke genutzt werden sollte. Wieviel Schritte gehen Produktionsmitarbeiter am Tag? Welche Wege werden zurückgelegt? Die Wegprofile sollen dann für entsprechende Verbesserungspotentiale - respektive weniger Schritte - genutzt werden. Außerhalb der Arbeitszeit sind die Schritte wieder zu erhöhen, um einen produktiven und gesunden Mitarbeiter zu gewährleisten. Bei Führungskräften hatte es bereits zu einer Verhaltensänderung geführt. Die Mittagspause wird nun für einen Spaziergang um das Headquarter genutzt. Der künstlich angelegte See wird dabei von den ganz Motivierten mehrmals umrundet. Im letzten Monatsranking gelang es Christian sogar Johann gefährlich nahe zu kommen. Viktor war Teil dieser Kultur, die etwas „ strange“ wirkt und die Freizeit auch für berufliche Zwecke nutzen will. Wer hier an Revolution oder zumindest leichten Widerstand seitens der Mitarbeiter von unteren Hierachiestufen denkt, wird enttäuscht. Die Karrierewilligen prägen das Unternehmensklima und hüten sich penibel davor, irgendeinen neuen Trend nicht mitzumachen. Und tatsächlich finden sich in diesem Konzern immer noch unzählig viele, die sich über Laptop und Mobiltelefon freuen. Die völlige Ekstase löst dann das Firmenfahrzeug und das eigene Büro samt Führungsverantwortung aus. Viktor ist klar, dass er dieses System zu einem großen Teil mitträgt und für den Erfolg dieses Systems hart arbeitet. Der Zusammenhang zu seinem Erfolg ist für ihn offensichtlich und diesen gilt es unter allen...