E-Book, Deutsch, 224 Seiten
Grech Outback Treasure 1
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-96089-523-7
Verlag: dead soft verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Pearce Station 1
E-Book, Deutsch, 224 Seiten
ISBN: 978-3-96089-523-7
Verlag: dead soft verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Pete ist einfach süß. Er ist auch viel zu jung für mich. Aber er ist auch so sehr wie ich. Er liebt dieses trostlose Land und er passt genau in das Leben in der Einöde. Zu meiner Familie. Zu mir. Es gibt eine Million Gründe, warum wir nicht zusammen sein sollten. Aber ich vergesse sie immer wieder, wenn er in der Nähe ist. Wenn er mir nur gesagt hätte, warum er wirklich hier ist ... Outback Treasure I ist der erste Teil des Zweiteilers 'Pearce Station'. Die Geschichte von Pete und Scottie endet in Outback Treasure II.
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Eins
Gegenwart, Sydney
Pete
Der Tisch vor mir war mit Dokumenten übersät. Zu meiner Rechten lag mein Tablet, zu meiner Linken stand meine Kaffeetasse. Ein Luftstrom aus der Heizung ließ das Poster an meiner Wand flattern. Die Worte auf dem Poster waren zur Inspiration gedacht. Wenn dich jemand fragt, was du tust, dann sag: Was auch immer nötig ist. Manchmal waren diese Motivationssprüche richtig frustrierend. Jetzt gerade zum Beispiel. Mein Plan, Australiens El Dorado zu finden, stand nämlich auf wackligen Füßen. Gut Ding will Weile haben. Nur Beharrlichkeit führt zum Ziel. Das sagten zumindest die Motivationsposter, die meinem Vermieter, der auch mein Mitbewohner war, ein Dorn im Auge waren. Doch im Moment schwand meine Geduld immer weiter und ich hatte die Nase voll davon, noch immer auf Erfolge zu warten. Ich war in einer Sackgasse gelandet und kam einfach nicht voran. Es war nicht das erste Mal, dass ich meinen Plan infrage stellte. Normalerweise machte ich einfach stur weiter, aber ich war mit meinem Latein am Ende. Ich brauchte einen Erfolg. Irgendetwas, egal was. Doch es war sinnlos. Etwas stimmte nicht. Nichts passte zusammen. Oder vielleicht passte es doch zusammen und Errol H. Byrons sagenumwobenes Gold existierte schlicht nicht. Ich hatte alle Unterlagen gewälzt. Der Mann war total durchgeknallt gewesen. Vielleicht hatte er gelogen, als er behauptet hatte, dass er mitten in der Weltwirtschaftskrise Gold gefunden hatte. Eine Goldader, mitten in der australischen Wildnis … Im Grunde genommen bezweifelte ich nicht, dass diese Goldader existierte. Ich bezweifelte aber, dass er zu seinem Expeditionsteam ehrlich gewesen war, was den genauen Standort der Goldader betraf. Alle Berichte über die schlecht durchdachte Expedition in die australische Wildnis stellten Byron als paranoid und vollkommen verrückt dar. Doch ich glaubte, dass jeder ein wichtiges Detail übersehen hatte: Er war ein Schlitzohr gewesen. Unglaublich geheimniskrämerisch. Und mein Bauchgefühl sagte mir, dass er jeden hinters Licht geführt hatte, oder zumindest fast jeden. Byron hatte viele Fehler gehabt, doch eine Sache hatte er gut gekonnt: Geschichten erzählen. Er hatte sein Publikum gefesselt. Sein Ego war so groß gewesen wie Westaustralien, aber mit seiner selbstbewussten und geheimnisumwobenen Ausstrahlung hatte er einen erfahrenen Politiker davon überzeugt, Tausende Pfund in dieses fruchtlose Unterfangen zu stecken. Mit Katters Unterstützung hatte Byron in kürzester Zeit die Expedition auf die Beine gestellt und die beste Ausrüstung erhalten, die damals technologisch möglich gewesen war.
Ich zuckte vor Schreck zusammen, als die Eingangstür geöffnet wurde. Mein Mitbewohner, beziehungsweise mein Vermieter, arbeitete immer lange. Als ich auf die Uhr über dem Backofen sah, wurde mir bewusst, wie spät es tatsächlich war.
»Viel Arbeit?«, fragte Phoenix und ließ die Tür hinter sich zufallen. Er besah sich das Chaos auf meinem Schreibtisch und schüttelte den Kopf.
»Immer«, gähnte ich. »Aber ich stecke in einer Sackgasse fest.« Ich hob den Stylus-Stift auf, der neben dem Tablet lag, und ließ ihn zwischen den Fingern wirbeln. »Ich habe nichts.« Frustriert tippte ich mit dem Stift auf dem Schreibtisch herum und widerstand dem Drang, ihn in die nächste Ecke zu pfeffern. »Wie war die Arbeit?«
Er schüttelte den Kopf. »Frag lieber nicht«, seufzte er und legte den Kopf in den Nacken. »Was für ein beschissener Tag.« Er sah müde aus. Wie immer, wenn er von der Arbeit kam, trug er Anzug und Krawatte. Er verdiente eine Menge Geld. Insgesamt bekam er das mit dem Erwachsenenleben richtig gut hin. Etwas, das ich noch nicht geschafft hatte. Doch ich hatte, ehrlich gesagt, keine Ahnung, was Phoenix eigentlich genau machte, abgesehen davon, dass er Anwalt war. Trotz seines Alters, war er anscheinend ein hohes Tier. Ich hatte ihn schon über Immobilienrecht reden hören, über Sorgfaltspflicht und irgendetwas über Versicherungen, aber wenn ich genauer nachhakte, wich er mir immer aus. Was auch immer er genau tat, er war chronisch müde und gestresst. Ich fragte mich, ob es das wert war. Es war ja nicht so, als würde er in Saus und Braus leben, schöne Frauen daten und Luxuskarren fahren. Im Moment hatte er zwar seit drei Monaten eine Freundin, aber abgesehen davon war er in den vier Jahren, die ich nun schon mit ihm zusammenlebte, immer Single. Er fuhr mit dem Bus zur Arbeit und besaß kein Auto.
Phoenix lockerte seine Krawatte, öffnete die obersten Hemdsknöpfe und schnappte sich dann ein Bier aus dem Kühlschrank. Im Gegensatz zu mir, war Phoenix’ Fach im Kühlschrank nicht nur mit allen Lebensmitteln aus der Ernährungspyramide ausgestattet, nein, er hatte auch Bier. Ich ernährte mich hauptsächlich von dem typischen Studentenfraß: Nudeln, Vegemite-Sandwiches und Kaffee. Phoenix ließ mich hier wohnen, weil ich immer pünktlich die Miete bezahlte und ihm gelegentlich historische Fakten erzählte. Ehrlich gesagt, dachte ich jedoch manchmal, mit einer Katze wäre er besser beraten.
»Dann fang noch mal von vorn an. Erzähl mal von Anfang an.« Er öffnete die Flasche Corona, steckte einen Zitronenschnitz drauf und lehnte sich gegen den Tresen. Dann überkreuzte er die Beine und sah mich abwartend an.
Ich seufzte und rieb mir über die Augen. Doch es wäre sicher nicht schlecht, von meinem Dilemma zu erzählen. Also tat ich, was er vorgeschlagen hatte, und fing ganz am Anfang an. »Okay, also, du kennst meine Theorie. Cooper, der Pilot, der Byron zur Seite gestellt wurde, war immer eher ein Außenseiter im Team.« Sein Flugzeug, die Spirit of Gold, war eine Gipsy Moth gewesen. Klein, leicht und in der damaligen Zeit der höchste Stand der Technik. Das Flugzeug brauchte keine langen Start- und Landepisten, aber der Tank war, verglichen mit modernen Flugzeugen, ziemlich klein gewesen. Das hieß, man musste Extrabenzin mitführen oder Zwischenstopps einplanen.
»Jepp.« Phoenix leerte mit einem Schluck die halbe Flasche. »Niemand wollte Cooper dabeihaben, bis auf Byron. Du denkst, dass seine Rolle unterschätzt wurde.« Damit wiederholte er nur das, was ich ihm bereits mehr als einmal erzählt hatte. Es war so frustrierend, wie wenig Fortschritte ich in den vergangenen Monaten gemacht hatte, nachdem ich jahrelang versucht hatte, die möglichen Lageorte der Goldader einzugrenzen.
»Genau.« Ich nickte und legte den Kopf gegen die Rückenlehne des unbequemen, aber stylishen Stuhls. »In allen Quellen wird Byron als paranoid und geheimniskrämerisch dargestellt. Er hat die anderen Expeditionsteilnehmer immer wieder mit kleinen Informationsbrocken gefüttert. Genug, um sie bei Laune zu halten, aber nicht genug, um ihnen wirklich etwas Relevantes zu verraten.« Er hatte die ganze Reise lang verschwiegen, wo sich die Goldader genau befand.
»Genau«, sagte Phoenix. »Und dann hat sich das Expeditionsteam aufgelöst und sie haben sich in alle Windrichtungen verstreut. Byron konnte alleine weitermachen, hatte aber dennoch alle nötigen Ressourcen dieser Goldgräberfirma … Wie hieß sie noch gleich?«
»Ja, genau, die Centralian Gold Prospecting Organization. Sie haben Tausende Pfund ihrer Mitglieder investiert, mitten in der Weltwirtschaftskrise.«
Ich beschäftigte mich schon seit sieben Jahren mit Byron, seit meinem ersten Semester an der Uni. Unsere Professorin für moderne australische Geschichte hatte ihn im Zusammenhang mit modernen Mythen erwähnt. Byrons Ehefrau hatte mir schon damals leidgetan, denn er hatte sich einfach aus dem Staub gemacht. Dann hatte ich von seiner zweiten Frau gehört, von ihren gemeinsamen Kindern. Seine Kinder waren in dem Wissen aufgewachsen, dass ihr Vater ein Betrüger war. Er hatte eine ganze Nation an der Nase herumgeführt, vielen Menschen Geld aus der Tasche gezogen, und das in einer Zeit, in der man jeden Penny zweimal umgedreht hatte. Zuerst hatte ich einfach nur versucht, Beweise dafür zu finden, dass Byron nicht so schlimm gewesen war, wie man es ihm nachsagte. Ich hatte sozusagen die Ehre seiner Frau und seiner Kinder wiederherstellen wollen. Es war alles ganz anders gekommen. Je mehr ich mich mit der ganzen Sache beschäftigt hatte, desto besessener war ich davon geworden. Der Goldrausch hatte mich angesteckt. Seitdem wälzte ich alte Dokumente, Landkarten, alles, was ich in die Finger bekam. Und das führte mich zu meiner eigenen, zugegebenermaßen weit hergeholten These: Byron hatte von Anfang an geplant, dass das Expeditionsteam sich auflöste. Er hatte sie alle mitgezerrt auf eine sinnlose Suche, hatte die Expedition monatelang ausgedehnt. Sie waren unter unmenschlichen Bedingungen gereist, durch härtestes Terrain, bei rauem Klima. Ich hatte zwar keine handfesten Beweise, dennoch war ich überzeugt davon, dass es Absicht gewesen war. In der australischen Wildnis war die Sommerzeit die Hölle. Die Hitze war so brütend, dass ein Mensch innerhalb von Stunden geröstet wurde, wenn es an Wasservorräten mangelte. Ja, man konnte die Hitze tatsächlich sehen: Die rote Erde verschmolz mit dem strahlend blauen Himmel, sodass der Horizont praktisch nicht mehr zu sehen war. Sicher hatte die Sonne unbarmherzig auf das dürre Wüstengras und die verdorrten Akazien hinabgebrannt. Die perfekte Kombination für Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit und Wut. Damals hatte eine jahrelange Dürreperiode das Land fest im Griff gehabt, ähnlich wie gerade jetzt. Das Expeditionsteam war also in eine der trockensten Gegenden der Welt aufgebrochen. Und dennoch hatte Byron den Beginn der Expedition für den Frühling angesetzt. Sie hatten nicht viel Zeit gehabt, die Goldader zu finden. Zeit zu vergeuden, war eine äußerst schlechte Idee gewesen.
Ich fuhr...




