E-Book, Deutsch, 70 Seiten
Grebmer / Oppeln / Headey Welthunger-Index 2013
1. Auflage 2013
ISBN: 978-0-89629-952-8
Verlag: Deutsche Welthungerhilfe e.V.
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
E-Book, Deutsch, 70 Seiten
ISBN: 978-0-89629-952-8
Verlag: Deutsche Welthungerhilfe e.V.
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Der Bericht zum Welthunger-Index 2013 - der achte in einer jährlich erscheinenden Serie - stellt die Entwicklung des weltweiten, regionalen und nationalen Hungers mittels eines mehrdimensionalen Indexwertes dar. Er zeigt, dass die Weltgemeinschaft bei der Bekämpfung des Hungers seit 1990 gewisse Fortschritte gemacht hat, dass aber noch viel zu tun ist. Der Welthunger-Index-Bericht 2013 stellt die Resilienz (Widerstandsfähigkeit) in Theorie und Praxis in den Mittelpunkt. Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit hatten lange Schwierigkeiten zu verstehen, warum manche Menschen besser als andere mit Belastungen und Krisen zurechtkommen. Angesichts der, laut Index, nach wie vor 'ernsten' Hungersituation in der Welt sind dringend Anstrengungen notwendig, um die Widerstandsfähigkeit armer und verwundbarer Menschen zu stärken, so dass sie mit Hungerperioden, Du?rren und anderen natu?rlichen und von Menschen verursachten Katastrophen kurzfristig und auch langfristig umgehen können. Die Verbesserung der Ernährungssicherheit ist dafu?r eine wichtige Voraussetzung. Um dieses Ziel zu erreichen, mu?ssen Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit besser zusammenwirken.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Trotz guter Ernte ist die Situation in der Sahelzone 2013 weiter unsicher. Wiederkehrende Krisen haben die Bewältigungskapazität der ohnehin verwundbaren Menschen untergraben und ihre Widerstandsfähigkeit geschwächt.
02
GLOBALE, REGIONALE UND NATIONALE TRENDS
Die Zahl der Hungernden in der Welt ist nach wie vor unannehmbar hoch: In den Jahren 2010 bis 2012 waren rund 870 Millionen Menschen unterernährt (FAO 2012). Eine ernüchternde Statistik, die durch die neuen Daten zum Ausmaß der Unterernährung, die die FAO im Jahr 2012 veröffentlicht hat, in keinerlei Weise gemildert wird. Diese Daten legen nahe, dass die Fortschritte größer ausgefallen sind als bisher angenommen.1 Der WHI bestätigt den positiven Trend: Der globale Welthunger-Index 20132 ist im Vergleich zum Wert von 19903 um knapp 34 Prozent gefallen, von 20,8 auf 13,8 Punkte (Abbildung 2.1).
Die drei Indikatoren haben auf unterschiedliche Weise zu dem Rückgang des globalen WHI-Wertes um 7,0 Punkte seit 1990 beigetragen. Die Reduzierung des Untergewichts bei Kindern hat den WHI-Wert um 3,0 Punkte gesenkt, während Veränderungen beim Anteil der Unterernährten in der Bevölkerung und bei der Kindersterblichkeitsrate Verminderungen um 2,7 bzw. 1,3 Punkte mit sich brachten.
Bedeutende regionale und nationale Unterschiede
Am schnellsten ist der globale WHI-Wert zwischen 1990 und 1995 gesunken, nämlich um zwei Punkte. Nach 1995 verlangsamte sich der Fortschritt; seit 2005 hat er allerdings wieder zugenommen. Unterernährung in der Bevölkerung und Untergewicht bei Kindern haben sich zwischen 1990 und 1995 am meisten verbessert, während sich der Rückgang der Kindersterblichkeit seit 1995 beschleunigt hat. Trotzdem bleibt der WHI 2013 „ernst”.
Die globalen Durchschnittswerte verdecken dramatische Unterschiede zwischen einzelnen Regionen und Ländern. Verglichen mit 1990 sank der WHI-Wert 2013 in Afrika südlich der Sahara um 23 Prozent, in Südasien um 34 Prozent und im Nahen Osten und in Nordafrika um 28 Prozent (Abbildung 2.1). Die Fortschritte in Ost- und Südostasien, Lateinamerika und der Karibik waren sogar noch bemerkenswerter. Hier sind die WHI-Werte um 52 bzw. 50 Prozent gefallen (wobei der Wert vor allem in Lateinamerika und der Karibik bereits 1990 relativ niedrig war). In Osteuropa und der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten war der WHI-Wert 2013 um 48 Prozent niedriger als der Wert von 1995.4
ABBILDUNG 2.1 BEITRAG DER INDIKATOREN ZUM GESAMTWERT DES WHI 1990, 1995, 2000, 2005 UND 2013 NACH REGIONEN
ABBILDUNG 2.2 ENTWICKLUNG DES WHI AUF LÄNDEREBENE
Ost- und Südostasien sowie Lateinamerika und die Karibik erleben seit 1990 einen relativ beständigen Rückgang der WHI-Werte. Der Nahe Osten und Nordafrika konnten zwischen 1995 und 2000 und nach 2005 ihre WHI-Werte kaum senken, auch in den anderen Zeiträumen kam es nur zu einer geringfügigen Reduzierung. In Südasien und Afrika südlich der Sahara, den zwei Regionen mit den höchsten WHI-Werten (20,7 bzw. 19,2), waren die Fortschritte in den verschiedenen untersuchten Zeiträumen uneinheitlich.
Südasien verzeichnet den höchsten regionalen WHI-Wert 2013, obwohl es seit 1990 den stärksten absoluten Rückgang von beinahe elf Punkten erzielen konnte. Südasien reduzierte seinen WHI-Wert zwischen 1990 und 1995 um vier Punkte, und zwar vor allem durch den Rückgang des Untergewichts bei Kindern um zehn Prozentpunkte, doch der rasante Fortschritt war nicht von Dauer. In den folgenden Fünfjahreszeiträumen und nach 2005 verlangsamte sich der Rückgang trotz des starken Wirtschaftswachstums auf ein bis drei Punkte. Soziale Ungleichheit sowie der schlechte Ernährungszustand, das geringe Bildungsniveau und der niedrige gesellschaftliche Status von Frauen sind wesentliche Ursachen für die Mangelernährung der Kinder in dieser Region und erschweren weitere Verbesserungen des WHI-Wertes.
Obwohl Afrika südlich der Sahara in den 1990ern weniger Fortschritte bei der Hungerbekämpfung gemacht hat als Südasien, konnte es seit der Jahrtausendwende aufholen und erreichte einen WHI-Wert 2013, der unter dem von Südasien liegt. Allerdings verzeichnete Südasien insgesamt einen größeren Rückgang, denn der Ausgangswert von 1990 war für Afrika südlich der Sahara bereits niedriger. In Afrika südlich der Sahara stieg der WHI-Wert zwischen 1990 und 1995 geringfügig an, ging dann bis 2000 leicht zurück und fiel anschließend deutlich um insgesamt beinahe fünf Punkte, bis zu jener Zeitspanne, die im WHI-Wert von 2013 wiedergegeben ist. Nachdem die großen Bürgerkriege der 1990er und 2000er beendet waren, stabilisierten sich die von diesen Konflikten heimgesuchten Länder. Die Wirtschaft in der Region wuchs wieder, und Fortschritte im Kampf gegen HIV und AIDS trugen dazu bei, die Kindersterblichkeit in den von der Epidemie am meisten betroffenen Ländern zu senken.
In Afrika südlich der Sahara ist die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren seit 2000 gesunken. Ein wichtiger Faktor für diese Verbesserung scheint die verminderte Verbreitung der Malaria zu sein, die mit einer zunehmenden Verwendung von mit Insektiziden behandelten Moskitonetzen und anderen Maßnahmen gegen Malaria einherging (Demombynes und Trommlerová 2012). Weitere mögliche Ursachen für die verminderte Sterblichkeit sind höhere Impfraten und ein größerer Anteil von Geburten, die in medizinischen Einrichtungen stattfinden, verbesserte medizinische Versorgung von Schwangeren, der Zugang zu sauberem Wasser und zu sanitären Einrichtungen sowie steigende Einkommen, die zu besserer Ernährung und einem verbesserten Zugang zu Gesundheitsdiensten führen.
Die Situation im Sahel bleibt jedoch auch 2013, trotz einer guten Ernte, fragil. Wiederkehrende Krisen in den letzten Jahren – eine Kombination aus sporadischen Regenfällen, Heuschreckenplagen, Ernteeinbußen sowie hohen und schwankenden Lebensmittelpreisen – haben sich negativ auf die Nahrungsmittelverfügbarkeit und Ernährungssicherheit in der Region ausgewirkt. Die Fähigkeit ohnehin verwundbarer Bevölkerungsgruppen, Krisen zu bewältigen, und ihre Widerstandsfähigkeit wurden so weiter geschwächt. Darüber hinaus ist das Vieh, eine wichtige Lebensgrundlage für die Hirtenvölker im Sahelgebiet, infolge unzureichender Fütterung anfällig für Krankheiten geworden. Verschärft wird die Situation noch durch den Konflikt im Norden von Mali, die zunehmend angespannte Sicherheitslage im Norden Nigerias und den daraus resultierenden Migrationsdruck. In Mali sind Tausende Menschen aus ihren Häusern geflohen und halten sich zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts in Flüchtlingslagern oder bei Gastfamilien in anderen Teilen Malis oder in Nachbarländern auf (FAO 2013b).
Beste und schlechteste Länderergebnisse
Im Vergleich zu 1990 haben 23 Länder ihren WHI 2013 um 50 Prozent oder mehr gesenkt (Abbildung 2.2). Weitere 46 Länder konnten ihre Werte zwar nicht in gleichem Maße, aber doch deutlich reduzieren: Ihre WHI-Werte fielen um 25 bis 49,9 Prozent. In 21 Ländern konnte der WHI-Wert um weniger als 25 Prozent gesenkt werden.5 Von den Ländern in Afrika südlich der Sahara ist nur Ghana unter den zehn Ländern, die ihren WHI-Wert seit 1990 am stärksten verbessern konnten (Abbildung 2.3). Kuwaits Fortschritte bei der Bekämpfung des Hungers erklären sich hauptsächlich durch den außergewöhnlich hohen Wert im Jahr 1990, als der Irak das Land besetzt hatte: Der WHI-Wert fiel bis 1995 um mehr als sieben Punkte (oder 59 Prozent), um 3,4 Punkte zwischen 1995 und 2000 und um gerade einmal 0,2 Punkte nach 2000 (siehe Ländertrends in Anhang C).
Vietnam hat seit 1990 beeindruckende Fortschritte bei der Bekämpfung des Hungers gemacht (siehe Ländertrends in Anhang C). Es hat den Anteil der Unterernährten von 47 Prozent auf neun Prozent gesenkt und den Anteil untergewichtiger Kinder von mehr als 40 Prozent um 1990 herum auf zwölf Prozent im Jahr 2011 reduziert. Außerdem gelang es Vietnam, die Sterblichkeitsrate von Kindern unter fünf Jahren mehr als zu halbieren. Das Durchschnittseinkommen hat sich in Vietnam seit 1990 mehr als verdreifacht. Da breite Bevölkerungsschichten vom Wirtschaftswachstum profitierten, sank der Anteil der Menschen, die von weniger als 1,25 $ am Tag leben, von 64 Prozent im Jahr 1993 auf 17 Prozent im Jahr 2008 (Weltbank 2013b). Das Land hat der Verbesserung der Ernährung einen wichtigen Stellenwert eingeräumt; die Regierung entwickelte eine Strategie zur Vermeidung von Protein-Energie-Mangelernährung bei Kindern und sorgte für eine effektive Umsetzung (Huong und Nga 2013). Außerdem wurden hohe Impfraten erreicht und andere Maßnahmen zur medizinischen Grundversorgung etabliert; Arme erhielten gezielte Beihilfen für Gesundheitsdienstleistungen und profitierten von effektiven sozialen Sicherungsprogrammen (von Braun, Ruel und...