E-Book, Deutsch, 400 Seiten
Reihe: Star Wars
Gray Star Wars: Blutlinie
Neuauflage 2016
ISBN: 978-3-8332-3395-1
Verlag: Panini
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Roman zur Filmreihe
E-Book, Deutsch, 400 Seiten
Reihe: Star Wars
ISBN: 978-3-8332-3395-1
Verlag: Panini
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Nach dem erfolgreichen Jugendroman 'Verlorene Welten' betritt die 'New York Times'-Bestsellerautorin Claudia Gray mit dem Roman 'Blutlinie' zum zweiten Mal die große Star-Wars-Bühne. Das mitreißende Prequel zum Kinoblockbuster 'Episode VII' ist etwa sechs Jahre vor 'Erwachen der Macht' angesiedelt. Leia Organa - einst Prinzessin, später Generalin, kommt uns dabei auf ganz besondere Weise nahe, so nahe wie noch nie zuvor! Doch stets liegt auch ein dunkler Schatten über den Ereignissen - der Schatten ihres Vaters Darth Vader ...
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1. KAPITEL
„Wenn wir zurückblicken auf den Krieg gegen das Imperium – auf die Milliarden verlorener Leben –, dann scheint es bisweilen, als könnte nichts jemals den furchtbaren Preis, den wir bezahlt haben, wert gewesen sein. Aber wenn wir an all jene denken, die in diesem Kampf umgekommen sind, wollen wir uns daran erinnern, dass sie für die Gerechtigkeit gestorben sind. Für die Freiheit. Für den beispiellosen Frieden, den wir heute genießen.“ Senator Tai-Lin Garr breitete die Arme aus und umfing mit seiner Geste alle Aspekte dieser Feier auf Hosnian Prime: den strahlenden Sonnenschein, den aquamarinblauen Himmel, die zahllosen, tausend Völkern entstammenden Gäste, die sich unter den bunten Flaggen ihrer Welten versammelt hatten. Die Schönheit und Verheißung der Neuen Republik schienen wie auf dem Silbertablett vor ihnen zu liegen. „Dafür haben wir gekämpft.“
Alle applaudierten. Viele jubelten.
Senatorin Leia Organa klatschte mit den anderen und dachte: Ein Jammer, dass all das auseinanderfällt. Dem Großteil der Zuschauer – von denen etliche eigens wegen der Einweihungsfeier und des Konzerts nach Hosnian Prime gereist waren – mussten die zahlreichen Senatoren, die sich auf den Tribünen drängten, wie ein Zeichen der Solidarität und der Stärke erscheinen. Planeten von den Kernwelten bis hin zum Outer Rim waren vertreten: die Menschen trugen die Mäntel, Roben und Festgewänder unzähliger verschiedener Kulturen und verfolgten die Zeremonie Seite an Seite mit Angehörigen anderer Völker – von den Aqualishanern über die Ithorianer und die großäugigen Mon Calamari bis hin zu den wolligen kleinen Ashaftan – in scheinbar vollkommener Einigkeit. Leias schärferer Blick indes erkannte die unsichtbare Trennlinie zwischen den beiden Hälften der Versammlung – die Senatoren der Zentristen auf der einen Seite, die der Populisten, zu denen auch sie selbst zählte, auf der anderen. Der tatsächliche Riss ließ sich nicht messen, der philosophische jedoch wurde mit jedem Tag breiter. Bald würde sich dieser Spalt zu einer Kluft erweitert haben, tief genug, um zu offenbaren, wie brüchig der Frieden wirklich war.
Hör auf. Leia zwang sich, positiv zu denken. Vernünftig. In der galaktischen Politik hat es immer Parteien, Splittergruppen und Fraktionen gegeben. Und so wird es auch immer sein. Nicht jeder ideologische Konflikt führt zu einem völligen Zusammenbruch der Regierung.
Gleichwohl, das Unbehagen, das sich dicht unter der glänzenden Oberfläche dieser Zeremonie regte, erinnerte sie an die letzten Tage des Imperialen Senats. Höfliche Floskeln verschleierten angedeutete Drohungen. Es herrschte so gut wie keinerlei Vertrauen zwischen den Welten … Diese Stimmung kam ihr nur allzu bekannt vor.
Andererseits hat der Imperiale Senat ab und zu konkrete Entscheidungen getroffen. Siehst du? Die Geschichte wiederholt sich doch nicht, dachte sie säuerlich.
An einem Aspekt dieser Zusammenkunft fand Leia jedoch Gefallen, nämlich an der neuen Statue, zu deren Einweihung sie hier heute zusammengekommen waren. Die siebzig Meter hohe Figur war aus jelucanischem Nebelstein gefertigt, der in hellem Licht wie Diamant funkelte und bei Dunkelheit eine blasse, durchscheinende graugrüne Färbung annahm. Als Tai-Lin seine Rede unter Applaus beendete, trieb eine Wolke vor die Sonne. Das Glitzern des Nebelsteins wurde matter und ließ die feinen Details der Statue von Bail Organa hervortreten, der in seiner Amtstracht als Vizekönig von Alderaan dargestellt war, in klassischer hagiografischer Haltung, eine Hand in Richtung des Volkes ausgestreckt. Sein Gesicht jedoch war präzise und liebevoll gemeißelt, wie auf einem persönlichen Porträt. Die verschiedenen Senatoren und Planeten mochten sich in kaum einem Punkt einig sein, doch zumindest das Vermächtnis ihres Vaters hatte Bestand.
Tai-Lin nickte Leia zu, als sein Pod zurück an seinen Platz schwebte. Für zeremonielle Zwecke waren solche Pods erlaubt, obgleich ihr Gebrauch im Senat inzwischen als „übermäßig hierarchisch“ galt. Sein Nicken bedeutete zum einen, dass nun sie an der Reihe war, war zugleich aber auch eine aufrichtig gemeinte Ermutigung. Sie erwiderte die Geste mit einem raschen Lächeln, bevor sie die Steuerkontrollen betätigte, die ihren Pod von der Tribüne nach vorn schweben ließen und die Lautsprecher-Droiden auf ihre Stimme justierten. Als Leia schließlich vor der Versammlung stand, ließ eine warme Brise die Falten ihres dunkelblauen Capes und ihres Kleides flattern.
„Ich trete nicht allein als Senatorin, sondern auch als Bail Organas Tochter vor Sie.“ Leias Stimme klang klar und kräftig und verriet nichts von den Zweifeln, die sie den Tag über heimgesucht hatten. „Und alles, was ich in meiner Laufbahn als Senatorin getan habe, hat seinen Ursprung in jenen wertvollen Lektionen, die er mich lehrte. Über Mut. Über Stärke. Über Führerschaft.“
Führerschaft war etwas, das der Senat gegenwärtig dringend brauchte. Mon Mothma war auch nach ihrer Amtszeit als Kanzlerin höchst einflussreich geblieben … mehr, als es Leia vor Mon Mothmas Erkrankung bewusst gewesen war. Ohne jemanden, der in der Lage war, die philosophischen Differenzen im Senat zu überbrücken und einen Konsens zu finden, zeigte der politische Prozess, den sie für die Neue Republik geschmiedet hatten, seine Schwächen.
Leia fuhr mit ruhiger Stimme fort, während die Fahnen in der kräftigen Brise flatterten. „Er stand zu Beginn eines dunklen Zeitalters als Vizekönig von Alderaan für unsere ganze Galaxis.“ Bei der Erwähnung des Namens ihres toten Planeten senkte sich Schweigen über die Menge. Leia tat so, als bemerke sie es nicht. Ihr Pod schwebte so hoch über dem Boden, dass sie die hunderttausend von tausend Welten stammenden Anwesenden, deren individuelle Haut-, Schuppen- und Pelzfarben sich leuchtend voneinander unterschieden, nur verschwommen wahrnahm – eine bunte, raunende Masse, zu der bloß schwer eine emotionale Verbindung herzustellen war. Leia versuchte es dennoch. „Mein Vater half Mon Mothma, die Rebellenallianz ins Leben zu rufen, während er zugleich tapfer um den Erhalt des letzten Rests von Integrität und Autorität kämpfte, den der Imperiale Senat noch besaß. Ich zweifle nicht daran, dass er den Kampf an der Seite unserer Rebellensoldaten fortgesetzt hätte, wenn er uns durch die Vernichtung meiner Heimatwelt nicht auf so grausame Weise genommen worden wäre.“
Sie fuhr fort: „Es ist mein Privileg, ihn sowohl als Anführer, als auch als Vater gekannt zu haben. So stolz ich auch bin, wenn ich daran denke, wie mutig er sich Palpatines Tyrannei entgegenstellte, so sehr entlockt es mir jedes Mal ein Lächeln, wenn ich mich daran erinnere, wie er sich auf den Boden setzte, um mit seinem kleinen Mädchen mit Bauklötzen zu spielen.“ Ein einvernehmliches Lachen ging durch die Zuhörerschaft.
Gut. Sie hatte die Menge geweckt, sie für sich gewonnen. Jetzt war es für Leia an der Zeit, das auszusprechen, was ihr Publikum nicht hören wollte.
„Mein Vater lehrte mich vieles über Politik, Führung und Krieg, doch vor allem anderen brachte er mir bei, dass für unsere Ideale kein Preis zu hoch ist. Bail Organa war bereit, für den Sturz des Imperiums zu sterben. Er glaubte an die Neue Republik, die zu erschaffen, uns gelungen ist, und an das Versprechen einer fairen, gleichberechtigten und gesetzmäßigen Regierung.“ Applaus brandete auf, und Leia hielt inne, bis er verebbte; erst dann sprach sie weiter. „Er glaubte an die Gemeinsamkeit, und er wusste, dass der Preis der Gemeinsamkeit im Kompromiss bestand. Mon Mothma, eine seiner frühesten und treuesten Verbündeten, teilte seine Überzeugungen und ließ sich in ihrer Führung des Senats davon leiten. Sie wollte, dass die Welten der Neuen Republik in Einklang und Gleichgewicht miteinander leben, und dass wir stets einen Mittelweg finden, der es uns erlaubt, gemeinsam an einer besseren Zukunft zu arbeiten.“
Diese Worte ernteten weiteren Applaus, der jetzt jedoch verhaltener klang. Populisten und Zentristen waren sich in diesen Tagen bloß in einem Punkt einig: dass Kompromisse etwas für Schwächlinge waren.
Leia betrachtete die Statue und stellte sich vor, sie spräche direkt zu Bail Organa, als sie zum Schluss kam. „Mein Vater hinterließ uns ein Vermächtnis, das kostbarer ist als jedes andere – den galaktischen Frieden. Wir alle, die wir heute hier versammelt sind, haben die Verantwortung geerbt, diesen Frieden zu bewahren. Nur so können wir ihm wahrhaft Ehre erweisen und seiner gedenken.“
Applaus und Jubel brandeten auf, ohrenbetäubend laut jetzt, Ausdruck einer Begeisterung, die größer war als jede, die Leia seit Langem erlebt hatte. Hatten die Leute ihre Botschaft tatsächlich gehört? Verstanden sie, wie brüchig der Frieden geworden war? Würden sie ihre Senatoren jetzt drängen, ihre endlosen Zwistigkeiten beizulegen und der Galaxis endlich die verdiente Führung zuteil werden zu lassen?
Dann vernahm sie von oben das hohe, silberhelle Sirren von X-Flüglern. Die Flugschau des Militärs hatte begonnen. Deshalb jubelten die Zuschauer. Sie hatten Leias letzte Worte überhaupt nicht gehört.
Das war … enttäuschend. Aber keine Überraschung.
Die X-Flügler teilten sich zu einer spektakulären neuen Formation auf, und Leia hieb seufzend auf den Steuerknopf, der ihren Pod zur Senatorentribüne zurückgleiten ließ. Wenn ihr schon niemand zuhörte, konnte sie sich ebenso gut die Flugschau ansehen.
„Was sind Sie nur für eine Pessimistin,...




