E-Book, Deutsch, 104 Seiten
Reihe: Forum Logopädie
Grande / Hußmann Einführung in die Aphasiologie
3. überarbeitete und erweiterte Auflage 2016
ISBN: 978-3-13-199041-9
Verlag: Thieme
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
E-Book, Deutsch, 104 Seiten
Reihe: Forum Logopädie
ISBN: 978-3-13-199041-9
Verlag: Thieme
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark
Ohne Worte!
Dieser Forum Logopädie-Band liefert den Schnelleinstieg in die grundlegenden Aspekte der Aphasiologie. Knapp aber differenziert wird die Symptomatik erläutert, verschiedene Modelle vermitteln die komplexe Sprachverarbeitung bei Sprachgesunden und bei Menschen mit Aphasie.
- Im Mittelpunkt steht der psycholinguistische Erklärungsansatz.
- Beispielhafte Therapieplanung anhand von ausgewählten Fallbeispielen.
- Jetzt mit Online-Materialien: Übungen, Fallbeispiele, eine Übersicht über Diagnostikverfahren sowie Beispiele für Therapieziele nach ICF-Kriterien.
Jederzeit zugreifen: Der Inhalt des Buches steht Ihnen ohne weitere Kosten digital in der Wissensplattform eRef zur Verfügung (Zugangscode im Buch). Mit der kostenlosen eRef App haben Sie zahlreiche Inhalte auch offline immer griffbereit.
Zielgruppe
Ärzte
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Geisteswissenschaften Sprachwissenschaft Psycholinguistik, Neurolinguistik, Kognition
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Klinische und Innere Medizin HNO-Heilkunde, Phoniatrie, Audiologie
- Sozialwissenschaften Pädagogik Teildisziplinen der Pädagogik Sonderpädagogik, Heilpädagogik Logopädie, Sprachtherapie
- Medizin | Veterinärmedizin Medizin | Public Health | Pharmazie | Zahnmedizin Medizinische Fachgebiete Logopädie, Sprachstörungen, Stimmtherapie
- Sozialwissenschaften Psychologie Psychotherapie / Klinische Psychologie Logopädie, Sprech- & Sprachstörungen & Therapie
Weitere Infos & Material
1;Marion Grande; Katja Hußmann: Einführung in die Aphasiologie;1
1.1;Innentitel;4
1.2;Impressum;5
1.3;Vorwort der Herausgeberinnen;6
1.4;Vorwort zur 3. Auflage;7
1.5;Vorwort zur 1. Auflage;8
1.6;Inhaltsverzeichnis;9
1.7;Anschriften;12
1.8;1 Definitionen und Klassifikationen;14
1.8.1;Einleitung;14
1.8.2;Definitionen der Aphasie;14
1.8.2.1;Aphasien bei Kindern;14
1.8.2.2;Aphasie bei Mehrsprachigkeit;14
1.8.2.3;Degenerative Erkrankungen;15
1.8.3;Abgrenzung der Aphasie zu anderen Kommunikationsstörungen;15
1.8.3.1;Nicht-aphasische Kommunikationsstörungen;15
1.8.3.2;Psychiatrische Erkrankungen;15
1.8.3.3;Neurogene Sprechstörungen;15
1.8.4;Klassifikationen;16
1.8.4.1;Konzept des Individualsyndroms;16
1.8.4.2;Klassifikationskriterien;16
1.8.5;Fazit;17
1.9;2 Symptome und Syndrome;19
1.9.1;Aphasische Symptome;19
1.9.2;Spontansprache;19
1.9.2.1;Laut- und Silbenebene;19
1.9.2.2;Wortebene;21
1.9.2.3;Satzebene;24
1.9.2.4;Textebene;26
1.9.2.5;Redefluss und Sprechablauf;26
1.9.2.6;Nicht-propositionale Sprache;27
1.9.3;Sprachverständnis;28
1.9.4;Pragmatik und Kommunikation;29
1.9.4.1;Textanalyse;29
1.9.4.2;Informationsgehalt;29
1.9.5;Schriftsprache;30
1.9.5.1;Paralexien und Paragrafien;30
1.9.6;Neurologische und neuropsychologische Begleitstörungen;32
1.9.7;Linguistische Fehleranalyse in der Diagnostik;32
1.9.7.1;Lautebene;32
1.9.7.2;Wortebene;33
1.9.7.3;Satzebene;34
1.9.7.4;Textebene;34
1.9.7.5;Schriftsprache;35
1.9.8;Syndromansatz und kognitiver Ansatz;35
1.9.8.1;Der Syndromansatz;35
1.9.8.2;Der kognitiv orientierte Ansatz;36
1.9.9;Fazit;36
1.10;3 Ursache und neurobiologische Grundlagen der Aphasie;39
1.10.1;Einleitung;39
1.10.2;Gehirnaufbau und -funktion;39
1.10.2.1;Aufbau;39
1.10.2.2;Blutversorgung;40
1.10.3;Ursachen;41
1.10.4;Verlauf und Prognose;42
1.10.4.1;Verlauf;43
1.10.4.2;Prognose;43
1.10.5;Sprachverarbeitung im Gehirn;44
1.10.5.1;Normale Sprachverarbeitung;44
1.10.5.2;Funktionelle Rückbildung;45
1.10.6;Fazit;46
1.11;4 Normale und aphasische Sprachverarbeitung;48
1.11.1;Grundlegende Annahmen;48
1.11.2;Psycholinguistische Modelle;48
1.11.2.1;Serielle Modelle;48
1.11.2.2;Interaktive Modelle;49
1.11.2.3;Serielle und interaktive Verarbeitung im Vergleich;49
1.11.2.4;Empirische Befunde;50
1.11.2.5;Potential und Grenzen psycholinguistischer Modelle;51
1.11.3;Einzelwortverarbeitung;52
1.11.3.1;Logogen-Modell;52
1.11.3.2;Aphasische Einzelwortverarbeitung;58
1.11.3.3;Beschränkungen und Erweiterungsversuche des Logogen-Modells;63
1.11.4;Satz- und Äußerungsproduktion;63
1.11.4.1;Satzproduktionsmodell von Garrett;64
1.11.4.2;Äußerungsproduktionsmodell von Levelt;65
1.11.4.3;Aphasische Satz- und Äußerungsproduktion;66
1.11.5;Sprachverstehen;68
1.11.5.1;Top-down und Bottom-up;68
1.11.5.2;Pragmatik;69
1.11.5.3;Inferenzen;69
1.11.5.4;Modell von Friederici;69
1.11.5.5;Modell von Levelt;70
1.11.5.6;Sprachverständnis bei Aphasie;71
1.11.6;Fazit;72
1.12;5 Diagnostik und Therapieplanung;74
1.12.1;Grundlegende Voraussetzung;74
1.12.2;Diagnostik;74
1.12.2.1;Anamnesegespräch;74
1.12.2.2;Symptomorientierte Verfahren;74
1.12.2.3;Kommunikativ-orientierte Verfahren;75
1.12.3;Therapieplanung;75
1.12.3.1;Einflussfaktoren;76
1.12.3.2;Festlegen der Therapieziele;76
1.12.3.3;Therapiephasen und Vorgehensweisen;76
1.12.3.4;Wahl der Therapiemethoden und des Therapiematerials;78
1.12.3.5;Wirksamkeit;78
1.12.4;Fazit;78
1.13;6 Online-Material;82
1.13.1;Mit einem Klick;82
1.13.2;Extras im Netz;82
1.14;7 Literatur;87
1.15;8 Abkürzungsverzeichnis;94
1.16;Sachverzeichnis;95
1 Definitionen und Klassifikationen
1.1 Einleitung
Das ist urplötzlich gekommen. Ich war gerade 8 Tage von Urlaub in Frankreich zurück ... 8 Tage war das. Da habe ich abends einen Brief noch geschrieben, nach Polen. Mein Mann ging gegen 10 Uhr zu Bett, und ich sag „Ich werd noch zu Ende schreiben.“ Und dann kam das ... und dann kam das kurz vor 11. Da war ich ganz plötzlich irgendwie unlustig oder müde geworden, dass ich dacht: „Nee, den Brief machst du morgen früh zu Ende.“ Und dann habe ich Licht ausgemacht und bin zur Toilette. Von da an weiß ich nichts mehr ... Ich muss wohl hingefallen sein. Und mein Mann kommt erst morgens und sagt: „Was ist mit dir?“ Und da merk ich, dass ich nicht mehr sprechen konnte ... Von da an weiß ich wieder nichts mehr. Ich war wohl gar nicht im Bett gewesen. Das haben sie mir aber erst paar Wochen später erzählt.
In diesem aus Huber 2013 ? [103] entnommenen Zitat einer 44-jährigen Patientin kommt deutlich zum Ausdruck, dass eine Aphasie, hier infolge eines Schlaganfalles, ganz plötzlich auftritt. Sie führt häufig zunächst zu einer völligen Unfähigkeit zu sprechen.
Im Folgenden soll Aphasie definiert und gegen andere Störungen abgegrenzt werden. Im Anschluss werden gängige Klassifikationsmodelle vorgestellt.
1.2 Definitionen der Aphasie
Aphasien sind im Allgemeinen definiert als erworbene Sprachstörungen, die infolge einer hirnorganischen Erkrankung auftreten und die 4 sprachlichen Modalitäten betreffen können (vgl. u.a. ? [103], aber auch ? [141] für eine Gegenüberstellung unterschiedlich umfassender Definitionen):
-
Verstehen
-
Sprechen
-
Lesen
-
Schreiben
Der Aphasie liegt eine Hirnschädigung zugrunde, meist eine plötzlich auftretende, umschriebene kortikale Läsion. Diese Schädigung grenzt aphasische Fehlleistungen von sprachlichen Fehlleistungen bei Sprachgesunden ab, wie beispielsweise Versprechern bei Müdigkeit, Ausdrucksschwierigkeiten unter Stress oder Sprechangst.
Merke
Bei einer Aphasie handelt es sich nicht um eine Denkstörung! In der Regel sind Intelligenz und Persönlichkeit des Patienten nicht von der Störung betroffen.
1.2.1 Aphasien bei Kindern
Aphasien treten vorwiegend bei Erwachsenen auf, es gibt jedoch auch Aphasien bei Kindern. Hiermit werden Sprachstörungen beschrieben, die im Kindesalter als Folge einer Hirnschädigung auftreten und damit von den Sprachentwicklungsstörungen abgegrenzt werden. Wesentlicher Unterschied zur Aphasie bei Erwachsenen ist: Der Spracherwerb bei kindlicher Aphasie ist in der Regel noch nicht abgeschlossen. Hierdurch ergibt sich sowohl hinsichtlich der Symptomatik als auch hinsichtlich des Verlaufs ein anderes Bild als bei den Erwachsenen ( ? [128], ? [177] und ? [206]). Das vorliegende Buch bezieht sich jedoch vorrangig auf Aphasien nach abgeschlossenem Spracherwerb.
Merke
Aphasien sind erworbene Sprachstörungen, die als Folge einer Hirnschädigung auftreten.
1.2.2 Aphasie bei Mehrsprachigkeit
Durch die zunehmende Anzahl von Menschen, die in mehrsprachigen Kontexten aufwachsen bzw. leben, gewinnt das Thema Aphasie bei Mehrsprachigkeit immer mehr an Bedeutung. Bilinguale Sprecher greifen nicht auf 2 völlig getrennte Sprachsysteme zu, sondern die Sprachen beeinflussen sich gegenseitig. Dies führt zu besonderen Implikationen bei mehrsprachigen Patienten mit Aphasie (für einen ausführlichen Überblick vgl. ? [7], ? [152]).
1.2.3 Degenerative Erkrankungen
Mit der ursprünglichen Annahme, dass die Ursache der Aphasie plötzlich auftritt (z.B. bei einem Schlaganfall), sollten degenerative Erkrankungen des Gehirns als Ursache ausgeschlossen werden (s.a. die Definition von ? [48]). In den vergangenen Jahren rücken jedoch auch sprachliche Abbauprozesse im Rahmen einer degenerativen Erkrankung in den Fokus der Aphasieforschung. Im anglo-amerikanischen Raum werden sowohl zerebrovaskulär bedingte als auch durch progrediente Erkrankungen hervorgerufene Sprachstörungen unter dem Begriff „Aphasie“ zusammengefasst. Abel und Lange ? [2] weisen darauf hin, dass Unterschiede in Erkrankungsbeginn, Ätiologie, Verlauf, Schädigungsmuster und charakteristischen Begleitstörungen zwar für eine begriffliche Trennung sprechen. Hinsichtlich der Schädigungsorte und der sprachlichen Symptomatik gibt es aber deutliche Überschneidungen. Sie schlagen daher die Begriffe „gefäßbedingte Aphasie“ und „demenzbedingte/progrediente“ Aphasie vor.
Je nachdem, wie lange das auslösende Ereignis zurückliegt, spricht man von akuter, postakuter oder chronischer Aphasie. Diese sind wie folgt definiert ( ? [14], ? [192]):
-
Akute Aphasien betreffen den Zeitraum der ersten 2–6 Wochen nach dem verursachenden Ereignis. In dieser Zeit können sich aphasische Zustände sehr schnell verändern.
-
Der postakute Zustand steht zwischen akuter und chronischer Phase. Die zeitlichen Zuordnungen variieren, wobei üblicherweise der Zeitraum 4 Wochen bis 4 Monate nach dem auslösenden Ereignis als früh postakut bezeichnet wird. Der Zeitraum von 5–12 Monaten nach dem Ereignis als spät postakut.
-
Erst nach 12 Monaten tritt der chronische Zustand ein.
In den üblichen Definitionen der Aphasie sind postakute und/oder chronische Aphasien gemeint. Mit diesen beschäftigt sich auch der Großteil des vorliegenden Buches.
Merke
Man unterscheidet zwischen akuten, postakuten und chronischen Aphasien.
1.3 Abgrenzung der Aphasie zu anderen Kommunikationsstörungen
1.3.1 Nicht-aphasische Kommunikationsstörungen
Auch kognitive Beeinträchtigungen, die nicht im engeren Sinne als sprachlich bezeichnet werden können, führen teilweise zu Auffälligkeiten in der Kommunikation. Daher ist die Abgrenzung zu den nicht-aphasischen Kommunikationsstörungen wichtig. Diese treten häufig nach rechtshemisphärischer Schädigung auf und äußern sich z.B. durch Auffälligkeiten im Gesprächsverhalten (vgl. ? [177]). Bei diesen Patienten liegen Probleme im Sprachverhalten eher auf der pragmatischen Ebene und beim Aufbau von Makrostrukturen auf der Textebene. Zentrale linguistische Ebenen wie Syntax, Phonologie und Semantik sind weniger beeinträchtigt.
1.3.2 Psychiatrische Erkrankungen
Abzugrenzen von aphasischen Störungen sind auch Sprachstörungen bei psychiatrischen Erkrankungen, insbesondere bei Schizophrenie. Hier kann es sowohl zu sogenannten negativen als auch zu positiven sprachlichen Symptomen kommen. Darunter fallen sowohl Spracharmut als auch überschießende Sprachproduktion, bis hin zur Schizophasie ? [124].
1.3.3 Neurogene Sprechstörungen
Zu den neurogenen Sprechstörungen zählen (vgl. ? [220]):
-
die Dysarthrie: eine Störung der motorischen Steuerung und Ausführung von Sprechbewegungen
-
die Sprechapraxie: eine Störung der Planung von Sprechbewegungen
Die Trennung zur Aphasie ist differenzialdiagnostisch über die Schriftsprache und das Verstehen abzuklären. Rein dysarthrische Personen können ohne Schwierigkeiten lesen, schreiben und verstehen. Sie haben auch keine primären phonologischen, morphologischen, syntaktischen oder semantischen Probleme. Auf der lautlichen Seite zeigen dysarthrische Personen eine hohe...