E-Book, Deutsch, 320 Seiten
Reihe: Ullstein eBooks
Gottman Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe
14001. Auflage 2014
ISBN: 978-3-8437-0822-7
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der wissenschaftlich fundierte Beziehungs- und Eheratgeber vom Bestsellerautor: Für langfristige und erfüllte Partnerschaften
E-Book, Deutsch, 320 Seiten
Reihe: Ullstein eBooks
ISBN: 978-3-8437-0822-7
Verlag: Ullstein HC
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Dr. John Mordechai Gottman ist US-amerikanischer Psychologe und emeritierter Professor für Psychologie an der University of Washington. Er wurde vor allem durch seine Arbeit über Ehestabilität und Beziehungsanalyse durch direkte Beobachtung bekannt.
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Wie ich eine Scheidung vorhersehe
Dara und Oliver sitzen einander im Ehelabor gegenüber. Sie sind beide Ende zwanzig und nehmen freiwillig an meiner Studie von jungverheirateten Paaren teil. Im Rahmen dieser aufwendigen Untersuchung haben sich 130 Paare bereit erklärt, ihre Ehe nicht nur unter das Mikroskop zu legen, sondern auch noch den Kameras auszusetzen. Dara und Oliver sind unter den 50, die beobachtet werden, während sie eine Nacht in dem Apartment des Ehelabors verbringen. Meine Fähigkeit, Scheidungen vorauszusehen, beruht zu einem gut Teil auf meiner Analyse dieser Paare und ihres Umgangs miteinander.
Dara und Oliver sagen, daß ihr Leben hektisch, aber glücklich verläuft. Sie besucht abends eine Schwesternschule, und er arbeitet oft bis in den Abend hinein als Computer-Programmierer. Wie viele Paare – ob sie sich nun scheiden lassen oder zusammenbleiben – akzeptieren Dara und Oliver, daß ihre Ehe nicht perfekt ist. Aber sie sagen, daß sie einander lieben und daß sie zusammenbleiben wollen. Sie strahlen Optimismus aus, wenn sie von dem Leben erzählen, das sie sich aufbauen wollen.
Ich bitte sie, fünfzehn Minuten im Labor zu verbringen, um einen fortgesetzten Streit beizulegen, während ich sie mit der Videokamera filme. Während sie sprechen, messen an ihrem Körper befestigte Sensoren ihren Streß-Level, indem verschiedene Messungen ihres Kreislaufs vorgenommen werden, so zum Beispiel die Herzschlagfrequenz.
Ich rechne damit, daß die Diskussion zumindest negativ vonstatten gehen wird. Schließlich habe ich die beiden darum gebeten, sich zu streiten. Zwar sind manche Paare imstande, Uneinigkeiten mit verständnisvollen Worten und einem Lächeln zu bereinigen, doch besteht in den meisten Fällen eine Spannung. Dara und Oliver sind keine Ausnahme. Dara findet, daß Oliver seinen Teil zur Hausarbeit nicht leistet, und er meint, sie würde zu viel an ihm herumnörgeln, was dazu führt, daß er noch weniger Lust hat, etwas zu tun.
Nachdem ich ihnen dabei zugehört habe, wie sie über dieses Problem diskutieren, gebe ich meinen Kollegen gegenüber die traurige Vorhersage ab, daß das Eheglück von Dara und Oliver nicht von langer Dauer sein wird. Und tatsächlich berichten sie uns vier Jahre später, daß sie im Begriff sind, sich scheiden zu lassen. Obwohl sie zu jener Zeit immer noch zusammenleben, leben sie doch allein. Sie sind zu Geistern geworden, die hinter der Ehe herjagen, die sie beide einmal so lebensfroh machte.
Meine Vorhersage lautet, daß ihre Ehe scheitern wird, und zwar nicht, weil sie miteinander streiten – schließlich habe ich sie gebeten, das zu tun. Ärger zwischen Eheleuten läßt nicht unbedingt auf eine Krise der Ehe schließen. Andere jungverheiratete Paare im Studio diskutieren in den fünfzehn Minuten, in denen wir sie filmen, viel mehr als Dara und Oliver, und doch sage ich voraus, daß viele dieser Paare weiterhin glücklich verheiratet sein werden – und das sind sie auch. Den Hinweis darauf, daß Dara und Oliver sich scheiden lassen werden, gibt mir die Art und Weise, in der sie streiten.
DAS ERSTE ZEICHEN: EIN GROBER AUFTAKT DER DISKUSSION
Der offensichtlichste Hinweis darauf, daß diese Diskussion (und diese Ehe) nicht gut verlaufen wird, ist die Art, in der sie beginnt. Dara wird sofort negativ und anklagend. Wenn Oliver das Thema Hausarbeit zur Sprache bringt, reagiert sie sogleich sarkastisch: »Oder besser gesagt, das Fehlen einer Hausarbeit.« Oliver versucht, die Dinge ein wenig aufzulockern, indem er einen Witz macht: »Oder besser gesagt, das Buch, das wir schon immer mal schreiben wollten: Alle Männer sind Schweine.« Dara verzieht keine Miene. Sie sprechen ein wenig weiter und versuchen einen Plan zu entwerfen, der sicherstellt, daß Oliver seinen Beitrag leistet, doch dann sagt Dara: »Also, ich würde mich wirklich freuen, wenn das hier klappen würde, aber ich kann nicht daran glauben. Schließlich habe ich versucht, Pläne aufzustellen, und es hat nicht geklappt. Und ich habe auch versucht, dich damit in Ruhe zu lassen, und dann ist einen Monat lang gar nichts passiert.« Jetzt klagt sie Oliver an. Im Grunde sagt sie, daß das Problem nicht der Haushalt ist, sondern er.
Wenn eine Diskussion auf diese Weise anfängt – mit Kritik und/oder sarkastischen Bemerkungen, einer Form von Verachtung –, dann ist das ein »grober Auftakt«. Obwohl Dara zu Oliver mit einer sehr sanften, ruhigen Stimme redet, geht von ihren Worten eine große negative Kraft aus. Nachdem ich die ersten paar Minuten ihres Gesprächs verfolgt habe, erstaunt es mich nicht, daß Dara und Oliver am Ende ihre Probleme nicht im entferntesten gelöst haben. Die Studie zeigt, daß, wenn man einen Streit mit einem groben Auftakt beginnt, er todsicher auch mit einer negativen Stimmung enden wird, ganz gleich wie viele Versuche dabei unternommen werden, »nett« zu sein. Die Statistik verdeutlicht das: In 96 Prozent der Fälle kann man den Ausgang eines Gesprächs vorhersagen, wenn man die ersten drei Minuten einer fünfzehnminütigen Diskussion gehört hat! Ein grober Auftakt verurteilt sie schlicht und einfach zum Scheitern. Wenn Sie also eine Diskussion auf diese Weise beginnen wollen, dann legen Sie besser den Rückwärtsgang ein, holen Sie tief Luft und fangen Sie noch einmal von vorn an.
DAS ZWEITE ZEICHEN: DIE VIER APOKALYPTISCHEN REITER
Der grobe Auftakt der Diskussion durch Dara läßt die Alarmglocken schrillen: Oliver und sie werden vielleicht in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Während sich ihr Streit nun ausweitet, suche ich nach einem besonderen Ausdruck negativer Interaktion. Es gibt bestimmte Formen von Negativität, die sich, wenn ihnen freier Lauf gelassen wird, auf eine Beziehung derart tödlich auswirken können, daß ich sie »die vier apokalyptischen Reiter« zu nennen pflege. Meist kommen diese vier Reiter in der folgenden Reihenfolge in das Zentrum einer Ehe getrampelt: Kritik, Verachtung, Rechtfertigung und Mauern.
Der erste Reiter: Kritik
Sie werden sich über den Menschen, mit dem Sie zusammenleben, immer irgendwann beklagen. Doch es gibt einen himmelweiten Unterschied zwischen einer Beschwerde und einer Kritik. Eine Beschwerde zielt auf den bestimmten Vorfall ab, bei dem Ihr Ehepartner etwas falsch gemacht hat. Kritik hingegen ist weitreichender, da kommen noch ein paar negative Bemerkungen über den Charakter oder die Persönlichkeit Ihres Partners hinzu. »Ich bin wirklich sauer, daß du gestern abend den Küchenfußboden nicht mehr gewischt hast. Wir hatten beschlossen, daß wir uns abwechseln würden« ist eine Beschwerde. »Warum bist du so vergeßlich? Ich hasse es, immer den Küchenfußboden wischen zu müssen, wenn doch eigentlich du dran bist. Das ist dir einfach egal« ist Kritik. Eine Beschwerde konzentriert sich also auf ein bestimmtes Verhalten, während Kritik die Sache größer erscheinen läßt, da hier Schuldzuweisungen und die generelle Verurteilung eines Charakters eine Rolle spielen. Man kann jede Beschwerde in eine Kritik verwandeln, indem man einfach meinen Lieblingssatz hinzufügt: »Was ist das bloß mit dir?«
Ein grober Anfang kommt oft als Kritik daher. Sie können feststellen, wie schnell Beschwerde zu Kritik wird, wenn Sie Dara noch einmal zuhören:
DARA: Also, ich würde mich wirklich freuen, wenn das hier klappen würde, aber ich kann nicht daran glauben. (Einfache Beschwerde) Schließlich habe ich versucht, Pläne aufzustellen, und es hat nicht geklappt. Und ich habe auch versucht, dich damit in Ruhe zu lassen, und dann ist einen Monat lang gar nichts passiert. (Kritik. Sie impliziert, daß die Sache sein Fehler ist. Auch wenn das so ist, wird ein Vorwurf die Sache nur schlimmer machen.)
Hier sind noch ein paar weitere Beispiele, die den Unterschied zwischen Beschwerde und Kritik veranschaulichen.
Beschwerde: Es ist kein Benzin im Auto. Warum hast du nicht, wie du es versprochen hast, getankt?
Kritik: Warum kannst du niemals an etwas denken? Ich habe dir schon tausendmal gesagt, daß du tanken sollst, aber du hast es nicht gemacht.
Beschwerde: Du hättest mir eher sagen sollen, daß du zu müde bist, um mit mir zu schlafen. Ich bin wirklich enttäuscht, und es ist mir peinlich.
Kritik: Warum denkst du immer nur an dich selbst? Es war wirklich gemein von dir, mich zu ermuntern. Du hättest mir früher sagen sollen, daß du zu müde bist, um mit mir zu schlafen.
Beschwerde: Du hättest mich fragen sollen, ehe du jemanden zum Essen einlädst. Ich wollte den Abend mit dir allein verbringen.
Kritik: Warum sind dir deine Freunde immer wichtiger als ich? Ich stehe auf deiner Liste ganz hinten. Wir wollten heute abend doch allein essen.
Wenn Sie sich selbst oder Ihren Ehepartner in diesen kritischen Äußerungen wiederfinden, dann geht das nicht allein Ihnen so. Der erste Reiter ist in vielen Beziehungen vertreten. Wenn Sie nun also feststellen, daß Sie und Ihr Partner sich einander kritisch gegenüber verhalten, dann heißt das nicht, daß Sie auf dem besten Weg zum Scheidungsrichter sind. Das Problem mit Kritik ist, daß sie, wenn sie zur Gewohnheit wird, anderen, sehr viel gefährlicheren Reitern den Weg bahnt.
Der zweite Reiter: Verachtung
Dara hört nicht auf, Oliver zu kritisieren. Schon bald macht sie höhnische Bemerkungen. Als er vorschlägt, daß sie eine Liste seiner Pflichten an den Kühlschrank kleben sollen, damit er sie nicht vergißt, erwidert sie: »Glaubst du wirklich, daß du mit den Plänen klarkommst?« Als...