Goodwin | Stranded - Die Insel | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 399 Seiten

Goodwin Stranded - Die Insel

Acht Fremde. Ein Mörder. Kein Ausweg. Thriller
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7517-2845-4
Verlag: Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Acht Fremde. Ein Mörder. Kein Ausweg. Thriller

E-Book, Deutsch, 399 Seiten

ISBN: 978-3-7517-2845-4
Verlag: Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Auf dieser Insel ist nicht nur die Natur mörderisch

Für Maddy wird ein Traum wahr: Sie nimmt an einem neuartigen Fernsehexperiment teil, in dem acht Fremde auf einer einsamen schottischen Insel überleben müssen, ein Jahr lang, mit nur minimaler Ausrüstung und ohne Kontakt zur Außenwelt.

18 Monate später ist Maddys Traum zum Albtraum geworden. Die Behörden greifen die junge Frau in einem Fischerdorf auf dem Festland auf. Verzweifelt berichtet sie, wie das Boot, das die Teilnehmer nach einem Jahr abholen sollte, nicht kam. Und davon, wie in den folgenden Wochen einer nach dem anderen starb, nicht durch Hunger oder Krankheit, sondern durch menschliche Hand. Doch was verschweigt Maddy? Und wie schaffte sie es, die Insel lebend zu verlassen?



Sarah Goodwin hat Kreatives Schreiben an der Bath Spa University studiert. STRANDED - DIE INSEL ist ihr erstes Buch. Neben der Schreiberei liebt sie es, sich mit Büchern kritisch auseinanderzusetzen, und sie betreibt einen Podcast. Sie lebt im ländlichen Hertfordshire.
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1. KAPITEL


»Maddy?«

Ich blinzelte. Mit einem Mal machte ich mir bewusst, dass die Frage, die ich beantworten sollte, schon länger in der Luft hing. Ich rückte den Laptop auf meinen Knien zurecht und sah mein Gesicht in dem kleinen Fenster auf dem Bildschirm. Im Neonlicht der Küche verlieh mir die billige Webcam einen grünlichen Teint. Und meine Haare sahen bescheuert aus, obwohl ich sie vor dem Skypen noch gebürstet hatte. In letzter Zeit hatte ich zugenommen, daher wirkte mein Gesicht fett wie das einer Kröte. Hätte ich nicht geblinzelt, hätte man mich glatt für tot halten können.

»Sorry«, sagte ich. »Wie ich überhaupt zur Pflanzenkunde kam, hm … Nun, eigentlich über meinen Dad. Er war leidenschaftlicher Gärtner. Das war nicht sein eigentlicher Job, aber wir hatten zu Hause einen Garten – einen richtigen Gemüsegarten.« Ich fing an zu plappern und hasste mich dafür. Die Frau, die das Online-Interview mit mir durchführte, Sasha, hatte ein starres Lächeln auf den Lippen. Sie saß irgendwo in einem verglasten Büro, und ihr steifer, dunkler Blazer zeichnete sich scharf vor der weißen Wand ab.

Ich musste mich regelrecht zwingen zu atmen. »Mein Dad und meine Mutter brachten mir zu Hause alles bei. Alles, was ich über Biologie und Pflanzen weiß, habe ich von ihm gelernt. Mein Vater war immer mit seinem Garten beschäftigt.«

»Sie hatten also Privatunterricht zu Hause? Das ist ziemlich ungewöhnlich. Haben Sie je eine … traditionelle Schule besucht?«, fragte sie und umging offenbar das Wort »normal«.

Ich nagte auf meiner Unterlippe. »Hm, ja, schon. Zu Hause wurde ich erst unterrichtet, als ich elf Jahre alt war. Davor besuchte ich die Grundschule bei uns im Dorf. Nach der Zeit gingen alle auf die weiterführende Schule in der Stadt.«

Ich konnte mich noch lebhaft an meinen ersten Tag an der großen neuen Schule erinnern. Wie sie lachten über meine Brotdose mit dem Hundesticker, wie meine Spielgefährtinnen irgendwo in der Menge verschwanden und mich in dem ungewohnten, viel größeren Gewühl allein ließen, in dem wir alle steckten. Mädchen, die viel älter als ich waren und schon Lippenstift trugen, verscheuchten mich aus der Toilettenkabine, weil sie dort rauchen wollten. Auf dem Heimweg heulte ich im Auto. Zu Hause genügte meiner Mutter ein Blick, dann schloss sie mich in ihre mehlbestäubten Arme.

»Siehst du?«, hatte sie zu meinem Dad gesagt. »Habe ich es dir nicht gesagt, diese Schule ist nichts für sie.«

Es dauerte nur wenige Wochen, dann war alles arrangiert, und ich brauchte nicht mehr zur Schule zu gehen. Damals war ich froh, aber später wünschte ich, ich hätte meine Gefühle für mich behalten. Wann immer ich etwas Neues ausprobieren wollte, fort von zu Hause – Pfadfinderinnen, Ballettstunden, Reiten –, erinnerte mich meine Mutter sofort daran, was »letztes Mal« passiert sei. Mit jenem Vorfall hatte sie bei jeder Auseinandersetzung das letzte Wort.

Sasha, die blonden Haare tadellos frisiert, neigte den Kopf leicht zur Seite und runzelte die Stirn. Die Designerbrille rutschte die Nase runter. »Gab es da einen bestimmten Grund? Ich denke, unsere Zuschauer wären sehr daran interessiert, mehr über Ihre Herkunft zu erfahren.«

»Nein, keinen bestimmten Grund«, sagte ich und brachte ein Lächeln zustande. »Meinen Eltern gefiel nur einfach die Schule in unserer Nähe nicht. Da wir weit draußen auf dem Land wohnten, gab es nicht so viele Optionen.«

»Das muss schwer für Sie gewesen sein, Freunde zu finden, nicht wahr?«

Ich spürte die Fallstricke. Um ausgewählt zu werden, musste ich zumindest den Anschein erwecken, verschiedenen Vereinen anzugehören, musste mich als abenteuerlustige Optimistin präsentieren, die »offen ist für neue Erfahrungen und Ideen.« So stand es auf der Website. Ich hatte es mir gemerkt. Aber das hier war kein Gerede von Leuten, die alles Mögliche in ihrer Freizeit machen. Dies war zu nah an der Wahrheit.

»Eigentlich nicht«, sagte ich möglichst unbefangen, »es dauerte ja nicht ewig, bis ich zur Uni ging, und von da an war sowieso alles anders. Eine aufregende Zeit.«

Sie lächelte, doch ich verkrampfte innerlich. Klar, auf der Uni war tatsächlich alles anders gewesen. Ich war auf mich gestellt, und abends saß ich nicht länger gemütlich mit Mum am Kamin, ein Buch in der Hand. Keine langen Spaziergänge mehr mit Dad und den Hunden. Nur Musik und Promis, von denen ich nie etwas gehört hatte. Ich trug Klamotten, die überhaupt nicht meinem Alter entsprachen, und dachte, neun Uhr abends sei es Zeit, ins Bett zu gehen und zu lesen – also keine Shots und halsbrecherischen Spurts zur Bushaltestelle, um noch in die Stadt zu fahren.

»Sie müssen ein enges Verhältnis zu Ihrer Familie haben«, fuhr sie fort, als könnte sie meine Gedanken lesen, ganz so, als wüsste sie, dass ich an einsamen Abenden mit Mum telefoniert hatte. »Werden Sie Ihre Eltern nicht vermissen, wenn Sie fort sind?«

»Nein … Ich meine, klar werde ich sie vermissen, aber … das ist schon okay.« Ich zwang mich, keinen Blick auf die einsame Karte auf meinem Bücherregal zu werfen. Die hängende Lilie und die leicht schielende Taube auf der Karte standen wohl sinnbildlich für das tiefe Mitgefühl meines Managers und meiner Kollegen. »Auf der … äh Website steht, bei der Show geht es um das Ende der Welt – wie wird das Ende aussehen, in der Version, die Sie sich vorstellen? Bricht eine Hungersnot aus? Oder kommt es zum Krieg, und das Land wird bombardiert?«

Sasha lächelte wieder. »Das ist eine der Fragen, die ich eigentlich Ihnen stellen wollte. Wir lassen das Ende absichtlich offen, damit die Kandidaten zu Diskussionen angeregt werden. Im Augenblick geschehen so viele Dinge auf der Welt. Und jeder hat seine eigenen Theorien über das Ende der Welt. Was denken Sie, wie es aussehen wird?«

Ich hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Wie es aussah, hatte meine Welt bereits geendet.

»Ich weiß nicht. Vielleicht … Nun, in einem meiner Vorträge geht es um die Gefahren, die von Monokulturen ausgehen. Wenn wir nur einen Pflanzentyp anbauen, diese Pflanze dann aber plötzlich einen tödlichen Befall hat und eingeht, könnte sich das verheerend auf unsere Nahrungsmittelproduktion auswirken.« Ich sah, wie sie die Augenbrauen hochzog, und wünschte, ich hätte etwas gesagt, das weniger auswendig gelernt geklungen hätte. »Aber ich denke, ich sollte es mit Zombies versuchen«, fügte ich hastig hinzu und ließ ein kleines Lachen folgen. »Ich glaube, die meisten Leute wären ziemlich enttäuscht, wenn es zu einer Apokalypse kommt, in der keine Zombies auftauchen.«

Sasha lachte, und ich atmete erleichtert auf, möglichst langsam natürlich, damit man es in der Webcam nicht sah.

»Also, was würde Sie am meisten begeistern, falls man Ihnen eine Rolle in Die Letzte Zuflucht zuteilt?«

Diesmal war meine Antwort authentisch; ich brauchte nicht groß nachzudenken. »Die Flucht.«

Die Flucht vor meinem Leben, meinem Kummer, vor mir selbst.

Ich musste einfach fort von hier.

Als ich die E-Mail bekam und las, dass ich genommen worden war, konnte ich es erst nicht glauben. Dann liefen mir die Tränen über die Wangen, obwohl mein Herz vor Aufregung raste. Ich würde bekommen, was ich mir gewünscht hatte. Was ich unbedingt brauchte. Ich würde den Absprung schaffen.

Schließlich ging ich zu einer neuen Ärztin, die mir attestieren sollte, dass mein Gesundheitszustand es zuließ, an der Show teilzunehmen. Ich bekam die Bescheinigung, ungeachtet der Therapie, die ich abgebrochen hatte, und der Tabletten, die ich nehmen sollte. Aber das brauchte die Ärztin nicht zu wissen. Danach fuhr ich nach London für die offiziellen Interviews, also die Art von Interviews, die im Fernsehen laufen würden, wenn die Show gesendet würde. Eine Frau kümmerte sich um meine Frisur und das Make-up. Sasha stellte mir die Fragen; offensichtlich hatte man noch keinen Moderator engagiert. Ich dachte, das sei ein Versehen, aber was wusste ich schon? Wie auch immer, ich wollte nicht zu viel über das Endprodukt nachdenken. Ich wollte auf der Insel sein. Was danach kommen würde, die Sendungen, die Interviews, die Rückkehr ins Leben – darüber wollte ich mir nicht den Kopf zerbrechen.

Man würde uns in zwei Gruppen auf die Insel schicken, Jungs und Mädchen getrennt. So nannte Sasha uns: Jungs und Mädchen. Als wären wir noch Kids, die ein Abenteuer im Stil der Fünf Freunde erlebten. Natürlich sagte ich dazu nichts. Aus meiner Sicht war Sasha nicht der Typ Frau, die sich an Enid Blyton erinnerte.

An der Glasgow Station traf ich meine drei Reisegefährtinnen. Ich war schon ziemlich erschöpft, weil ich mein Gepäck quer durchs Land schleppen musste. Man hatte uns wissen lassen, dass es Material auf der Insel geben würde, um eine Unterkunft zu bauen, auch Werkzeug und Proviant in Kisten. Erst als ich einige Bücher über Botanik und Rollen Toilettenpapier in meine Tasche packte, merkte ich, wie wenig Gepäck ich eigentlich mitnehmen konnte.

Ein Stück vom Treffpunkt entfernt blieb ich stehen – ein Taxistand unter einer Kunststoffüberdachung. Drei Frauen warteten am vereinbarten Ort. Sie waren ähnlich gekleidet wie ich und hatten ebenfalls prallvolle Rucksäcke dabei. Zwei wirkten älter als ich, die dritte hielt ich für jünger; sie hatte ihr iPhone am Ohr. Instinktiv wollte ich kehrtmachen und weglaufen. Nach meiner langen Reise wären das die ersten Leute, mit denen ich mich unterhalten müsste. Immerhin würden wir uns eine Insel teilen, ein neues Zuhause, und...



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