Golla | Fallakte Vera Brühne - Johann Ferbach | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 608 Seiten

Golla Fallakte Vera Brühne - Johann Ferbach

Eine Analyse
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7583-5606-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Eine Analyse

E-Book, Deutsch, 608 Seiten

ISBN: 978-3-7583-5606-3
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Als nach Ostern 1960 die Leichen des praktischen Arztes Dr. Otto Praun und seiner Haushälterin Elfriede Kloo in Pöcking gefunden werden, ahnt niemand, dass damit einer der spektakulärsten Kriminalfälle der Nachkriegszeit ausgelöst wird. Der Fall endet nach einem Indizienprozess im Juni 1962 mit der Verurteilung der beiden Angeklagten, der 52-jährigen Hausfrau Vera Brühne und des 48-jährigen Montageschlossers Johann Ferbach, zu lebenslangem Zuchthaus. - Fehler bei der Spurensicherung und die Tatsache, dass die Beschuldigten nie ein Schuldbekenntnis ablegen, führen zu Diskussionen über die Unabhängigkeit deutscher Gerichte bei Sensationsprozessen. Noch anlässlich der Verfilmung des Mordfalls 2001 überwiegt die Meinung, es handele sich um einen ewigen Skandal, in dem Brühne, die nach anderen als den damals gängigen moralischen Kategorien gelebt habe, zur "Feindin der Ehemoral" hochstilisiert und exemplarisch bestraft worden sei. Die Fallakte Brühne-Ferbach ist bis heute einzigartig in der deutschen Kriminalgeschichte, wozu neben dem Medieninteresse an Vera Brühne u. a. ihr Verhältnis zu Johann Ferbach beiträgt, dem "so viel Unauffälligeren der beiden Verurteilten" (Spiegel). In diesem Buch werden Beweismittel und Indizien aus fallanalytischer Sicht neu betrachtet und validiert. Neben Originaldokumenten werden Tonaufnahmen analysiert, die 1961 bei Verhören der Verdächtigen entstanden sind. Dem Themenkomplex Waffenhandel, der im Urteil am Rand erwähnt wird, in der späteren Kritik aber großen Raum einnimmt, ist ein separater Abschnitt gewidmet. Anhand der revidierten Beweislage kann eingeschätzt werden, welche Bedeutung einer Verwicklung Prauns in Waffengeschäfte de facto zukommt. Lesende sind am Ende des Buches in der Lage, sämtliche Tatmotive einzuwerten, die Tatvorphase und den Tatablauf nachzuzeichnen.

Jahrgang 1966, nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre 1993 Promotion zum Dr. rer. pol. an der Universität zu Köln mit einer Untersuchung zur "Nationalsozialistischen Arbeitsbeschaffung 1933 bis 1936". 1994-1996 Stipendiat der DFG und Publikation einer sozialwissenschaftlichen Studie zur "Konjunkturpolitik und Krisenüberwindung in der Rezession 1966/67". Anschließend bei nationalen und internationalen Prüfungsgesellschaften im Bereich Risk Analytics und forensische Datenanalyse tätig. Neben zahlreichen Publikationen zu wirtschafts-, sozial- und finanzpolitischen Themenstellungen Publikation einer vielbeachteten Fallananalyse zum Mordfall Rosemarie Nitribitt (2013) und Mitwirkung bei der filmischen Dokumentation (2016) in der ZDF-Reihe "Skandal! Große Affären in Deutschland": Der Fall Nitribitt.

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B. Die Toten von Pöcking
Persönlichkeitsskizzen
01. Dr. Otto Praun
Dr. Otto Praun wird als Otto Eduard Christian Praun am 28.04.1894 in München geboren, steht demnach bei seinem Tod kurz vor Vollendung des 66. Lebensjahrs. Die Eltern, Dr. Hans Praun, Oberstudiendirektor am Wilhelmsgymnasium in München,51 und Margarete Praun, Hausfrau, sind zum Zeitpunkt des Ablebens von Otto Praun bereits verstorben. Praun besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit und gehört der römisch-katholischen Konfession an.52 Nach dem Studium der Medizin und der Approbation im April 1922 ist Dr. med. Otto Praun ab 1923 als niedergelassener praktischer Arzt in München tätig. Praun ist nur einmal verheiratet, mit Elfriede Wenk, der Tochter eines Schwabinger Kunstmalers. Aus der Ehe, die nach einem Jahr (1932) geschieden wird, geht Sohn Günter als einziges Kind hervor. Angeblich lässt Praun sich scheiden, als er feststellt, dass die soliden Vermögensverhältnisse, aus der die Familie seiner Frau stammt, durch den Schwiegervater nur vorgetäuscht worden sind und durch die Heirat keine finanzielle Besserstellung zu erreichen ist.53 Sohn Günter wächst bei seiner Mutter auf und wird später ebenfalls als Arzt in München tätig sein. Otto Praun heiratet nicht erneut. 1930 lernt er die damals 20-jährige Elfriede Kloo in einem Schwabinger Lokal kennen, wo Kloo als Serviererin arbeitet. Kloo, die als hochgewachsene, schlanke und deutlich jüngere Frau dem von Praun bevorzugten Frauentypus entspricht, trennt sich von ihm, als sie erfährt, dass Praun bereits liiert ist und ein Kind erwartet. 1943 treffen sich beide zufällig auf der Theatinerstraße in der Münchner Altstadt wieder. Praun, damals als knapp 50-jähriger Arzt vom Kriegsdienst freigestellt, gelingt es, die frühere Freundin, die mittlerweile verheiratet ist, zurückzugewinnen. Kloo lässt sich scheiden und zieht zu Praun, zunächst nach München-Solln, später in die Villa nach Pöcking, wo das Paar in eheähnlicher Gemeinschaft zusammenlebt. Wie eine Zeugin berichtet, soll Dr. Praun Elfriede Kloo die Ehe versprochen haben. Beide werden deswegen 1954 in Rom beim Vatikan vorstellig, erhalten aber keine Ausnahmegenehmigung für die gewünschte kirchliche Trauung.54 Neben Kloo unterhält Praun im Laufe der Jahre weitere Frauenbekanntschaften, die seiner Lebenspartnerin nicht verborgen bleiben. Während Kloo sich, nachdem die sexuelle Beziehung zwischen ihr und Praun erkaltet ist, zumindest nach außen hin mit der Rolle als Hausfrau in der Pöckinger Villa begnügt, ist Praun bemüht, Pöcking als ihren persönlichen Bereich zu respektieren.55 Eine Möglichkeit, Damenbesuch außerhalb von Pöcking zu empfangen, bietet die Münchener Praxiswohnung, in der Praun regelmäßig übernachtet. Dass Praun Elfriede Kloo als Lebenspartnerin schätzt, zeigt sich daran, dass er sich trotz mehrerer Zweitbekanntschaften nicht von ihr trennt; auch setzt Praun in seinem Testament vom Juni 1953 neben Sohn Günter seine "Verlobte" Elfriede Kloo als Erbin aller mobilen Vermögensgegenstände ein.56 Nach einer Zwischenphase in der renommierten Maximilianstraße, in der er sich mit einem etablierten Facharzt für Hals, Nasen, Ohren eine Praxis teilt,57 legt Praun nach der Kassenzulassung 1924 mit einer eigenen Praxis im ersten Stock der Lindwurmstraße 126a in München-Sendling,58 deren Inventar die Eltern finanzieren, den Grundstein für den weiteren Vermögensaufbau. Er entwickelt unternehmerisches Geschick, als er in der Nachbarschaft des traditionell durch Handel und Industrie geprägten Stadtbezirks59 von Tür zu Tür geht und sich als "der neue Doktor" vorstellt. Durch die Aktion, die ihm in der überwiegend von Kassenpatienten bewohnten Gegend den Ruf eines Volksarztes einträgt, gelingt es Praun, zügig einen Patientenstamm aufzubauen. Die Gründung der eigenen Praxis, die zunächst an fünf, ab 1926 an sechs Tagen pro Woche geöffnet ist,60 fällt nach der Währungsstabilisierung im November 1923 mit einer bis Ende 1928 reichenden Phase der wirtschaftlichen Erholung im Deutschen Reich zusammen.61 Ende 1928 oder 1929 bezieht Praun neue Praxisräume in der ersten Etage eines Eckhauses in der Lindwurmstraße 213, schräg gegenüber der bisherigen Praxis auf der anderen Straßenseite. Praun wird als Person mit überdurchschnittlichem Gedächtnis beschrieben, der sich auch an weiter zurückliegende Krankheiten seiner Patienten erinnert, so dass diese sich bei ihm gut aufgehoben fühlen. Er pflegt private Kontakte mit Patienten, die ihm mit ihren beruflichen Verbindungen behilflich sein können (Beamte, Behördenangestellte, Geschäftsleute). Anfang der 1930er Jahre gehört Praun mit einem geschätzten Jahresumsatz von 80.000 RM, entsprechend einem Kaufkraftwert von 320.000 EUR62, zu den fünf umsatzstärksten praktischen Ärzten in München.63 In der Wirtschaftskrise in Deutschland (1929/1933), in der aufgrund sinkender Einkommen weiter Bevölkerungsteile64 Immobilien bei Zwangsversteigerungen und Notverkäufen günstig zu haben sind,65 erwirbt Praun ein Haus in der Clemensstraße (Schwabing), in der Bruderstraße (Altstadt-Lehel) und ein dreistöckiges Mehrparteienhaus in der Lindwurmstraße 213, in dem er seine Praxis einrichtet (Abbildung 13)66. 1936 kauft Praun ein Haus in München-Solln mit großem Grundstück, das er auch bewohnt;67 1956 verkauft er das nach 1945 von den Amerikanern beschlagnahmte Grundstück für 185.000 DM. Die Hälfte des Verkaufserlöses mit einem Kaufkraftwert von mehr als 560.000 EUR68 legt Praun in Aktien an, vor allem in Aktien von Daimler-Benz. Hierdurch kann infolge der Hausse im Straßenfahrzeugbau bis Ende 1959 mindestens eine Verdreifachung des Marktwertes erzielt werden.69 Abbildung 13: Lindwurmstraße 213 (München-Sendling) Eine weitere Investition ist 1953 der Kauf eines 10.000 qm großen Hanggrundstücks in Pöcking am Starnberger See. Praun kauft das Grundstück für 12.000 DM70 (~75.000 EUR). Das darauf befindliche Haus lässt er später umbauen und mit Stilmöbeln und Kunstgegenständen71 einrichten. Im Frühjahr 1957 kauft Praun an der Costa Brava, bei Lloret de Mar, etwa 40 km von der Provinzhauptstadt Girona entfernt, einen 70.000 qm großen Besitz namens "Finca Caravana".72 Auf dem mit Pinien bewaldeten Grundstück befindet sich ein kleiner Berg, auf dessen höchstem Punkt ca. 60 Meter über dem Meeresspiegel ein Wasserturm mit Wohn- und Schlafraum sowie ein nahegelegenes kleines Wohnhaus stehen. Von dort blickt man in Richtung Süden den "Platja de Santa Cristina", der fußläufig in 6 bis 7 Minuten zu erreichen ist.73 Für den Kauf der Finca Caravana für 80.000 bis 100.000 DM sowie die Renovierung und Erweiterung der Aufbauten nimmt Praun Kredite auf, die durch zwei Münchener Immobilien besichert werden.74 Der Kauf erweist sich als vorausschauende Investition in einer Gegend, die touristisch gerade erschlossen wird; neue Hotelbetriebe entstehen; in der Nähe der Finca befindet sich das Luxushotel Santa Marta. Anfang der 1960er Jahre beträgt der Wert der Finca infolge der durch den Bevölkerungszuwachs75 und die touristische Erschließung seit Beginn der 1950er Jahre gestiegenen Grundstückspreise ca. 1 Mio. DM. Das Gesamtvermögen Prauns wird bei seinem Tod auf 1,6 Mio. DM geschätzt,76 was einem Kaufkraftäquivalent von rund 10 Mio. EUR entspricht. Über die Tätigkeit Prauns zur Zeit des Nationalsozialismus liegen wenige Informationen vor. Laut NSDAP-Zentralkartei77 tritt Otto Praun, wohnhaft in der Lindwurmstraße 213/I, am 01.05.1933 in die NSDAP ein (Mitgliedsnummer 1 725 299)78. Nach einer parteistatistischen Erhebung von 1939 ist Praun, laut Praxisstempel unter der Bezeichnung "Praktischer Arzt und Geburtshelfer", Mitglied der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV ), der Nationalsozialistischen Kriegsopferversorgung (NSKOV ), des Reichsluftschutzbundes (RLB ) sowie des Deutschen Roten Kreuzes (DRK ).79 Für Tätigkeiten oder Mitgliedschaften in paramilitärischen Organisationen der NSDAP (NSKK, Organisation Todt, SA, SS) oder militärischen Organisationen im Dritten Reich (Wehrmacht, SS-Verfügungstruppe, später Waffen-SS) finden sich keine Belege. Über den Wehrdienst Prauns im Ersten Weltkrieg liegt eine Akte vor,80 über einen Wehrdienst im Zweiten Weltkrieg existiert keine Akte (was sich mit der Quellenlage deckt, wonach – von Ausnahmen abgesehen – kein Einberufung des Jahrgangs 1894 erfolgt)81. Otto Praun ist nach Angaben der Wehrmachtauskunftstelle (WASt) weder...



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