Goldberg Sloan | Glück ist eine Gleichung mit 7 | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 304 Seiten

Goldberg Sloan Glück ist eine Gleichung mit 7


1. Auflage 2015
ISBN: 978-3-446-25027-7
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 304 Seiten

ISBN: 978-3-446-25027-7
Verlag: Carl Hanser
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Willow ist ein Energiebündel, denkt immer positiv und interessiert sich für alles: Sie studiert das Verhalten von Fledermäusen, züchtet Zitrusfrüchte im Garten und begeistert sich für die Schönheit der Zahl 7. Ihr größter Wunsch ist es, gleichaltrige Freunde zu finden. Dafür lernt sie sogar Vietnamesisch. Doch dann verunglücken ihre Adoptiveltern bei einem Autounfall. Es ist wie ein Wunder, wie Willow mit ihrer Art zu denken - ihrer Hochbegabung - und ihrem ungebrochenen Charme ihre Welt zusammenhält. Dabei verändert sie das Leben aller, die sie trifft, und jeder Einzelne entdeckt, welche Kräfte in ihm stecken.

Holly Goldberg Sloan ist Regisseurin, Filmproduzentin und Drehbuchautorin. Als sie mit 24 Jahren ihr erstes Drehbuch verkaufte, war sie schon viel herumgekommen und hatte in den Niederlanden, in Istanbul, New York City, Washington D.C. und Oregon gelebt. Heute ist sie sesshaft geworden und lebt mit ihrem Mann und den beiden Söhnen in Los Angeles. 2015 erschien ihr erstes Jugendbuch Glück ist eine Gleichung mit 7 bei Hanser, gefolgt von den Kinderbüchern Short (2018) und zuletzt An Nachteule von Sternhai (2019), für das sie mit Meg Wolitzer zusammenarbeitete. 2023 erscheint ihr Kinderbuch Elefantensommer.
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KAPITEL 2
VOR ZWEI MONATEN


Ich komme auf eine neue Schule.

Ich bin ein Einzelkind.

Ich bin adoptiert.

Und ich bin anders.

Anders im Sinne von »seltsam«.

Aber ich weiß es, und das macht es weniger schlimm. Für mich wenigstens.

Kann man zu sehr geliebt werden?

Meine

Beiden

Eltern

L-I-E-B-E-N

Mich

Wahrlich

Wirklich.

Ich glaube, wenn man richtig lange auf etwas wartet, wird es noch schöner.

Die Korrelation von Wunsch und Erfüllung ließe sich zweifellos mittels einer mathematischen Formel quantifizieren.

Aber ich schweife vom Thema ab – was eines meiner Probleme ist und der Grund dafür, dass ich, obwohl ein Denker, nie der Lehrerliebling bin.

Niemals je.

Jetzt halte ich mich aber an die Fakten.

7 Jahre lang hat meine Mutter versucht, schwanger zu werden.

Das ist eine sehr lange Zeit, um an etwas zu arbeiten, zumal die medizinische Definition von Unfruchtbarkeit »zwölf Monate termingerechte körperliche Vereinigung ohne Ergebnis« lautet.

Und obwohl ich mich brennend für alles Medizinische interessiere, wird mir bei der Vorstellung, wie sie es über einen so langen Zeitraum und mit einer gewissen Regelmäßigkeit tun, übel.

Zwei Mal während dieser Jahre pinkelte meine Mutter auf einen Plastikstab und färbte das Diagnoseinstrument auf diese Weise blau.

Aber beide Male konnte sie den Fötus nicht halten. (Wie befremdend klingt dieses Wort? Fötus. Wahnsinn.)

Ihr Kuchen backte nicht.

Und so kam ich ins Spiel.

Am 7ten Tag des 7ten Monats (ist es ein Wunder, dass ich diese Zahl liebe?) fuhren meine Eltern 257 Meilen weit nach Norden zu einem Krankenhaus, wo sie mich nach einem Kaltklima-Baum benannten und damit die Welt veränderten.

Oder doch wenigstens unsere Welt.

Kurze Unterbrechung: Wahrscheinlich waren es gar nicht 257 Meilen, aber für mich muss es so sein. (2+5=7. Und 257 ist eine Primzahl. Superspeziell. Es herrscht Ordnung in meinem Universum.)

Zurück zum Tag der Adoption. Wie mein Dad mir erzählt hat, habe ich kein einziges Mal geweint, meine Mutter aber den ganzen Weg über den Interstate Highway 5 nach Süden bis zur Ausfahrt 17B.

Meine Mutter weint, wenn sie glücklich ist. Ist sie traurig, ist sie bloß still.

Ich vermute, dass ihre emotionale Verdrahtung in diesem Bereich durcheinandergeraten ist. Wir kommen damit klar, weil sie ansonsten die meiste Zeit lächelt. Ziemlich breit.

Als meine Eltern es endlich bis zu unserem einstöckigen Stuckhaus in einem Neubaugebiet am Ende des San Joaquin Valley geschafft hatten, waren sie beide mit den Nerven am Ende.

Dabei hatte unser Familienabenteuer gerade erst begonnen.

Ich glaube, es ist wichtig, sich Bilder von den Dingen zu machen, die man im Kopf hat. Selbst wenn sie falsch sind. Und das sind sie fast jedes Mal.

Wenn ihr mich sehen könntet, würdet ihr sagen, dass ihr mich auf die Schnelle in keine ethnische Kategorie stopfen könnt.

Ich bin, was man einen »Menschen anderer Hautfarbe« nennt.

Und meine Eltern sind das nicht.

Sie sind zwei der weißesten Menschen der Welt (keine Übertreibung).

Sie sind so weiß, dass sie beinahe blau sind. Sie haben kein Durchblutungsproblem; sie haben bloß wenig Pigmente.

Meine Mutter hat feines rotes Haar und Augen, die blass-blass-blassblau sind. So blass, dass sie grau wirken. Was sie nicht sind.

Mein Dad ist groß und ziemlich kahl. Er hat Seborrhoische Dermatitis, weshalb seine Haut immer so aussieht, als hätte er Ausschlag.

Mich hat das zu jeder Menge interessierter Beobachtungen und Recherchen veranlasst, aber für ihn ist es kein Zuckerschlecken.

Wenn ihr euch jetzt dieses Trio ausmalt und euch uns zusammen vorstellt, dann solltet ihr wissen, dass wir, obwohl ich meinen Eltern in keinster Weise ähnele, irgendwie wie eine ganz natürliche Familie aussehen.

Wenigstens finde ich das.

Und das ist alles, worauf es ankommt.

Außer der Zahl 7 habe ich noch zwei andere Obsessionen. Medizinische Befunde. Und Pflanzen.

Mit medizinischen Befunden meine ich menschliche Krankheiten.

Ich studiere mich selbst, klar. Aber meine Krankheiten sind unbedeutend gewesen und nicht lebensbedrohlich.

Ich studiere und protokolliere meine Mom und meinen Dad, aber was medizinische Diagnosen zu ihrem eigenen Zustand angeht, lassen sie mich kaum zum Zug kommen.

Der einzige Grund, warum ich regelmäßig das Haus verlasse (die erzwungenen Wege in das Straflager namens Schule und meinen wöchentlichen Bibliotheksbesuch nicht mitgerechnet), ist die Beobachtung von Krankheiten in der Allgemeinbevölkerung.

Am liebsten würde ich zu diesem Zweck ein paar Stunden täglich im Krankenhaus verbringen, aber es hat sich herausgestellt, dass das Pflegepersonal damit ein Problem hat.

Sogar wenn man sein Lager bloß im Wartezimmer aufschlägt und so tut, als läse man ein Buch.

Also gehe ich ins nächstgelegene Einkaufszentrum, wo es zum Glück auch die ein oder andere Krankheit zu beobachten gibt.

Aber ich kaufe nichts.

Schon als ich klein war, habe ich Feldstudien betrieben und diagnostische Lernkarten hergestellt.

Insbesondere fühle ich mich zu Hauterkrankungen hingezogen, die ich aber nur dann fotografisch dokumentiere, wenn der Betroffene (und meine Eltern) nicht hinsehen.

Meine zweite Leidenschaft: Pflanzen.

Sie leben, wachsen, vermehren sich, winden und schieben sich durchs Erdreich, immer und überall um uns herum.

Wir nehmen das so hin, ohne es überhaupt zu bemerken.

Macht die Augen auf, Leute!

Es ist nämlich unglaublich.

Wenn Pflanzen Töne machen würden, wäre alles anders. Aber sie kommunizieren über Farben und Formen und Größe und Struktur.

Sie miauen oder bellen oder zwitschern nicht.

Wir glauben, sie hätten keine Augen, aber sie sehen den Winkel, in dem die Sonne steht, und den Mond, wie er aufgeht. Sie fühlen den Wind nicht nur; sie verändern ihre Position seinetwegen.

Bevor ihr mich für verrückt haltet (jederzeit eine Möglichkeit), schaut nach draußen.

Jetzt gleich.

Ich hoffe, dass ihr nicht gerade auf einen Parkplatz oder auf eine Häuserwand blickt.

Ich stelle mir vor, ihr seht einen hohen Baum mit zarten Blättern. Euer Blick fällt auf das sich wiegende Gras eines großen Felds. Irgendwo in der Ferne schiebt sich Unkraut durch die Ritzen im Bürgersteig. Wir sind umstellt.

Ich bitte euch, auf eine neue Art darauf zu achten und das alles als Lebendig zu betrachten.

Lebendig mit einem großen L.

Meine Heimatstadt hat, wie große Teile des Kalifornischen Längstals, ein Wüstenklima und ist flach und trocken, und mehr als die Hälfte des Jahres über ist es sehr heiß.

Da ich nie woanders gelebt habe, sind für mich ganze Monate mit Tagen über 35 Grad etwas völlig Normales.

Wir nennen das Sommer.

Trotz der Hitze ist es ein unumstößlicher Fakt, dass die viele Sonne und der gute Boden dem Wachstum von Pflanzen extrem förderlich sind, wenn man denn noch Wasser zur Gleichung hinzufügt.

Und das habe ich gemacht.

Wo es vor unserem Haus mal ein Rechteck aus Rasen gab, steht jetzt zwölf Meter hoher Bambus.

Ich habe Zitrusbäume (Orange, Grapefruit, Limone) gleich neben meinem ganzjährigen Gemüsegarten.

Ich baue Trauben an, eine Auswahl an Rebsorten, einjährige und immerwährende Blumen und, in einem kleinen gesonderten Bereich, tropische Pflanzen.

Meinen Garten zu kennen heißt, mich zu kennen.

Er ist mein Allerheiligstes.

Es ist irgendwie tragisch, dass wir uns nicht an die frühesten unserer frühen Jahre erinnern.

Ich habe den Eindruck, diese Erinnerungen könnten der Schlüssel zu diesem ganzen »Wer bin ich?«-Problem sein.

Wovon handelte mein erster Albtraum?

Wie haben sich die ersten Schritte eigentlich angefühlt?

Wie genau verlief die Entscheidungsfindung, als es an der Zeit war, die Windeln abzulegen?

Ich habe ein paar vage Kleinkind-Erinnerungen, aber die erste Szene, die ich lebhaft im Gedächtnis habe, stammt aus dem Kindergarten; ganz gleich, wie sehr ich mich auch anstrenge, sie zu vergessen.

Meine Eltern hatten gesagt, im Kindergarten würde ich jede Menge Spaß haben.

Aber so war’s nicht.

Der Kindergarten lag nur ein paar Blocks von unserem Haus entfernt, und dort habe ich zum ersten Mal das Verbrechen begangen, das System zu hinterfragen.

Die Erzieherin Mrs. King hatte sich gerade durch ein bekanntes Bilderbuch gepflügt. Es hatte die üblichen Kennzeichen von Büchern für Vorschulkinder: Wiederholungen, ein paar nervtötende Reime und verwegene wissenschaftliche Lügen.

Ich weiß noch, wie Mrs. King die Kinder fragte:

»Wie fühlt ihr euch nach diesem Buch?«

Die richtige Antwort wäre in Mrs. Kings Augen gewesen: »Müde!«, denn die aufgesetzt fröhliche Erzieherin nötigte uns, uns nach dem »Mittagsbilderbuch« zwanzig Minuten lang auf klebrige Gummimatten zu legen.

In der Regel fiel die Hälfte der Gruppe dabei in tiefen Schlaf.

Ich weiß noch genau, dass mit Ausnahme eines Jungen namens Garrison (der, ich bin mir sicher, an einer Form des Restless-Legs-Syndroms litt) jeder im Raum...


Goldberg Sloan, Holly
Holly Goldberg Sloan ist Regisseurin, Filmproduzentin und Drehbuchautorin. Als sie mit 24 Jahren ihr erstes Drehbuch verkaufte, war sie schon viel herumgekommen und hatte in den Niederlanden, in Istanbul, New York City, Washington D.C. und Oregon gelebt. Heute ist sie sesshaft geworden und lebt mit ihrem Mann und den beiden Söhnen in Santa Monica, Kalifornien. 2015 erschien ihr erstes Jugendbuch Glück ist eine Gleichung mit 7 bei Hanser, im Herbst 2018 folgt ihr Kinderbuch Short.

Als die Regisseurin, Filmproduzentin und Drehbuchautorin Holly Goldberg Sloan mit 24 Jahren ihr erstes Drehbuch verkaufte, war sie schon viel herumgekommen und hatte bereits in Kalifornien, den Niederlanden, in Istanbul, Washington D.C. und Eugene, Oregon gelebt. Heute ist sie sesshaft geworden und lebt mit ihrem Mann und den beiden Söhnen in Santa Monica, Kalifornien. „Glück ist eine Gleichung mit 7“ (2015) ist ihr erstes Jugendbuch bei Hanser.



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