E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Gold Tausend Kompromisse
1. Auflage 2022
ISBN: 978-3-7245-2738-1
Verlag: Reinhardt, Friedrich
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-7245-2738-1
Verlag: Reinhardt, Friedrich
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Anne Gold ist das Pseudonym von zwei Basler Autoren.
Autoren/Hrsg.
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2. KAPITEL
Kurz nach acht rief Theo Haas im Kommissariat an und fragte, ob er das Siegel an der Bürotür entfernen könne oder ob die Polizei noch weitere Spuren sichern müsse. Der Versicherungsinspektor dränge aufgrund des hohen Schadens darauf, den Tatort umgehend zu besichtigen. Haas machte keinen Hehl daraus, dass er das Vorgehen der Versicherung missbillige. Der Gutachter habe sich auch nicht davon abbringen lassen, als er ihm entrüstet vom tragischen Tod des zukünftigen Schwiegersohns erzählte. Darauf sei der Versicherungsmann gar nicht eingegangen, sondern mutmasste sogar, ob er etwas verschleiern wolle. Daniel beruhigte den Edelsteinhändler und rief bei der Versicherung an. Erst, nachdem er den Vorgesetzten des Inspektors ans Telefon verlangte, gab dieser sich damit zufrieden, den Tatort zu einem späteren Zeitpunkt zu besichtigen.
«Unglaublich. Die verstehen dich nur, wenn du ihnen drohst.»
«Die sind nervös und glauben bestimmt, dass es sich um einen Versicherungsbetrug handelt», räumte Andrea ein. «Drei Millionen sind keine Kleinigkeit.»
«Das stimmt, aber c’est le ton qui fait la musique. Ich frage Katharina, wann der Tatort freigegeben wird.»
«Guten Morgen zusammen. Hier ist mein vorläufiger Bericht, den definitiven bekommt ihr im Laufe des Nachmittags. Mein Computer streikt.»
«Von dir haben wir grad gesprochen. Möchtest du einen Kaffee, Katharina?»
«Gerne … So einen attraktiven, charmanten Mann würde ich auch in mein Team aufnehmen», wandte sich die Rechtsmedizinerin augenzwinkernd an Andrea.
«Du kannst ihn ja abwerben.»
«So, wie er dich immer verstohlen ansieht, bin ich chancenlos.»
«Hier kommt der Kaffee.»
«Danke. Wirklich charmant und gut aussehend.»
«Intelligent ist er auch.»
«Wenn ihr mich genug mit Komplimenten zugeschüttet habt, schau ich mir deinen Bericht an. Mann, was hast du für eine Klaue! Das kann ja keiner lesen.»
«Das ist nicht mehr charmant und ergibt einen Minuspunkt. Wie gesagt, der Computer streikt. Noldi arbeitet daran, ich soll euch von ihm grüssen. Die Fingerabdrücke auf dem Briefbeschwerer ergaben keinen Treffer in unserer Datenbank. Wir brauchen die Fingerabdrücke von Theo und Esther Haas sowie von ihrer Angestellten.»
«Dachte ich mir, der Täter trug Handschuhe.»
«Dann zum Toten.» Sie nahm Dani die Notizen aus der Hand. «Mist. Ich kann mein Gekritzel selbst nicht mehr lesen … Der Schlag mit dem Briefbeschwerer war nicht tödlich. Das Opfer fiel aber in der Folge so unglücklich, dass es sich das Genick brach. Der Mann war sofort tot.»
«Ein totaler Pechvogel. Nicht nur, dass er genau im falschesten Moment ins Büro kommt, er bricht sich auch noch das Genick. Der Todeszeitpunkt liegt zwischen zwölf und halb eins. Die Kollegen trafen zehn Minuten nach dem Auslösen des Alarms vor Ort ein, es ging alles blitzschnell.»
«Und niemand bemerkte etwas. Eigenartig.»
«Die Büros befinden sich in der unmittelbaren Nähe der Treppe sowie des Lifts. Der Täter konnte problemlos unerkannt entkommen.»
«Alles klar. Mehr habe ich nicht im Moment. Sobald der Compi wieder läuft, kriegt ihr einen leserlichen Bericht. Es wird nicht leicht sein, das Schwein zu erwischen.»
«Wem sagst du das, Katharina.»
Kollege Christoph Hablützel freute sich ungemein, bei einem Mordfall mitarbeiten zu dürfen.
«Für Rohdiamanten im Wert von drei bis vier Millionen kriegt man auf dem Schwarzmarkt höchstens eine halbe Million.»
«So wenig?»
«Es gibt nicht viele Hehler in der Gegend, die überhaupt so viel bezahlen können. Der Dieb hat Glück, dass es Rohdiamanten sind. Sind die erstmal bearbeitet, kann man nur schwer feststellen, woher sie stammen.»
«Und wer kommt als Käufer infrage?»
«Auf solch einen Deal lässt sich hier nur Teddy Hauser ein. Ich befürchte aber, dass euer Mann die Ware im Ausland verschachert, der ist längst über alle Berge.»
«Du bist ein richtiger Motivator.»
«Der Raub wurde bestimmt seit Längerem geplant, das ist alles andere als eine spontane Aktion. Das bedeutet, dass euer Mann wohl auch einen Käufer im Vorfeld suchte. Der will ja die Ware blitzschnell loswerden … Eine Sache irritiert mich. Ich kenne mich ja in diesem Business echt gut aus, weiss von allen Juwelieren und Diamantenhändlern, doch von diesen Haas’ höre ich zum ersten Mal. Die verstehen ihr Geschäft – Diskretion pur.»
«Du meinst, es handelt sich beim Täter um einen Insider?»
«Oh ja. Entweder ein Kunde oder ein Angestellter.»
«Oder der Freund einer Angestellten.»
«Wo finden wir Hauser?»
«In der Elisabethenstrasse. Er handelt mit Antiquitäten, na ja, er tut zumindest so. Soll ich euch begleiten?»
«Das wäre gut.»
Teddy Hauser begrüsste Christoph wie einen alten Freund, umarmte ihn, zeigte ihm die neusten Errungenschaften und bat anschliessend zum Tee in den Salon.
«Zucker und Milch stehen auf dem Tisch. Bedienen Sie sich, bitte. Christoph, was verschafft mir die Ehre eures Besuchs? Ich beherberge selten zwei Kommissäre bei mir.»
«Gestern wurde ein Raubmord begangen.»
«Hier in Basel?»
«Ja. Dabei wurden Diamanten im Wert von etwa drei bis vier Millionen entwendet.»
«Eine hübsche Summe. Und jetzt willst du von mir wissen, ob sie mir angeboten wurden?»
«Genau.»
«Es ehrt mich, dass du mich für so kaufkräftig hältst. Doch auf der anderen Seite betrübt es mich, dass du immer noch glaubst, ich würde mich auf krumme Geschäfte einlassen. Und das nach all den Jahren, die wir uns kennen.»
«Gerade weil wir uns so lange kennen.»
«Das ist unser ewiges Spiel, Frau Christ. Christoph konnte mir noch nie etwas anhängen, trotzdem glaubt er, ich sei für jeden Kunst- und Schmuckräuber in Basel die erste Adresse.»
«Sind Sie es?»
«Trauen Sie mir das zu, Herr Winter? Sehen Sie sich um. Ich handle einzig und allein mit exklusiven Antiquitäten.»
«Du verfügst über eine kaufkräftige Kundschaft, die nicht lange fragt, woher die Ware stammt.»
«He, he! Du verunglimpfst meine Klientel, Christoph. Das ist nicht anständig von dir.»
«Herr Hauser …»
«Nennen Sie mich bitte Teddy.»
«Teddy, bei dem Überfall gab es einen Toten. Wir ermitteln in einem Mordfall, die Diamanten interessieren uns nur in zweiter Linie.»
«Wer wurde ausgeraubt?»
«Theo Haas.»
«Ausgerechnet Theo.»
«Du kennst ihn?»
«Natürlich. Er ist der diskreteste Diamantenhändler, den ich kenne. Ist er tot?»
«Nein, das Opfer ist sein zukünftiger Schwiegersohn.»
«Dann ist der Täter mit Rohdiamanten abgehauen. Bei einem Verkaufswert von drei bis vier Millionen findet er hier keinen Abnehmer.»
«Ausser dir.»
«Christoph, Christoph … Wenn du dich weiter so benimmst, kündige ich dir unsere Freundschaft.»
«Wer könnte der Käufer sein?»
«Schwierig … Wie gesagt bei der Summe und dann erst noch in Verbindung mit einem Mord, da verbrennt sich keiner die Finger.»
«Aber Sie kennen alle Diamantenhändler, richtig?»
«Die meisten, allerdings nur die im deutschsprachigen Raum und im benachbarten Elsass.»
«Würden Sie uns behilflich sein, Teddy?»
«Wenn Sie mich so lieb fragen, schmelze ich wie Butter in der Sonne. Im Klartext heisst das, ich soll die potenziellen Käufer fragen, ob ihnen die Steine angeboten wurden?»
«Exakt, und dabei durchblicken lassen, dass Blut an diesen Rohdiamanten klebt.»
«Ich erledige das noch heute und …»
«Und was?», fragte Andrea nach.
«Sofern Sie mir garantieren, nicht Ihre Kollegen in Deutschland, Österreich und Frankreich zu informieren, gebe ich Ihnen die Adressen der potenziellen Käufer.»
«Sie haben mein Wort.»
Er schaute Christoph mit ernster Miene an.
«Christoph, mir wurden die Steine nicht angeboten, damit das klar ist. Sollte sich dies ändern, informiere ich deine Kollegen. Haben wir uns verstanden?»
«Aber ja doch, Teddy.»
Teddy Hauser fiel wieder in seinen milden, einlullenden Ton zurück.
«Ich habe mich sehr gefreut, euch...




