E-Book, Deutsch, 274 Seiten
Götz Vertrauen in Organisationen
1. Auflage 2006
ISBN: 978-3-86618-042-0
Verlag: Rainer Hampp Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
E-Book, Deutsch, 274 Seiten
ISBN: 978-3-86618-042-0
Verlag: Rainer Hampp Verlag
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Die Reihe Managementkonzepte versucht den Dialog zwischen Praxis und Wissenschaft sowie zwischen Wirtschaft und Gesellschaft zu fördern. Es geht um die Publikation theoriegeleiteter und praxisrelevanter Konzepte aus den Bereichen "Lernen", "Bildung" und "Entwicklung" (Organisations-, Management- und Personalentwicklung). / Ziel der Veröffentlichung ist es, einen Überblick über den "State of the Art" von Vertrauen in Organisationen zu geben: neue Trends und Entwicklungen, "Best Practice-Beispiele" sowie Ziele und Probleme.
Die Konturen von Vertrauen sollen vor ihren theoretischen Hintergründen und in ihrem praktischen Nutzen reflektiert werden. Vertrauen wird u. a. in folgenden Kontexten diskutiert: System, Führung, Kontrolle, Kapitalmarkt, Erfolgsfaktoren, Unternehmensnetzwerke, Messbarkeit, Entscheidungsverfahren, kooperatives Handeln, Steuerung, Ungewissheit und Wagnis, Christentum, Entscheidung etc.
An der Diskussion beteiligen sich Vertreterinnen und Vertreter aus Wissenschaft und Praxis: Oswald Neuberger (Universität Augsburg), Klaus Götz (Universität Koblenz-Landau), Ursula Schneider (Universität Graz), Jürgen Banzhaf/ Helmut Kuhnle (Universität Hohenheim), Stephan Kaiser/ Max Ringlstetter (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt), Dirk Ulrich Gilbert (Universität Erlangen-Nürnberg), Konrad Daumenlang (Universität Koblenz-Landau), Günter F. Müller (Universität Koblenz-Landau), Albert Vollmer/ Christoph Clases/ Theo Wehner (ETH Zürich), Thomas Drepper (Radboud Universiteit Nijmegen, NL), Michael Bangert (Universität Bern), Karin Kessel (Evangelische Kirche der Pfalz), Olaf Geramanis (Fachhochschule Nordwestschweiz/ Basel), Martina Sailer (Universität Koblenz-Landau)
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
1;Vorwort;6
2;Inhaltsverzeichnis;8
3;Grundsätzliches zu Vertrauen;10
3.1;Vertrauen vertrauen? Misstrauen als Sozialkapital;12
4;Vertrauen Die ökonomische Betrachtung;58
4.1;Vertrauen als funktionale Systemeigenschaft?;60
4.2;Zur Dialektik von Kontrolle und Vertrauen in Organisationen;74
4.3;Bedeutung von Vertrauen am Kapitalmarkt;86
4.4;Vertrauen: Erfolgsfaktor für wissensintensive Dienstleistungsunternehmen;100
4.5;Systemvertrauen in Unternehmensnetzwerken: Eine Positionsbestimmung aus strukturations- theoretischer Perspektive;114
5;Vertrauen Die psychologische und soziologische Betrachtung;136
5.1;Vertrauen messen – Ergebnisse interpretieren;138
5.2;Faire Entscheidungsverfahren – Vertrauensgrundlage in Organisationen;156
5.3;Vertrauen und kooperatives Handeln- Ein arbeits- und organisationspsychologischer Zugang;170
5.4;Vertrauen, organisationale Steuerung und Reflexionsangebote;186
6;Vertrauen Die theologische Betrachtung;206
6.1;Zwischen Ungewissheit und Wagnis- Vertrauen als Grundkategorie menschlichen Handelns;208
6.2;Vertrauen und christliche Gemeinde oder Die Jünger im Sturm;222
7;Vertrauen Die interdisziplinäre Betrachtung;240
7.1; Vertrauen: Eine prinzipiell unentscheidbare Entscheidung;242
7.2;Führung – Instrument der Vertrauensbildung;256
8;Autorinnen und Autoren;270
9;Mehr eBooks bei www.ciando.com;0
Bedeutung von Vertrauen am Kapitalmarkt (S.85)
1 Vertrauen – definitorische Aspekte
1.1 Verwendung des Vertrauensbegriffs
Bei dem Terminus Vertrauen handelt es sich um einen umgangssprachlich sehr geläufigen Begriff, dessen Verwendung im Alltagsverständnis mehrdeutig erfolgt. Man hat zum Beispiel Vertrauen in einen Freund, in bestimmte gesellschaftliche Einrichtungen und Organisationen mit ihren Verfahren und Regeln, in Technik, in eine Marke, auf die guten Absichten des Gegenübers oder Geschäftspartners, in Orte und Situationen, in das durch das Geld symbolisierte «Wertquantum», also in den realen Kaufwert oder die in Politik.
Man selbst vertraut damit anderen, indem man jemandem glaubt, sich jemandem anvertraut oder sich auf jemanden verlässt. Bei diesem Verständnis handelt es sich aber nur um eine Seite dessen, was unter Vertrauen üblicherweise verstanden wird. Ebenso spricht man davon, selbst Vertrauen zu genießen, das heißt, für andere vertrauenswürdig zu sein.
Die Bedeutungsvielfalt im Sprachgebrauch hat dazu geführt, dass die alltagssprachlich changierende Verwendung des Vertrauensbegriffs zum Teil auch widersprüchlich erfolgt. Zurückzuführen ist diese Situation auf das diffuse und schwer greifbare Wesen des Phänomens Vertrauen. So lassen sich verschiedene wissenschaftliche Perspektiven identifizieren, die sich mit dem Phänomen Vertrauen auseinander setzen:
• die philosophisch-anthropologische,
• die ethische sowie
• die soziologische und (sozial-) psychologische Sicht.
Die einzelnen Perspektiven und die daraus hervorgehenden Erklärungsansätze stehen nicht zwingend im Widerspruch zueinander; vielmehr thematisieren sie entsprechend ihrem fachspezifischen Kontext bzw. den jeweiligen Zielsetzungen unterschiedliche Teilaspekte des Vertrauens. Im Fall der philosophischanthropologischen Sicht wird Vertrauen angesehen als eine unabdingbare Vor- aussetzung menschlichen Daseins überhaupt.
Die ethische Perspektive stellt dagegen auf die Wertung von Vertrauen als Tugend ab, welche eine sittliche Macht darstellt und einen Selbstwert aufweist.So wird Vertrauen unter anderem als eine menschliche Gemütsverfassung charakterisiert, die auf Erfahrungen der Vergangenheit sowie der Hoffnung auf das Gute im Menschen basiert.
Nach Auffassung von Baier ist der Vertrauensbegriff nicht nur ein wichtiger, sondern der moralische Begriff, welcher das Zentrum der Ethik zu bilden habe. Vertrauen ist damit für Baier das zentrale Problem, dem eine Moraltheorie grundsätzlich Rechnung tragen muss. Ein anderer Schwerpunkt findet sich in den (jüngeren) soziologischen und psychologischen Betrachtungsweisen, die ihren Referenzpunkt in der Studie von Luhmann haben.
Dieser Autor stellt auf den Aspekt der Umweltkomplexität ab. Luhmann sieht Vertrauen als einen „Mechanismus der Reduktion sozialer Komplexität" an. Derartige Mechanismen, die Komplexität zu reduzieren helfen, sind in einer zunehmend komplexeren und unübersichtlicheren Welt erforderlich, denn bei einem zu hohen Komplexitätsgrad ist ein Individuum und damit auch ein soziales System nicht mehr handlungsfähig.
Erst durch erlebtes Vertrauen, welches als Reduktionsmechanismus fungiert, werden Handlungsentwürfe überhaupt möglich. Vertrauen wird demnach aufgefasst als eine „riskante Vorleistung", mit welcher ein jeder, der „Vertrauen erweist, die Zukunft positiv vorwegnimmt und so handelt, als ob die Zukunft sicher wäre".
1.2 Definition des Begriffs Vertrauen
Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass zwar eine Fülle von Definitionsversuchen existiert, sich bisher aber keine allgemein gültige, eindeutige Definition für den Vertrauensbegriff etablieren konnte. Zu den begrifflichen Unklarheiten tritt überdies die Frage, ob Vertrauen eher als subjektive Erwartungshaltung oder als objektiv beobachtbares Verhalten aufzufassen ist.