Goethe | Zahme Xenien | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

Reihe: textura

Goethe Zahme Xenien


1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-406-66799-2
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 160 Seiten

Reihe: textura

ISBN: 978-3-406-66799-2
Verlag: Verlag C. H. Beck GmbH & Co. KG
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



"Zahme Xenien" hat Goethe eine Sammlung von Denk- und Weisheitssprüchen genannt, die einen wichtigen Teil seines Alterswerks bilden. "Zahm", meinte Goethe, sei dabei durchaus ironisch zu verstehen; denn die Sprüche haben es in sich. Viele sind für sich populär geworden und stehen beispielhaft für Goethes Altersweisheit, aber als integrales Werk wurden die "Zahmen Xenien" selten wahrgenommen. Goethe hat sie für den Druck in sechs Bücher zusammengestellt. Die Themen sind Literatur und Kunst, Wissenschaft und Religion, Geschichte und Zeitgeschichte. Er hat die Komposition mit großer Sorgfalt betrieben. Goethe hat nicht nur die Reihenfolge, sondern auch die Seitenverteilung genau festgelegt. So ergeben sich Korrespondenzen, Sequenzen, Relativierungen, Zyklen und Verknüpfungen. Die vorliegende Ausgabe berücksichtigt als einzige derzeit erhältliche Edition Goethes Vorgaben, indem sie möglichst genau das typographisch nachbildet, was Goethe in Briefen an seinen Verleger für diese Spruchdichtungen gefordert hat: „Ich wünsche, daß sie Seite für Seite abgedruckt werden. Die Verse sind so gezählt und eingerichtet, daß auf keiner Seite zu viel steht.“

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I.
Ich rufe dich verrufnes Wort Zur Ordnung auf des Tags: Denn Wichte, Schelme solchen Schlags Die wirken immer fort.                ~ «Warum willst du dich von uns allen Und unsrer Meinung entfernen?» Ich schreibe nicht euch zu gefallen, Ihr sollt was lernen!                ~ «Ist denn das klug und wohlgetan? Was willst du Freund und Feinde kränken!» Erwachsne gehn mich nichts mehr an, Ich muß nun an die Enkel denken.                ~   Und sollst auch du und du und du Nicht gleich mit mir zerfallen; Was ich dem Enkel zuliebe tu’ Tu’ ich euch allen.                ~ Verzeiht einmal dem raschen Wort Und so verzeiht dem Plaudern; Denn jetzo wär’s nicht ganz am Ort Wie bis hieher zu zaudern.                ~ Wer in der Weltgeschichte lebt, Dem Augenblick sollt er sich richten? Wer in die Zeiten schaut und strebt, Nur der ist wert zu sprechen und zu dichten.                ~ «Sag mir, worauf die Bösen sinnen?» Andern den Tag zu verderben, Sich den Tag zu gewinnen: Das, meinen sie, heiße erwerben.                ~   «Was ist denn deine Absicht gewesen Jetzt neue Feuer anzubrennen?» Diejenigen sollen’s lesen, Die mich nicht mehr hören können.                ~ Einen langen Tag über lebt’ ich schön, Eine kurze Nacht; Die Sonne war eben im Aufgehn, Als ich zu neuem Tag erwacht.                ~ «Deine Zöglinge möchten dich fragen: Lange lebten wir gern auf Erden, Was willst du uns für Lehre sagen?» Keine Kunst ist’s alt zu werden, Es ist Kunst es zu ertragen.                ~ Nachdem einer ringt, Also ihm gelingt, Wenn Manneskraft und Hab’ Ihm Gott zu Willen gab.                ~   Den hochbestandnen Föhrenwald Pflanzt’ ich in jungen Tagen, Er freut mich so! – ! – ! – Man wird ihn bald Als Brennholz niederschlagen.                ~ Die Axt erklingt, da blinkt schon jedes Beil, Die Eiche fällt und jeder holzt sein Teil.                ~ Ein alter Mann ist stets ein König Lear! – Was Hand in Hand mitwirkte, stritt, Ist längst vorbeigegangen, Was mit und an dir liebte, litt, Hast sich wo anders angehangen; Die Jungend ist um ihretwillen hier, Es wäre törig zu verlangen: Komm ältele du mit mir.                ~   Gutes zu empfangen, zu erweisen, Alter! Geh’ auf Reisen. – Meine Freunde Sind aus einer Mittelzeit, Eine schöne Gemeinde, Weit und breit, Auch entfernt Haben sie von mir gelernt, In Gesinnung treu; Haben nicht an mir gelitten, Ich hab’ ihnen nichts abzubitten; Als Person komm ich neu. Wir haben kein Konto mit einander, Sind wie im Paradies selbander.                ~ Mit dieser Welt ist’s keiner Wege richtig; Vergebens bist du brav, vergebens tüchtig, Sie will uns zahm, sie will sogar uns nichtig!                ~ Von heiligen Männern und von weisen Ließ ich mich recht gern unterweisen, Aber es müßte kurz geschehn, Langes Reden will mir nicht anstehn: Wornach soll man am Ende trachten? Die Welt zu kennen und sie nicht verachten.                ~   Hast du es so lange wie ich getrieben; Versuche wie ich das Leben zu lieben.                ~ Ruhig soll ich hier verpassen Meine Müh und Fleiß; Alles soll ich gelten lassen Was ich besser weiß.                ~ Hör’ auf doch mit Weisheit zu prahlen, zu prangen, Bescheidenheit würde dir löblicher stehn: Kaum hast du die Fehler der Jugend begangen, So mußt du die Fehler des Alters begehn.                ~ Liebe leidet nicht Gesellen; Aber Leiden sucht und hegt sie, Lebenswoge, Well’ auf Wellen, Einen wie den andern trägt sie. Einsam oder auch selbander, Unter Lieben, unter Leiden, Werden vor und nach einander Einer mit dem andern scheiden.                ~   Wie es dir nicht im Leben ziemt, Mußt du nach Ruhm auch nicht am Ende jagen: Denn bist du nur erst hundert Jahr berühmt, So weiß kein Mensch mehr was von dir zu sagen.                ~ In’s holde Leben wenn dich Götter senden, Genieße wohlgemut und froh! Scheint es bedenklich dich hinaus zu wenden, Nimm dir’s nicht übel: allen scheint es so.                ~ Nichts vom Vergänglichen Wie’s auch geschah! Uns zu verewigen Sind wir ja da.                ~ Hab’ ich gerechter Weise verschuldet Diese Strafe in alten Tagen? Erst hab’ ich’s an den Vätern erduldet, Jetzt muß ich’s an den Enkeln ertragen.                ~   «Wer will der Menge widerstehn?» Ich widerstreb’ ihr nicht, ich laß sie gehn: Sie schwebt und webt und schwankt und schwirrt, Bis sie endlich wieder Einheit wird.                ~ «Warum erklärst du’s nicht und läßt sie gehn?» Geht’s mich denn an wenn sie mich nicht verstehn?                ~ «Sag nur wie trägst du so behäglich Der tollen Jugend anmaßliches Wesen?» Fürwahr sie wären unerträglich, Wär’ ich nicht auch unerträglich gewesen.                ~ Ich hör’ es gern wenn auch die Jugend plappert, Das Neue klingt, das Alte klappert.                ~   «Warum willst du nicht mit Gewalt Unter die Toren, die Neulinge schlagen!» Wär’ ich nicht mit Ehren alt, Wie wollt’ ich die Jugend ertragen!                ~ «Was wir denn sollen? Sag uns in diesen Tagen.» Sie machen was sie wollen, Nur sollen sie mich nicht fragen.                ~ «Wie doch, betrügerischer Wicht, Verträgst du dich mit allen?» Ich leugne die Talente nicht, Wenn sie mir auch mißfallen.                ~ Wenn einer auch sich überschätzt, Die Sterne kann er nicht erreichen, Zu tief wird er herabgesetzt, Da ist denn alles bald im...


Johann Wolfgang Goethe, am 28. August 1749 in Frankfurt am Main geboren, absolvierte ein Jurastudium und trat dann in den Regierungsdienst am Hof von Weimar ein. 1773 veröffentlichte er "Götz von Berlichingen" (anonym) und 1774 "Die Leiden des jungen Werthers". Es folgte eine Vielzahl weiterer Veröffentlichungen, zu den berühmtesten zählen "Italienische Reise" (1816/1817), "Wilhelm Meisters Lehrjahre" (1798) und "Faust" (1808). Johann Wolfgang Goethe starb am 22. März 1832 in Weimar.



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