Glass | Thailand | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Reihe: Länderporträts

Glass Thailand

Ein Länderporträt
1. Auflage 2018
ISBN: 978-3-86284-429-6
Verlag: Links, Christoph, Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Ein Länderporträt

E-Book, Deutsch, 192 Seiten

Reihe: Länderporträts

ISBN: 978-3-86284-429-6
Verlag: Links, Christoph, Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Traumhafte Strände, kulturelle Schätze, Sonne satt: Thailand gilt vielen als ideales Reiseziel. Doch das »Land des Lächelns« hat Schattenseiten. So setzen die konservativen Eliten alles daran, ihre Macht zu schützen. Das geht auf Kosten all derer, die politische Gleichberechtigung verlangen. Nicola Glass wirft einen kritischen Blick hinter die Fassade des Urlaubsparadieses, in dem sich die Menschenrechte nach dem jüngsten Militärputsch 2014 im freien Fall befinden. Kenntnisreich erklärt sie Hintergründe und Verlauf des Konflikts zwischen Rothemden und Gelbhemden. Zugleich schildert sie anschaulich, was Thailand so faszinierend und liebenswert macht: die Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft vieler Bewohner, die Kultur und das pulsierende Leben in der Metropole Bangkok.

geboren 1967, Studium der Publizistik, Politik und Indologie in Münster. Mitarbeit für WDR, NDR und HR. Von 2002 bis 2015 lebte sie in Bangkok und berichtete als freie Südostasien-Korrespondentin für den öffentlich-rechtlichen Hörfunk und Printmedien. Sieben Monate Aufenthalt in Schweden. Zurück in Deutschland, arbeitet sie als freie Journalistin mit Schwerpunkt Südostasien.

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Thailands düstere Vergangenheit – Die jüngere Geschichte


Die Revolution von 1932


Thailand, das frühere Siam, wird seit 1939 »Land der Freien« genannt. Diese Bezeichnung ist darauf zurückzuführen, dass das buddhistische Königreich nie kolonialisiert wurde. Bis 1932 war es eine absolute Monarchie. In den Jahren davor hatte sich bereits ein wachsender Unmut über die herrschenden Verhältnisse abgezeichnet. Nach dem Ersten Weltkrieg und vor allem im Zuge der darauf folgenden Weltwirtschaftskrise lag das Land ökonomisch am Boden. Breite Bevölkerungsschichten litten unter Arbeitslosigkeit und Steuerlast. Vor diesem Hintergrund plante eine im Ausland ausgebildete Gruppe von Studenten und Militärs einen Umsturz. Zu ihren führenden Köpfen gehörten der Jurastudent und spätere Rechtsprofessor und Politiker Pridi Banomyong sowie der Armeeoffizier Prayun Phamonmontri. Am 24. Juni 1932 schafften sie die absolute Monarchie in einem unblutigen Staatsstreich ab. Unter der fortan konstitutionellen Monarchie wurde am 10. Dezember, der bis heute als gilt, die erste feste Verfassung verkündet.

Blickt man auf die vergangenen Jahrzehnte zurück, so ist die Revolution 1932 letztlich gescheitert. Denn sie veränderte nur die Staatsform, nicht aber die grundlegenden politischen Verhältnisse. Das zeigt das Schicksal Pridis, der auch die Bangkoker Thammasat-Universität gründete. Während seiner politischen Karriere hatte er zwar mehrmals Ministerposten inne und wurde im März 1946 sogar für einige Monate Premierminister, konnte die von ihm angestrebten Veränderungen aber nie umsetzten. Seine Pläne, unter anderem Ackerland und Industriebetriebe zu verstaatlichen und die Grundlagen für einen Wohlfahrtsstaat zu schaffen, wurden von den Konservativen als »kommunistisch« abgetan. Selbst einige seiner engsten Mitstreiter begehrten auf.

Während Pridis Amtszeit als Premierminister trat im Mai 1946 eine neue Verfassung in Kraft, die bis zur Verfassung von 1997 als die liberalste galt, die Thailand bis dato hatte. In dem Zwei-Kammer-Parlament aus Senat und Repräsentantenhaus sollte letzteres zum ersten Mal komplett vom Volk gewählt werden. Diese Verfassung war vom jungen König Ananda Mahidol (auch: Rama VIII.) unterzeichnet worden.3 Als Ananda im Monat darauf am 9. Juni 1946 unter mysteriösen Umständen starb (siehe »Königreich Thailand«), beschuldigten royale und konservative Kreise Pridi, den Tod des jungen Monarchen geplant zu haben.4 Er trat im August 1946 zurück. Im November 1947 wurde gegen seinen Nachfolger Thawan Thamrongnawasawat geputscht, und Pridi selbst musste fliehen. Er sollte dann nur noch einmal in seine Heimat zurückkehren; ab 1949 lebte Pridi bis zum seinem Tod 1983 im Exil, zunächst in China, dann in Frankreich.

In den Jahrzehnten darauf waren zivile Regierungen kurzlebig, stattdessen wurde Thailand von den Militärs regiert. Zu einer Zäsur kam es schließlich in den 1970er Jahren, als viele in der Bevölkerung sich gegen die Machthaber erhoben. Dafür zahlten sie einen schrecklichen Preis. Die einschneidendsten Ereignisse sind die Massenproteste vom 14. Oktober 1973 und das Massaker an Studenten der Thammasat-Universität am 6. Oktober 1976. Die Gräuel von damals sind ausführlich dokumentiert, durch Augenzeugenberichte, auf Fotos und Filmaufnahmen, in Büchern und Zeitungsartikeln.

Der Massenaufstand vom 14. Oktober 1973


Ein kleines »Erinnerungsstück« habe ich mit nach Deutschland genommen: An der Wand gegenüber von meinem Schreibtisch hängt die Kopie eines ausgebleichten Fotos. Es zeigt einen Ausschnitt der Ereignisse, die als »Volksaufstand des 14. Oktober 1973« in die Geschichte eingegangen sind: Menschen stehen dicht an dicht am Denkmal der Demokratie in Bangkok. Heute erinnert im historischen Viertel der Stadt die »Gedenkstätte des 14. Oktober 1973« an diejenigen, die damals ermordet wurden. Ich bin mehrmals dort gewesen; sie liegt nur wenige Minuten zu Fuß vom Denkmal der Demokratie entfernt. Unter anderem gibt es in der Gedenkstätte eine Ausstellung zu den Massendemonstrationen.

Zwischen 1948 und 1973 stand Thailand fast ununterbrochen unter der Knute wechselnder Militärdiktatoren. Einer davon war Plaek Phibunsongkhram, der bereits von 1938 bis 1944 regiert hatte und zwischen 1948 und 1957 erneut Premierminister wurde. Ihm folgte nach einem Putsch für kurze Zeit Thanom Kittikachorn, dann Feldmarschall Sarit Thanarat. Als Sarit 1963 starb, wurde dessen Stellvertreter Thanom wieder Ministerpräsident. Um die Aufstände kommunistischer Guerillas zu bekämpfen, setzte er Truppen ein; auch erlaubte er den US-Streitkräften, Militärbasen in Thailand für den Krieg gegen Vietnam und Laos zu nutzen. Gewählte Abgeordnete waren Thanom ein Dorn im Auge. Zwar gab es 1968 eine Verfassungsreform, in deren Gefolge im Februar 1969 Wahlen stattfanden. Doch ein nachhaltiger demokratischer Aufbruch war das keineswegs: Thanom, der sich erneut zum Premier bestimmt hatte, putschte im November 1971 paradoxerweise gegen sich selbst, löste das Parlament auf und begründete das mit der zunehmenden kommunistischen Bedrohung, der Thailand angeblich ausgesetzt war. Für eine Übergangszeit von etwa einem Jahr setzte er sich an die Spitze eines »Nationalen Exekutivrates«, um sich dann wiederum zum Regierungschef zu ernennen.

Da war schon seit geraumer Zeit der Widerstand gegen Thanoms repressives Regime gewachsen; zu Beginn der 1970er Jahre wurden dann die Rufe nach freien Wahlen, demokratischen Rechten und einer neuen Verfassung immer lauter. Als zwischen dem 6. und 9. Oktober 1973 zwölf Aktivisten, darunter Studentenführer Thirayuth Boonmi, verhaftet wurden und man sie bezichtigte, mit den Kommunisten gemeinsame Sache zu machen, um das Regime zu stürzen, kam es zu von Studenten angeführten Massenprotesten. Am 13. Oktober demonstrierten in Bangkok Hunderttausende und verlangten die Freilassung der Inhaftierten sowie den Rücktritt Thanoms. Mittlerweile hatten sich auch Arbeiter, Gewerkschafter, Geschäftsleute und viele andere Menschen aus unterschiedlichen Schichten den Protesten angeschlossen. Letzten Endes erklärte sich das Regime damit einverstanden, die Verhafteten auf freien Fuß zu setzen, und kündigte außerdem eine neue Verfassung an.

Ein Teil der Protestler aber blieb am 14. Oktober auf den Straßen und zog zum Palast, um eine Audienz bei König Bhumibol zu erbitten. Im Verlauf des Tages gingen die Polizei und ein Teil der Armee gewaltsam gegen die Demonstranten vor. Thanom setzte Panzer und Truppen ein, Augenzeugen schilderten später, wie aus Hubschraubern in die Menschenmengen gefeuert wurde. Eine mit Thanom rivalisierende Militärclique hatte sich indes geweigert, auf die Demonstranten schießen zu lassen. Die Gewalt dauerte bis zum 15. Oktober. Obwohl der Palast seine Tore geöffnet hatte, um den Demonstranten Zuflucht zu gewähren, wurden offiziell 77 Menschen ermordet und mehr als 850 verletzt. Die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte jedoch sehr viel höher gewesen sein, denn viele weitere verschwanden spurlos.

Wegen des Blutbads musste Thanom abdanken; zudem mussten er, sein Stellvertreter Praphas Charusathien sowie sein Sohn Narong Kittikachorn, auch als die »drei Tyrannen« berüchtigt, das Land verlassen. Erst dann kehrte Ruhe ein. Zum neuen Premierminister ernannte König Bhumibol den Juristen Sanya Dharmasakti, Rektor der Thammasat-Universität. Noch nie hatte ein pro-demokratischer Volksaufstand in Thailand gegen ein despotisches Regime einen derartigen Erfolg erringen können. Doch dieser Bruch mit dem Status quo sollte keinen Bestand haben.

Der 6. Oktober 1976 – das Massaker an der Thammasat-Universität


Weitere politische Gräueltaten waren nur eine Frage der Zeit. Nach den Siegen und Machtübernahmen der Kommunisten in Laos, Vietnam und Kambodscha fürchteten Thailands reaktionäre Militärs und Politiker, der Kommunismus werde sich auch im buddhistischen Königreich breitmachen. Insbesondere die linke, progressive Studentenschaft war als »kommunistisch« verschrien und wurde zum Hassobjekt ultra-konservativer Kreise. Letztere bedienten sich rechtsgerichteter militanter Bewegungen wie unter anderen den Village Scouts und Red Gaurs, um mit brutaler Gewalt gegen die Studenten vorzugehen. Diese Gruppierungen, die Kritikern zufolge auch vom Palast unterstützt wurden, gehörten zu den maßgeblichen Akteuren an einem Tag, der bis heute als einer der dunkelsten und grausamsten in Thailands jüngerer Geschichte gilt.

Im August 1976 kehrte zunächst Praphas Charusathien nach Thailand zurück, woraufhin es zu massiven Demonstrationen von Studenten kam. Als sie von rechtsgerichteten Gruppierungen angegriffen wurden, gab es Tote und Verletzte; Praphas musste Thailand wieder verlassen. Stattdessen kehrte im September 1976 Ex-Militärmachthaber Thanom Kittikachorn im Gewand eines buddhistischen Novizen aus dem Exil in Singapur zurück, um sich im Wat Bowonniwet (auch bekannt unter dem Namen Wat Bovornives), einem eng mit dem Königshaus verbundenen buddhistischen Tempel, zum Mönch ordinieren zu lassen. Dieser Umstand löste neue heftige Proteste der linken Studentenschaft aus, die auch von Gewerkschaften und Anwaltsvereinigungen unterstützt wurden.

Indes machten Meldungen die Runde, dass zwei Arbeitsaktivisten, die in der Provinz Nakhon Pathom gegen Thanoms Rückkehr protestiert hatten, von Polizisten ermordet...


geboren 1967, Studium der Publizistik, Politik und Indologie in Münster. Mitarbeit für WDR, NDR und HR. Von 2002 bis 2015 lebte sie in Bangkok und berichtete als freie Südostasien-Korrespondentin für den öffentlich-rechtlichen Hörfunk und Printmedien. Sieben Monate Aufenthalt in Schweden. Zurück in Deutschland, arbeitet sie als freie Journalistin mit Schwerpunkt Südostasien.



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