Gier Für jede Lösung ein Problem
1. Auflage 2009
ISBN: 978-3-8387-0069-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Roman
E-Book, Deutsch, 304 Seiten
ISBN: 978-3-8387-0069-4
Verlag: Bastei Lübbe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Kerstin Gier, geboren 1966, hat als mehr oder weniger arbeitslose Diplompädagogin 1995 ihr erstes Buch veröffentlicht. Mit riesigem Erfolg: Ihr Erstling MÄNNER UND ANDERE KATASTROPHEN wurde mit Heike Makatsch in der Hauptrolle verfilmt. EIN UNMORALISCHES SONDERANGEBOT wurde mit dem DELIA-LITERATURPREIS 2005 ausgezeichnet, und Die MÜTTER-MAFIA-Romane sind längst Kult. Dank ihrer Jugendromane, der »EDELSTEIN-Trilogie« und SILBER, ist ihre Fangemeinde noch größer geworden. Die sympathische Autorin lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
"Zehn (S. 146-147)
Natürlich konnte ich auch ohne Schlaftabletten in einen Zug nach Irgendwo steigen. Ja, genau genommen war das die einzige Alternative. Denn so viel stand fest: Nach Hause konnte ich jetzt nicht mehr. Ich konnte überhaupt nirgendwo mehr hin, wenn alle meine Briefe gelesen hatten. Und was hatte ich nicht alles geschrieben! Zum Beispiel an Tante Evelyn! Wenn sie herauskriegte, dass ich gar nicht tot war, dann würde sie mich eigenhändig erwürgen.
Wahrscheinlich waren weder Volker noch Onkel Korbmacher darüber erfreut, dass Volker nicht Onkel Korbmachers Sohn war. Und Tante Evelyn natürlich schon gar nicht. Oder an diesen Adrian von Aurora. Ich wusste es nicht mehr ganz genau, aber ich war ziemlich sicher, dass ich ihm meine Brüste beschrieben hatte. Oh mein Gott! Was hatte ich getan? Und was sollte ich jetzt tun? Ich brauchte ein gutes Versteck. Aber wo konnte ich hin? Mir fiel nur ein einziger Mensch ein, bei dem ich jetzt überhaupt noch aufkreuzen konnte. »Gerri-Mausilein«, rief Charly aus. »Das ist aber eine schöne Überraschung. Ulrich, stell noch einen Teller auf den Tisch.
Gerri ist zum Frühstück gekommen.« »War die Post noch nicht da?«, fragte ich. »Doch, gerade gekommen«, sagte Charly zurück. »Ich habe ein Paket von Babyland bekommen. Lauter süße kleine Anziehsachen. Und Nippelöl. Wollte ich gerade auspacken und ausprobieren. Warum hast du eine Reisetasche dabei?«, fragte Charly. »Weil – tja, ich kann nicht mehr zurück in meine Wohnung«, sagte ich. »Meine Tante würde mich dort mit einem Kruzifix erschlagen.« »Was hat die Alte denn wieder? Hast du vergessen, das Treppengeländer zu polieren?« Ulrich – nur mit Boxershorts bekleidet – schlug mir auf die Schulter.
»Guten Morgen, altes Haus. Kaffee?« »Ja, bitte«, sagte ich und ließ mich in einen der Korbstühle fallen, die um den alten Küchentisch herumstanden. Auf dem Tisch stand ein dickes himmelblau-rosa gestreiftes Paket, und darauf lagen zwei Briefe, und einer davon war von mir. »Gut, Charly trinkt nämlich neuerdings Fencheltee«, sagte Ulrich. »Das würdest du auch, wenn dir so übel wäre wie mir«, sagte Charly und setzte sich neben mich. »Das mit der Morgenübelkeit ist übrigens voll gelogen. Mir ist den ganzen Tag schlecht.« »Mir auch«, sagte ich und starrte auf meinen Brief. Ich konnte ihn mir schnappen und aufessen.
Das hatte ich in der Schule auch mal gemacht, mit einem Zettel, den Charly mir zugesteckt hatte. »Her mit dem Zettel, Fräuleinchen«, hatte Rothe gebrüllt. »Na, wird’s bald! Ich zähle bis drei. Eins, zwei …« Bei »drei« hatte ich mir den Zettel in den Mund geschoben. Es ging nicht anders, denn darauf stand: »Rothe ist ein sadistisches, neofaschistisches Hängebauchschwein«, und das war leider wahr. »Weißt du noch, wie ich dich damals vor Rothe gerettet habe, Charly?«, fragte ich. »Ich musste hundertmal schreiben: In Deutschland ist Papier nicht zum Essen da.«"