E-Book, Deutsch
Gerrold Die Reise der Jona
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-641-21353-4
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Ein Starwolf-Roman
E-Book, Deutsch
ISBN: 978-3-641-21353-4
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Die "LS-1187" ist ein Sternenschiff der Zerstörerklasse, bisher in keiner Schlacht erprobt und so neu, dass sie noch keinen Namen hat. Doch schon bei der ersten Mission begeht ihr Captain Jon Korie einen so schwerwiegenden Fehler, dass fast die gesamte Flotte der Menschen ihren Feinden, den Morthans zum Opfer fällt. Nur "LS-1187" kann entkommen und hat sich damit ihren Namen verdient: "Jona", der Feigling. Auf eigene Faust bricht die Mannschaft des Raumschiffes zu einer gefährlichen Mission auf, um die verlorene Ehre wiederzugewinnen – und um Rache zu üben …
David Gerrold wurde am 24. Januar 1944 als Jerrold David Friedmann in Chicago geboren. Er studierte Theaterwissenschaften in Los Angeles und schloss 1967 mit einem B.A. ab. Am 8. September 1966 sah er die erste Folge der TV-Serie Star Trek im Fernsehen und war so begeistert, dass er Produzent Gene L. Coon einen Entwurf für eine Doppelfolge schickte, die dieser allerdings ablehnte. Coon erkannte jedoch Gerrolds Talent und bat ihn um weitere Ideen. Eine davon war „Kennen Sie Tribbles?“, die für den Hugo Award nominiert wurde und heute eine der beliebtesten Star-Trek-Episoden ist. Nachdem er einige Kurzgeschichten in Magazinen veröffentlicht hatte, schrieb Gerrold zusammen mit Larry Niven seinen ersten Roman, die SF-Humoreske „Die fliegenden Zauberer“. Anfang der Siebzigerjahre folgten die hochgelobten Romane „Ich bin Harlie“ und „Zeitmaschinen gehen anders“, die heute zu den Klassikern des Genres gehören. In den Achtzigern begann Gerrold mit seinem Chtorr-Zyklus, an dem er bis heute arbeitet. Daneben schreibt er weiter Drehbücher, unter anderem zu der für den Nebula-Award nominierten Star-Trek-Fan-Serie „New Voyages“.
Weitere Infos & Material
Die LS-1187
Die LS-1187 tat seit drei Jahren Dienst und hatte sich noch keinen Namen gemacht.
Sie war ein Sternenschiff der Zerstörerklasse, ein Libertyschiff. Eines von vielen.
Auf der Seite trug sie die Flagge von Neu Amerika: Dreizehn horizontale Streifen, abwechselnd in Weiß und Rot, und in der linken oberen Ecke ein dunkelblaues Feld mit sieben weißen Kreisen, in deren Zentrum ein einziger heller Stern leuchtete.
Libertyschiffe wurden am Fließband produziert; alle elf Tage verließ ein neues Schiff die Werft. Die Allianz besaß sieben Fertigungsstraßen, die Schiffe produzierten. Die LS-1187 war genau wie alle ihre Schwesterschiffe auch: klein und extrem schlecht ausgerüstet, nur mit dem Notwendigsten ausgestattet, so dass sie überleben konnte.
Die Schiffe wurden so schnell es ging zur Front geschickt, und es war Aufgabe des ihren zugewiesenen Hafens, für die weitere Ausstattung zu sorgen, für interne Annehmlichkeiten, Reservesysteme und Bewaffnung – was auch immer für ihre örtlichen Aufgaben erforderlich sein mochte.
Die LS-1187 hatte sich noch keinen Namen gemacht, denn ihr Schwert hatte noch kein Blut gesehen. Und bis es soweit war, würde sie nichts weiter als eine Nummer bleiben.
Sie war ein schlankes Schiff. Ein dunkler Pfeil, dreihundert Meter lang. Zwischen den beiden vorderen und dem hinteren Drittel ragten drei scharfe Finnen nach vorn aus dem Rumpf. Das waren ihre Fluktuatorsäulen. Das Ende jeder Finne mündete in eine bauchige Linse, die zur Erzeugung der Hyperraumblase notwendig war.
Ihre Marschgeschwindigkeit war Unterlicht.
Innerhalb der Hyperraumblase erreichte die LS-1187 siebenhundertfünfzigfache Lichtgeschwindigkeit.
Ihre Befehle waren denkbar einfach: eine Zeit, ein Ort, ein Vektor.
Zu deutsch: Setzen Sie sich in Richtung des Deep Rift in Marsch. Kommen Sie zu einem bestimmten Jetzt an einem bestimmten Hier mit einer bestimmten Geschwindigkeit in einer bestimmten Richtung aus dem Hyperraum. Achten Sie darauf, dass man Sie nicht verfolgt. Verfahren Sie nach diesen Befehlen, und Sie sind Bestandteil des Großen Konvois aus einer Tausendschaft Schiffen: Tausend verschiedene Schiffe, die alle zur gleichen Zeit an ihren zugewiesenen Plätzen erscheinen und von einem Augenblick auf den anderen in Formation fliegen.
Es war ein gewagtes Spiel, aber wenn es funktionierte, hätten die Außenwelten allen Schutz gegen die Überfälle der Marodeure, den sie nur brauchten.
Wenn es hingegen schiefging …
Admiral Wendayne stand auf der Brücke der Moral Victory und runzelte die Stirn. Er war ein stabiler Mann, sehr gedrungen, sehr kräftig und sehr solide. Außerdem sehr kahl und sehr verbittert.
Im Augenblick betrachtete er eine holographische Projektion des sich versammelnden Konvois.
Er hätte stolz sein sollen – immerhin stammte die Idee von ihm – aber er war es nicht. Er war im Gegenteil verärgert. Man hatte ihm nicht halb so viele Schiffe zugestanden, wie er angefordert und für nötig gehalten hatte; und zu viele der Schiffe des großen Konvois waren kleine Libertyschiffe, unerprobt und nicht getestet. Zu viele trugen Nummern statt Namen.
Nichts lief jemals so, wie man es geplant hatte.
Ein Adjutant trat vor den Admiral und salutierte: »Die LS-1187 hat sich dem Konvoi angeschlossen, Sir.«
Der Admiral war alles andere als überwältigt. »Hmmm.« Dann fiel ihm ein, dass der Adjutant auf eine Antwort wartete. »Na gut. Heißen Sie sie willkommen.«
Der Adjutant, ein junger Bursche, salutierte und wandte sich zu einer Konsole. Er murmelte ein Kommando an IRMA, den Schiffsrechner. Ein Schirm in der Konsole leuchtete auf, und ein Satz von Sicherheitskodes erschien, gefolgt vom Emblem der Flotte und schließlich vom Konterfei des Admirals. »Ich begrüße Sie … Kapitän Lowell, und die Mannschaft der LS-1187. Ihre Teilnahme an dieser Operation bedeutet einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit der Allianz. Ich heiße Sie im Namen …«
Die Botschaft wurde verschlüsselt, in eine Serie von Impulsen übersetzt und durch die Zerhacker der Hyperraumblase des Flaggschiffs geleitet. Die Blase schimmerte. Jedes Schiff in Ortungsreichweite konnte das Schimmern der Hyperraumblase auffangen, aber nur die mit den entsprechenden Kodeschlüsseln würden imstande sein, etwas mit dem Schimmern anzufangen und es in eine sinnvolle Nachricht zu übersetzen. Die Kodes der Allianz waren Wegwerfkodes. Sie wurden nur ein einziges Mal benutzt und dann nie wieder.
An Bord der LS-1187 wurde die Nachricht in Echtzeit automatisch übersetzt und abgespielt. Der Nachrichtenkopf identifizierte die Botschaft als Standardgruß. Empfangsbestätigung nicht erforderlich.
»… der Admiralität willkommen und möchte Ihnen danken, dass Sie sich der Vereinigten Alliierten Sternenflotte für Spezialaufgaben im Sektor Marathon angeschlossen haben. Sie dürfen jetzt Ihre versiegelten Befehle öffnen. Noch einmal: Herzlich willkommen!«
Kapitän Sam Lowell nickte dem Bild des Admirals ironisch zu. Lowell war ein älterer, sympathisch aussehender Mann.
Neben ihm auf der Brücke stand Jonathan Thomas Korie, sein Erster Offizier. Korie schien beschäftigt; er lauschte angestrengt in seinen Kopfhörer. Dann runzelte er die Stirn. Er wandte sich um und blickte auf den großen, elliptischen Holoprojektor in der Mitte der Kommandozentrale.
Die Brücke – der Teil der Zentrale, der als Brücke bezeichnet wurde – war eine erhöhte, geländerbewehrte Plattform im hinteren Teil der Kommandozentrale.
Die Brücke beherrschte den Raum; von hier aus konnte Korie die Tätigkeit aller acht Offiziere an den Konsolen unter sich beobachten.
Die gesamte vordere Hälfte der Zentrale wurde von einem gigantischen, gewölbten Schirm eingenommen, der sich deckenhoch entlang der runden Wand krümmte. Jetzt, in diesem Augenblick, schien das Bild vorzugaukeln, sie stünden unter freiem Sternenhimmel und hätten ein ungetrübtes Panorama auf den großen Abgrund vor sich. Der Hauptschirm zeigte eine Simulation der entfernten Sterne, überlagert von dunklen Gitternetzlinien. Das Sternenschiff schien durch ein dreidimensionales Gerüst von Linien zu schweben, die im Abstand von fünf Lichtminuten angeordnet waren.
Korie blickte sich zu seinem Kapitän um, als dieser sagte: »In Ordnung, ich habe genug gehört.« Er streckte die Hand aus und schaltete die Übertragung ab. Auf Kories fragenden Blick hin erklärte er: »Ich kenne die Rede auswendig. Wenn Sie erst selbst Kapitän sind, werden Sie sich das ganze noch oft genug anhören müssen. Sie werden rechtzeitig das ganze verdammte Repertoire auswendig können …«
Kapitän Lowell zog einen dunklen Umschlag aus einer Tasche seiner Uniformjacke und brach vorsichtig das Siegel. Er entfaltete drei Blatt graues Papier, überflog sie rasch und reichte sie nacheinander an seinen Ersten Offizier weiter.
»Hmmm …«, sagte Korie. »Keine Überraschungen.«
»Haben Sie welche erwartet?«
Korie schüttelte den Kopf.
Kapitän Lowell hakte ein Handmikro von seinem Gürtel. Seine Stimme ertönte im gesamten Schiff, als er begann: »Hier spricht der Kapitän. Wir befinden uns sieben Komma fünf Lichtjahre vor Marathon. Wir haben unsere zugewiesene Position im Konvoi eingenommen und sind offiziell von Admiral Wendayne begrüßt worden. Von diesem Augenblick an operieren wir unter höchster Alarmstufe.«
Quer durch die Kommandozentrale erklang gepresstes Stöhnen, aber nicht laut genug, um Korie zu ärgern oder Kapitän Lowell zu erheitern.
Der Kapitän fuhr fort: »In Ordnung, unterbrechen Sie Ihr Geschnatter. Der Admiral ist der Meinung, dass wir eine gute Chance haben, den Feind hier in der Gegend zu stellen. Ich persönlich glaube zwar nicht daran, aber vielleicht weiß der Admiral mehr als wir. Deshalb ist er ja auch Admiral und Sie nicht. Also, bleiben Sie wachsam, alle miteinander. Das war's schon, danke.«
Er hakte das Mikrophon wieder in seinen Gürtel und blickte den Ersten Offizier an. »Verstehen Sie, warum ich das getan habe?«
»Ich denke schon, Sir.«
»Dieses Schiff wird bald unter Ihrem Kommando stehen. Ich möchte, dass Sie gut darauf achtgeben. Es ist ein stolzes Schiff.« Er nickte in Richtung der Brückenbesatzung. »Es hat mit Vertrauen zu tun. Sie müssen ehrlich mit ihnen sein, Mister Korie. Belügen Sie niemals Ihre Besatzung.«
»Ich verspreche es, Sir. Ich werde sie nie belügen.«
»Halten Sie dieses Versprechen, und Sie werden ein guter Kapitän«, sagte Lowell. »Ich habe die Mannschaft nie belogen, und es gibt nichts, dessen ich mich schämen müsste.« Wehmütig fügte er hinzu: »Ich wünschte nur, …«
»… dass das Schiff sich einen Namen verdient hätte, Sir? Nicht wahr?«, beendete Korie den Gedanken für ihn.
Der Kapitän nickte. »Ja, Sie haben recht. Sie kennen mich zu gut.«
»Wir werden Sie vermissen, Sir.«
»Ich sterbe ja nicht, Mister Korie. Ich gehe nur in den Ruhestand. Und in der Zwischenzeit«, fuhr er grinsend fort, »schenken Sie lieber den Instrumenten etwas mehr Aufmerksamkeit.« Er zeigte mit dem Finger in Richtung eines Schirms. »Was ist das?«
Korie warf einen Blick auf die Konsole vor sich, und dann hinunter auf das Deck, wo Flugingenieur Hodel am Holoprojektor arbeitete.
Mikhail Hodel war ein junger Bursche mit professionellem Auftreten, aber er war auch temperamentvoll und unbeherrscht und bekannt für die...




