Gercke | Still, mein Mädchen | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, Band 6, 198 Seiten

Reihe: Ein Fall für Bella Block

Gercke Still, mein Mädchen

Ein Fall für Bella Block 6 | Eine Hamburger Kommissarin im Kampf gegen Drogenhandel und Kinderprostitution
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98952-682-2
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection

Ein Fall für Bella Block 6 | Eine Hamburger Kommissarin im Kampf gegen Drogenhandel und Kinderprostitution

E-Book, Deutsch, Band 6, 198 Seiten

Reihe: Ein Fall für Bella Block

ISBN: 978-3-98952-682-2
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection



Der sechste Fall der Kultermittlerin Bella Block - die Literaturvorlage zu den ZDF-Krimis mit Hannelore Hoger jetzt neu im eBook!Für manche Menschen gibt es keine Rettung ... Desillusioniert von den Abgründen der Großstadt hat die Hamburger Privatermittlerin Bella Block dem Detektivdasein abgeschworen. Doch eine Reihe rätselhafter Todesfälle zwingen die Ex-Polizistin, sich abermals ihren Dämonen zu stellen: In einer abgeschotteten Hamburger Wohnsiedlung sind zum wiederholten Male junge Mädchen in den Tod gestürzt. Haben die türkischen Verbrechersyndikate, die vor Ort den Drogenhandel und die Prostitution von Kindern organisieren, ihre Finger im Spiel? Als sie die Familien der Opfer befragt, stößt Bella auf eine Mauer des Schweigens und eine kaum mehr zurückgehaltene Aggressivität - und auch innerhalb der Polizei selbst scheint es Kräfte zu geben, die die Aufklärung der Tragödien verhindern wollen ... »Diese Bella Block hat es in sich!« Süddeutsche ZeitungDer sechste Fall der legendären Kommissarin Bella Block, der unabhängig gelesen werden kann - ein bitterböser Kriminalroman für die Fans Simone Buchholz.In Band 7 besucht Bella ein kleines Dorf in Vorpommern - wo man noch dem dritten Reich nachtrauert ...

Doris Gercke, 1937 in Greifswald geboren, ist eine der bekanntesten Krimi-Autorinnen Deutschlands. Berühmt wurde sie durch ihre Reihe um die Kultermittlerin Bella Block, im ZDF verfilmt mit Hannelore Hoger in der Titelrolle. Auf der Criminale 2000 erhielt sie den »Ehrenglauser« für ihr Gesamtwerk. Doris Gercke lebt in Hamburg. Bei dotbooks veröffentlichte die Autorin ihre 17-teilige Reihe »Ein Fall für Bella Block«. Folgende Fälle sind als Hörbücher bei Saga Egmont erschienen: »Du musst hängen«, »Das lange Schweigen«, »Schlaf, Kindchen, schlaf« und »Das zweite Gesicht«.
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Kapitel 2


Der Wachmann sah auf die Uhr. Es war erst zwanzig nach sieben. Er gähnte, während er langsam eine der Rolltreppen hinunterfuhr. Auch die Läden hier unten waren noch geschlossen. Vor acht machte niemand auf. Bis auf den Bäcker am Eingang. Langsam ging er auf die Glastür zu. Dabei hörte er auf das Geräusch, das seine harten Absätze auf dem gefliesten Fußboden machten.

Vorn standen zwei ältere Männer an hohen Tischen und tranken Kaffee. Auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig trödelte ein Mädchen herum. Wahrscheinlich hatte es keine Lust, in die Schule zu gehen. Vor dem Stück grauen Himmels, das durch den Eingang zu sehen war, wirkten die Männer an den Tischen älter, als sie waren. Konnte aber auch daran liegen, dass sie die Nacht auf den Bänken vor der Kirche verbracht hatten. Auf jeden Fall sahen sie so aus, als hätten sie jetzt lieber Bier getrunken. Aber der City-Treff war noch geschlossen.

Weshalb gehen sie nicht in die Bahnhofskneipe, dachte der Wachmann träge. Die stören hier den Anblick.

Er ging an ihnen vorbei auf die Glastür zu. Der kräftige Duft der frischen Brötchen verursachte ihm Übelkeit. Absichtlich stieß er mit dem Fuß gegen eine der Tüten, die neben den beiden Männern auf dem Boden standen. Keiner der beiden reagierte darauf, obwohl die Tüte einen Meter weiter gerutscht war. Sie wussten, dass er sie nicht an die Luft setzen konnte, solange sie sich ruhig verhielten. Nach der langen Nacht im Freien – gegen Morgen hatte die Wirkung des Rotweins nachgelassen, und die kalte, feuchte Frühlingsluft war ihnen in die Kleider gekrochen – genossen sie die Wärme des Kaffees, die Wärme, die aus dem Schnellbackofen kam, und den Duft der Brötchen – obwohl ihnen Bier lieber gewesen wäre.

Der Wachmann hatte den Ausgang erreicht. Er trat hinaus auf den Bürgersteig, um dem Geruch der Brötchen zu entgehen, und atmete tief. Hier draußen roch es nach Frühling und Hundescheiße. Die Kleine trödelte immer noch herum. Ganz vorn in der Straße, winzig klein neben den Reihen der rechts und links geparkten Autos und den achtstöckigen Wohnblocks auf beiden Seiten, ging sein Kollege. Die Brötchentüte, die er wie jeden Morgen in der Hand hielt, war nicht mehr zu erkennen. Jetzt verschwand er hinter den Büschen. Der Wachmann stellte sich vor, wie sein Kollege den Hauseingang erreichte, die Tür aufschob, die so demoliert war, dass sie sich nicht mehr abschließen ließ, und auf den Knopf drückte, um den Fahrstuhl herunterzuholen. Oben im fünften Stock, sozusagen am anderen Ende des Fahrstuhls, saß die Frau des Kollegen in der Küche. Sie und das Kind konnten den Fahrstuhl hören. Sie würde aufstehen und dem Mann die Tür öffnen, ihm die Tüte aus der Hand nehmen und zurück in die Küche gehen. Das Kind aß morgens nichts. Die Frau würde zwei Brötchen mit dunkelbraunem Schokoladenzeug bestreichen, während das Kind die Jacke überzog, die am Drücker der Küchentür hing. Die Brötchen würden in die Jackentasche gestopft werden, und das Kind würde die Schultasche nehmen und die Wohnung verlassen. So jedenfalls war es gewesen, als er seinen Kollegen damals nach Hause begleitet hatte.

Der Wachmann sah eine Weile zu, wie die Parklücken auf der Straße sich vermehrten, bevor er sich umwandte und seinen letzten Rundgang begann. Dieser letzte Rundgang war eigentlich überflüssig, denn inzwischen waren die meisten Geschäftsinhaber in den Läden angekommen und damit beschäftigt, die Ladenkassen zu öffnen und das Wechselgeld einzusortieren. Viertel vor acht. Das war hier die ruhigste Zeit.

Er ging nicht gern nach Hause, bevor seine Frau die Wohnung verlassen hatte. Sie mochte die Filme nicht, die er mitbrachte und die er sich, ausgestreckt auf seiner Hälfte des Doppelbetts im Schlafzimmer liegend, ansah, bevor er einschlief. Er lächelte bei dem Gedanken an die Kassette, die oben im Raum hinter der Treppe in seiner Aktentasche steckte.

Die beiden Männer, die an einem der Tischchen vor dem Bäckerladen gestanden hatten, waren verschwunden. Der Wachmann sah auf seine Armbanduhr. In einer Minute würde der City-Treff öffnen. Wahrscheinlich standen die Penner dort schon vor der Tür. Er würde jetzt nach oben fahren, den Sicherheitsschlüssel deponieren und ebenfalls verschwinden. Er betrat die Rolltreppe und fuhr nach oben.

Die ältere der beiden Verkäuferinnen im Bäckerladen sah ihm nach. Ein komischer Kauz war das. Hatte noch nie etwas bei ihnen gekauft oder ein Wort mit ihnen gewechselt. Sein Kollege war netter.

Die Verkäuferin reagierte, ohne dass sie darüber nachdachte, auf die Klingel, die anzeigte, dass eine neue Lage Brötchen fertig war. Sie öffnete die Tür, zog dicke Handschuhe an und holte das Blech aus dem Ofen. Mit trockenem Schurren rutschten die Brötchen vom Blech in den Korb auf dem Ladentisch. Der Backgeruch wurde wieder stärker.

Die ersten Mütter mit Kinderwagen tauchten auf. Das waren die, deren Kinder morgens um sieben wach wurden und sich nicht anders beruhigen ließen, als dass man sie in den Wagen legte und mit ihnen durch die Gegend schob. Immer sah man den Müttern an, dass sie gern noch liegen geblieben wären. Sie rauchten, während sie die Kinderwagen vor sich herschoben, und sahen ernst und gelangweilt zum hundertsten Mal in die Auslagen der Schaufenster. Von einem bestimmten Intelligenzgrad an hätten sie, wären sie gefragt worden, beinahe jeden einzelnen Preis der ausgestellten Waren in den einhundertundvier Schaufenstern auswendig angeben können.

Manchmal, dachte die Verkäuferin, während sie in einem unbeschäftigten Augenblick über den Ladentisch sah und eine junge Frau beobachtete, die auf der gegenüberliegenden Seite in die Auslagen eines Jeansladens starrte, manchmal erfährt man von einer neuen Schaufensterdekoration im oberen Stockwerk dadurch, dass sie alle den Kinderwagen als Erstes nach oben schieben.

Gestern hatte oben offenbar niemand nach Feierabend neu dekoriert.

Ohne dass die Verkäuferin sie hatte kommen sehen, stand plötzlich eine zierliche, schwarzhaarige Frau in einem schwarzen Kleid und einer weißen Schürze vor ihr. Die Frauen lächelten einander freundlich zu, während die Verkäuferin eine große Tüte mit Brötchen über den Ladentisch reichte, die fertig gepackt neben dem Brötchenkorb gelegen hatte.

Tschüss, sagte die in dem schwarzen Kleid freundlich, verließ den Laden und fuhr auf der Rolltreppe nach oben. Lange, gewellte, dunkle Haare hingen über die weißen Schürzenbänder auf ihrem Rücken. Die Frau mit der Brötchentüte war Kellnerin im Café NEW YORK in der oberen Etage. Während sie auf den mit ein paar Blumenkübeln abgeteilten und mit Teppich ausgelegten Teil der oberen Passage zuging, in dessen Hintergrund über einem schwarz gestrichenen Bartresen in grüner Neonschrift das Wort NEW YORK neben einer Freiheitsstatue leuchtete, hielt sie die Brötchentüte in beiden Händen. Sie spürte die Wärme in ihren Handflächen. Auf den dunklen, rotbraun gepolsterten Stühlen hatten inzwischen drei Personen Platz genommen. Sie saßen weit voneinander entfernt, rauchten und sahen in die Frühstückskarten. Die Putzfrau, eine krummbeinige, ältere Ausländerin, bewegte den heulenden Staubsauger langsam an den Blumenkübeln entlang. Die Kellnerin ging zu ihr hinüber und bedeutete ihr, sie solle aufhören. Sie mochte es nicht, wenn im Café noch geputzt wurde, wenn schon Gäste da waren. Ohne weitere Reaktion stellte die Putzfrau den Staubsauger ab und verschwand hinter einer Tür zwischen zwei Läden. Es war wieder still. Bis auf das gleichmäßige, tiefe Summen der Belüftungsanlage, das Tag und Nacht anhielt und von niemandem mehr bemerkt wurde, weil es dazugehörte wie die Rolltreppe und der Wachdienst und die Frauen mit den Kinderwagen.

Vielleicht deshalb sahen die drei voneinander entfernt sitzenden Personen an den kleinen Tischen und die Kellnerin an der Kaffeemaschine zur gleichen Zeit hoch, als die Automatenstimme zu schreien begann.

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Der Automat hörte auf zu brüllen und sandte stattdessen ein Geräusch aus, das an Feuerwerkskörper erinnerte. Rot und silbern stand er vor der Tür eines Spielwarenladens. Die drei an den Tischen und die Kellnerin sahen einen Moment aufmerksam in seine Richtung, bevor die Kellnerin sich wieder der Kaffeemaschine zuwandte und die Gäste die Frühstückskarte studierten. Sie hatten den Automaten gemustert, weil er neu war auf dieser Etage. Zwei- oder dreimal würden sie noch zusammenfahren, wenn er zu schreien begann. Dann würde er ein Stück Einrichtung geworden sein, das niemand mehr wahrnahm. Bis er, nach etwa vier Monaten, während der Sommerferien von Kindern mit einer selbst hergestellten Sprengladung aus Zucker und Zelluloid zerstört werden würde. Im Augenblick allerdings brüllte er zum zweiten Mal seinen Glitzervers. Die Treppe hinauf, den Kinderwagen auf zwei Rädern in der Balance haltend, rollte die Frau, die unten vor dem Jeansladen gestanden hatte. Die Stimme des Automaten musste bis nach unten gedrungen sein, denn die Frau fingerte, noch während sie sich mit dem Kinderwagen in Richtung Spielwarenladen in Bewegung setzte, in ihrer Anoraktasche nach einem Geldstück.

Bis vor zwei Minuten hatte sie genau gewusst, wie der Tag ablaufen...



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