Gercke | Berufsbezogene Orientierungsmuster von Lehramtsstudierenden im Hinblick auf schulische Inklusion | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 398 Seiten

Gercke Berufsbezogene Orientierungsmuster von Lehramtsstudierenden im Hinblick auf schulische Inklusion


1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7799-6670-8
Verlag: Juventa Verlag GmbH
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

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Die Studie untersucht, wie sich Studierende der Lehrämter Grund-, Regelschule und Förderpädagogik vor dem Hintergrund ihrer berufsbezogenen Orientierungsmuster mit dem Thema schulische Inklusion auseinandersetzen. Die Rekonstruktionen der Gruppendiskussionen zeigen lehramtstypspezifische Orientierungsschemata und Aneignungspraktiken. Unabhängig vom Lehramtstyp gibt es zwei bildungsbezogene Orientierungsrahmen, die im Kontext Inklusion besonders wirkmächtig sind. Die Ergebnisse geben Hinweise für weitere Forschungen und Entwicklungen im Rahmen inklusionsorientierter Lehrer*innenbildung.

Magdalena Gercke ist Akademische Rätin a.Z. im Fachgebiet Sonder- und Sozialpädagogik der Universität Erfurt. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Inklusions- und Lehrer*innenprofessionsforschung.

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2 Entwicklungs- und Forschungsstand zur inklusionsorientierten Lehrer*innenbildung
Das Erkenntnisinteresse und die Forschungsfrage dieser Arbeit stehen im direkten Zusammenhang mit dem gesellschaftlichen Auftrag, Lehramtsstudierende auf ihrem Weg in den Beruf auf die Herausforderungen schulischer Inklusion vorzubereiten. Spätestens seit 2009 werden auf Bundes- und Landesebene verschiedene Anstrengungen unternommen, um diesem Auftrag gerecht zu werden. Die Bezeichnung „inklusionsorientierte Lehrer*innenbildung“ bezieht sich im Kontext dieser Arbeit auf die erste Phase, d. h. das Lehramtsstudium an Hochschulen in Deutschland.5 Die Erforschung berufsbezogener Orientierungsmuster in Anbetracht schulischer Inklusion findet in diesem Rahmen statt. Dazu werden im folgenden Kapitel zunächst aktuelle Entwicklungskonzepte und -trends aufgezeigt, bevor einschlägige Forschungsbefunde diskutiert werden. 2.1 Hochschulische Entwicklungskonzepte und -trends
Die Beschreibung aktueller, inklusionsorientierter Entwicklungen und Trends in der Lehrer*innenbildung an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland findet im Folgenden auf drei Ebenen statt: lehramtsbezogene Studiengänge und -curricula, Lehrveranstaltungen sowie hochschulische Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrer*innenbildung“ (Bundesministerium für Bildung und Forschung [BMBF], 2013). 2.1.1 Lehramtsbezogene Studiengänge und -curricula
Zunächst stellt sich die Frage, wie allgemeine und sonderpädagogische Lehramtsstudiengänge6 zueinander profiliert werden. Es gibt unterschiedliche Ansätze, die dieses Verhältnis (neu) bestimmen. Sie stammen aus dem angloamerikanischen Sprachraum und werden auch auf die deutsche Hochschullandschaft angewendet. Es handelt sich um „[…] the Infusion model, the Collaborative Training model and the Unification model“ (European Agency for Development in Special Needs Education [European Agency], 2010). Das Infusion Modell beschreibt eine Variante, in der allgemeine Lehramtsstudierende einige wenige Kurse zu schulischer Inklusion und Heterogenität absolvieren. Das sonderpädagogische Lehramt bleibt eigenständig und unabhängig davon erhalten. Im Collaborative Training Modell bleiben ebenfalls die getrennten Studiengänge erhalten. Studierende der allgemeinen und sonderpädagogischen Lehrämter besuchen allerdings gemeinsame Veranstaltungen und/oder absolvieren Praxisphasen in Tandems. Das Unification Modell vereint allgemeine und sonderpädagogische Studiengänge, d. h. alle Lehramtsstudierende absolvieren das gleiche Curriculum, das sie auf den Einsatz in inklusiven Settings vorbereitet (ebd., vgl. auch Lütje-Klose, Miller & Ziegler, 2014, S. 74). Nach Lindmeier (2013, S. 181) unterscheiden sich die drei Modelle in ihrer curricularen Kohärenz, in der Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Fächern, in der Tiefe und Breite des Wissens, in der Beurteilung von Lehr-/Lernergebnissen und in der Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Schulen. Einen detaillierten Einblick in die Organisation und Inhalte der Lehrer*innenbildung in Deutschland gibt der „Monitor Lehrerbildung“.7 In einer Befragung haben im Herbst 2014 61 von 65 teilnehmenden lehrer*innenbildenden Hochschulen sowie ein Jahr später die Länder Auskunft u. a. zu curricularen und inhaltlichen, inklusionsbezogenen Aspekten gegeben. Mit Blick auf die Organisation von sonderpädagogischen und allgemeinen Lehramtsstudiengängen zeigte sich, dass keine der 20 befragten sonderpädagogischen Studienstätten plant, das eigenständige sonderpädagogische Lehramt abzuschaffen (Monitor Lehrerbildung, 2015a, S. 5). Allerdings gab es fünf Universitäten, an denen es Studienangebote mit integrierter Sonderpädagogik gibt. Universität Bremen: Doppelqualifikation für das Lehramt an Grundschulen und für das Lehramt für Inklusive Pädagogik/Sonderpädagogik. Universität Potsdam: Lehramt für die Primarstufe mit Schwerpunkt Inklusionspädagogik. Universität Bielefeld: Kombi-Bachelor für das Lehramt an Grundschulen mit Studienschwerpunkt Integrierte Sonderpädagogik; Master of Education für das Lehramt an Grundschulen mit Studienschwerpunkt Integrierte Sonderpädagogik; Master of Education für das Lehramt an Haupt-, Real- und Gesamtschulen, Integrierte Sonderpädagogik mit Förderschwerpunkten. Universität zu Köln: Lehramt Gymnasium und Gesamtschulen sowie Lehramt an Berufskollegs jeweils mit Förderschwerpunkt. Universität Siegen: Lehramt für Grundschule sowie Lehramt für Haupt-/Real-/Gesamtschule jeweils mit Integrierter Förderpädagogik, Aufbaumaster „Lehramt für Sonderpädagogische Förderung“ für Lehrbefähigung Sonderpädagogik (Monitor Lehrerbildung, 2014a, 2015a). Zwei überdachten ein derartiges Angebot zum Zeitpunkt der Befragung, weitere sieben planten Umstrukturierungen (Monitor Lehrerbildung, 2015a). Moser und Demmer-Dieckmann (2013, S. 161 f.) identifizierten in der bundesdeutschen Hochschullandschaft vier Modelle. parallellaufende Studiengänge der allgemeinen und sonderpädagogischen Lehrämter mit inklusionspädagogischen, zum Teil kooperativen, Veranstaltungen (z. B. MLU Halle/Saale, Goethe Universität Frankfurt am Main, Justus-Liebig-Universität Gießen, HU Berlin). integrierte sonderpädagogische Studieninhalte in allgemeinen Lehramtsstudiengängen (z. B. TU Berlin, Universität Koblenz-Landau, Universität Bremen). grundständiger Studiengang „Inklusive Pädagogik“ mit Doppelqualifizierung (z. B. Universität Bielefeld und Bremen) sowie Zusatzqualifikationen im Rahmen eines M. A.-Studiengangs im Anschluss an ein B. A.-Studium des allgemeinen Lehramtes (z. B. Universität Bielefeld). Hochschulrektoren- und Kultusministerkonferenz empfehlen, Inklusion als Querschnittsaufgabe an den Hochschulen zu verorten (HRK & KMK, 2015). Bereits zuvor hat die KMK diesen Anspruch mehrfach in ihren Rahmenvereinbarungen, Empfehlungen und Standards zur Lehrer*innenbildung deutlich gemacht (KMK, 2010, 2004b, 2008, 2011; Laubner & Lindmeier, 2017). Grundlagen zum Umgang mit Heterogenität und Inklusion in den allgemeinen Lehramtsstudiengängen sowie Grundlagen der Förderdiagnostik sind seit 2013 in allen Lehramtsstudiengängen im Rahmen bildungswissenschaftlicher Ausbildungsanteile anzubieten (vgl. Rahmenvereinbarungen über Ausbildung und Prüfung der verschiedenen Lehramtstypen: KMK, 1994, 1995, 1997b, 1997c, 1997d in den je aktuellen Fassungen). Den für alle Lehrämter gültigen „Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften“ (KMK, 2004b) wird dabei eine große Signalwirkung für die Inklusionsorientierung in der Lehrer*innenbildung zugeschrieben (Lindmeier, 2015). In der Fassung von 2014 werden dort die Kernkompetenzbereiche Unterrichten, Erziehen, Beurteilen und Innovieren inklusionsorientiert ausgedeutet. Bezüge zu ‚Heterogenität und Diversität‘ firmieren dort als ein populäres Begriffspaar, vor allem in den Kompetenzbereichen Erziehen und Beurteilen. Im Bereich Unterrichten geht es dann vor allem darum, „was bei der Planung von Unterrichtseinheiten auch in leistungsheterogenen Gruppen beachtet werden muss“ (KMK, 2004b, S. 7). Bei Beurteilungen sollen unterschiedliche Lernvoraussetzungen sowie Hoch- und Sonderbegabungen beachtet werden. Dazu gehöre eine Lernprozessdiagnostik. Letztlich sollen im Bereich Innovieren auch Herausforderungen in inklusiven Schulentwicklungsprozessen in den Blick genommen und diese Themen „als Reflexions- und Beobachtungschwerpunkt in unterrichts- und schulnahen Lehrveranstaltungen bzw. als Schwerpunktbereich in Praktikumsphasen verankert werden“ (HRK & KMK, 2015, S. 14). Da auch Lehrer*innenbildung zu einer der föderalen Aufgaben der Bundesländer gehört, verlaufen Entwicklungen an den Hochschulen unterschiedlich. Ein Überblick über die gesetzlichen Regelungen und Richtlinien für die Lehrer*innenbildung allgemeiner Lehrämter in den verschiedenen Bundesländern zur Inklusion zeigt, dass die Spannbreite von „kein Thema im Rahmen der landesweiten Vorgaben“, z. B. Bayern, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, über wenige, unverbindliche (z. B. Sachsen) oder verbindliche Vorgaben (z. B. Thüringen) bis zu sehr umfangreichen Regelungen (z. B. Mecklenburg-Vorpommern) reicht (Walm, 2013). Über die Situation an den einzelnen lehrer*innenbildenden Hochschulen sagen diese rechtlichen Regelungen allerdings noch nicht viel aus. Das zeigen Beispiele an der Martin-Luther-Universität Halle/Saale in Sachsen-Anhalt oder der Universität Flensburg in Schleswig-Holstein: Beide Bundesländer machen keine rechtlichen Vorgaben, an den Universitäten wird das Thema Inklusion in der Lehrer*innenbildung jedoch aufgegriffen und modular umgesetzt (Walm, 2013). Durch die Befragung der Hochschulen des Monitors Lehrerbildung8 zeigt sich auf curricularer Ebene, dass „Inklusion“ vor allem ein Querschnittsthema in den Bildungswissenschaften, es also kein gesondertes Modul oder spezielle Veranstaltung ist, darstellt (vgl. Abb. 1). Es darf allerdings die Frage gestellt werden, inwiefern hier die Bezeichnung Querschnittsthema gerechtfertigt ist, wenn sich der Querschnitt nur auf einen der drei Ausbildungsbereiche bezieht. Abb. 1: Inklusion als Querschnittsthema (Monitor Lehrerbildung, 2015a, S. 6, eigene Nachbildung) Nur an vier Hochschulen ist es ein „echtes“...



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