Garstick | Junge Väter in seelischen Krisen | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 176 Seiten

Garstick Junge Väter in seelischen Krisen

Wege zur Stärkung der männlichen Identität
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-608-10586-5
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Wege zur Stärkung der männlichen Identität

E-Book, Deutsch, 176 Seiten

ISBN: 978-3-608-10586-5
Verlag: Klett-Cotta
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Seelische Krisen junger Väter sind ein Tabuthema. Doch nicht nur die Mütter, auch die Väter werden in der Zeit vor und nach der Geburt stark mit emotionalen Themen konfrontiert: Sie fühlen sich überflüssig und frustriert, einige geraten in eine seelische Krise. Dabei kann eine Vaterschaft die männliche Identität durchaus bereichern; Egon Garstick zeigt, wie den jungen Vätern - und der ganzen Familie - geholfen werden kann. Es gibt immer wieder frustrierte Väter, die sich durch die enge emotionale Beziehung zwischen Mutter und Baby entwertet und überflüssig fühlen. Nicht selten kommt es dazu, dass sie sich vor oder nach der Geburt ihres Kindes betrinken oder sogar sexuell übergriffig werden - als Ausdruck seelischer Krisen. Sie erfahren frühkindliche Abhängigkeitsgefühle, erheben Anspruchshaltungen und neigen zu Regressionen, also zu einem Zurückfallen auf Verhaltensweisen und Ängste, die in früheren Lebenszeiten aufgetreten sind. Der Autor zeigt an ausführlichen Falldarstellungen, wie man mit den »jungen« Vätern, mit ihren Frauen und mit ihren Kindern arbeiten kann. Ziel ist es, bei den Vätern ein Gefühl reifer Vaterschaft zu entwickeln, von dem die gesamte Familie profitiert. Dieses Buch richtet sich an: - PsychotherapeutInnen - Paarberater - PsychologInnen - Hebammen - Kinderkrankenschwestern - MitarbeiterInnen in Familien- und Eltern- Beratungsstellen

Egon Garstick ist psychoanalytischer Sozialpädagoge undeidgenössisch anerkannterPsychotherapeut, ausgebildet in Körperorientierter und Bindungsbasierter Psychotherapie. Er arbeitet u.a. im Verein Arche Zürich und ist Dozent am Psychoanalytischen Seminar Zürich.
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Einleitung


»Fragen nach dem Vater« (Stork 1974) heißt ein Buch, das mir 1983 zufällig in die Hände fiel und mich ergriff. Es begegnete mir zu einem Zeitpunkt, als ich gerade eine Phase großer Beunruhigung überstanden hatte.

Einige Tage hatte ich Angst gehabt einen Finger zu verlieren. Nach einem gelungenen Festessen, mit dem wir eine Gruppe von Freunden bewirtet hatten, war mir beim Reinigen einer Holzbank ein Holzsplitter tief in die Innenseite des linken Ringfingers geraten. Es gelang uns nicht, alle Splitter zu entfernen, zu tief war ein Teil in die Sehne geraten. Noch am selben Tag musste ich wegen der heftigen Schmerzen und der besorgniserregenden Entzündung in die Notfallaufnahme des Universitätsspitals. Es folgte eine medikamentöse Behandlung, die aber nicht positiv anschlug, die ganze Handfläche entzündete sich.

Mein Gott, dachte ich ängstlich, ich bin doch Vater einer kleinen Tochter und will sie und andere, hoffentlich noch zu erwartende Kinder weiterhin umhertragen können.

Schliesslich gelang es, die Entzündung wieder zu reduzieren, so dass eine operative Entfernung in Erwägung gezogen wurde. Der behandelnde Arzt klärte mich über die Chancen und Risiken der indizierten Operation auf, und ich hörte, dass der Holzsplitter an einer heiklen Stelle sass. Es war unsicher, ob die Sehne noch zu retten sei und die Beweglichkeit des Fingers wiederhergestellt werden könne. In meiner Not wandte ich mich an einen uns bekannten, sehr kompetenten Kinderchirurgen, Dr. Hartmut Baals. Hartmut erlebte ich wie einen wohlwollenden, väterlichen, großen Bruder. Er hörte mir gut zu und brachte mich in Kontakt mit einem ebenfalls sehr väterlich wirkenden Handchirurgen, der schließlich mit viel Einfühlungsvermögen und Geschick die Operation erfolgreich durchführte.

Ich konnte schon ein paar Stunden nach dem befreienden Eingriff – an einem dieser glasklaren, kalten, sonnigen Januartage, an denen einem das Licht nach dunklen November- und Dezembertagen wieder heller zu strahlen scheint – durch Zürich spazieren gehen und landete in einer Buchhandlung. Dort fiel mir Jochen Storks Buch in die Hände. Ich las gierig drauflos und war nach wenigen Minuten sicher, einen Schatz gefunden zu haben. Auf Grund meiner nicht vorhandenen Sprachkenntnisse waren mir französische psychoanalytische Autoren bisher verborgen geblieben, nun eröffnete mir Prof. Stork mit der deutschsprachigen Ausgabe »Fragen an den Vater. Französische Beiträge zu einer psychoanalytischen Anthropologie« eine neue Denkwelt, ein Denken mit dem Väterlichen Prinzip.

Ich befand mich zu dieser Zeit in meiner Ausbildung zum Psychoanalytiker. Die Entdeckung des Vaters als Befreier und Störenfried (Titel des Aufsatzes von Jochen Stork im o. g. Buch) machte meine Arbeit noch spannender. Ich arbeitete mit verhaltensauffälligen Kindern und ihren Familien in einem kinderpsychiatrisch geleiteten Sonderschulheim der Stadt Zürich.1 Die Lektüre erwies sich als überaus anregend, sowohl für meine theoretische Ausbildung wie auch für meine eigene Psychoanalyse und die Supervision meiner ersten Ausbildungsfälle.

Ich lernte die Bedeutung der Triangulierung und die Wichtigkeit der Beteiligung des Vaters an der Elternarbeit noch besser erkennen. Ab diesem Zeitpunkt konzentrierte ich mich besonders auf die Entwicklung von Elternarbeitskonzepten in meiner kinder- und jugendpsychotherapeutischen Arbeit.

Entscheidend beeinflussten mich die Seminare am Psychoanalytischen Seminar Zürich mit dem Thema »Die Arbeit mit den Eltern – die andere Hälfte jeder Kindertherapie« von Pedro Grosz. Seine Erfahrungen und sein Wissen waren in dieser Phase für mich enorm wichtig. Pedro warnte zu Recht vor einer häufig anzutreffenden unkritischen Übernahme von kinderpsychotherapeutischen Behandlungen, ohne mit den Eltern ein tragfähiges Arbeitsbündnis erarbeitet zu haben. Immer wieder erleben Kindertherapeuten und ihre Patienten unglückliche Abbrüche von Behandlungen, nicht selten in besonders intensiven Phasen, in denen die Patienten sich öffnen. Die unvermeidbaren Loyalitätskonflikte der Kinder und Jugendlichen im Beziehungsgeflecht Familie-Kind-Psychotherapeut können nur gelöst werden, wenn ein sorgfältig geplantes, aufgebautes und geschütztes Setting vorhanden ist. Nur mit der vorher erarbeiteten Erlaubnis, die die Eltern ihrem Kind geben, kann ein kreativ nutzbarer und geschützter Phantasieraum entstehen.

Für eine solche sorgfältige Elternarbeit benötige ich differenzierte Vorstellungen über die Entwicklung von Elternschaft (vgl. Garstick 2001). Als Kinderpsychotherapeut muss ich mir vorstellen können, was die Eltern in ihrem Kind sehen, und welche Erwartungen sie hinsichtlich seiner Entwicklung hatten und haben. Das Kind fühlt sich in seinem therapeutischen Raum sicherer, wenn es erlebt, dass auch die Eltern einen für sie selbst emotional stimmigen Auseinandersetzungsrahmen erfahren. Die Eltern müssen sich in ihrem Bemühen um eine adäquate Elternschaft akzeptiert fühlen. Erst dann können sie wirklich ihrem Kind die Erlaubnis geben, einen intimen therapeutischen Rahmen außerhalb ihrer direkten Kontrolle zu nutzen.

Ich interessiere mich für die Lebensgeschichten der Eltern und will verstehen, wie es ihnen ging, bevor sie das Abenteuer »Eltern werden« eingingen. Wie sahen ihre Startbedingungen, ihre Rucksäcke aus, die sie in ihren Herkunftsfamilien packen konnten. Welche Träume hatten sie, als sich das Paar kennen und lieben lernte? Gab es eine Zeit in der Beziehung der Eltern, in der es ihnen miteinander noch gut ging? Ich meine damit das, was manche Psychoanalytiker auch mit Begehren bezeichnen und mit gesunder libidinöser Besetzungsfähigkeit. Einfacher ausgedrückt, ich will im Kontakt mit den Eltern spüren können, ob es eine positive erotische Spannung zwischen ihnen gab und ob das Kind und seine Zeugung emotional besetzt werden können, also ob sie auch gern daran zurückdenken.

Im Rahmen meiner Ausbildungsvertiefung zum psychoanalytisch orientierten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten habe ich mich intensiv mit den Fragen rund um die Themenkomplexe Elternschaft, Vaterschaft und ihre Abhängigkeit von der Qualität des sexuellen Begehrens in der Mann-Frau-Beziehung der Eltern beschäftigt. Wenn es mir in der Elternarbeit mit verhaltensauffälligen Kindern gelang, das Vertrauen der Eltern zu gewinnen, hörte ich oft den Satz, »solche Gespräche hätten wir schon damals führen sollen, als unser kleiner Sohn zur Welt gekommen ist.« Deshalb wuchs in mir der Wunsch, sehr früh im Leben und Entstehen eines Kindes konstruktiv auf die möglichen Schwierigkeiten von Männern und Frauen einwirken zu können.

Ich hatte Glück mit meiner Vision. 1981 wurde ich von dem Verein Mütterhilfe – in Partnerschaft mit anderen Institutionen – als eine Art »fliegender Sozialtherapeut« für die Arbeit mit alleinerziehenden Müttern angestellt, die mit ihren Kindern in einem u. a. eigens für diese Klientengruppe konzipierten Gemeinschaftshaus lebten. Zu meinen Aufgaben gehörte die Beratung der Mütter in Fragen der Betreuung der Kinder, aber auch die Vermittlung zwischen Krippenpersonal und den Müttern bei unterschiedlichen Betreuungsvorstellungen. Durch meine sozialtherapeutische Arbeit in diesem Gemeinschaftshaus hatte ich auch einen engen Austausch mit der sozialarbeiterischen Beratungsstelle Mütterhilfe. Nach einigen Jahren holte man mich in den damals noch vorhandenen Vorstand und übertrug mir die Verantwortung für die fachliche Fortbildung der Mitarbeiterinnen. Ich brachte mein neues Wissen über Triangulierung und die Bedeutung des väterlichen Prinzips (Abelin 1986) in die Weiterbildungen des Sozialarbeiterinnenteams ein und erarbeitete gemeinsam mit dem Team Umsetzungsmöglichkeiten für die Beratungspraxis.

Dabei blieb es nicht. Die sehr engagierte Präsidentin des Vereins, Frau Claudine Bolay, forderte von mir noch konkretere Schlussfolgerungen aus dem neuesten Wissen über die Bedeutung der frühen Kindheit. Vor allen Dingen wollte sie eine flexible, rasch wirkende Hilfe für diejenigen Mütter, die nach der Geburt depressiv werden. Es gelang uns, den sozialtherapeutischen Familieneinsatz aufzubauen. Ich begleitete als Projektleiter die Arbeit einer Psychologin und einer Hebamme mit Frauen, die nach der Geburt in eine Krise geraten waren und intensive Betreuung im eigenen häuslichen Umfeld brauchten.

Diese Arbeit wurde zum festen Bestandteil des Angebotes der heutigen Stiftung Mütterhilfe Zürich.2 Sie war ein Standbein des Psychotherapeutischen Bereichs Quartett. Das andere wurde die von mir entwickelte »Elternschaftstherapie«. Mit ihr wollten wir Paare und Väter unterstützen, die durch Schwangerschaft, Geburt und die Veränderungen durch das erweiterte Beziehungsgeschehen – durch den Übergang von der Dyade zur Triade – heftiger irritiert werden.

Die Elternschaftstherapie3, in deren Rahmen auch die Unterstützung der Väter stattfindet, konzipierten wir von Anfang an familien- und vätergerecht, indem wir abends bis 20.00 Uhr und sogar an Samstagen Therapiestunden ermöglichen. Natürlich ist es hierfür wichtig, dass eine Institution solche Mitarbeiter einstellt, die sich in ihrer eigenen Lebensgeschichte in einer Phase befinden, in der dieses besondere zeitliche Engagement für andere Familien sich nicht negativ auf die eigene Familie auswirkt.

Was sind unsere Motive, von was gehen wir aus bei der Elternschaftstherapie? Der Übergang von der Paar-Beziehung hin zur Elternschaft – von der Dyade zur Triade – ist auch bei starkem eindeutigen Kinderwunsch immer wieder eine Krise für Beziehungen, und die erlebten Veränderungen werden nicht selten...


Garstick, Egon
Egon Garstick ist psychoanalytischer Sozialpädagoge und eidgenössisch anerkannter Psychotherapeut, ausgebildet in Körperorientierter und Bindungsbasierter Psychotherapie. Er arbeitet u.a. im Verein Arche Zürich und ist Dozent am Psychoanalytischen Seminar Zürich.

Egon Garstick ist psychoanalytischer Sozialpädagoge und eidgenössisch anerkannter Psychotherapeut, ausgebildet in Körperorientierter und Bindungsbasierter Psychotherapie. Er arbeitet u.a. im Verein Arche Zürich und ist Dozent am Psychoanalytischen Seminar Zürich.



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