Garbe | Lesekompetenz fördern | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 129 Seiten

Reihe: Reclams Universal-Bibliothek

Garbe Lesekompetenz fördern

[Bildung und Unterricht] - Garbe, Christine - Lesefreude vermitteln; Basiskompetenz Lesen; Praxisbeispiele - 19693
Originalausgabe 2020
ISBN: 978-3-15-961683-4
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

[Bildung und Unterricht] - Garbe, Christine - Lesefreude vermitteln; Basiskompetenz Lesen; Praxisbeispiele - 19693

E-Book, Deutsch, 129 Seiten

Reihe: Reclams Universal-Bibliothek

ISBN: 978-3-15-961683-4
Verlag: Reclam Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Lesen ist die Basiskompetenz für das Lernen in der Schule. Spätestens seit dem ?PISA-Schock? im Jahr 2000 hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Leseförderung eine Aufgabe nicht nur des Deutsch-Anfangsunterrichts, sondern aller Fächer in allen Jahrgangsstufen, also auch der weiterführenden Schulen ist. Was ist Lesekompetenz? Wie können Textverstehen, Leseflüssigkeit und Lesemotivation unterstützt werden? Warum ist gendersensible Leseförderung nötig? Wie kann Leseförderung systematisch in der Schulentwicklung verankert werden? Diese und viele weitere Fragen beantwortet Christine Garbe bündig und informativ, auf aktuellem Forschungsstand und mit vielen Hinweisen für die Umsetzung in Unterricht und Schule. E-Book mit Seitenzählung der gedruckten Ausgabe: Buch und E-Book können parallel benutzt werden.

Christine Garbe war bis 2018 Inhaberin des Lehrstuhls für Lese- und Mediensozialisation von Kindern und Jugendlichen an der Universität zu Köln. Zu den Themen Lesekompetenz, Leseförderung und Lehrerbildung leitete sie große internationale Projekte, veröffentlichte zahlreiche Forschungsbeiträge und Vorträge, führte Fortbildungen und Workshops, Schulberatungen und Evaluationsprojekte durch. Konzeption und Aufbau einer Online-Plattform zur Leseförderung von Jungen (www.boysandbooks.de). Aktuell ist sie Präsidentin der europäischen ELINET Association und leitet dort die Arbeitsgruppe 'Adolescent and Disciplinary Literacy' (European Literacy Policy Network: www.elinet.pro, dort auch weitere Informationen zur Autorin: https://elinet.pro/expert-christine-garbe).
Garbe Lesekompetenz fördern jetzt bestellen!

Autoren/Hrsg.


Weitere Infos & Material


[27]2 Förderung der kognitiven Komponenten von Lesekompetenz – Leseflüssigkeit und Textverstehen


2.1 Leseflüssigkeit


Leseflüssigkeit: die Brücke zwischen Dekodieren und Textverstehen


Wenn die elementaren Lesefertigkeiten im Prozess des Schriftspracherwerbs erlernt wurden, geht es um die Automatisierung des Lesevorgangs durch die Ausbildung einer angemessenen Leseflüssigkeit; diese ist eine grundlegende Voraussetzung für Textverstehen für Lesefreude. Nach Rosebrock & Nix, die insbesondere die angelsächsische Forschung und Praxis zu diesem Thema umfassend aufgearbeitet haben, beinhaltet Leseflüssigkeit vier Dimensionen: »auf der Wortebene beim Dekodieren von Wörtern; die der Worterkennung; auf der Satzebene eine angemessen schnelle ; die Fähigkeit zur sinngemäßen der Sätze«, also zu einem ausdrucksstarken Vorlesen (Rosebrock & Nix 2017, S. 40).

bedeutet dabei nicht nur die exakte Entschlüsselung des Wortes, inklusive der ggf. notwendigen Korrektur von Verlesungen, sondern auch die Verknüpfung mit einer im Satzkontext angemessenen Bedeutung unter Rückgriff auf das eigene ›mentale Lexikon‹; beides sind elementare Voraussetzungen für das Verstehen des Gelesenen. Dieser Vorgang lässt sich gut bei Leseanfängern beobachten, wenn sie zunächst die einzelnen Buchstaben lautieren, z. B. »B – Aa – Uu – [28]M«, und dann plötzlich erkennen, dass hier das ihnen bekannte Wort »Baum« gemeint ist. Bei ungeübten Lesern kann man umgekehrt oft beobachten, dass sie die falsche Dekodierung eines Wortes – in diesem Beispiel etwa »Raum« statt »Baum« – selbst gar nicht bemerken und so auch nicht korrigieren können, weshalb sich ihnen der Sinn des Gelesenen nicht erschließt.

Mit der ist der allmähliche Aufbau eines immer größeren ›Sichtwortschatzes‹ gemeint, so dass ein Wort nicht durch das mühsame lautliche Rekodieren der einzelnen Buchstaben erschlossen werden muss, wie oben am Beispiel »Baum« gezeigt, sondern auf einen Blick erfasst werden kann. (Vgl. zum sog. »Zwei-Wege-Modell des Lesens« sowie seiner Kritik Holle 2009, S. 109 ff. sowie Gold 2018.) Dieses Erkennen einer wachsenden Zahl von Wörtern, die in Texten häufig vorkommen (insbesondere der sog. ›Funktionswörter‹), führt sowohl zu einer Erhöhung der Lesegeschwindigkeit als auch zur Entlastung des Arbeitsgedächtnisses, das seine Ressourcen nicht mehr oder kaum noch für das Dekodieren der einzelnen Wörter einsetzen muss und sich somit auf das Verstehen des Gelesenen konzentrieren kann. Es leuchtet ein, dass eine solche Automatisierung der elementaren Lesevorgänge nur durch konstantes Üben und Praktizieren zu erreichen ist, wie wir dies auch kennen vom Erlernen des Autofahrens, eines Musikinstrumentes oder einer Sportart. Auch hier kann man sich erst den anspruchsvolleren Herausforderungen zuwenden – bei Autofahren etwa der Aufmerksamkeit auf den Verkehr, die Verkehrsschilder oder der Unterhaltung mit den Mitfahrern –, wenn man die elementaren Prozesse (Gas geben, schalten, bremsen, lenken usw.) sicher beherrscht.

Die dritte wichtige Komponente der Leseflüssigkeit ist die . Sie ist am einfachsten zu erfassen, denn hier gilt die Maßeinheit WpM (gelesene Wörter pro Minute) [29]oder RWpM (Anzahl richtig gelesener Wörter pro Minute, vgl. Holle 2009, S. 147 ff.). Die (angelsächsische) Forschung geht davon aus, »dass das Lesetempo beim lauten Lesen gegen Ende der Grundschule dem normalen Sprechtempo gleichkommen und damit für geübte LeserInnen über 200 Wörter pro Minute betragen sollte.« (Holle 2009, S. 147) Wenn man allerdings in Rechnung stellt, dass die deutsche (Schrift-)Sprache aufgrund der häufigen Komposita viele lange Wörter enthält, sollte dieser Richtwert nach unten modifiziert werden; so sprechen Rosebrock & Nix als Richtwert von einer »Betriebsgeschwindigkeit« von etwa 150 Wörtern pro Minute bei Texten mittlerer Schwierigkeit« (Rosebrock & Nix 2017, S. 39) und weisen zugleich darauf hin, dass ein Lesetempo auch von der jeweiligen Textschwierigkeit abhängt. Wichtig ist eine angemessene Lesegeschwindigkeit vor allem als Grundlage für das Textverstehen: Das menschliche Arbeitsgedächtnis (also das Kurzzeit-Gedächtnis) kann Inhalte nur für kurze Zeit speichern (etwa für 2 Sekunden, vgl. Hunziker 2006); darum haben Leseanfänger und nicht-flüssige Leser*innen oftmals den Satzanfang bereits vergessen, wenn sie am Ende angekommen sind, so dass das Verstehen des Gelesenen nicht stattfinden kann.

Eine ist die Grundlage für ein ausdrucksstarkes Vorlesen und dieses bildet wiederum die Voraussetzung für das Verstehen. »Beim angemessenen Vorlesen wird der Satz schon während der Lektüre in zusammengehörige sinnvolle Teilabschnitte gegliedert, mit einer sinnvollen Betonung, Intonation, Pausengestaltung und einem angemessenen Rhythmus wird das Gelesene sinnhaft strukturiert.« (Rosebrock & Nix 2017, S. 39) Umgekehrt ist dies oft eine entscheidende Hürde für ungeübte Leser*innen, die den Zugang zum Verstehen blockiert; von ihnen werden oft Satzteile zusammengefügt, die syntaktisch oder semantisch nicht zusammengehören, Satzzeichen überlesen und [30]Ähnliches. Die syntaktisch und semantisch angemessene Sequenzierung insbesondere von komplexen Satzgefügen (die in der deutschen Schriftsprache häufig anzutreffen sind) ist darum vielleicht die anspruchsvollste Teilleistung beim Erwerb von Leseflüssigkeit.

Leseflüssigkeit gilt in der angelsächsischen Forschung als »Brücke« zwischen Dekodieren und Textverstehen, also zwischen dem mühsamen Erlesen einzelner Buchstaben, Silben und Worte und dem inhaltlichen Verstehen des Gelesenen; Letzteres – die (Re-)Konstruktion der Bedeutung des Gelesenen – wird erst gelingen, wenn nicht mehr die gesamte kognitive Aufmerksamkeit für das Entziffern von Buchstaben und Worten aufgewendet werden muss. Das wird aber erst dann der Fall sein, wenn die von Rosebrock & Nix beschriebenen basalen Lesefertigkeiten durch häufige Praxis wurden, wenn also ein gewisser Grad an erworben wurde. Während man in den USA auf der Basis zahlreicher Untersuchungen seit langem um die elementare Bedeutung dieses Bindeglieds zwischen Dekodieren und Textverstehen weiß, wurde in der deutschsprachigen Lesedidaktik dieser Entwicklungsschritt lange Zeit vernachlässigt; erst in den letzten Jahren findet er zunehmend Beachtung. Inzwischen gilt als gut belegt, dass erst eine angemessene Automatisierung der elementaren Lesefertigkeiten das Arbeitsgedächtnis des Lesers so weit entlastet, dass es für höhere Verstehensleistungen verfügbar ist.

Allerdings ist eine angemessene Leseflüssigkeit nur durch konstante zu erwerben – ähnlich wie beim Erlernen des Autofahrens, einer Sportart oder eines Musikinstruments. Wenn ein solches Üben nicht mehr automatisch durch extensives und lustorientiertes Freizeitlesen geschieht, ist die Gefahr groß, dass die ungeübten Leser*innen auf einem niedrigen Niveau ihrer Lesefertigkeiten stagnieren und gar nicht die [31]Voraussetzungen erwerben, um Lesen als eine lustvolle Tätigkeit zu erfahren. Darum ist es für die Förderung von Lesekompetenz von Lesemotivation zentral, zunächst an dieser Dimension anzusetzen und zu trainieren, damit die schwachen Leser*innen nicht aller weiteren Entwicklungschancen beraubt werden.

Training von Leseflüssigkeit ist wie Fußballtraining – ein Beispiel aus der Praxis

In dem Kölner Leseförderprojekt »kicken&lesen Köln« wird das wöchentliche Training von Leseflüssigkeit in Analogie zum wöchentlichen Fußballtraining den teilnehmenden Jungen (aus der 5. und 6. Klassenstufe) sinnfällig gemacht: Das »Tandem-Lesen« aus dem Repertoire der sog. »Lautleseverfahren« (s. u.) ist ein regelmäßiger Bestandteil der wöchentlichen 90-minütigen Arbeitsgemeinschaften. Die Jungen lernen dabei nicht nur ihre Lesegeschwindigkeit und Lesegenauigkeit zu erhöhen, sondern sollen zugleich erkennen, dass Lesen ebenso wenig eine mysteriöse Angelegenheit ist wie das Fußballspielen, sondern dass man durch »Training« auch hier seine eigenen Fähigkeiten gewaltig verbessern kann.

Zum Projekt insgesamt siehe: kickenundlesenkoeln.de; unter »Download« u. a. das Konzept des Projekts; zum Leseflüssigkeitstraining speziell: Reifenberg & Barnieske 2015.

[32]Wie lässt sich Leseflüssigkeit diagnostizieren?


Grundsätzlich kann man unterscheiden zwischen standardisierten Tests und eher informellen Verfahren einer formativen Lernstandsfeststellung, die sich beide ohne großen Aufwand im Unterricht einsetzen lassen. Unter den ist das »Salzburger Lesescreening«...



Ihre Fragen, Wünsche oder Anmerkungen
Vorname*
Nachname*
Ihre E-Mail-Adresse*
Kundennr.
Ihre Nachricht*
Lediglich mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Wenn Sie die im Kontaktformular eingegebenen Daten durch Klick auf den nachfolgenden Button übersenden, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Ihr Angaben für die Beantwortung Ihrer Anfrage verwenden. Selbstverständlich werden Ihre Daten vertraulich behandelt und nicht an Dritte weitergegeben. Sie können der Verwendung Ihrer Daten jederzeit widersprechen. Das Datenhandling bei Sack Fachmedien erklären wir Ihnen in unserer Datenschutzerklärung.