Buch, Deutsch, 416 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 206 mm, Gewicht: 886 g
Rheinhessische Wege in den Nationalsozialismus, Band 3
Buch, Deutsch, 416 Seiten, Format (B × H): 148 mm x 206 mm, Gewicht: 886 g
ISBN: 978-3-910725-17-1
Verlag: Worms Verlag
Das Buch beleuchtet die kulturellen Entwicklungen und Spannungsfelder in Rheinhessen in der Zeit zwischen Weimarer Republik und nationalsozialistischer Diktatur. Im Fokus stehen kulturelle Institutionen, Vereine, Akteure und Ausdrucksformen, die in dieser Zeit politisiert, gleichgeschaltet oder verdrängt wurden – aber auch solche, die bewusst Widerstand leisteten oder alternative Räume schufen.
Zahlreiche Beiträge befassen sich mit der Rolle von Vereinen, Volksbildungsinitiativen und Laienkultur in der Region. Dabei wird gezeigt, wie eng verwoben Kulturarbeit mit politischen Strömungen war – von liberalen Bildungsvereinen bis zu katholischen oder sozialistischen Gruppen.
Behandelt wird auch die Kulturarbeit im Zeichen der Demokratie und ihr Wandel. In der Weimarer Republik erlebte Rheinhessen eine kulturelle Blüte, etwa durch Theaterinitiativen, Kino, Literaturzirkel oder die Volksbühne. Viele dieser Institutionen gerieten nach 1933 unter Druck oder wurden gleichgeschaltet, denn ab da griff der Nationalsozialismus massiv in das kulturelle Leben ein. Der Band zeigt, wie Musikvereine, Theatergruppen, Kirchenchöre oder Heimatvereine ideologisch vereinnahmt oder kontrolliert wurden – teils durch subtile Anpassung, teils durch offene Repression.
Porträts historischer Akteure (z. B. Friedrich Illert, Carlo Mierendorff, Wilhelm Hoffmann) zeigen, wie Einzelpersonen Kultur nicht nur gestaltet, sondern auch gegen politischen Druck verteidigt oder – im anderen Fall – im Sinne des NS-Regimes instrumentalisiert haben.
Selbst scheinbar unpolitische Felder wie kirchliche Feste, die Fastnacht oder das Erntedankfest wurden kulturell aufgeladen. Der Band analysiert, wie traditionelle Bräuche unter nationalsozialistische Deutungshoheit gerieten.
Der regionale Fokus liegt auf Städten und Gemeinden in Rheinhessen. So entsteht ein kleinteiliges Bild regionaler Kulturarbeit unter politischem Wandel.
Der dritte Teil der Reihe „Rheinhessische Wege in den Nationalsozialismus“ leistet einen wichtigen Beitrag zur regionalhistorischen Aufarbeitung der Jahre 1919 bis 1939. Er zeigt, dass Kultur nicht neutral ist, sondern stets im Spannungsfeld von Gesellschaft, Politik und Machtverhältnissen steht. Der Band macht zudem deutlich, wie viele kulturelle und zivilgesellschaftliche Strukturen – die in der Weimarer Zeit demokratisch geprägt waren – durch den Nationalsozialismus zerstört oder umgedeutet wurden. Zugleich erinnert er an mutige Personen und Initiativen, die auch in schwierigen Zeiten Bildung, kritisches Denken und kulturelle Vielfalt aufrechterhielten.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Vorwort
Volker Gallé / Gunter Mahlerwein:
Einleitung Volker Gallé
Von der linksliberalen Volksbildungspolitik zur nationalsozialistischen Volkstumspolitik – Strukturen und Personen der hessischen Kulturpolitik zwischen den beiden Weltkriegen
Einleitung: Die Bedeutung des Volksbegriffs
Rheinhessen im Volksstaat Hessen
Linksliberale Volksbildungspolitik in Hessen 1919–1933
Volkskunde in Hessen
Außeruniversitäre Volkskunde
Der Volkstanzforscher Hans von der Au
Der NS-Propagandist Heinrich Erwin Steinike
Der NS-Funktionär Friedrich Ringshausen
Resümee
Gerold Bönnen
Friedrich Illert und die Wormser städtische Kulturpolitik zwischen Weimarer Republik und NS-Diktatur (1922 bis 1945)
Zum Auf- und Ausbau eines kulturellen Profils durch Dr. Friedrich Illert (1922 bis 1932)
Das Museum der Stadt im Andreasstift und die Städtischen Sammlungen
Illert übernimmt: Bemächtigung des Museums und Etablierung der ‚Städtischen Kulturinstitute‘ 1933/1934
Zur Rolle des Wormser Altertumsvereins
Kontinuität und Wandel in den Inhalten: Das Nibelungenthema
Illert als vermeintlicher Retter der Wormser Judaica ab 1938
‚Bemüht, die echten Kulturwerte der Stadt und mit ihnen das Wohl der Stadt zu fördern und zu verteidigen. – Bemerkungen zu Illerts Wirken nach 1945
Ullrich Hellmann
Die Kunst- und Gewerbeschule Mainz zwischen 1918 und 1933
Kunst- und Gewerbeschule in der Stadt
Pénétration pacifique?
Unter neuer Direktion
Lehrkräfte und Lehrprogramm
Berufungen unter den Maßgaben der Sparpolitik
Studienarbeiten
Studium in schwierigen Zeiten
Neubau am Pulverturm und die Reichswesthilfe
Neuordnung des Fachschulwesens und Hochschuleuphorie
Handwerk, Kunst, Gewerbe und Schule
Ab 1933 – Schlag auf Schlag
Zerstörte Perspektiven. Die Leiterin der Modeklasse Ella Margold (1886–1961)
Henri Bick
Das katholische Milieu in Nackenheim und der Nationalsozialismus
Nackenheim zwischen Weimarer und NS-Zeit
Ein katholisches Milieu
Vereinswesen
Gläubige
Öffentlicher Raum
Erziehung und Bildung
Schlussbetrachtung
Maylin Amann
Der Katholische Kaufmännische Verein Mainz. Ein Beispiel katholischer Fastnacht zwischen 1925 und 1955
Einführung
Der Mainzer Katholizismus und die Fastnacht seit dem 19. Jahrhundert
Der KKV und seine Vereinsgeschichte: Ein katholischer Verein in der Fastnacht
Fazit
Ausgehen in Mainz 1927–1934
Franziska Kaiser: Einleitung
Rebecca Ehlert: Festkultur in Mainz und Umland
Til Kunzer: Tanz und Unterhaltungsmusik
Jasmina Kreher: Musik
Charlotte Hennen: „Täglich Gastspiel“ – Ausgehen ins Theater
Gwendolin Bertram: „Ein neuer Beweis der Leistungsfähigkeiten der Ufa!“ – Kino und Film in Mainz
Franziska Kaiser: „In Berlin, Dresden, Hamburg u. a. m. w[aren] die Vorträge tagelang vorher ausverkauft“
Franziska Kaiser: Resümee
Gunter Mahlerwein
„Was bringen die Lichtspiele?“ – Zur Geschichte eines rheinhessischen Dorfkinos zwischen Weimarer Zeit und NS
„Hätte ich das Kino. – Vorüberlegungen zu Angebot und Nachfrage
Kein ganz normales Dorf: Guntersblum in der Weimarer und der NS-Zeit
Kino auf dem Land
Modernes Kino in alter Scheune – das „Lichtspielhaus“ Guntersblum
Das Programm
Fazit
Philipp Lukas / Volker Gallé
Zu Jugendkulturen in Rheinhessen zwischen 1919 und 1939
Einleitung
Jugendkulturen in Deutschland
Rahmenbedingungen in Rheinhessen
Das völkisch-nationalistische Milieu
Das Milieu der Arbeiter*innenbewegung
Erzwungene Ausgrenzung
Jüdische Jugendorganisationen
Kulturkonflikte
Konfliktfelder
Franziska Kaiser
„Freude machen wollen. – Mainzer Sportvereinskultur in den 1920er- und 1930er-Jahren
Die Entwicklung des Mainzer Sports im 19. Jahrhundert
Mainzer Sportvereine in der Weimarer Republik
Vereinssport ab 1933 – Aufbruch und Umbruch
Fazit
Andreas Linsenmann
Das Mainzer Konservatorium / die Musikhochschule zwischen Weimarer Republik und „Drittem Reich“
Musik und Politik: Vorüberlegungen
Vom privaten Konservatorium zur städtischen Musikhochschule
Exponierte Akteure
Musikpädagogische und musikalische Ausrichtung
Schlussbetrachtung
Philipp Knauf
Szenenwechsel – Rheinhessisches Laientheater in den 1920er- und 1930er-Jahren
Struktur des Laientheaters in Rheinhessen
Die „Volksbühne 1908 Worms e.V.“: Ein Fallbeispiel
Die „Volksbühne 1908 Worms e.V.“ im nationalsozialistischen Staat
Burkard Keilmann
„Die gefallenen Kameraden, unser leuchtendes Vorbild“ – Erinnerung an die Vergangenheit – ein Weg in die Zukunft?
Henrik Drechsler
„Und wenn nicht jetzt, wann denn?“ – Das erste Jahr der NS-Diktatur aus der Perspektive einer jüdischen Zeitung in Rheinhessen
Zeitungen als Bestandteil der Verbandskultur
Der Landesverband der Israelitischen Religionsgemeinden Hessens bis 1933
Das Jahr 1933 aus der Perspektive des Mitteilungsblattes der Israelitischen Religionsgemeinden Hessens
Rainer Karneth
„Sich auf deutsche Art zu freuen …“ – „Deutsche Abende“ im Rheinhessen der späten Weimarer Republik
„Deutsche Abende“ – ein Veranstaltungsformat wird reaktiviert
Kultursoziologischer Exkurs – Fest und Feier
Kaleidoskop der „Deutschen Abende“
Christian Müller
Erntedank unter dem Hakenkreuz: Das Erntedankfest in Heidesheim (1933–1938)
1. Einleitung
2. Erntedank und Milieus in Heidesheim während der Weimarer Republik
3. Erntedank unter dem Hakenkreuz
4. Epilog: Neuanfang oder Neuerfindung? – Das Erntedankfest nach 1945
Paul Birkner
Tagungsresümee
Kontinuität und Wandel
Ähnlichkeit und Differenz
„Regionale Moderne“?
Volker Gallé
Literatur in Rheinhessen zwischen 1919 und 1939 – ein Werkstattbericht
Ortsregister
Personenregister
Die Autor*innen