E-Book, Deutsch, Band 6, 232 Seiten
Fröbel / Brodbeck Keilhauer Werbeschriften
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-6951-7827-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Erweiterte und in moderne Schrifttypen transkribierte Neuauflage
E-Book, Deutsch, Band 6, 232 Seiten
Reihe: Frühe Schriften zur Fröbelpädagogik
ISBN: 978-3-6951-7827-8
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Friedrich Wilhelm August Fröbel (1782-1852) ist weltweit als Begründer der Kindergarten-Idee bekannt. Sein besonderes Verdienst besteht darin, die Bedeutung der frühen Kindheit nicht nur erkannt, sondern durch die Schaffung eines Systems von Liedern, Beschäftigungen und Spielgaben die Realisierung dieser Erkenntnisse vorangetrieben zu haben. Darüber hinaus machte er sich auch um die Schulpädagogik und Berufsausbildung (speziell für Frauen) verdient, wirkte als Publizist und wird von manchem als ein Inspirator der Kunst und Architektur der Moderne gesehen. Seine Lebenszeit, umrahmt von der Französischen Revolution und der bürgerlich - demokratischen Revolution in Deutschland, war in Europa durch die geistigen Strömungen der Aufklärung und der Romantik gekennzeichnet. Die aufklärerische Welthaltung war geprägt von aktiver Weltaneignung, das Credo der Romantik war die Hinwendung zur Innerlichkeit. Fröbel gelang es wie kaum einem anderen, diese scheinbar widerstreitenden geistigen Tendenzen in seinem Denken und Schaffen in Einklang zu bringen. Lernen und Entwicklung hieß für ihn, der Mensch solle Inneres äußerlich und Äußeres innerlich machen, also zur 'Lebenseinigung' finden. Dies war einer der festen Orientierungspunkte all seines pädagogischen Denkens, Schaffens und Wirkens.
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
(1820)
Vorwort
Dieser Text ist ein Zeugnis tiefster pädagogischer Überzeugung und zugleich ein Aufruf an das deutsche Volk, sich seiner geistigen und sittlichen Verantwortung bewusst zu werden. Entstanden in einer Zeit des Umbruchs und der Neuorientierung, spricht hier eine kleine Gemeinschaft von Menschen, die sich der Erziehung als dem höchsten und heiligsten Werk menschlicher Tuns verschrieben hat.
Was in diesen Zeilen zum Ausdruck kommt, ist nicht bloß ein pädagogisches Programm, sondern ein Lebensentwurf: Die Erziehung des Einzelnen soll zugleich der Erziehung des Volkes dienen. Die Familie, der Stand, das Vaterland und das Volk werden als ineinander verwobene Kreise verstanden, in denen sich das Menschliche entfaltet und in denen Erziehung als verbindende Kraft wirkt.
Die Verfasser sprechen aus der Erfahrung gemeinsamer Arbeit, aus der Tiefe gelebter Überzeugung und aus dem Vertrauen in die göttliche Ordnung, die allem menschlichen Streben Richtung und Sinn verleiht. Ihre Worte sind getragen von einem hohen Ernst, von Liebe zum Menschen und von dem Glauben, dass wahre Bildung nur aus dem lebendigen Wechselverhältnis zwischen Gott und Mensch hervorgehen kann.
Dieses Schriftstück ist kein flüchtiger Gedankengang, sondern ein Fundament. Es ist eine Einladung zur Prüfung, zur Mitwirkung und zur Erneuerung – für jeden, der sich als Teil des deutschen Volkes versteht und bereit ist, an dessen geistiger und sittlicher Hebung mitzuwirken.
Möge dieser Text auch heute noch jene berühren, die in der Erziehung mehr sehen als bloße Wissensvermittlung – nämlich die Gestaltung des Menschen in seiner ganzen Tiefe und Würde.
An unser deutsches Volk
(Friedrich Fröbel, Keilhau 1820)
Aus einem unbekannten Punkt, aus einem kleinen, verborgenen Tal unseres gemeinsamen Vaterlandes redet eine kleine Gesellschaft von Menschen, welche Glieder von nur wenigen Familien, sämtlich Deutsche sind, zu euch.
Sie sind Glieder aller Familienverhältnisse: Sie sind Vater, Mutter, Eltern; sie sind Bruder, Schwester, Geschwister; sie sind Verwandte und Freunde. Vater- und Mutter-, Bruder- und Schwester-Sinn und -Liebe, Liebe zu den Verwandten und Sinn für Verwandtschaft, Freundesherz, Liebe zu den Freunden verknüpfen sie – und verknüpfen sie seit Langem.
In verschiedenen deutschen Landschaften, in drei deutschen Gebirgsregionen wurden sie geboren und erzogen; aber eine Liebe vereinte sie: die Liebe zum Menschen, zur Ausbildung und Darstellung des Menschlichen, der Menschheit im Menschen.
Da diese Liebe echt, lauter und rein war, konnte sie in keinem Streben, in keinem Zweck entsprechender, umfassender und genügender hervortreten, sich gegenseitig betätigen, als im Wirken für gegenseitige Erziehung – in gegenseitiger Erziehung, in gegenseitig vereinter Tätigkeit für diesen Zweck.
Lange schon hatte in allen dieses Bedürfnis, teils in Beziehung auf sich, teils in Beziehung auf die, welche Gott ihnen schenkte und mit welchen Gott sie durch das Blut verband, gelebt.
Seit Langem hatten einige die Bedingungen dazu unter den mannigfachsten, entgegengesetztesten Verhältnissen in sich bearbeitet und sich anzueignen gesucht, bis endlich das gemeinsame Bedürfnis sich lebendig in ihnen allen aussprach und sie aus den verschiedenen Gegenden des Vaterlandes durch eine Liebe, durch Liebe zu einem für gleichen Zweck geeinten Ganzen, zu einer einzigen Familie, zu einer erziehenden Familie in einem kleinen Dorf eines stillen Tales zusammenzog.
So ist nun seit einigen Jahren angewandte Erziehung der Zweck aller unserer Tätigkeit. Was früheres, ja lebenslängliches Nachdenken, Forschen und Vergleichen uns als Wahrheit lehrte, wurde nun der Gegenstand der Anwendung an uns und in unserem Kreis mit ununterbrochenem Nachdenken, Forschen und Vergleichen.
Wir stehen aber nicht allein in der Welt; außerdem, dass wir Glieder verschiedener Familien aus allen bürgerlichen Verhältnissen sind, sind wir auch Glieder eines Volkes – eines großen Volkes. Wir konnten und durften uns also nicht für uns allein, sondern wir mussten – so wie in jeder in sich geschlossenen Familie sich jedes Glied für die Erhaltung, für das Bedürfnis der Familie erzieht und ausbildet – auch uns für unser Volk, für das Bedürfnis, für die Forderungen unseres Volkes erziehen.
Um dies zu können, mussten wir die Bedürfnisse und Forderungen unseres Volkes zur Erkenntnis und Einsicht bringen; wir mussten über alle Bedürfnisse und alle Forderungen unseres Volkes nachdenken und ihre entweder verschiedenen oder gemeinsamen Quellen aufsuchen.
Hier kamen wir von allen Seiten, aus allen Beziehungen, aus allem, was uns äußerlich darüber ausgesprochen wurde, was wir als Forderung an andere hörten und sahen, was uns aus den mannigfaltigen Erscheinungen und Bestrebungen im Volk, mit dem Volk, in den verschiedenen Ständen des Volkes, in den verschiedenen Geschäftskreisen und bürgerlichen Verhältnissen, in dem verschiedenen Alter nur immer bekannt wurde, einstimmig zur Erziehung, zur Volkserziehung durch die Erziehung jedes Einzelnen für seine Familie, für seine Geburt, sein Vaterland, für seine Tätigkeit, sein Tun – als zu dem Grund- und Quellenbedürfnis des deutschen Volkes, in welchem alle Erscheinungen desselben, wie sie auch Form und Namen haben mögen, ihren Grund haben.
Wir fassten daher den Gedanken, für dieses Bedürfnis zu wirken. Wir erkannten es für uns wie für jeden Einzelnen überhaupt als Pflicht, über die Erfüllung dieser Forderung, über die Befriedigung dieses Bedürfnisses mit allem Ernst und unter genauer Beachtung dessen, was uns Forschung und Erfahrung über Erziehung gelehrt haben, nochmals nachzudenken. Und wir fanden bald, dass Familien-, Standes-, Landschafts-, Vaterlands- und Volkserziehung – dass alle Erziehung eine Erziehung, Menschheitserziehung sei, nur in verschiedenen Graden des Umfangs und der Ausbildung; dass alle Erziehung aus einer einzigen Quelle, der Einheit des Geistes, hervorgehe, ein Ziel und einen Zweck – Entwicklung, Ausbildung und Anwendung des Geistes – haben müsse.
Da sich unsere Lehre, unser Unterricht, unsere Erziehung auf das allgemein Menschliche gründet; da alle Lehre, aller Unterricht, alle Erziehung für besondere Zwecke aus ihr – wie verschiedene Zweige nach verschiedenen Seiten hin – hervorwachsen; da wir überhaupt in allem von der Entwicklung und Ausbildung des allgemein Menschlichen zu dem Besonderen und Besondersten herabsteigen: so erkannten wir, dass diese Erziehungsweise, der Erziehungsgang, den wir gehen, jeder Familie, jeder Landschaft, dem ganzen Vaterland, dem ganzen Volk und allen Gliedern desselben angemessen sei und sein müsse.
Wir legen, da ja jeder gut erzogen werden soll, unsere Erziehung – ihren Grundsätzen, ihrem Wirken und Leben nach – dem ganzen Volk, jedem Glied des Volkes, welches mit uns erkennt, dass der Einzelne und das Ganze Bedürfnisse und Forderungen haben, zur Prüfung vor, damit es selbst entscheide: ob eine durchgreifende, auf die Forderungen und Bedürfnisse des Lebens und der Zeit gegründete Erziehung allen Forderungen, allen Bedürfnissen des Volkes entspreche, sich in ihnen auflöse; ob ihre Darstellung und Ausführung gleichsam die Quelle der Mittel zur Befriedigung aller sich aussprechenden Bedürfnisse und Forderungen des Volkes als eines Ganzen und jedes Einzelnen – in Beziehung auf sich allein und als Glied dieses Ganzen – erfassend in sich schließe.
Wir gründen unsere Erziehung auf die einfachste, von allen Menschen gemachte, von jedem Menschen in jedem Augenblick wiederholt zu prüfende Erfahrung und Erkenntnis: dass kein Ding in der Natur – also auch der Mensch, als Teil der Natur und in ihr lebend – sich sein Dasein selbst gegeben hat; dass vielmehr alle Dinge der Natur – also auch die Menschen – ihren Grund in einem letzten, allumfassenden Einen – Gott – haben. Und wir bemerken (wie jeder, der auf sein tägliches Leben aufmerksam ist, jeder Lebende und Sprechende bemerken kann, und wie – so wie uns scheint-jeder Mensch diese Erfahrung machen muss), dass wir, so wenig wir uns unser Leben und Dasein gegeben haben, ebenso wenig durch unsere eigene Macht, sondern durch den Gebrauch und die Kraft der Mittel, die Gott in uns durch eine Seele, einen Geist, ein Gemüt gelegt hat, und durch die nach den Forderungen des Geistes gebrauchten Kräfte der uns umgebenden Naturwesen unser Dasein forterhalten.
Wir gehen von der ganz einfachen Beobachtung aus, die jeder Mensch, der wahrhaft auf sich und sein Leben und auf das Leben und Wirken aller ihn Umgebenden achtet, gemacht hat und täglich und stündlich wiederholen kann: dass wir nur durch, nur aus Gott unser Leben haben, nur in Gott und durch Gott leben, weben und sind – und dass so auch alle Dinge nur aus Gott sind und nur in Gott Leben und Fortbestehen haben.
Auf diese ganz einfache Erfahrung – „Gott ist unser Vater" – die sich uns durch unser ganzes Leben bis ins reife Mannesalter bestätigt hat, gründet sich all unser Handeln,...




