E-Book, Deutsch, 381 Seiten
Froböse Die Gesundheitsformel der 100-Jährigen
1. Auflage 2020
ISBN: 978-3-96584-124-6
Verlag: ZS - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
7 Schlüssel für ein langes Leben
E-Book, Deutsch, 381 Seiten
ISBN: 978-3-96584-124-6
Verlag: ZS - ein Verlag der Edel Verlagsgruppe
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Blue Zones – wo Altsein normal ist
Wer Langlebigkeit wissenschaftlich erforschen möchte, muss dorthin gehen, wo möglichst viele hochbetagte Menschen leben. Besonders verdient gemacht haben sich in den Anfängen dieses Forschungsfelds die beiden Wissenschaftler Dr. Gianni Pes von der Universität Sassari auf der italienischen Insel Sardinien und Dr. Michel Poulain von der Katholischen Universität Löwen in Belgien.
Im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten zur Demografie bestimmter Gesellschaften und Kulturen war den beiden Wissenschaftlern im Jahr 2000 aufgefallen, dass speziell in der Provinz Nuoro mit ihren 74 kleinen Gemeinden im östlichen Teil Sardiniens europaweit die größte Ansammlung an männlichen 100-Jährigen anzutreffen ist. Auf einer Landkarte der Region kreisten sie – zufällig mit einem blauen Stift – jene Dörfer ein, wo besonders viele männliche Hochbetagte wohnten. Die beiden Forscher bezeichneten von da an diese speziellen Regionen als „blaue Gebiete“: Das war die Geburtsstunde des mittlerweile sehr populären Begriffs „Blue Zones“. Er steht weltweit für Regionen mit auffällig vielen, sehr alten Menschen, also für Zentren der Langlebigkeit.
Gemeinsam mit dem Journalisten Dan Buettner erweiterten Pes und Poulain die Blue Zones um die japanische Insel Okinawa sowie um die kleine Adventisten-Gemeinde Loma Linda im Süden Kaliforniens. Später kamen dann noch die Halbinsel Nicoya in Costa Rica und die kleine griechische Insel Ikaria in der nördlichen Ägäis dazu.
Blue Zones in der Kritik
Die Blue Zones haben weltweit große Aufmerksamkeit erregt, versprach man sich doch, dort einen „Jungbrunnen“ für die Menschheit zu finden. So verwundert es nicht, dass das Konzept der blauen Zonen sowohl wissenschaftlich als auch moralisch hinterfragt wird: Den Entdeckern dieser Gebiete wird häufig vorgeworfen, Regionen ausgewählt zu haben, die nur über sehr dürftige statistische Aufzeichnungen verfügen. Durch fehlende Geburtsregister kann das Alter oft nur geschätzt werden, ist also keinesfalls verlässlich und nachprüfbar. Gerade Überprüfbarkeit ist aber ein grundlegender Anspruch in der naturwissenschaftlichen Arbeit.
Außerdem sind die fünf ausgewählten blauen Zonen entweder über Jahrhunderte abgeschnittene Regionen, einsame Täler und Inseln oder religiöse Enklaven, also ziemlich abgeschieden vom westlichen Fortschritt um sie herum. Die meisten sind dadurch geprägt, dass dort Menschen in relativer Armut, mit geringer Bildung und unter harten klimatischen Umweltbedingungen leben.
Wenn diese Merkmale entscheidend für die Langlebigkeit sein sollten, dann ist das Konzept der blauen Zonen sicher nicht zielführend oder gesellschaftlich akzeptabel. Genau deswegen habe ich mich von der alleinigen Betrachtung der blauen Zonen gelöst und mir auch andere regionale Beispiele vorgenommen, um einen weiteren Blick zu bekommen.
Die Alten von Okinawa
Die Forschungsgruppe Gerontologie der Universität von Kalifornien (UCLA, Los Angeles) sammelt in einer Datenbank permanent die Namen und Daten der Ü100-Menschen weltweit. Schaut man sich diese Liste an, dann fällt auf, dass 21 von 45 in Japan leben (Stand: Mai 2020). Fast die Hälfte der international ältesten Menschen sind also Japaner – ein guter Grund, genauer hinzuschauen und sich mit dem dortigen traditionellen Lebensstil intensiver zu beschäftigen. Das sogenannte Ikigai (= Lebenswert) gehört als zentraler und traditioneller Bestandteil dazu und ist in Japan weitverbreitet.
Der Hotspot der Langlebigkeitsforschung ist Okinawa, eine Insel im Süden Japans mit subtropischem Klima. Statt im Altenheim leben die meisten Hochaltrigen auf Okinawa noch allein, arbeiten oft sogar noch oder haben ein Hobby, dem sie täglich nachgehen. Pensionierung, Rente oder Ruhestand sind Begriffe, die es im Sprachgebrauch und täglichen Leben auf der Insel nicht gibt! Obwohl die Blue-Zone-Forscher sich am Alter der Männer orientierten und dadurch auch auf Okinawa kamen, fällt auf, dass es hier vor allem die Frauen sind, die eine überdurchschnittlich hohe Lebenserwartung haben. Die fast vegetarische Ernährung der Bewohner hat bereits als sogenannte Okinawa-Diät bei den Abnehmwilligen im Westen Karriere gemacht. (Obwohl sich diese Diät deutlich von der tatsächlichen Ernährung der Insulaner unterscheidet.) Dort isst man sehr häufig maximal 80 Prozent des tatsächlichen täglichen Energiebedarfs – die Wissenschaft nennt das kalorische Restriktion, die Japaner nennen es „Hara hachi bu“, was so viel bedeutet wie nur 80 Prozent zu essen. Dieses Prinzip soll bereits in den Lehren des Konfuzius verankert sein. Die Ernährung ist sehr pflanzlich ausgerichtet und enthält täglich wenig Kalorien (etwa 2000 kcal). Ganz hoch im Kurs stehen dabei Süßkartoffeln, Tofu und besonders die Bittergurke Goya mit ihren hohen antioxidativen und den Blutzucker regulierenden Bestandteilen.
TEURE GEBURTSTAGE
Bisher waren die Japaner unendlich stolz auf ihre 100-Jährigen und feierten sie jedes Jahr mit großem Aufwand. Seit mehr als 50 Jahren erhielt jeder Japaner, der 100 wurde, vom Staat ein kostbares Geschenk: eine Sake-Schale aus Silber. Außerdem gibt es im September einen Feiertag, um den Respekt vor den Alten zu dokumentieren. Die 100-Jährigen stehen dabei wie große Stars im Mittelpunkt der Feierlichkeiten. 2016 wurde die Ehrung der 100-jährigen Jubilare mit wertvollen Geschenken eingestellt, weil es dem Staat wohl inzwischen zu teuer geworden war: Als man 1963 zu zählen begann, gab es nur 153 100-Jährige, 2016 waren es 4124 Männer und Frauen! Übrigens leben in Japan aktuell etwa 70 000 100-Jährige. Um aufzufallen, braucht es also besondere Leistungen – nur alt zu sein, reicht in Japan nicht mehr. So stellte Hidekichi Miyazaki 2015 einen Rekord über 100 Meter auf: Er lief die Strecke im Alter von 105 Jahren in 42,22 Sekunden!
Die Gartenarbeit wird auf Okinawa hochgeschätzt, weil sie nicht nur viele frische Lebensmittel liefert, sondern auch Stress reduziert und reichlich Bewegung mit sich bringt. Dadurch bleiben die Bewohner aktiv und sind oft an der frischen Luft, tanken Tageslicht und Sonne. Durch die klassische Sitzhaltung auf dem Boden trainieren Japaner ihre Beinmuskeln ganz unbewusst jeden Tag mehrmals, wenn sie aus der Kraft ihrer Beine aufstehen. Außerdem wird auf Okinawa viel Sport in Form der traditionellen japanischen Sportarten wie Karate und Judo betrieben. Auch Gateball – die japanische Form des Krockets – wird fast täglich gespielt und gehört zum Leben einfach dazu. Dan Buettner berichtet sogar von über 80-Jährigen, die noch täglich für den Zehnkampf trainieren.
Doch eins kann ich Ihnen in diesem Zusammenhang nicht vorenthalten: Leider schwindet die Langlebigkeit auf der Insel langsam aufgrund vielfältiger Einflüsse. Andere japanische Städte haben aufgeholt oder Okinawa bereits überholt. Dazu mehr ab Seite 17.
Die Adventisten von Loma Linda
In Loma Linda, einer kleinen Stadt im Süden Kaliforniens, leben besonders viele Siebenten-Tags-Adventisten, also Mitglieder einer protestantischen Freikirche. Sie werden schon seit über 40 Jahren von der Wissenschaft in der „Adventist Health Study“ begleitet und beobachtet, weil es auch dort eine sehr große Menge an außergewöhnlich alten Menschen gibt. Selbst mit über 90 Jahren pflegen viele von ihnen noch ungewöhnliche Hobbys wie Wasserskilaufen und Motorradfahren. Manche üben ihren Beruf noch erfolgreich aus. In dieser großen Studie wollen die Forscher ermitteln, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen der Langlebigkeit und speziellen Ernährungsmerkmalen gibt. Die Menschen in Loma Linda leben im Schnitt, so die Angaben von Journalist Dan Buettner, etwa vier bis sieben Jahre länger als die übrigen Bewohner Kaliforniens.
Die Adventisten selbst sagen, dass ihr Glaube und vor allem ihre optimistische Einstellung zum Leben sie so lange gesund und fit halten. Dass beides sicher eine wichtige Rolle spielt, beweisen zahlreiche Studien, die bereits mit Bewohnern von Klöstern gemacht wurden. Die alten Mönche und Nonnen berichten, dass sie Stress kaum kennen und dass ihnen besonders die Kameradschaft und die Nähe zu Gleichgesinnten viel Kraft und Unterstützung gibt.
Fettleibigkeit ist in der Gemeinde völlig unbekannt: Der Body-Mass-Index (BMI) liegt bei den meisten deutlich unter 30 oder sogar unter 25. (Ab einem BMI von 30 spricht man von Adipositas bzw. Fettleibigkeit, ab 25 von Übergewicht.) Die Adventisten sind täglich sehr viel zu Fuß unterwegs und essen reichlich Gemüse – mindestens dreimal pro Woche Bohnen oder andere Hülsenfrüchte und fünfmal pro Woche eine größere Portion Nüsse mit guten Omega-3-Fettsäuren. Auffällig ist auch, dass abends niemals nach 19 Uhr gegessen wird und nur kleine Portionen aus leicht verdaulichen Nahrungsmitteln auf den Tisch kommen. Außerdem trinken die Adventisten viel Wasser als Hauptgetränk, sicher fünf bis sechs große Gläser über den Tag verteilt.
Was verbindet die Zentren der Langlebigkeit?
Neben den Blue Zones gibt es noch einige weitere Regionen auf der Welt, in denen die Menschen steinalt werden – wie das italienische Dorf Campodimele, die ecuadorianische Gemeinde Vilcabamba oder die chinesische Gemeinde Bama. Zwar weist jede Kultur ihre Besonderheiten auf, und schon aufgrund der geografischen Lage sowie des Klimas müssen sich zwangsläufig Unterschiede in der Ernährung und der Lebensweise finden. Trotzdem gibt es einige Aspekte, die auf die Bewohner all dieser Gebiete auffällig häufig zutreffen und die uns den Weg zum gesunden Altern weisen:
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