E-Book, Deutsch, 288 Seiten
Frieser Leo und der Fluch der Mumie
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-7693-4763-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 288 Seiten
ISBN: 978-3-7693-4763-0
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Spuk auf hoher See! Berlin 1933. Der elfjährige Zeitungsjunge Leo wandert mit seiner Familie nach Amerika aus. Auf dem Schiff lernt er Luise aus der 1. Klasse kennen, der er seinen geheimen Fund anvertraut: ein Tagebuch! Gemeinsam lesen sie darin über die Öffnung des Grabes der altägyptischen Prinzessin Amunet, bei der ein Fluch freigesetzt wurde. Prompt taucht deren Mumie an Bord auf und versetzt die Passagiere in Angst und Schrecken. Gemeinsam mit dem Schiffsjungen Wilhelm und Émile stürzen sich Leo und Luise in ein aufregendes Abenteuer, in dem Archäologie und Nazideutschland eine Rolle spielen. Hochspannender, fesselnder Kinder-Krimi vor historischer Kulisse! Die Schauplätze: Berlin, New York, das Tal der Königinnen in Ägypten und das Dampfschiff MS Columbus Atmosphärisch dicht eingefangen von der Autorin der erfolgreichen »Oskar«-Reihe Mit Illustrationen von Constanze Spengler Zu diesem Buch finden Sie Quizfragen auf antolin.de
Claudia Frieser studierte Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, nahm an Ausgrabungen teil und arbeitete am Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, bevor sie sich auf ganz andere Weise mit der Vergangenheit zu beschäftigen begann. So entstand unter anderem ihre überaus erfolgreiche "Oskar"-Reihe um einen Jungen, den seine Zeitreisen ins Nürnberg Albrecht Dürers führen, oder der in Köln spielende Mittelalterkrimi "Der Kirchendieb."
Autoren/Hrsg.
Weitere Infos & Material
Vaterlandsverräter!
»Schmuckraub im Schlossmuseum! Schmuckraub im Schlossmuseum! Diamanten im Wert von 100 000 Reichsmark gestohlen. Von den Dieben fehlt jede Spur. Hohe Belohnung für Hinweise! Lest mehr dazu! Kauft die Berliner Morgenpost!« Leo war schon ganz heiser vom lauten Schreien. Wer als Zeitungsjunge Geld verdienen wollte, musste nicht nur gut zu Fuß sein oder jedem Wetter trotzen, sondern vor allem schreien können. Nur so machte man die Leute auf sich aufmerksam. Und natürlich gehörte auch eine ordentliche Schlagzeile dazu und die gab es heute zum Glück. »Kauft die Berliner Morgenpost! Sensationeller Museumsraub! Lest mehr dazu! Nur zehn Pfennige.« Seit sechs Uhr stand Leo schon am Alexanderplatz direkt neben einer Litfaßsäule. Um die Schulter hatte er einen Stoffbeutel hängen, in dem die Zeitungen lagen, auf seinem Kopf trug er die für Zeitungsverkäufer typische Schirmmütze mit einem selbst gebastelten Werbepappstreifen, auf dem »Berliner Morgenpost« stand. Ansonsten war er gekleidet wie alle Arbeiterkinder. Weil es am Alex lausig zog, hatte er einen dicken kratzigen Pullover an. Dazu eine knielange Hose und Strümpfe, die immer rutschten. Wenigstens durfte Leo während der Arbeit Schuhe tragen. In der Schule und beim Spielen musste er sie wieder ausziehen, um sie zu schonen, es sei denn, es war draußen schon zu kalt. Nur dann konnte sie seine Mutter wieder beim Trödler gegen andere gebrauchte Klamotten eintauschen. Zumindest war das bisher so gewesen. Vor einem Jahr hatte Leo damit begonnen, Zeitungen zu verkaufen. Damit trug er zum Unterhalt der Familie bei, die das Geld dringend brauchte. Wen scherte da das Arbeitsverbot für Kinder? Sein Vater hatte einfach das falsche Alter angegeben, ihn zwölf Jahre alt gemacht, obwohl er letzten Monat erst elf geworden war. Wieder schrie Leo: »Diamantenraub im Schlossmuseum! Lest mehr dazu!« Noch eine halbe Stunde, dann musste er zur Schule. Wenn er Glück hatte, würde er bis dahin alle Zeitungen los sein. Wenn nicht, musste er noch einmal am Nachmittag herkommen. Dann liefen die Geschäfte aber schlechter, weil die meisten Leute die Zeitung schon gekauft hatten oder auf die neuesten Nachrichten der Abendzeitung warteten. Aber hier am Alex war immer etwas los. Hunderte Passanten liefen an ihm vorbei, Männer und Frauen, alle hatten es eilig und drückten ihm im Vorbeihuschen einen Groschen in die Hand, um sich die Zeitung zu greifen. Die meisten waren auf dem Weg zur Arbeit, drängten zu den gelben Elektrischen, zu den Autobussen und zu den Fernzügen, die am Bahnhof haltmachten, oder hasteten die Stufen zur Untergrundbahn hinab. Der Alexander platz war der Verkehrsknotenpunkt in Berlin. Von hier aus konnte man sternförmig in alle Richtungen fahren. Riesige Leuchtreklametafeln an den Hausfassaden machten die Nacht zum Tag. Das Leben pulsierte hier rund um die Uhr. Rechts und links zweigten Straßen ab, auf deren Kopfsteinpflaster die Hufe der Pferdefuhrwägen klapperten, die modernen Autos ungeduldig hupten und die Straßenbahnen ihren festen Wegen folgten. Und über allem, unbeeindruckt vom Gewühle, fuhr die Hochbahn und hinterließ ihre Rauchschwaden. Oben in den Häusern wohnten Leute, unten gab es Geschäfte, Kolonialwaren und Feinkost, Damenkonfektionen, Friseursalons und Zigarrenläden, Obst- und Gemüsehandlungen, Gaststätten und Kaffeehäuser. An Straßenständen konnte man hübsch gebundene Blumensträuße kaufen oder sich von Schuhputzern die Schuhe auf Hochglanz polieren lassen. Und dann gab es noch die großen Kaufhäuser, deren Schaufenster nur so funkelten, und in denen man einfach alles bekam, was man sich nur wünschen konnte. Wenn man das Geld dazu hatte! »He, Leo, wie läuft das Geschäft?« Ein älterer Herr riss den Jungen aus seinen Gedanken. Es war Otto, der Schuhputzer, der sich eine kurze Rauchpause gönnte. »Stell dir vor, den Stumpen hab ich von ’nem feinen Pinkel als Trinkgeld bekommen.« Otto strahlte, denn in den Genuss einer edlen Zigarre kam er selten. »Hab gehört, du stehst nur noch diese Woche hier. Dann biste weg.« Leo nickte nur. Er wollte jetzt nicht darüber reden. »Mein Neffe sucht ’nen guten Job. Will wie du Zeitungen verkaufen. Willste ihm nicht den Alex Ecke Tietz abgeben? Du weißt doch, wie das ist. Die Geier lauern schon darauf.« Leo kannte die Probleme nur zu gut. Er wusste, wovon Otto sprach. Der Alex war unter den Zeitungsverkäufern heiß begehrt. Sobald Leo weg war, würde ihn sich ein anderer unter den Nagel reißen, es sei denn, er gab ihn an jemanden weiter. Selbst Leo hatte ihn von seinem großen Cousin »geerbt«. »Klar. Er soll einfach morgen früh herkommen und mir die Woche über helfen. Dann kann er das Geschäft einfach so übernehmen. Ich bring ihm alles bei. Aber Geld kriegt er nicht dafür. Das brauch ich selbst.« »Du hast ein gutes Herz, Leo Bermann«, erwiderte der Schuhputzer fröhlich und machte sich wieder an die Arbeit. Leos Blick dagegen suchte den Platz nach der Konkurrenz ab. Auch andere Zeitungen wollten an den Mann gebracht werden. Manchmal gab es Probleme mit erwachsenen Zeitungsverkäufern, die ihm seinen Platz streitig machen wollten. Aber er konnte es ihnen nicht verübeln. Die Zeiten waren schlecht. Viele Leute waren arbeitslos, viele hungerten. Doch angeblich sollte es ja jetzt besser werden, zumindest für diejenigen mit der richtigen Gesinnung. Leos Blick fiel auf die roten Hakenkreuzfahnen, die seit Ende Januar an vielen Häusern hingen. Seit Hitler an der Macht ist, war das Leben für politisch Andersdenkende und Juden die Hölle. In manchen Schaufenstern hingen Schilder, auf denen stand: Deutsche! wehrt Euch! kauft nicht bei Juden! Von seinem Vater wusste Leo, dass jüdische Arztpraxen und Betriebe immer wieder geplündert und deren Besitzer verprügelt werden. Erst neulich waren in seinem Stadtviertel zahlreiche jüdische Bewohner von Nazis brutal zusammengeschlagen worden. Sogar in der Schule war es anders geworden. Leo musste seine Lehrer jetzt immer mit »Heil Hitler, Herr Lehrer!« grüßen und dabei die Hand heben. Und in den Gängen wurden von Schülern Nazilieder gegrölt, obwohl es verboten war, auf den Fluren zu singen. Aber kein Lehrer traute sich, etwas zu sagen oder es gar zu verbieten. Leos Vater machte der ganze Nazimist krank. Sie hörten zu Hause auch nur noch selten Radio, seit Hitlers Reden aus dem Lautsprecher drangen. Sein Vater wurde dann ganz rot vor Zorn und schimpfte. Seine Mutter aber hatte Angst, dass es die Nachbarn hörten und weitererzählten. Seit die Nazis an der Macht waren, durfte jeder entlassen werden, der nicht national gesinnt war. Und sein Vater war bekennender Sozialdemokrat und hatte sich geweigert, der Nazipartei beizutreten. Nun war er arbeitslos. »Dem Herrn sei Dank, wenigstens haben sie ihn noch nicht abgeholt«, hatte Leo schon öfter seine Mutter sagen hören. Wer ihn hätte abholen sollen, wusste er aber nicht so ganz. »Diamantenraub im Schlossmuseum! Hohe Belohnung ausgesetzt! Lest mehr dazu!«, rief Leo den Passanten entgegen. Von der Friedrichstraße her sah er Fritz und Paule auf sich zukommen. Sie stammten aus dem gleichen Mietshaus wie er, viertes Hinterhaus, feucht und ohne Tageslicht. Fritz und Paule waren Brüder. In die Schule gingen sie schon lange nicht mehr, doch die Arbeit lag ihnen auch nicht. Sie machten nur Ärger. Schon zweimal hatte die Polizei wegen den beiden kommen müssen. Misstrauisch beäugte Leo die zwei. »He, du Vaterlandsverräter!«, begrüßte ihn Paule. »Nimmst hier den ehrlichen Deutschen ihre Arbeit weg!« »Vielleicht sollten wir ihm auch etwas wegnehmen«, schlug Fritz vor. »Ich bin mindestens ein so guter Deutscher wie ihr«, blaffte Leo zurück. »Ach ja? Da haben wir aber etwas anderes gehört. Die Tschierske aus der Kellerwohnung hat gesagt, dass ihr nächste Woche das Land verlasst.« »Na und? Was geht euch das an?«, entgegnete Leo, der es inzwischen leid war, sich vor allen zu rechtfertigen. »Die Zeiten sind nun mal so. Wir sind nicht die Einzigen. Mein Vater sagt, Hitler führt uns noch alle in den Krieg.« Paule trat nun drohend an Leo heran. »Pass auf, was du sagst, du Kommunistenschwein!« »Lieber ein Kommunistenschwein als ein Dreckschwein.« Kaum waren die Worte ausgesprochen, packte Paule Leo am Kragen, die rechte Faust zeigte direkt auf sein Gesicht. »Rück schon dein Geld raus, du Verräter! Deutsches Geld den Deutschen!« Leo griff in seine Hosentasche, wo er die Einnahmen verwahrte, als neben ihm eine Gestalt in blauer Uniform auftauchte. Es war der Schutzmann, der auf dem Alex Streife ging. »Was ist denn hier los?«, fragte er knurrend, wobei er mit seiner rechten Hand gegen den Gummiknüppel klatschte, der an seiner Seite baumelte. Paule ließ sofort los. »Nichts«, antwortete Fritz kleinlaut. »Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit. Wir sind auch schon weg.« Der Schutzmann sah Leo fragend an....