Friede | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 112 Seiten

Reihe: Theologisch-praktische Quartalschrift

Friede

Theologisch-praktische Quartalschrift 4/2023
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7917-6239-5
Verlag: Friedrich Pustet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Theologisch-praktische Quartalschrift 4/2023

E-Book, Deutsch, 112 Seiten

Reihe: Theologisch-praktische Quartalschrift

ISBN: 978-3-7917-6239-5
Verlag: Friedrich Pustet
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Vor welche Aufgaben stellt uns heute der im Lukasevangelium mit der Geburt Jesu verkündete Friede? Gott verheißt der ganzen Menschheit ein Leben in Fülle und Gerechtigkeit. Wir erfahren jedoch immer wieder, dass ein solches nicht von selbst entsteht und auch nicht erzwungen werden kann. Lange Zeit haben wir hoffen dürfen: Nie wieder Krieg in Europa! Friede zwischen Nationen und Religionen ist auf unserem Kontinent beinahe zur Selbstverständlichkeit geworden. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat das Vertrauen auf diesen gesellschaftlichen und zwischenstaatlichen "Normalfall Friede" tief erschüttert. Darf man angesichts dessen noch auf den verkündeten Frieden hoffen? Und wie ginge das überhaupt im Schatten eines grausamen, ungerechten Krieges? ---
Das aktuelle Heft der Theologisch-praktischen Quartalschrift rückt komplexe Fragen nach dem Frieden in den Mittelpunkt. Mit unterschiedlichen Akzentsetzungen nähern sich die Autor:innen der Beiträge dem Thema und erschließen vielfältige biblische, historische, ethische, pädagogische, ökumenische und interreligiöse Aspekte. Die weihnachtliche Friedensbotschaft kann dabei auch heute einen ermutigend Ausklang bilden, gerade dann, wenn ihr Aufgabencharakter bewusst wird: Friede nimmt seinen Anfang im Herzen eines jeden Menschen – in Herzen, die auf ein gutes Miteinander hin geformt und gebildet werden können.

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Volker Leppin Die Begegnung des Franz von Assisi mit dem Sultan – ein Friedensgespräch?
Mit Franz von Assisi wird nicht nur seine radikale, sich der Armut verschreibende Lebensweise verbunden, sondern auch sein Engagement für den Frieden der Völker und Religionen. Tatsächlich ist sein Besuch 1219 bei Sultan al-Malik al-Kamil anlässlich des Fünften Kreuzzuges historisch gut bezeugt. Doch dieses Ereignis hat eine interessante Rezeption erfahren: Zwischen Realität und Verklärung öffnet sich eine bemerkenswerte Spannung. Der deutsche evangelische Theologe Volker Leppin, der an der Yale Dinivity School Historical Theology lehrt, vergleicht die verschiedenen Varianten der Überlieferung und kommt zu einem ernüchternden historischen Befund. Nichtsdestotrotz ist das Anliegen, Frieden zwischen Nationen und Religionen zu stiften, für den Autor bleibend gültig. (Redaktion) Mit kaum einem Heiligen verbindet sich so sehr die Vorstellung von Frieden zwischen den Religionen wie mit Franz von Assisi. Als Johannes Paul II. 1986 das Friedensgebet in Assisi initiierte, machte allein schon der Ort dieser beeindruckenden Versammlung von Vertreter:innen unterschiedlichster Religionen1 deutlich, dass der Papst ganz explizit an das Erbe des Poverello anknüpfte. Johannes Pauls Nachfolger Papst Franziskus, der sich durch seinen Namen in die Tradition dieses Heiligen stellt, verband die Friedenssehnsucht in der Enzyklika „Fratelli tutti“, die er am 3. Oktober 2020 zur Vigil des Heiligen Franz veröffentlichte, recht eindeutig mit dessen Besuch bei Sultan al-Malikal-Kamil im Jahre 1219: „Es gibt eine Begebenheit in seinem [Franziskus’] Leben, die uns sein Herz ohne Grenzen zeigt, das fähig war, den Graben der Herkunft, der Nationalität, der Hautfarbe und der Religion zu überspringen. Es handelt sich um seinen Besuch bei Sultan Malik-al-Kamil in Ägypten. […] In jenem historischen, von den Kreuzzügen geprägten Moment zeigte diese Reise einmal mehr die Größe und Weite der Liebe, die er leben wollte im Verlangen, alle zu umarmen. Die Treue zu Gott, seinem Herrn, entsprach seiner Liebe zu den Brüdern und Schwestern. […] Es berührt mich, wie Franziskus vor achthundert Jahren alle dazu einlud, jede Form von Aggression und Streit zu vermeiden und auch eine demütige und geschwisterliche ‚Unterwerfung‘ zu üben, sogar denen gegenüber, die ihren Glauben nicht teilten.“2 Der letzte Satz dieses Abschnitts bezieht sich auf die Anweisungen des Franziskus in der nichtbullierten Regel (Regula non bullata) für die Brüder, die zur Mission unter die Sarazenen gehen. „Unterwerfung“ war nicht eine Form der Toleranz der anderen Religion, sondern ein Weg, die Andersgläubigen für das Christentum zu gewinnen. Jenes beeindruckende Miteinander gegenseitiger Wertschätzung, welches die interreligiösen Gebete der Gegenwart bestimmt, wird man nicht ohne Weiteres Franz von Assisi zuschreiben können – so wenig wie das schöne Lied „Herr mache mich zum Werkzeug des Friedens“ von ihm stammt. Es ist in „franziskanischen Kreisen“ kurz vor dem Ersten Weltkrieg entstanden und erstmals 1912 gedruckt worden.3 Die Suche nach den Friedensimpulsen bei Franz von Assisi muss also anders ansetzen, das heißt: bei seinen authentischen Schriften und den überlieferten Biografien. Dass Franz von tiefer Friedenssehnsucht geprägt war, wird dabei rasch deutlich: „Als Gruß, so hat mir der Herr offenbart, sollten wir sagen: ‚Der Herr gebe dir Frieden.‘“4 Das Verlangen nach Frieden war im Falle von Franz sicher auch biografisch unterfüttert: Er hat in seiner Heimatstadt nicht nur die gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Bürgertum und Adel erleben müssen,5 sondern hat selbst in langer Gefangenschaft die Folgen des Krieges zwischen den nahe beieinander gelegenen Städten Assisi und Perugia bedrängend erfahren.6 So war er auch nicht der einzige, der sich in seiner Stadt nach Frieden sehnte: In einer der (vermutlich relativ frühen) Erzählungen seines Lebens, der sogenannten Dreigefährtenlegende,7 heißt es, schon vor der Bekehrung des Franziskus sei ein anderer Zeitgenosse durch Assisi gezogen und habe gerufen: „Friede und Heil, Friede und Heil!“8 Die Friedenssehnsucht lag in der kriegerischen Zeit in der Luft. Zugleich beschränkte sich der Krieg nicht auf Auseinandersetzungen zwischen italienischen Nachbarstädten. Den näheren Hintergrund für die Begegnung des Franziskus mit dem Sultan bildete der Fünfte Kreuzzug. Seit 1218 bemühten sich die Kreuzfahrer, die Eroberung des Heiligen Landes auf dem Umweg über Ägypten zu erreichen.9 Doch die Belagerung von Damiette zog sich hin, das Kreuzfahrerlager litt unter den Enttäuschungen und wurde darüber hinaus durch Seuchen zusehends entkräftet.10 „In diese Zeit fiel der Besuch einer der seltsamsten Gestalten, die je an den Schauplätzen der Kreuzzugskriege aufgetaucht waren.“ – So führt Thomas Asbridge den Auftritt des Poverello in seiner Geschichte der Kreuzzüge ein.11 Der Ton ist wohl berechtigt. Franz, der Aussteiger aus Italien, passte zu diesen militärischen Geschehnissen wenig, und diese passten nicht zu ihm. Und doch gaben sie den historischen Rahmen ab, in welchem seine Begegnung mit dem Sultan stattfand. Das Bild vom Friedensstifter Franz steht im Gegensatz zu den kriegerischen Ereignissen um ihn her; der Gedanke an den Missionar, dem eine Sehnsucht nach dem Martyrium nachgesagt wurde,12 hingegen fügt sich in die Versuche der Kreuzfahrer ein, zugleich mit der vermeintlichen Befreiung des Heiligen Landes den Nahen Osten der muslimischen Herrschaft zu entreißen und dem Christentum zuzuführen. Beide Aspekte gehören zusammen – Franziskus kann nicht nur im Gegensatz zur Kreuzfahrerbewegung gesehen werden, sondern ist auf dialektische Weise auch mit ihr verschränkt. All diese Überlegungen setzen voraus, dass jene Begegnung tatsächlich stattgefunden hat, und können das mit gutem Grund tun: Anders als viele andere Ereignisse im Leben des Franziskus ist dieses nicht allein durch franziskanische Quellen bezeugt, sondern vielfach auch durch andere Erwähnungen und Berichte, freilich nur von christlicher Seite.13 Unter ihnen sticht der schon im Frühjahr 1220 entstandene Bericht des Bischofs von Akkon, Jakob von Vitry, hervor. Diesem lässt sich entnehmen, dass Franz in das Heerlager der Sarazenen gegangen und dort mehrere Tage geblieben sei.14 So kurz nach dem Geschehen und in einem Kontext, in welchem Zeitzeugen genug Gelegenheit gehabt hätten, zu widersprechen, wird man die Nachricht im Grundsatz für glaubwürdig zu halten haben, zumindest was das Faktum des mehrtägigen Besuchs im Lager des Sultans angeht. Dass Franz dort tatsächlich das Wort Gottes gepredigt und der Sultan ihn um Fürbitte gebeten habe, wie Jakob von Vitry hier – und bereits ein Jahr später noch ausführlicher in seiner „Historia Occidentalis“15 – berichtet, gehört schon zu den Ausschmückungen, die man mit vorsichtiger Quellenkritik zu betrachten hat: Jakob kann diese Informationen, so er sie nicht erfunden hat, wohl von niemand anderem als von Franz selbst erhalten haben, beruft sich aber nicht auf diesen, wie es in einem solchen Falle doch naheläge. Denkbar wäre allenfalls noch der Bericht durch einen Begleiter, der in späteren Quellen bezeugt ist.16 Quellenkritisch bewegt man sich hier schon auf sehr unsicherem Grund. Gewissheit hat man über das Dass der Begegnung, nicht aber über deren konkreten Inhalt. Geprägt wurde die Erinnerung an dieses Geschehen, das auch eine der Szenen bildet, mit welchen Giotto die Oberkirche von San Francesco in Assisi ausgestaltet hat, ohnehin nicht durch diese Berichte, sondern durch sehr späte Erzählungen. Besonders einflussreich sind für das Gedächtnis an Franz die Lebensbeschreibungen, die der Ordensgeneral Bonaventura gut eine Generation nach dem Ableben des Heiligen im Dienste ordenspolitischer Ausgleichsbemühungen verfasste,17 sowie die berühmte Sammlung der „Fioretti“, die vor allem die volkstümliche Erinnerung geprägt hat. Deren Schilderung des Zusammentreffens steht gleich ganz unter der Überschrift „Wie der heilige Franziskus den Sultan von Babylon und die Dirne, die ihn zur Sünde aufforderte, zum Glauben bekehrte“.18 Schon die Kombination mit der bunt ausgemalten Erzählung von einer Frau, die Franz verführen wollte, von ihm aber bekehrt wurde, zeigt eine verächtliche Haltung gegenüber dem Islam, der im entsprechenden Abschnitt vor allem durch Aspekte der Grausamkeit charakterisiert wird. Die Erzählung vom Sultan hebt von Beginn an dessen Begeisterung für Franz (grandisssima divozione) hervor und gipfelt – nach jener Zwischenepisode missglückter Verführung – mit einer Verabschiedung von Sultan und Franz, in welcher der Sultan dem Christen bekennt, sich...



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