Fried | Der Mann von nebenan | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 336 Seiten

Fried Der Mann von nebenan

Roman
1. Auflage 2014
ISBN: 978-3-641-13801-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Roman

E-Book, Deutsch, 336 Seiten

ISBN: 978-3-641-13801-1
Verlag: Heyne
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Eine mörderische Frauengeschichte – spannend, erotisch, mit einem kräftigen Schuss schwarzen Humors

Die frisch geschiedene Kate zieht aufs Land, wo sie ihr Leben neu ordnen will. Dort beginnt sie eine Liebesaffäre und freundet sich mit drei ungewöhnlichen Frauen an. Eines Tages findet Kate beim Joggen die Leiche einer Frau. Die vermeintliche Dorfidylle beginnt zu bröckeln. Bald fühlt sich Kate bedroht und verfolgt, und alles, was passiert, scheint mit ihrem anfangs so netten Nachbarn, dem Mann von nebenan, zusammenzuhängen ...
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EINS
Kate erwachte vom Fauchen eines Drachen. Schlaftrunken torkelte sie zum Fenster und klappte die Läden auf. Grelles Sonnenlicht stach ihr in die Augen. »Fffffff« machte der Drache, und Kate blinzelte. Langsam schälten sich aus dem gleißenden Licht die Umrisse eines Heißluftballons, der im Abstand von wenigen Metern an Kates Gesicht vorbeischwebte. Mit lautem Zischen fuhr ein Feuerstoß ins Innere des Ballons, und Kate wünschte, sie würde dort oben schweben, in sicherem Abstand zur Erde und den Ereignissen der letzten Wochen. Sie rieb sich die Augen und gähnte. Zaghaft streckte sie die Arme der Sonne entgegen. Am Horizont zeichneten sich die milchigen Umrisse der Berge ab, hügelige Weiden und tiefgrüne Waldstücke dehnten sich vor ihren Augen. Kein Zweifel, sie war in einem der malerischsten Teile Bayerns gelandet, in einer Postkartenidylle, für deren Anblick manche Leute Tausende von Kilometern um die Welt reisen. Sie sah dem Ballon eine Weile nach, dann drehte sie sich um und blickte ins Zimmer. Durch die Bewegung wurde Staub aufgewirbelt, der sie in der Nase kitzelte und einen Niesreiz auslöste. Mit geöffnetem Mund und erwartungsvoll geblähten Nüstern stand sie da und wartete, aber die befreiende Entladung blieb aus. Im Schlafzimmer sah es aus wie nach einem Flugzeugabsturz. Aus halbgeöffneten Koffern quollen Kleider und Bücher; der Boden war bedeckt mit Kisten und Taschen. Auf dem Bett lag der zusammengeknüllte Schlafsack, in dem Kate die Nacht verbracht hatte. Ihre erste Nacht hier draußen. Sie betrachtete die Möbel. Ein wuchtiger, alter Bauernschrank, eine bemalte Kommode mit verblaßten Farben, die aus Indonesien stammen könnte, ein kunstvoll geschnitztes Nachttischchen, ebenfalls asiatisch. Ein aus Rattan geflochtener Sessel, ein Eckregal, in dem sich allerhand Krimskrams angesammelt hatte, wie man ihn von Reisen nach Hause bringt. Auf allem eine feine Staubschicht. Eigentlich ganz schön, dachte Kate, wie um sich selbst Mut zu machen. Die Vorstellung, in fremden Möbeln zu leben, erschien ihr eigenartig, fast obszön. Sie ging die Treppe hinunter und öffnete die Haustür; frische Morgenluft strömte herein. In der Küche wirkte alles seltsam verschwommen, ohne Konturen. Vermutlich war es nur der Schmutz. Seufzend nahm Kate sich vor, in den nächsten Tagen das Haus gründlich zu putzen. Einen Ort zu reinigen bedeutete für sie auch, ihn in Besitz zu nehmen. Sie kramte in den Schrankfächern, bis sie einen verkrusteten Espressokocher entdeckte. Als sie den Wasserhahn aufdrehte, quoll ihr rostige Brühe entgegen. Sie ließ das Wasser eine Weile laufen. Es wurde heller, blieb aber eiskalt. Richtig, sie mußte erst die Heizung in Gang kriegen. Ihr graute davor, in den Keller zu steigen und irgendwelche Knöpfe an einer wildfremden Maschine zu drücken. Womöglich jagte sie die ganze Bude in die Luft. Noch nie hatte sie sich um solche Dinge kümmern müssen, das hatte immer Bernd getan. Kate reinigte den Espressokocher, füllte einen kläglichen Rest Kaffeepulver ein, dessen Aroma sich vermutlich längst verflüchtigt hatte, und schraubte die zwei Teile zusammen. Wenig später ertönte das vertraute Blubbern, mit dem das Wasser in der Maschine hochstieg. Sie erwärmte die Milch, die sie vorsorglich gestern noch eingekauft hatte, goß sie mit dem Kaffee in eine Tasse und trank den ersten Schluck, wie immer mit geschlossenen Augen. Lautes Geschrei ließ sie zusammenzucken. Sie riß die Augen wieder auf. Was war das? Vor Schreck hatte sie einen Teil des Kaffees verschüttet. Der Lärm kam von draußen. Vor dem Haus sah Kate ein Gewühl aus verknoteten Gliedmaßen, aus dem hie und da ein rotblonder Haarschopf blitzte. »Samuel!« Ihr Sohn reagierte nicht. Hingebungsvoll prügelte er sich mit einem anderen Jungen. »Samuel, hör sofort auf!« Kates Stimme wurde lauter. Die zwei Knaben hielten inne, nicht aus Gehorsam, sondern aus Erschöpfung. Samuel wandte ihr sein sommersprossiges Gesicht mit den strahlendblauen Augen zu, von denen eines gerade zuschwoll. Energisch ging Kate auf die zwei Raufbolde zu und stieß fast mit einer Frau zusammen, die ebenfalls Kurs auf den Ort des Geschehens genommen hatte. Sie war eine auffallende Erscheinung, groß, mit fast taillenlangem schwarzem Haar und südländischem Aussehen. Kate schätzte sie auf Ende Dreißig, ein paar Jahre älter als sie selbst. Um den Hals trug sie eine Kette mit einem großen Anhänger, einem in Silber gefaßten grünen Stein. »Was ist hier eigentlich los?« fragte Kate. »Der hat mir mein Fahrrad geklaut!« Anklagend zeigte Samuel auf den Jungen. Sein Rennrad! Sein Allerheiligstes! Bernds Geschenk zum zwölften Geburtstag, das Samuel am liebsten jeden Abend mit ins Bett nehmen würde. »Quatsch! Ich hab’s mir nur mal angesehen!« verteidigte sich der andere Junge. »Stimmt nicht, du bist ja schon draufgesessen!« schrie Samuel. »Na, und? Deshalb habe ich’s noch lange nicht geklaut!« Die zwei Streithähne waren im Begriff, sich wieder aufeinanderzustürzen. »Jetzt reicht’s aber!« sagte die Frau und griff ins Getümmel. Anstatt, wie Kate erwartet hatte, ihren eigenen Sohn herauszuziehen, hielt sie plötzlich Samuel am Schlafittchen. »Du hörst jetzt auf!« befahl sie. Kates Mutterinstinkt regte sich. »Moment mal, Ihr Sohn hat schließlich Samuels Fahrrad genommen«, protestierte sie. »Und das ist ein Grund, gleich draufloszuprügeln? Wer sind Sie überhaupt, und was haben Sie in Nellis’ Haus verloren?« Die Frau starrte Kate feindselig an. »Ich … äh … «, begann Kate, aber sie wurde gleich unterbrochen. »Ach was, ist mir doch völlig egal. Am besten, Sie hauen ganz schnell wieder ab!« Na, das fing ja gut an. Kate war kurz davor, zurückzuschnauzen, besann sich aber eines Besseren. Sie wollte keinen Streit. Beide Frauen packten ihre Söhne und zogen sie in entgegengesetzte Richtungen davon. Die beiden Jungen streckten sich die Zunge raus und riefen sich Unflätigkeiten nach. »Mußte das sein?« fragte Kate ärgerlich, als sie wieder im Haus waren. »Wir wohnen jetzt hier. Wir müssen mit den Leuten zurechtkommen, sonst wird es die Hölle.« »Es wird sowieso die Hölle«, murmelte Samuel verstockt. »Hör schon auf, du wirst dich ganz schnell einleben. Und zum Fahrradfahren gibt’s keine bessere Gegend!« Mit diesem Argument hatte sie Samuel den Umzug aufs Land schmackhaft gemacht. Wochenlang hatten sie diskutiert, wo sie in Zukunft leben wollten. Kate wollte weg aus der Stadt, Samuel wollte bei seinen Freunden bleiben. Nur die Aussicht auf paradiesische Radfahrbedingungen hatte ihn schließlich zum Nachgeben gebracht. »Kann ich den Schuppenschlüssel haben?« fragte Samuel. »Was willst du im Schuppen?« In Gedanken hatte Kate den robusten Holzverschlag bereits belegt; sie würde ihre Werkstatt dort einrichten. »Mein Rad reinstellen.« Sie gab ihm den Schlüssel. »Willst du nicht frühstücken? Ich habe Cornflakes gesehen. Milch ist auch da.« Er schüttelte den Kopf, daß seine rotblonden Locken flogen. Als kleiner Junge hatte er ausgesehen, wie von Botticelli gemalt. Neulich hatte Kate ihn gerade noch davon abhalten können, die Lockenpracht abzuschneiden. Jetzt züchtete er sich Dreadlocks. Vor seiner Pubertät hatte sie sich immer gefürchtet. Und ausgerechnet jetzt, wo diese schwierige Zeit begann, war sie alleine für ihn verantwortlich. Keiner da, mit dem sie hätte reden können. Nur ein gutes Jahr lag es zurück, daß Samuel, Bernd und sie eine glückliche Familie gewesen waren. Jedenfalls hatte Kate das damals gedacht. Erst in den letzten Monaten war ihr klargeworden, wie verzweifelt sie sich an ein Wunschbild geklammert hatte, das der Wirklichkeit längst nicht mehr entsprach. Bernd und sie hatten im Lauf der Jahre begonnen, völlig eigene Leben zu leben. Die Tatsache, daß er jeden Abend in die gemeinsame Wohnung zurückkehrte, hatte ihr als Beleg für eine funktionierende Ehe gegolten. Ihr hatte nichts gefehlt; jedenfalls hatte sie nicht bemerkt, daß ihr irgend etwas fehlte. Und nun war sie eine geschiedene Frau.  
Ein freundlich eingerichteter Verhandlungsraum. Sie mit Anwalt, Bernd mit Anwältin. Sie sitzen gemeinsam an einem Tisch, als handele es sich um ein geselliges Beisammensein. Die Anwälte tauschen ein bißchen Anwaltsklatsch, man kennt sich. Der Richter tritt ein, man erhebt sich, nimmt wieder Platz. Die Anwesenheit der Parteien und ihrer Rechtsvertreter wird festgestellt, verschiedene Dokumente werden zu Protokoll gegeben. Nachdem der Richter die Zerrüttung der Ehe festgestellt hat (»der letzte Geschlechtsverkehr liegt mehr als ein Jahr zurück«) verliest er die Scheidungsvereinbarung. Noch Fragen? Allgemeines Kopfschütteln. Stummes Aufbegehren in Kate. Noch Fragen? Allerdings. Aber der Proteststurm in ihr fällt in sich zusammen, wird zur lächerlichen kleinen Windhose, verebbt schließlich ganz. Nein, keine Fragen mehr. Aufstehen, Händeschütteln. Also dann, alles Gute. Tak-tarak, tak-tarak macht Kates Herz, das blöde, empfindliche Ding. Da geht er hin, ihr Traum von der großen Liebe. Draußen warten tatsächlich zwei versprengte Pressefotografen, um das Sensatiönchen für ihre Blätter festzuhalten. Klar, sie war ja mal berühmt. Katharina Moor, die »schöne Sprinterin«.  
Schnell schob Kate die Erinnerung weg. Sie setzte sich wieder an den Küchentisch und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen....


Fried, Amelie
Amelie Fried, Jahrgang 1958, wurde als TV-Moderatorin bekannt. Alle ihre Romane waren Bestseller. Traumfrau mit Nebenwirkungen, Am Anfang war der Seitensprung, Der Mann von nebenan, Liebes Leid und Lust und Rosannas Tochter wurden erfolgreiche Fernsehfilme. Für ihre Kinderbücher erhielt sie verschiedene Auszeichnungen, darunter den »Deutschen Jugendliteraturpreis«. Zusammen mit ihrem Mann Peter Probst – mit dem sie Workshops in Kreativem Schreiben gibt – schrieb sie den Sachbuch-Bestseller Verliebt, verlobt – verrückt?. Bei Heyne erschien zuletzt der Roman Traumfrau mit Ersatzteilen.



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