Friebertshäuser / Rieger-Ladich / Wigger | Reflexive Erziehungswissenschaft | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 331 Seiten, eBook

Friebertshäuser / Rieger-Ladich / Wigger Reflexive Erziehungswissenschaft

Forschungsperspektiven im Anschluss an Pierre Bourdieu
2006
ISBN: 978-3-531-90294-4
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark

Forschungsperspektiven im Anschluss an Pierre Bourdieu

E-Book, Deutsch, 331 Seiten, eBook

ISBN: 978-3-531-90294-4
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Format: PDF
Kopierschutz: 1 - PDF Watermark



Die deutschsprachige Erziehungswissenschaft verdankt den Arbeiten des französischen Soziologen Pierre Bourdieu zahlreiche Impulse und wichtige Anregungen. Diesen Resonanzen spürt dieser Sammelband nach, indem er nicht nur eine erste Bilanzierung der erziehungswissenschaftlichen Bourdieu-Rezeption vornimmt, sondern auch Perspektiven einer künftigen reflexiven Erziehungswissenschaft vorstellt. Der Rückblick wird zu diesem Zweck mit einer Bestandsaufnahme gegenwärtiger und einem Ausblick auf neue, von den Studien Bourdieus inspirierte Forschungsprojekte kombiniert. Zugleich zeichnen sich auf diese Weise die Konturen einer wissenschaftlichen Praxis ab, deren Charakteristika die Kritik des begrifflichen Instrumentariums, die Befragung der theoretischen Grundannahmen und das Bemühen um Aufklärung des akademischen Unbewussten sind.



Dr. Barbara Friebertshäuser ist Professorin für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/M.
Dr. Markus Rieger-Ladich ist wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik des Instituts für Erziehungswissenschaft der Universität Bonn.
Dr. Lothar Wigger ist Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Dortmund.

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Weitere Infos & Material


1;Inhaltsverzeichnis;5
2;Reflexive Erziehungswissenschaft: Stichworte zu einem Programm;9
2.1;Literatur;17
3;Das Feld der Bildung in der Soziologie Pierre Bourdieus: Systematische Vorüberlegungen;21
3.1;1 Transdisziplinäre Epistemologie;21
3.2;2 Soziale Ungleichheit und symbolische Gewalt;24
3.3;3 Eigenlogik und relative Autonomie des Bildungssektors;27
3.4;4 Koalitionen zwischen Bildung, Ökonomie und Staat;31
3.5;5 Erkennen und anerkennen – Habitus und Bildung;33
3.6;6 Kritik der scholastischen Vernunft;35
3.7;Literatur;38
4;Der Störenfried. Warum Pädagogen Bourdieu nicht mögen;41
4.1;1 Faszination und Hoffnung;41
4.2;2 Wunsch und Wirklichkeit: Die Illusion der freien pädagogischen Vernunft;44
4.3;3 Körper und Geist: Die Illusion der geistigen Bildung;46
4.4;4 Lebenslauf oder Biographie: Die Illusion der Identität;48
4.5;5 Soziale Reproduktion und soziale Relationen: Die Illusion der Chancengleichheit;50
4.6;6 Die Bildungsinstitutionen: Die Illusion der pädagogischen Autonomie;52
4.7;7 Kulturelle Willkür, Symbolische Gewalt: Die Illusion der Aufklärung;54
4.8;8 Die doppelte Beleidigung – und eine Perspektive;55
4.9;Literatur;57
5;Dem familialen Habitus auf der Spur. Bildungsstrategien in Mehrgenerationenfamilien;59
5.1;1 Der Beitrag der Familie an der Reproduktion der sozialen Ordnung;62
5.2;2 Die Familie und die Funktionsweise des Feldes;65
5.3;3 Bildungsstrategien als Strategien des Habitus;68
5.4;4 Empirische Zugänglichkeit von Bildungsstrategien;71
5.5;5 Ausblick;77
5.6;Literatur;78
6;Habitus at Work. Sinnbildungsprozesse beim Betrachten von Fotografien;81
6.1;1 Der Habitus als „modus recipiendi“;83
6.2;2 Methodologische Konsequenzen;84
6.3;3 Anlage der Untersuchung;86
6.4;4 Inhaltliche Interpretation der Sinnbildungsprozesse;87
6.5;5 Strukturelle Interpretation;93
6.6;6 Situative und transsituative Sinnbezüge;95
6.7;Form des Lachens „Still Alive“ „flotte AH’s“ „Nadelstreifen“;96
6.8;Literatur;98
7;Habitus und Bildung. Einige Überlegungen zum Zusammenhang von Habitustransformationen und Bildungsprozessen;101
7.1;1 Über die Verwendung des Bildungsbegriffes in der Habitustheorie;104
7.2;2 Angepasstheit, Transformierbarkeit und Trägheit des Habitus;105
7.3;3 Bildungstheoretische Interpretationen von lebensgeschichtlichen Erzählungen aus dem „ Elend der Welt“;110
7.4;4 Soziologische Aufklärung und Bildung;115
7.5;Literatur;116
8;Lernen und seine Körper. Habitusformungen und - umformungen in Bildungspraktiken;119
8.1;1 Lernen, Praktiken, Bewegungen;121
8.2;2 Lernen, Bildung, Training;125
8.3;3 Schulische Lern- und Bildungspraktiken;128
8.4;4 Fazit und Ausblick: Schule als urbaner Raum;133
8.5;Literatur;138
9;Charakter, Habitus und Emotion oder die Möglichkeit von Erziehung? Zu einer Leerstelle im Werk Pierre Bourdieus;143
9.1;1 Vorbemerkung: Zur prognostischen Schwäche einer bedeutenden Theorie;143
9.2;2 Das Elend der Welt in Deutschland;144
9.3;3 Perspektiven der Veränderung: Wahrgenommene Entfremdung;147
9.4;4 Bourdieus Theorie der Gefühle als Ausdruck eigenen Ressentiments;149
9.5;5 Das fremde und das eigene Ressentiment;150
9.6;6 Soziologische Skizze der neuen „underclass“;152
9.7;7 Noch einmal: Sesam öffne dich;154
9.8;Literatur;155
10;Pierre Bourdieus Theorie des wissenschaftlichen Feldes: Ein Reflexionsangebot an die Erziehungswissenschaft;157
10.1;1 Inventur: Feld und Habitus, Position und Disposition;159
10.2;2 Perspektiven künftiger Studien zum Feld der Erziehungswissenschaft;162
10.3;3 Resümee;172
10.4;Literatur;173
11;Professionelles Handeln und die Autonomie des Feldes der Weiterbildung;177
11.1;1 Die Brechungskraft des Feldes und sein Joker – das Subjekt;177
11.2;2 Die Einheit des Feldes und seiner Theorie;180
11.3;3 Der Verlust der Bedeutsamkeit der Disziplin;184
11.4;4 Ein Feld von Praktiken;188
11.5;Literatur;190
12;Das Maß der Dinge. Qualitätsforschung im pädagogischen Feld;193
12.1;1 ‚Pädagogische Qualität’ und die Qualität des Pädagogischen;195
12.2;2 Theorie als Methodologie: Pierre Bourdieus Konzept des sozialen Feldes;199
12.3;3 Die Ordnung des ‚Guten’: Qualität als feldspezifische Qualifizierungspraxis;204
12.4;Literatur;209
13;Geschlechterforschung in der Erziehungswissenschaft – Inspirationen und Modifikationen durch Pierre Bourdieu.;213
13.1;1 Die Relevanz der Konzepte Bourdieus für die Sozialisationsforschung innerhalb der Frauen- und Geschlechterforschung;214
13.2;2 Soziale Herkunft und Geschlechterverhältnisse im Feld der Hochschule;216
13.3;3 Empirische Studien in schulischen und außerschulischen Arbeitsfeldern;219
13.4;4 Modifikationen der Konzepte Bourdieus – oder: Differenzen im Verständnis?;225
13.5;Literatur;227
14;Verstehen als methodische Herausforderung für eine reflexive empirische Forschung;231
14.1;1 Aspekte der wissenschaftlichen Qualifizierung des Verstehens;232
14.2;2 Das Verstehenskonzept einer „reflexiven empirischen Forschung“ nach Pierre Bourdieu;236
14.3;3 Reflexive empirische Forschung in der Erziehungswissenschaft;244
14.4;Literatur;248
15;Reproduktion in der Krise: Fallstudien zur symbolischen Gewalt;253
15.1;1 Die Rückkehr der gefährlichen Klassen und die Renaissance der sozialen Frage;254
15.2;2 Der Abschied vom Arbeiterstand: Ende der sozialen Frage?;256
15.3;3 Abitur für Alle – und danach?;259
15.4;4 Von der Not zur Tugend: Das Modell des prekären, aber flexiblen Kulturproduzenten;261
15.5;5 Not ohne Tugend: Die Flexibilisierung des „einfachen“ Arbeitnehmers;263
15.6;Literatur;267
16;Bildungsaußenseiter. Sozialdiagnosen in der „ Gesellschaft mit begrenzter Haftung“;269
16.1;1 Die Untersuchung der „Gesellschaft mit begrenzter Haftung“;271
16.2;2 Bildungsaußenseiter;274
16.3;3 Bildungsoffensive statt Warteschleife – Schlussbemerkung;284
16.4;Literatur;285
17;Die Notwendigkeit milieubezogener pädagogischer Reflexivität. Zum Zusammenhang von Habitus, Selbstlernen und sozialer Selektivität;289
17.1;1 Die neue Aktualität des Selbstlernens;290
17.2;2 Ein empirisches Bild von der Ungleichheit der Lernenden;293
17.3;3 Reflexionen und Perspektiven;298
17.4;4 Vermittlung und Verstrickung;303
17.5;Literatur;305
18;Soziale Selektion in der Hochschule – Stufung, Modularisierung und Kreditierung auf dem Prüfstand;309
18.1;1 Die Illusion der Chancengleichheit – zentrale Annahmen und Ergebnisse der Bildungssoziologie Bourdieus;310
18.2;2 Ergebnisse aktueller Schul- und Hochschulforschung;312
18.3;3 Mögliche Effekte der neuen Studienstruktur;315
18.4;4 Erste empirische Ergebnisse aus den BA/MA-Studiengängen an der Ruhr- Universität Bochum;317
18.5;5 Schlussbemerkung;321
18.6;Literatur;321
19;Verzeichnis der Autorinnen und Autoren;325

Reflexive Erziehungswissenschaft: Stichworte zu einem Programm.- Reflexive Erziehungswissenschaft: Stichworte zu einem Programm.- Konturen der Rezeption und Muster der Aneignung.- Das Feld der Bildung in der Soziologie Pierre Bourdieus: Systematische Vorüberlegungen.- Der Störenfried. Warum Pädagogen Bourdieu nicht mögen.- Habitustheoretische Perspektiven und gegenstandsbezogene Problematisierungen.- Dem familialen Habitus auf der Spur. Bildungsstrategien in Mehrgenerationenfamilien.- Habitus at Work. Sinnbildungsprozesse beim Betrachten von Fotografien.- Habitus und Bildung. Einige Überlegungen zum Zusammenhang von Habitustransformationen und Bildungsprozessen.- Lernen und seine Körper. Habitusformungen und -umformungen in Bildungspraktiken.- Charakter, Habitus und Emotion oder die Möglichkeit von Erziehung? Zu einer Leerstelle im Werk Pierre Bourdieus.- Feldtheoretische Perspektiven und methodische Reflexionen.- Pierre Bourdieus Theorie des wissenschaftlichen Feldes: Ein Reflexionsangebot an die Erziehungswissenschaft.- Professionelles Handeln und die Autonomie des Feldes der Weiterbildung.- Das Maß der Dinge. Qualitätsforschung im pädagogischen Feld.- Geschlechterforschung in der Erziehungswissenschaft — Inspirationen und Modifikationen durch Pierre Bourdieu..- Verstehen als methodische Herausforderung für eine reflexive empirische Forschung.- Bildungssoziologische Analysen und hochschulpolitische Befunde.- Reproduktion in der Krise: Fallstudien zur symbolischen Gewalt.- Bildungsaußenseiter. Sozialdiagnosen in der „Gesellschaft mit begrenzter Haftung“.- Die Notwendigkeit milieubezogener pädagogischer Reflexivität. Zum Zusammenhang von Habitus, Selbstlernen und sozialer Selektivität.- Soziale Selektion in der Hochschule - Stufung, Modularisierungund Kreditierung auf dem Prüfstand.


Reflexive Erziehungswissenschaft: Stichworte zu einem Programm (S. 9)

Markus Rieger-Ladich/Barbara Friebertshäuser/Lothar Wigger

Der Terminus „Reflexive Erziehungswissenschaft ist innerhalb des pädagogischen Diskurses keineswegs neu. Auch wenn er – zu Beginn der 1990er Jahre von Dieter Lenzen eingeführt – meist mit der Anmerkung versehen wurde, dass es sich hierbei um eine vorläufige, versuchsweise Etikettierung einer neuen Form erziehungswissenschaftlicher Theoriebildung handele, so prägte dieses Programm doch recht schnell ein durchaus erkennbares Profil aus.

Da die Beiträge, die in diesem Band versammelt sind, sich jedoch durchgängig einem anderen Begriff von Reflexivität verpflichtet wissen, sei an dieser Stelle die spezifische Differenz kurz markiert. Der Untertitel, welcher „Forschungsperspektiven im Anschluss an Pierre Bourdieu in Aussicht stellt, verweist bereits auf jenen Autor, der als Bezugsgröße der folgenden Texte gelten kann.

Bevor jedoch Bourdieus Konzept wissenschaftlicher Reflexivität vorgestellt, dessen Herausforderung für die deutschsprachige Erziehungswissenschaft skizziert und ein knapper Überblick über die einzelnen Beiträge gegeben wird, sei jenes Projekt umrissen, das in der letzten Dekade des 20. Jahrhunderts unter dem Titel „Reflexive Erziehungswissenschaft firmierte.

Als Lenzen in den frühen 1990er Jahren die Begriffe Reflexivität und Erziehungswissenschaft kombinierte, reagierte er damit auf einen eklatanten, fortschreitenden Legitimationsverlust der Wissenschaften: Nachdem die sog. „Meta- Erzählungen ihre Überzeugungskraft eingebüßt hatten (Lyotard), die „utopischen Energien gänzlich erschöpft schienen (Habermas) und die Wissenschaften selbst nun immer häufiger als Verursacher gesellschaftlicher Krisen identifiziert wurden (Beck), galt es, auf diese Situation nun auch innerhalb der Erziehungswissenschaft in angemessener Weise zu reagieren (vgl. Lenzen 1991).

Als Antwort auf die Grundlagenkrise insbesondere der Geistes- und Sozialwissenschaften entwarf Lenzen in einer Reihe von Vorträgen, Aufsätzen und einer Monographie die Konturen einer künftigen Erziehungswissenschaft, die er als „reflexiv kennzeichnete.

Charakteristisch für diese neue Form erziehungswissenschaftlicher Theoriebildung, die ihm nicht zuletzt deshalb als reflexiv galt, weil er sie als Reflexionsinstanz des pädagogischen Wissensbestandes konzipierte, ist nun der Versuch, die angedeuteten Diagnosen nicht länger zu ignorie- ren, zu verharmlosen oder gar zu verdrängen, sondern diese als Stimulanzien für die Entwicklung neuer Wissenstypen zu begreifen.

Im Rückgriff auf Habermas’ einflussreiche Unterscheidung dreier Erkenntnisinteressen (vgl. Habermas 1968) identifizierte Lenzen drei Dimensionen einer reflexiven Erziehungswissenschaft, die es durch die Entwicklung entsprechender Wissenstypen künftig auszuarbeiten gelte.

Die erste Herausforderung bestehe demnach in der Entwicklung eines „pädagogischen Risikowissens, das es – hierin durchaus der Technikfolgenabschätzung verwandt – erlaube, jene Risiken prognostizieren, abschätzen, kontrollieren und möglichst auch vermeiden zu können, die von pädagogischem und erziehungswissenschaftlichem Wissen selbst ausgelöst werden.

„Mythenwissen zu entwickeln – dies der zweite Wissenstyp –, erweise sich als zwingend notwendig, um über jene narrativ verfassten erziehungswissenschaftlichen Diskurse aufzuklären, welche die pädagogische Semantik fortwährend mit Metaphern und Mythen speisen.

Schließlich gelte es, hier lässt sich Lenzen sowohl von Platon als auch von Ernst von Glasersfeld inspirieren, ein „poietisches Wissen zu entwickeln, um das pädagogische Leitbild einer Teilhabe zu entwerfen, welches den Menschen nicht länger als jenes Wesen entwirft, das durch Erziehung erst zum Menschen wird, sondern als eines, das auf Begleitung, Teilhabe und die Ermöglichung von Zugängen angewiesen ist (vgl. Lenzen 1996).


Dr. Barbara Friebertshäuser ist Professorin für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/M. Dr. Markus Rieger-Ladich ist wissenschaftlicher Assistent am Lehrstuhl für Allgemeine Pädagogik des Instituts für Erziehungswissenschaft der Universität Bonn. Dr. Lothar Wigger ist Professor für Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Dortmund.



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