Transformationen, Reflexionen, Interventionen
E-Book, Deutsch, 321 Seiten
ISBN: 978-3-86618-582-1
Verlag: Edition Rainer Hampp
Format: PDF
Kopierschutz: Adobe DRM (»Systemvoraussetzungen)
Autoren/Hrsg.
Fachgebiete
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Soziologie Allgemein Empirische Sozialforschung, Statistik
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Spezielle Soziologie Wirtschaftssoziologie, Arbeitssoziologie, Organisationssoziologie
- Sozialwissenschaften Soziologie | Soziale Arbeit Soziale Gruppen/Soziale Themen Gender Studies, Geschlechtersoziologie
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Unternehmensorganisation, Corporate Responsibility Unternehmensethik
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- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Management Unternehmensführung
- Wirtschaftswissenschaften Betriebswirtschaft Bereichsspezifisches Management Personalwesen, Human Resource Management
Weitere Infos & Material
1;Inhalt;6
2;Einleitung;8
2.1;Perspektiven auf Arbeit und Geschlecht – Eine Einleitung;10
2.1.1;1 Zum Verhältnis zwischen Arbeits- und Industriesoziologie und Frauen- und Geschlechterforschung;10
2.1.2;2 Neue Widersprüche und Ungleichzeitigkeiten zwischen den Geschlechtern und innerhalb der Geschlechter;14
2.1.3;3 Die Beiträge des Sammelbandes;17
2.1.4;Literatur;25
3;Zeitdiagnose des „neuen Kapitalismus“;30
3.1;Transformation. Nach dem Ende der „arbeiterlichen Gesellschaft“ das Ende der „Arbeitsgesellschaft“?*;32
3.1.1;1 Soziologische Suchbewegungen;33
3.1.2;2 Nach dem Ende der „arbeiterlichen Gesellschaft“ das Ende der „Arbeitsgesellschaft“?;35
3.1.3;3 Entkoppelt: Zukunft der Arbeit – Zukunft der Gesellschaft?;38
3.1.4;4 Kritische Reflexion fordistisch geprägter Begriffe – Herausforderungen für Soziologie und Geschlechterforschung;40
3.1.5;Literatur;44
3.2;Landnahme, sekundäre Ausbeutung und soziale Zeitregimes. Eine Ideenskizze;48
3.2.1;1 Kapitalismus und gesellschaftliche Zeitregimes – die Marxsche Interpretation;49
3.2.2;2 Kapitalistische Landnahme und Wandel von Zeitregimes;53
3.2.3;3 Finanzkapitalistische Landnahme und das Regime der diskontinuierlichen Zeit;60
3.2.4;4 Einige Schlussfolgerungen;66
3.2.5;Literatur;70
4;Feministische Perspektiven neu erfinden;74
4.1;What’s New? Der Wandel der Arbeitsgesellschaft geschlechter- und arbeitssoziologisch begriffen.;76
4.1.1;1 Problemaufriss: Der gesellschaftliche Wandel als soziologische Herausforderung;76
4.1.2;2 Gesellschaft im Umbau: Akzentuierende Perspektiven und unausgetragener Dissens;77
4.1.3;3 Griffige Formeln oder Zeitdiagnostik: Phänomene und Bewegungen im Konnex von Arbeit, Geschlecht und Ungleichheit;79
4.1.4;4 Gesellschaft als Relation: Soziologische Denktraditionen in der Geschlechterforschung und Zeitdiagnostik;86
4.1.5;Literatur;93
4.2;Geschlechtergerechtigkeit. Zum Zusammenhang zwischen Geschlechterforschung, Feminismus und Politik*;104
4.2.1;1 Aufbruch im Umbruch;105
4.2.2;2 Auf der Suche nach feministischer Geschlechterforschung;107
4.2.3;3 Geschlechtergerechtigkeit?;108
4.2.4;4 Ausblick;114
4.2.5;Literatur;115
5;Entwicklung von Arbeit und Geschlechterverhältnissen;118
5.1;Emanzipatorische Potenziale einer Zusammenführung von Arbeit und Politik;120
5.1.1;1 Arbeit und Politik im Spiegel sozialwissenschaftlicher Analysen;122
5.1.2;2 Bourdieus Konzeption des Politischen Feldes;125
5.1.3;3 Arbeit als politisches Feld;127
5.1.4;Literatur;132
5.2;Selbstgenderung und Genderarbeit. Zur Subjektivierung von Geschlecht in Zeiten entgrenzter Arbeit.;136
5.2.1;1 Entgrenzung und Subjektivierung;137
5.2.2;2 Die Subjektivierung von Geschlecht in entgrenzten Arbeitskontexten;140
5.2.3;3 Selbstgenderung und Natur – Kommentare;154
5.2.4;Literatur;159
5.3;Von Anerkennung und ihren „Tücken“ – Leistung und Liebe in Doppelkarrierepaaren*;166
5.3.1;1 Einleitung und Fragestellung;166
5.3.2;2 Liebe, Recht und Leistung – Anerkennungstheoretische Grundlagen;167
5.3.3;3 Anerkennung qua Liebe und Leistung im Wandel;169
5.3.4;4 Empirische Ergebnisse – Liebe und subjektivierte Arbeit in Doppelkarriere-Paaren;174
5.3.5;5 Anerkennungstheoretische Interpretation der Ergebnisse;183
5.3.6;Literatur;185
6;Suchbewegungen;190
6.1;Die Krise des Autonomiebegriffes und Ansätze zu seiner emanzipatorischen Reaktivierung*;192
6.1.1;1 Unterschiedliche Bedeutungen von Autonomie in der Arbeit;193
6.1.2;2 Zwei Dimensionen von Autonomie in der Arbeit;195
6.1.3;Handlungsautonomie Verhandlungsautonomie;195
6.1.4;3 Aneignung als subjektiver Anspruch nach Kontrolle in der Arbeit;199
6.1.5;4 Empirische Konzeptionalisierung von Aneignung in der Arbeit;204
6.1.6;5 Empirische Umsetzung und Befunde;207
6.1.7;6 Kontrollchancen und Handlungsressourcen als betriebliche Voraussetzungen für Autonomie in der Arbeit;213
6.1.8;7 Formale Rechte und individuelle Selbstkompetenz als Mittel gegen die Einschränkung von Autonomie in der Arbeit;214
6.1.9;8 Leitlinien für eine inhaltliche Weiterentwicklung des Autonomiebegriffs;217
6.1.10;Literatur;220
6.2;Zur Subjektivierung der Männlichkeit des „Berufspolitikers“ unter den Bedingungen der Mediendemokratie;228
6.2.1;1 Traditionslinien: Die soziale Konstruktion des männlichen „Berufspolitikers“ bei Max Weber;229
6.2.2;2 Öffnungstendenzen des politischen Feldes im 20. Jahrhundert;232
6.2.3;3 Mediendemokratie als Beschleuniger und Medium einer Modernisierung von Männlichkeit – Personalisierung und Privatisierung;236
6.2.4;4 Fazit: Der männliche Berufspolitiker als Medienprofi – Männlichkeit als symbolisches Kapital;240
6.2.5;Literatur;244
6.3;Eigensinn und Widerstand. Versuch einer konzeptionellen Annäherung im Kontext der Subjektivierungsdebatte;248
6.3.1;1 Eigensinn im (Subjektivierungs-)Diskurs;249
6.3.2;2 Quellen und Erscheinungsformen von Eigensinn;256
6.3.3;3 Eigensinn und Widerstand;258
6.3.4;4 Eigensinn empirisch – Versuche am Beispiel von Bildungsarbeit;261
6.3.5;5 Fazit;272
6.3.6;Literatur;273
6.4;Kreative als unternehmerisches Selbst? Subjektivierungspraxen zwischen Anpassung und Eigensinn;278
6.4.1;1 Problemaufriss;278
6.4.2;2 Kreativwirtschaft zwischen Arbeit und Markt;280
6.4.3;3 Die langen Wellen des Industrialismus: Geschlechtsspezifische Ungleichheiten;281
6.4.4;4 Reproduktionsinteressen und Subjektivierung von Arbeit;283
6.4.5;5 Von der Subjektivierung von Arbeit zur Arbeit der Subjektivierung;290
6.4.6;Literatur;293
6.5;Der Wandel der Erwerbsarbeit praxeologisch in den Blick genommen 1;298
6.5.1;Subjektivierung als Möglichkeitsfeld;298
6.5.2;2 Praxeologische Perspektive;300
6.5.3;3 Der Wandel der Erwerbsarbeit: Erschöpfung des Fordismus;302
6.5.4;4 Subjektivierung und Prekarisierung: Herausforderungen wirtschaftlichen Handelns;304
6.5.5;5 Moderne Praxen im Umbruch: Methodische Lebensführung und die (Selbst-)Interpretationen der Soziologie;306
6.5.6;6 Kontingenz: Praxeologische Perspektiven auf „nicht intendierte Folgen“;308
6.5.7;7 Schlussbemerkung – für eine eingreifende Praxis der Soziologie;312
6.5.8;Literatur;313
7;Autorinnen und Autoren;316
Von Anerkennung und ihren „Tücken“ – Leistung und Liebe in Doppelkarrierepaaren (S. 165-167)
Christine Wimbauer
1 Einleitung und Fragestellung
Der vorliegende Beitrag beschäftigt sich aus einer subjektzentrierten und im Anschluss an Axel Honneth aus einer anerkennungstheoretischen Perspektive mit dem Verhältnis von (Erwerbs-)Arbeit und Familie / persönlichen Nahbeziehungen samt deren geschlechtsspezifischen Implikationen. Axel Honneth (1994, 2003) fasst die gesamte Gesellschaft als ‚institutionalisierte Anerkennungsordnung‘ und unterscheidet mit ‚Liebe‘, ‚Recht‘ und ‚sozialer Wertschätzung‘ bzw. ‚Leistung‘ innerhalb des Systems der gesellschaftlichen Arbeitsteilung drei Anerkennungsformen. Nach seinem identitätstheoretischen Stufenmodell führen erst alle drei Formen reziproker Anerkennung zusammen zur Ausbildung einer gelungenen Identität.
Das System der Erwerbsarbeit und die Familie / soziale Nahbeziehungen sind hiernach zwei zentrale gesellschaftliche Sphären, in denen intersubjektive Anerkennung aktualisiert wird. Ausgehend von der Referenzfolie des männlichen Familienernährermodells, das in der BRD seine weiteste Verbreitung von den 1950er bis zu den 1970er Jahren fand, lassen sich gegenwärtig jedoch in beiden Bereichen (teils umstrittene) Veränderungen beobachten: Hinsichtlich Erwerbstätigkeit die zunehmende Erwerbsbeteiligung von Frauen, eine behauptete ‚Subjektivierung‘ von Arbeit (Baethge 1991; Kleemann et al. 2002) und eine Entgrenzung von ‚Arbeit‘ und ‚Leben‘ (Gottschall/Voß 2003; Kratzer 2003; Voß/ Pongratz 1998); mit Blick auf das familiale Zusammenleben ein (zumindest normativ) sich abzeichnender Wandel hin zu egalitären Beziehungen zweier gleichberechtigter Partner (Giddens 1992; Leupold 1983).
Angesichts dieser Veränderungen der Erscheinungsformen von Familie und Erwerbsarbeit gehen neuere Überlegungen von einer Entgrenzung und Egalisierung gesellschaftlicher Anerkennungsformen und -sphären aus (etwa Holtgrewe et al. 2000; Holtgrewe 2002; Voswinkel 2001), während andere eine Kolonialisierung der Lebenswelt (Habermas 1981), eine Ökonomisierung der Gefühle (Illouz 2007) oder gar eine Umkehr der Logiken von Arbeit und Familie (Hochschild 2002) konstatieren. Hintergrund für eine solche mögliche Umkehr der Logiken sind u.a. Phänomene einer ‚doppelten Subjektivierung‘ (Kleemann/Matuschek/Voß 2002) von Arbeit, nach der die Beschäftigten zunehmend ihre eigenen Eigenschaften und Fähigkeiten in ihre Erwerbsarbeit einbringen wollen und umgekehrt Arbeitsorganisationen vermehrt auf subjektive Potentiale der Beschäftigten zugreifen.
Damit, so eine zentrale These, wird die idealtypische Anerkennungsform ‚Liebe‘ zunehmend auch in der Erwerbssphäre relevant. Diese Beobachtungen betreffen potentiell besonders heterosexuelle Doppelkarriere- Paare, in denen beide Partner eine eigenständige Berufslaufbahn verfolgen, eine hohe Berufsorientierung aufweisen und sich gemäß einem egalitären Idealbild als Gleiche gegenüberstehen (vgl. Solga/Wimbauer 2005). Gerade in diesen Paaren wird offen, wofür sich die Partner wechselseitig anerkennen, in welchem Verhältnis Liebe und Leistung in der Erwerbsarbeit stehen und welche geschlechtsspezifischen Ungleichheiten sich finden lassen.
Nachfolgend werden in Abschnitt 2 kurz anerkennungstheoretische Grundlagen skizziert, in Abschnitt 3 gesellschaftliche Veränderungen in den Bereichen Paarbeziehungen und Erwerbsarbeit thematisiert und schließlich die Frage des Beitrages dargelegt: Wie lässt sich das Verhältnis von Anerkennung qua Liebe und Erwerbsarbeit/Leistung angesichts dieser Veränderungen empirisch beschreiben und anerkennungstheoretisch erfassen? Hierzu werden im vierten Teil empirische Ergebnisse einer Untersuchung von Doppelkarriere-Paaren vorgestellt.
Zum einen wird deutlich, dass selbst in diesen egalitären Paaren geschlechtsspezifisch ungleiche Anerkennungschancen bestehen. Zum anderen werden drei ‚Tücken‘ der Anerkennung herausgearbeitet: Die generelle Risikostruktur von Anerkennung, (geschlechterdifferente) strukturelle und intersubjektive Barrieren oder Hürden für Anerkennung und schließlich eine ‚immanente Falle‘ der Anerkennung qua subjektivierter Arbeit. Im letzten Abschnitt wird ein theoretisches Fazit gezogen.