E-Book, Deutsch, Band 1, 140 Seiten
Reihe: Sonderermittler der Krone
Freund Zeitenwechsel
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7325-4472-1
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Oscar Wilde & Mycroft Holmes - 01
E-Book, Deutsch, Band 1, 140 Seiten
Reihe: Sonderermittler der Krone
ISBN: 978-3-7325-4472-1
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Es wird behauptet, im Leben jedes Menschen gäbe es einige wenige Tage, die sein Leben grundliegend verändern können. Einen solchen erlebt der Schriftsteller Oscar Wilde im Frühjahr 1895. Ihm drohen eine Gefängnisstrafe und der persönliche Ruin. Doch dann bietet sich ein Ausweg aus seiner schwierigen Situation: Wenn er sich bereit erklärt, als Sonderermittler der Krone zu arbeiten, könne auf eine Haftstrafe verzichtet werden. Schweren Herzens nimmt Oscar Wilde die neue Aufgabe an. Bereits sein erster Fall entpuppt sich als ein wahrer Horrortrip, denn ein zu allem entschlossener Gegner versucht England und die Monarchie zu zerstören ...
Oscar Wilde ermittelt im Auftrag der britischen Krone. Der erste Teil der erfolgreichen Hörspielserie jetzt als eBook bei beTHRILLED.
Alle Bände der eBook Serie 'Oscar Wilde & Mycroft Holmes: Sonderermittler der Krone':
01. Zeitenwechsel
02. Der Nebel des Unheils
03. Der Todesrichter
04. Der Fall Homunculus
05. Hetzjagd in London
06. Sieben Gesichter des Todes
Zur Serie: London, 1895: Ein mysteriöser Geheimbund bedroht die Sicherheit des britischen Königreichs. Mycroft Holmes, der Bruder des berühmten Meisterdetektivs, sieht dafür nur eine Lösung: Oscar Wilde! Der Schriftsteller, der bisher eher für sein ausschweifendes Leben und seine verbale Schlagkräftigkeit bekannt war, wird zum Sonderermittler der Krone.
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Wie dunkle Schatten bewegten sie sich durch die Nacht. Dabei gaben sie sich nicht einmal besondere Mühe, leise zu sein. Ein gutes Dutzend Männer in blauen Uniformen, angeführt von einem entschlossen dreinblickenden, leicht untersetzten Chief Constable, bahnte sich seinen Weg durch die enge Gasse. An deren Ende lag das weiß getünchte, mehrstöckige Haus, das mehrere Wohnungen beherbergte.
Eine davon war ihr auserkorenes Ziel. Noch ahnten die beiden Männer, die sich darin aufhielten, nicht, was ihnen bevorstand.
Mit einem leisen Quietschen wurde die Haustür aufgedrückt, die, wie es das Schicksal an jenem Abend wollte, unverschlossen war.
Einer nach dem anderen huschten die uniformierten Beamten ins Innere. Ihr Ziel lag im zweiten Stock – die Wohnung von Albert Henslow. Vor der mit Schnitzereien verzierten Holztür blieben die Polizisten im Halbkreis stehen. In den Gesichtern der überwiegend jungen Männer spiegelte sich eine Spur von Unsicherheit. Trotz der bisweilen ruchlosen Zeiten um die Wende zum zwanzigsten Jahrhundert kam es nicht alle Tage vor, dass sie in eine Wohnung eindringen mussten, um einen Mann abzuführen, um den sich allerhand obskure Gerüchte rankten.
Der Chief Constable blickte einen nach dem anderen an. Kein Wort wurde gesprochen. Er drückte vorsichtig die Klinke herunter und nickte, als er die Wohnungstür verschlossen vorfand. Dann gab der Mann einem der Uniformierten einen Wink.
Der junge Mann verstand sofort. Er nickte seinem Vorgesetzten zu und hob die schwere Feuerwehr-Axt, die er bis dahin verborgen gehalten hatte.
Unwillkürlich wichen die Kameraden zurück, als der Beamte zum ersten Schlag ausholte. Mit einem fürchterlichen Krachen traf das Werkzeug auf das Türblatt.
Die Tür erzitterte, als die Klinge der Axt im Holz stecken blieb. Sofort zog und hebelte der junge Beamte daran, um das Werkzeug wieder freizubekommen. Feine Holzsplitter rieselten zu Boden.
Aus dem Innern des Raums waren undeutliche Stimmen zu hören. Zwei Männer unterhielten sich hastig und aufgeregt miteinander. Jemand räusperte sich. Dann eine Stimme: »Würde es Ihnen etwas ausmachen, später wiederzukommen, Gentlemen? Wir sind hier drinnen nämlich gerade … beschäftigt.
Der nächste Schlag wurde mit wesentlich mehr Kraft geführt.
»Noch einmal! Streng dich an, du Nichtsnutz«, schallte die Stimme des Chief Constables durch das Treppenhaus. Gleichzeitig wandte er sich zur Tür und rief: »Aufmachen, Polizei!«
Von drinnen war jetzt kein Geräusch, keine Regung mehr wahrnehmbar. Wenn die Bewohner des Hauses sie gehört hatten, ließen sie sich nichts anmerken. Vielleicht waren sie vor Angst erstarrt und warteten mit lähmendem Entsetzen ab, was weiter geschah.
Der Chief Constable gab seinem Untergebenen ein Zeichen, mit seiner zerstörerischen Arbeit fortzufahren.
»Gleich ist es so weit. Noch ein oder zwei Schläge und wir sind drin«, flüsterte eine Stimme aus der hinteren Reihe der Männer. Ein rotwangiger Beamter grinste dümmlich und rieb sich voller Vorfreude die fleischigen Hände.
Erneut fraß sich die glänzende Klinge der schweren Axt in das Holz der Tür, und dieses Mal entstand tatsächlich eine längliche Öffnung, durch die ein seltsam flackernder Lichtschein nach draußen in das dämmrige Treppenhaus fiel.
Der Chief Constable zog den Mann mit der Axt am Ärmel seiner Uniform beiseite. Jetzt waren andere Kaliber gefragt.
Wortlos traten zwei kräftige Männer vor, die auf ein Zeichen ihres Vorgesetzten hin gegen die wuchtige Holztür stürmten und diese mit einem berstenden Geräusch in der Mitte durchbrachen.
Größere Holzteile und Splitter wurden ins Innere der Wohnung katapultiert, als die Männer sich gewaltsam Zutritt verschafften.
Einer der beiden Beamten fiel durch den enormen Schwung und die Kraft, die er in seine Bewegung gelegt hatte, bäuchlings hin und landete ungeschickt auf einer der beiden Türhälften.
Der Rest der Mannschaft beachtete ihn kaum. Nach und nach drängten die Männer, angeführt vom Chief Constable, in das geräumige Wohnzimmer.
In dessen Mitte befand sich eine große Staffelei, die ein unfertiges Bild hielt, auf dem die Ölfarbe noch nass glänzte. Dahinter, auf einem kleinen Podest und in kniender Pose, einem griechischen Götterbild gleich, hockte ein junger, gut gebauter Mann, der keine Faser am Leib trug. Er hatte die Augen weit aufgerissen und starrte mit offenem Mund auf die Beamten, die in immer größerer Zahl in das Zimmer hineinströmten.
»Mon Dieu, was für ein Lärm. Sag Albert, hast du noch Besuch erwartet?« Der Maler, der eigentlich ein Schriftsteller war, trat mit dem nassen Pinsel in der Hand einen Schritt auf die Beamten zu und hob dabei in einer eher amüsiert wirkenden Pose die rechte Augenbraue ein wenig. »Mir war nicht bekannt, dass dich Männer in Uniform reizen. Obwohl diese ungewaschenen und ungehobelten Barbaren sicherlich nicht die Crème de la Crème ihres Berufsstandes darstellen dürften.«
Der Chief Constable, der anstelle des ebenfalls gänzlich unbekleideten Malers einen hochroten Kopf bekommen hatte, trat kampflustig einen Schritt auf den Künstler zu. »Ruhe! Sie reden nur, wenn Sie direkt angesprochen werden!«
Der Maler lächelte. Er fuhr sich durch sein schulterlanges Haar und legte in einer betont langsamen und lässigen Bewegung seinen Pinsel auf die Ablage seiner Staffelei. Danach drehte er sich wieder zu dem Polizisten um.
»Vielleicht verkennen Sie ein wenig die Situation, mein Herr. Dies ist das Stadtdomizil von Albert Barnabas Henslow, dem zweiten Viscount of Warwickshire. Ich sehe Ihnen Ihr ungebührliches Verhalten nach, wenn Sie sich bitte erklären könnten und uns darüber informieren, warum die britische Krone uns zu dieser späten Stunde belästigt und auf brutalste Art der Haustür entledigt.«
Der Nackte hatte mit leicht versnobter Stimme, aber durchaus nicht unsympathisch gesprochen. Seine dunklen Augen ruhten nach wie vor auf dem Anführer der späten Besucher.
Die jungen Beamten im Hintergrund traten von einer Stelle auf die andere. Einige tuschelten miteinander, andere wandten den Blick ab und wussten offensichtlich nicht, wie sie mit der Situation umgehen sollten. Sie warteten auf einen Befehl des Chief Constables, der in diesem Moment zu registrieren schien, dass er reagieren musste.
Doch der junge Albert Henslow kam ihm zuvor: »Komm, Oscar, lass es gut sein, das ist alles sicher nur ein großes Missverständnis, das sich in wenigen Sekunden aufklären wird.«
Der Angesprochene hörte die Stimme seines Aktmodells, wandte jedoch den Blick nicht von den Gesetzeshütern.
Der Chief Constable fühlte sich unbehaglich, beobachtet. Es schien, als müsse er seinen aufsteigenden Ekel bekämpfen.
»Sie sollten besser auf Ihren jungen Gespielen hören, Mister Wilde.« Der Beamte deutete auf die Blöße des Schriftstellers. »Und ich würde es begrüßen, wenn Sie sich endlich bekleiden würden. Ihr Verhalten ist abartig.«
Das letzte Wort wurde Oscar Wilde vor die Füße gespien. Die Mundwinkel des Dichters zuckten. »Oh, aber natürlich. Doch wie gesagt: Wir haben keine weiteren Gäste erwartet, deshalb haben wir es etwas, wie sagt man, leger angehen lassen. Albert, reichst du mir bitte einmal einen Bademantel?«
Der junge Mann erhob sich sportlich elegant aus seiner Pose und schlüpfte in einen seidenen Morgenmantel, während er gleichzeitig nach dem gewünschten Kleidungsstück griff und es Wilde hinüberwarf. »Hier, Oscar.«
Der Angesprochene griff geschickt nach dem marineblauen Bademantel und zog ihn sich über. Sorgfältig verschnürte er den Gürtel über seinen Lenden. Er besaß die Ruhe, ein unsichtbares Staubkörnchen von seinem Ärmel zu entfernen und es dem Beamten demonstrativ entgegenzuschnippen.
Albert Henslow trat an die Seite des Schriftstellers und blickte den Chief Constable an. »Dürfen wir jetzt erfahren, was Sie von uns wollen? Falls Sie keinen guten Grund haben sollten, dann gnade Ihnen Gott. Mein Vater ist Mitglied des britischen Oberhauses.«
Der Beamte grinste feist und musterte den jungen Mann von Kopf bis Fuß. »Ist dem so? Ich glaube, Ihren Vater würde der Schlag treffen, wenn er hiervon morgen aus der Times erfahren würde.«
Der Uniformierte verengte die Augen zu Schlitzen, als er fortfuhr: »Und nun halt die Klappe, Junge, und setz dich dort rüber, hier geht es nicht um dich.«
»Womit nur noch einer übrig bliebe, wegen dem Sie hier unsere Zeit vergeuden, nämlich ich.« Oscar Wilde reckte stolz sein Kinn in die Höhe, das schwarze Haar fiel ihm dabei auf seine Schultern.
Der Chief Constable wandte den Kopf in seine Richtung. »Es scheint zu stimmen, was man sich so über Sie erzählt, Sie scheinen ein ganz ausgeschlafenes Bürschchen zu sein.«
»Danke für die Blumen, doch so langsam beginnt mich diese Unterhaltung zu langweilen. Deshalb würde ich es wirklich begrüßen, wenn Sie mir nun endlich erzählen, was diese ganze Farce hier eigentlich soll. Ich habe mich keines Verbrechens schuldig gemacht.«
Das Grinsen auf dem Gesicht des Beamten erstarb von einer Sekunde auf die andere. »Dass ich nicht lache. Ich und meine Männer haben Sie dabei erwischt, wie Sie und Ihr Lustknabe hier der Unzucht frönten.«
Dies war der Augenblick, in dem es Albert Henslow nicht mehr auf seinem Stuhl hielt. Er sprang auf und tat einen großen Schritt in die Richtung des Uniformierten. Auf seinem Gesicht zeigten sich hektische rote Flecken. »Ich verbitte mir diesen Ton. Außerdem ist es eine ausgemachte Lüge, ich habe Mister Wilde lediglich Modell gestanden.«
Die schallende Ohrfeige des Chief Constables kam wie aus dem Nichts und fegte...




