E-Book, Deutsch, Band 4, 139 Seiten
Reihe: Sonderermittler der Krone
Freund Der Fall Homunculus
1. Auflage 2017
ISBN: 978-3-7325-4479-0
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Oscar Wilde & Mycroft Holmes - 04
E-Book, Deutsch, Band 4, 139 Seiten
Reihe: Sonderermittler der Krone
ISBN: 978-3-7325-4479-0
Verlag: beTHRILLED
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
In Paris treffen sich wichtige politische Führungskräfte, um über die Zukunft Europas zu beraten. Da sich die Hinweise verdichten, dass der Zirkel der Sieben vor Ort sein wird, erhält Oscar Wilde den Auftrag ebenfalls dorthin zu reisen. Doch die Verschwörer haben Wilde im Visier, und bald schon wird die Reise zu einem lebensgefährlichen Unterfangen. Währenddessen entgeht Mycroft Holmes zu Hause in London nur knapp einem heimtückischen Anschlag, und Oscar Wilde muss in Paris alles auf eine Karte setzen, um die Pläne der Verschwörer zu vereiteln.
Oscar Wilde ermittelt im Auftrag der Krone - jetzt als eBook bei beTHRILLED.
Alle Bände der eBook Serie 'Oscar Wilde & Mycroft Holmes: Sonderermittler der Krone':
01. Zeitenwechsel
02. Der Nebel des Unheils
03. Der Todesrichter
04. Der Fall Homunculus
05. Hetzjagd in London
06. Sieben Gesichter des Todes
Zur Serie: London, 1895: Ein mysteriöser Geheimbund bedroht die Sicherheit des britischen Königreichs. Mycroft Holmes, der Bruder des berühmten Meisterdetektivs, sieht dafür nur eine Lösung: Oscar Wilde! Der Schriftsteller, der bisher eher für sein ausschweifendes Leben und seine verbale Schlagkräftigkeit bekannt war, wird zum Sonderermittler der Krone.
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Eine schwere Hand legte sich von hinten auf seine Schulter.
»Mister Wilde?«
Der Dichter, der zu einem Sonderermittler der Krone geworden war, drehte sich um. »Meinen Sie mich?«
Um sie herum herrschte der Marktbetrieb von Covent Garden. Händler boten ihr Obst und Gemüse preis, es wurde gefeilscht, gelacht und durcheinandergerufen.
Wilde, der gerade herzhaft in einen rotbäckigen Apfel gebissen hatte, starrte in das Gesicht eines grobschlächtigen Mannes, dessen große Augen blutunterlaufen waren.
Der Kerl starrte zurück wie ein Karpfen am Silvesterabend. »Natürlich meine ich Sie. Sind Sie es jetzt oder sind Sie es nicht?«
»Das kommt ganz darauf an, wer das wissen will«, antwortete Wilde kauend und befreite sich mit einem tänzelnden Schritt rückwärts von dem Griff seines Gegenübers.
Der Fremde, der eine zerrissene Hose und ein fleckiges Unterhemd trug, legte die Finger an die Lippen und stieß einen gellenden Pfiff aus. Sofort tauchten aus der näheren Umgebung zwei weitere Männer auf, die Oscar Wilde bis dahin gar nicht wahrgenommen hatte.
»He, was soll denn das werden?«, rief er und nahm schützend die Arme hoch.
»Kommen Sie bitte unauffällig mit«, sagte ein dürrer Kerl mit hohlen Wangen, der aussah, als könnte ihn der nächste Windhauch bereits umblasen.
Wilde hielt noch immer den Apfel in der rechten Hand. Demonstrativ ließ er ihn fallen.
Die Blicke der drei Männer, die ihn umringten, gingen für einen Moment zu Boden und folgten dem davonrollenden Stück Obst.
Diesen Augenblick nutzte er, um den Ring zu durchbrechen und loszurennen. Hinter ihm wurden überraschte und wütende Rufe laut. Man befahl ihm, auf der Stelle stehen zu bleiben, da sonst etwas geschehen würde, was Wilde allerdings bereits nicht mehr verstand, da er in eine Gasse zu seiner Linken eingetaucht war, in der vornehmlich exotische Südfrüchte angeboten wurden.
Wilde wusste nicht, wer diese Kerle waren. Aber ihr plötzliches Auftauchen konnte nichts Gutes bedeuten. Sie hatten ihm aufgelauert, vermutlich hatten sie ihn schon seit geraumer Zeit beobachtet.
Er riskierte einen Blick nach hinten. Zwei der Männer versuchten, sich einen Weg durch die Menge zu bahnen. Es war Mittagszeit, und Covent Garden war ein Meer aus Ständen und Menschen, die Schlange standen oder auf den Plätzen und in den Ruhezonen das ausnehmend gute Wetter genossen.
Es gab keinen Zweifel, dass diese Schergen hinter ihm her waren. Wilde blickte sich hektisch um. Wohin sollte er sich wenden, wenn er vermeiden wollte, eingekreist zu werden?
Ihm blieb nur, sich dem Verlauf der engen Gänge zwischen den Ständen anzupassen. Doch das würde nicht reichen, denn die anderen holten auf, wie Wilde durch einen kurzen Blick über die Schulter erkannte. Er versuchte, sein Tempo zu beschleunigen, schob Passanten beiseite und erntete dafür zornige Rufe und einen schmerzhaften Ellenbogenstoß in seine Rippen.
Er musste hier raus. Raus auf die Straßen, wo er sich frei bewegen konnte und kein Gefangener des Getümmels war.
Er rempelte eine rundliche Frau an, die ins Stolpern geriet und sich mit ihrem Hinterteil in ihren eigenen Bastkorb setzte, den sie am Arm getragen hatte. Ein Schwall wüster Beschimpfungen folgte, und nun hefteten sich sogar Passanten Wilde an die Fersen. Wütende Rufe »Haltet den Dieb« erklangen hinter ihm.
Jemand versuchte, ihn am Ärmel seines leichten Sommermantels festzuhalten. Als Wilde sich losriss, ertönte ein hässliches Knirschen und Reißen, und der Stoff gab nach. Unterhalb von Wildes rechter Achsel klaffte ein großes Loch.
Danach schien es kein Halten mehr zu geben. Die Menge hinter ihm schrie auf und es setzten sich immer mehr Menschen in Bewegung, die den vermeintlichen Langfinger greifen wollten.
Am Eingang des Marktes zog ein Mann einen Karren mit Obst über die Straße. Wilde hatte ihn rechtzeitig gesehen und flankte in einer eleganten Bewegung darüber hinweg.
Der Händler, ein dicklicher Mann mit buschigem Schnauzbart, hob drohend die Faust und riss dann ungläubig die Augen auf, als er die Meute erkannte, die Wilde auf den Fersen war. Es war zu spät. Er wurde mitsamt seinem Karren von dem Mob überrannt.
Wildes Herz schlug schneller, als er das Gelände von Covent Garden hinter sich ließ und in eine schmale Gasse eintauchte, die von hohen Häusern umstanden war, die sich gegenseitig das Sonnenlicht nahmen.
Seine Absätze hämmerten auf das Kopfsteinpflaster, während er fieberhaft schaute, wohin die Straße führte.
Da plötzlich trat ein Mann aus einer der Häusernischen vor ihm. Wie ein Baum stand er da und sah seelenruhig in Wildes Richtung, während irgendwo hinter ihnen weitere Schritte laut wurden. Hektische Schritte. Seine Verfolger hatten die Spur also wieder aufgenommen.
»Was ist mit Ihnen los?«, fragte der Kerl vor ihm, der die anderen in diesem Augenblick ebenfalls bemerkt hatte.
»Ich werde verfolgt«, antwortete Wilde atemlos, »aus mir unerklärlichen Gründen.«
»Wer verfolgt Sie?«
Wilde deutete nach hinten.
Der Mann nickte kurz. »Was haben Sie angestellt? Haben Sie etwas gestohlen?«
Wilde schüttelte energisch den Kopf. »Hören Sie, ich weiß nicht, warum diese Leute hinter mir her sind. Sie müssen mir helfen, verstehen Sie?«
Ein kurzer Blick über die Schulter verriet dem Sonderermittler, dass die Verfolger beunruhigend schnell näher kamen. Es waren insgesamt drei Männer, und sie hielten direkt auf ihn zu.
»Sie wissen nicht, warum die Männer Sie verfolgen?«, fragte der Mann und knetete sich sein massiges Kinn. »Klingt etwas merkwürdig, finden Sie nicht?«
Wildes Blicke irrten hin und her. Das Ergebnis trug nicht gerade dazu bei, ihn zu beruhigen, denn er war in einer Sackgasse gelandet, wie er jetzt erkannte. Am Ende der Gasse befand sich eine Mauer, die nur ein geübter Kletterer hätte übersteigen können.
»Halten Sie ihn auf«, gellte eine hohe Stimme zu ihnen herüber. Und der Mann neben Wilde fackelte nicht lange. Seine Faust schoss nach vorne und der Dichter wurde am Kragen gepackt.
Wilde spürte den festen Griff seines Gegenübers. »Sind Sie verrückt geworden? Lassen Sie mich auf der Stelle los. Diese Kerle da wollen mir ans Leder.«
»Wer sind Sie überhaupt?«, fragte der Mann, mit dem sich Wilde nun unfreiwillig auf Augenhöhe befand.
»Oscar Wilde«, lautete die Antwort.
Der Fremde verengte die Augen zu Schlitzen und starrte Wilde durchdringend an. Dann warf er seinen Kopf in den Nacken und begann, schallend zu lachen. Als er sich wieder beruhigt hatte, sah er Wilde ernst an. »Sie wollen der große Schriftsteller sein? Schämen Sie sich, mich so verkohlen zu wollen.«
Wilde riss ungläubig die Augen auf. »Aber sehen Sie doch mal genau hin! Ich bin es doch. Ich bin’s!«
Der andere blickte Wilde abschätzend an. »Ich sehe nur einen eitlen Geck in einem Fummel, der sich ansonsten nur für Weibsvolk geziemt. Sie sollten sich was schämen, sich so auf die Straße zu wagen.«
Und damit versetzte der Fremde Wilde einen Stoß, der ihn direkt in die Arme seiner Verfolger taumeln ließ.
»Was hat er ausgefressen?«, fragte der Kräftige.
»Er hat versucht, einen Gemüsehändler zu bestehlen, drüben auf dem Markt«, antwortete der Hagere, der nicht damit beschäftigt war, Wilde festzuhalten.
»Dachte ich’s mir doch. Elender Lügner. Wage es ja nicht, noch einmal einen Fuß in diese Gasse zu setzen, und schon gar nicht, dich mit dem Namen eines ehrenwerten Mannes zu brüsten.«
Wilde riss die Augen auf und wollte etwas erwidern, doch da wurde ihm von einem seiner Peiniger der Mund zugehalten.
»Wir werden ihn mitnehmen und der Polizei übergeben«, sagte der Dicke an Wildes rechter Seite.
Der Anwohner nickte zufrieden. Offenbar nahm er an, eine gute Tat geleistet zu haben. Er hob seine Hand zum Gruß an die Stirn, wandte sich um und verschwand in seinem Haus.
Als die Tür hinter ihm zuschlug, baute sich der Hagere direkt vor Oscar Wilde auf. »Und jetzt zu dir«, sagte er und versetzte dem Dichter einen Handkantenschlag ins Genick.
Wildes Lippen formten sich zu einem Schrei, doch seine Kehle verließ nur ein halb erstickter Laut. Als er auf dem Kopfsteinpflaster zusammensackte, hatte er bereits das Bewusstsein verloren.
***
Kneipenlärm.
Von irgendwoher drang er an seine Ohren. Nein, dachte er, das konnte nicht sein. Nie würde er …
Und doch war da das Gelächter, die kehligen Stimmen, die Musik aus einem verstimmten Klavier. Gläserklirren.
Aber das alles klang so weit weg. So als ob …
Oscar Wilde versuchte, die Augen zu öffnen. Es wollte ihm nur halb gelingen. Er lag auf einer ausrangierten Couch, deren Sprungfedern alles daransetzten, sich ihm in die Rippen zu bohren.
Der Raum war eng, roch mangels eines Fensters muffig und war bis auf das Flackern einer Kerze vollkommen dunkel.
Wilde schwang seine Beine von der Couch und sprang auf. Im selben Moment wurde ihm wieder schwarz vor Augen. Unbeholfen plumpste er auf die Sitzfläche zurück und wäre beinahe mit dem Hinterkopf gegen die Wand geschlagen.
»Sie sollten sich noch nicht allzu viel bewegen, Mister Wilde. Besser, Sie lassen sich etwas Zeit.«
»Warum so fürsorglich, Mister Holmes?«, antwortete der Schriftsteller. Diese Stimme hätte er unter Tausenden herausgehört.
»Warum nicht?«, lautete die Gegenfrage von der anderen Seite des Raumes. »Immerhin benötige ich weiterhin Ihre Mitarbeit, auch wenn Sie in letzter Zeit dazu neigen, sich meinen Befehlen zu widersetzen und sich darüber hinaus vollkommen unnötig in Gefahr...




