Frerichs | West-Nord-Passage | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, 312 Seiten

Frerichs West-Nord-Passage

Journal 2022
1. Auflage 2023
ISBN: 978-3-7578-6519-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

Journal 2022

E-Book, Deutsch, 312 Seiten

ISBN: 978-3-7578-6519-1
Verlag: BoD - Books on Demand
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



In meinem Journal halte ich fest, was mir im jeweils zurückliegenden Jahr wichtig war: Leseeindrücke; Berichte von Ausstellungen und Konzerten; Begegnungen; Naturschilderungen; Reflexionen; Erlebnisse der besonderen Art. Ein Schwerpunkt dieses Journals ist die weitere Einrichtung unseres zweiten Lebensschwerpunkts in Wilhelmshaven, unser sog. Aufbau Nord.

Joke Frerichs, geb. 1945, Dr. rer. pol.; Studium der Politikwissenschaft, Soziologie, Philosophie und Germanistik; berufliche Tätigkeit im Feld der Sozialforschung, in Leitungsfunktion und empirischer Forschung; seit 2006 freier Autor und Schriftsteller; zahlreiche literarische Veröffentlichungen (Romane, Gedichte, Essays, autobiografische Texte etc.).

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* Karl-Markus Gauß schildert in seinem Journal eine Erfahrung, die allen wohlmeinenden Sprachpolizisten zu denken geben sollte. Er stieß auf eine Bevölkerungsgruppe, die sich weigerte, als Roma bezeichnet zu werden. Sie bestanden darauf, Zigeuner zu sein. Dazu führt er aus: Was die Worte bedeuten, wird durch ihren Gebrauch bestimmt. Wenn jemand den dummen Neger oder den diebischen Zigeuner meint, kann er ihn auch aus dem Afroamerikaner oder dem Roma heraushören lassen. Trotzdem sind die einzigen, die das Recht haben, von Negern oder Zigeunern zu sprechen, die Afroamerikaner und die Roma selbst, und sie sind es auch, die darüber zu bestimmen haben, welche Bezeichnung für sie angemessen ist. Der zwanghafte Versuch, die Sprache bürokratisch zu reglementieren, schafft die Probleme, um die es geht, nicht aus der Welt. Dadurch werden nur immer neue sprachliche Ungetüme geschaffen, die bewirken, dass die alten Ressentiments durch neue Einfälle fortwirken. So spricht die Wiener Polizei informell von Negern als Südschweden. * Immer öfter beobachte ich Leute, die sich auf ihren Handys unablässig Bilder schicken. Was hat das zu bedeuten? Dass sie sich Bilder schicken, scheint mir nicht das Problem zu sein. Auf diese Weise kommunizieren sie miteinander. Aber das es dazu zwischengeschalteter Medien bedarf, ist problematisch. Das Miteinander-Sprechen geht verloren. Die Bilder verschwinden im riesigen Archiv der Bedeutungslosigkeit, dessen Speicherkapazität unermesslich ist. * Die Alltagssprache wird ständig durch Begrifflichkeiten ergänzt, die durch ihren häufigen und beliebigen Gebrauch ihren ursprünglichen Sinn verlieren. Begriffe wie authentisch oder nachhaltig gehören dazu. Sie werden zu Worthülsen, die immer dann ins Spiel kommen, wenn jemand nicht so genau weiß, wie er einen Sachverhalt kennzeichnen soll. Wir müssen ‚nachhaltig’ wirtschaften, fordern z.B. Umweltschützer und die Politiker sprechen es nach. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Forstwirtschaft und meinte die Wiederaufforstung des Waldes nach der Rodung von Bäumen. Ein solcher Prozess dauert Jahrzehnte. Genau das aber ist mit der kapitalistischen Wirtschaftsform unvereinbar, wo Innovationen sich möglichst schnell rentieren müssen. * Klaus schickt den ersten Zwischenstand zum Bild 9 des Zyklus: Weiter in der Kunst: Jedes Bild hat seine eigene Entstehungs-, aber auch Verlaufsgeschichte. Beim letzten Bild habe ich mit der Zentralfigur begonnen und daraufhin den dunklen Himmel ergänzt. Die gleichzeitige Absicht, beim jetzigen Bild keine „lebendigen“ Personen auftauchen zu lassen, aber parallel den Himmel noch stürmischer zu gestalten, hat dazu geführt, dass ich mich nicht zu früh festlegen konnte und wollte. Das wiederum hatte zur Folge, dass ich es wenig hilfreich fand, Zwischenstände zu verschicken. Erst wollte ich… - na ja. Die Motivsuche für „abwesende Anwesenheit“ von Menschen ist jedenfalls vorerst abgeschlossen. Ein Zwischenstand kann verschickt werden. Es stellt sich als nächstes die Frage, ob ich über die Gestaltung des Mauerwerks mich vorarbeite zur Himmelslösung oder ob ich es umgekehrt anpacke. Aber seht erst einmal, wie weit ich bislang gekommen bin. * Hin und wieder reden wir über Zimmerschied. Natürlich etwas wehmütig, aber immer auch mit einem Gefühl der Demut und der Dankbarkeit für die Zeit, die wir dort erleben durften. Für uns war es der ideale Kontrast zur Großstadt, ein Ort des Rückzugs und der Besinnung. Und für mich war es gleichzeitig der Ort, an dem es mir gelang, mein Inneres und mein Äußeres in Einklang zu bringen. Das war die Voraussetzung meines Schreibens. Ich hatte das Gefühl, die Kontrolle über mein Leben zu übernehmen, bei mir zu sein. Das waren unwiederbringliche Glücksmomente neben all dem, was ich in meinem Zimmerschied-Text zu schildern versucht habe. * Der WDR schickt folgendes Schreiben: Vielen Dank für Ihr Programmangebot. Wir haben uns in Lektorat und Redaktion gleichermaßen intensiv mit „Hieronymus im Gehäuse – Der Dichter, sein Haus und sein Radio“ befasst. Die Auseinandersetzung mit autodidaktischer künstlerischer Bildung, Zugänglichkeit zum Literaturbetrieb und Langzeitarbeitslosigkeit sind durchaus relevante Themen. Wir haben uns jedoch gegen eine Produktion Ihres Textes entschieden und bitten um Verständnis dafür, dass wir aufgrund der Vielzahl an Einreichungen keine ausführliche Ablehnungsbegründung schreiben können. Es war von vornherein eine Schnapsidee, den Text einfach so an die Hörspielredaktion zu schicken; wahrscheinlich muss ich schon froh sein, nach drei Monaten wenigstens eine schriftliche Absage zu bekommen. * Der Konflikt um die Ukraine eskaliert weiter. In den Medien, vor allem aber in den diversen Talkshows diskutierten vermeintliche Militärstrategen darüber, welche schweren Waffen man an die Ukraine liefern könnte. Ihnen scheint zu entgehen, dass sich die NATO damit längst zur Kriegspartei gemacht hat und es nur noch eine Frage der Zeit ist, bis Russland darauf reagiert und es zu einer direkten Konfrontation kommt, die nahezu zwangsläufig in einen Dritten Weltkrieg und damit in einen Atomkrieg mündet. Völlig übersehen wird, dass die US-Strategie, Russland maximal zu schwächen und eine künftige Kooperation der EU mit Russland unmöglich zu machen, genau darauf abzielt. Der jetzige Sicherheitsberater Bidens und sein Verteidigungsminister haben diese Strategie bei einem Treffen in Rammstein (!!!), dem Hauptquartier der US-Streitkräfte, zur verbindlichen Nato-Strategie erklärt und die ahnungslosen europäischen Vasallen haben sie abgenickt; glücklich darüber, den erneuten Schulterschluss mit den USA vollzogen zu haben. Im Klartext heißt das: die Ukraine wird mit schweren Waffen beliefert, was die USA ohnehin schon seit längerem praktizieren; die Europäer schließen sich dem an und man versucht, den Krieg so lange wie möglich auszudehnen, wobei einige sogar darauf hoffen, Russland besiegen oder zumindest zurückdrängen zu können. So dreht man munter an der Eskalationsschraube weiter, bis es endgültig kracht. Den Amerikanern wird es recht sein: Sie hätten ihr geostrategisches Ziel erreicht: Russland ist geschwächt und fällt für den künftigen Großkonflikt mit China als dessen Verbündeter weitgehend aus. Ich bin mir sicher, dass diese Entwicklung mehr oder weniger so eintreffen wird, während hierzulande darüber diskutiert wird, welche Haubitzen und Panzertypen als nächstes an die Ukraine geliefert werden sollten. * Schaue mir eine Dokumentation über Georg Stefan Troller an; zu seinem 100. Geburtstag. An ihn habe ich eigene Erinnerungen: Anfang der 60er-Jahre sahen wir viele seiner Sendungen über Paris und vielleicht trugen diese dazu bei, dass so etwas wie eine Paris-Sehnsucht in mir erwachte. 1967 war es dann so weit; der erste von mehreren Besuchen in den nächsten 40 Jahren. Zum letzten Mal besuchten wir Paris 2008. An einer Kreuzung auf dem Boulevard Montparnasse, wo sich die berühmten Cafés befinden, saß uns gegenüber, draußen am Café Rotonde, besagter Georg Stefan Troller; jedenfalls waren wir uns ziemlich sicher, dass er es war. Leider bin ich nicht zu ihm rüber gegangen. Er hätte sich vielleicht gefreut. * ‚Man muss den Dingen die eigene, stille ungestörte Entwicklung lassen, die tief von innen kommt und durch nichts gedrängt oder beschleunigt werden kann’, heißt es in dem wunderschönen Gedicht ‚Geduld’ von Rainer Maria Rilke. Und weiter: Reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt und getrost in den Stürmen des Frühlings steht, ohne Angst, dass dahinter kein Sommer kommen könnte. Er kommt doch! Aber er kommt nur zu den Geduldigen, die da sind, als ob die Ewigkeit vor ihnen läge, so sorglos, still und weit…Es handelt sich darum, alles zu leben. Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich, ohne es zu merken, eines fremden Tages in die Antworten hinein. * Ich schreibe einen weiteren Kommentar zum Ukraine-Krieg, auf den Alfons Pieper mir antwortet: Lieber Joke Frerichs, Sie haben einen nachdenklichen Kommentar zur Lage geschrieben, indem Sie Ihre Unsicherheit hinsichtlich der ungewiss gewordenen Zukunft deutlich machen. Ich bin wie Sie teils entsetzt über unsere nassforschen Kollegen, von denen sich Jürgen Habermas wohltuend abhebt und dem nachdenklichen Scholz Recht gibt. Völlig unverständlich bleibt für mich die Abwesenheit des Kanzlers bei einer solchen Debatte nebst Abstimmung im Parlament. Ihnen trotz allem ein schönes Wochenende. * Petra gibt...



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