French | Der falsche Freund | E-Book | sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 383 Seiten

French Der falsche Freund


1. Auflage 2019
ISBN: 978-3-641-24604-4
Verlag: C.Bertelsmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 383 Seiten

ISBN: 978-3-641-24604-4
Verlag: C.Bertelsmann
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Ein mörderischer Albtraum
Eine kurze Liebesaffäre entwickelt sich zu einem mörderischen Albtraum: Mirandas neuer Freund schleicht sich in ihr Leben, spioniert sie aus, verfolgt sie, verbündet sich mit ihrer Familie. Sie warnt ihre Liebsten vor dem Psychopathen, doch alle halten Miranda für krankhaft eifersüchtig und hysterisch. Erst als ihr kaum noch Luft zum Atmen bleibt, schlägt sie mit dem Mut der Verzweiflung zurück.

Nicci French zeichnet ein genaues und überaus beklemmendes Psychogramm einer totalen Kontrolle - die Geschichte einer tödlichen Obsession.

Nicci French - hinter diesem Namen verbirgt sich das Ehepaar Nicci Gerrard und Sean French. Seit über 20 Jahren sorgen sie mit ihren außergewöhnlichen Psychothrillern international für Furore und verkauften weltweit über 8 Mio. Exemplare. Besonders beliebt sind die Bände der Frieda-Klein-Serie. Die beiden leben in Südengland.

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2. KAPITEL


Seit Brendans Abgang aus meiner Wohnung waren zwei Wochen vergangen. Es war halb drei Uhr nachmittags, und ich stand auf einer Leiter und streckte mich gerade, um mit meinem Pinsel die Ecke zu erreichen, als plötzlich mein Handy klingelte und mir klar wurde, dass es sich in meiner Jackentasche befand und ich meine Jacke nicht anhatte. Wir arbeiteten gerade an einem Neubau in Blackheath – lauter gerade Linien und viel Glas und Kiefernholz. Ich strich das Holz mit einer besonderen, fast transparenten Farbe auf Ölbasis, die für teures Geld aus Schweden importiert worden war.

Rasch stieg ich von der Leiter und legte den Pinsel auf den Deckel der Dose.

»Hallo?«

»Miranda, hier ist Kerry.«

Das war an sich schon ungewöhnlich. Wir trafen uns relativ regelmäßig, einmal im Monat oder so, meist bei meinen Eltern. Außerdem telefonierten wir etwa einmal die Woche, wobei ich immer diejenige war, die anrief. Sie fragte mich, ob ich abends schon etwas vorhätte. Ich war tatsächlich schon halbwegs verabredet, aber sie meinte, es sei wirklich wichtig, sie würde mich sonst nicht so kurzfristig fragen. Mir blieb also gar nichts anderes übrig, als ja zu sagen. Als ich einen Treffpunkt mit ihr vereinbaren wollte, stellte sich heraus, dass Kerry sich das alles schon genau überlegt hatte. In Camden habe vor kurzem ein ganz schlichtes französisches Restaurant eröffnet, dort werde sie für acht einen Tisch reservieren. Falls ich nichts mehr von ihr hörte, könne ich davon ausgehen, dass es geklappt habe.

Ich war völlig baff. Sie hatte noch nie etwas Derartiges arrangiert. Während ich die Farbe auf die große Kiefernwand klatschte, überlegte ich, was sie mir wohl zu sagen haben könnte. Die entscheidende Frage war natürlich, ob es sich um etwas Positives oder etwas Negatives handeln würde, aber nicht einmal darauf fiel mir eine plausible Antwort ein.

Innerhalb einer Familie ist man mit einem bestimmten Charakter geschlagen. Die anderen machen sich irgendwann ein Bild von einem, und dabei bleibt es dann, egal, was man tut. Man kann ein Kriegsheld werden, und trotzdem reden die Eltern immer nur über irgendeine vermeintlich lustige Angewohnheit, die man im Kindergarten hatte. Manche Menschen ziehen bis nach Australien, um das Bild hinter sich zu lassen, das ihre Familie von ihnen hat – oder von dem sie glauben, dass sie es hat. Das Ganze ist mit einem Raum voller Spiegel vergleichbar, mit Spiegelbildern und Spiegelbildern von Spiegelbildern und endlos so weiter. Man kann Kopfschmerzen davon bekommen.

Ich war nicht nach Australien geflohen, sondern lebte keine zwei Kilometer von dem Haus entfernt, in dem ich aufgewachsen war, und arbeitete für meinen Onkel Bill. Manchmal kann ich gar nicht fassen, dass er mein Onkel ist, weil er so gar keine Ähnlichkeit mit meinem Vater aufweist. Er hat langes Haar, das er hin und wieder zu einem Pferdeschwanz bindet, und rasiert sich so gut wie nie. Noch bemerkenswerter ist, dass sich eine Menge reiche und trendige Leute darum reißen, seine Dienste in Anspruch zu nehmen. Mein Vater bezeichnet ihn nach wie vor als Maler und Tapezierer, und ich kann mich daran erinnern, dass er damals, als ich ein Kind war, mit einer wild zusammengewürfelten Schar von Taugenichtsen arbeitete und meist mit einem verbeulten Lieferwagen herumfuhr, den er sich von irgendjemandem geliehen hatte. Inzwischen aber hat Onkel Bill – wie ich ihn nie nenne – eine richtige Firma, ein großes Büro, eine lukrative Geschäftsverbindung mit einem Architektenteam und eine lange Warteliste, in die man nur schwer Aufnahme findet.

Als ich eine Minute nach acht im La Table eintraf, war Kerry bereits da. Sie hatte ein Glas Weißwein vor sich stehen und daneben einen Kübel mit der Flasche, sodass ich sofort wusste, dass es sich um irgendeine gute Nachricht handeln musste. Sie schien von innen heraus zu strahlen, ihre Augen leuchteten richtig. Außerdem sah sie völlig verändert aus. Ich selbst trug mein Haar immer ziemlich kurz. Das gefiel mir, und außerdem bot es sich in meinem Fall an, weil meine Haare auf diese Weise nicht in Harz landen oder sich um einen Bohrer wickeln konnten, wenn ich arbeitete. Kerry hingegen war nie der Frauentyp gewesen, der einen bestimmten Look verkörperte; ich kannte sie eigentlich nur mit halblangem Haar und praktischer Kleidung. Jetzt hatte sie sich die Haare ebenfalls kurz schneiden lassen, was ihr sehr gut stand. Fast alles an ihr war anders. Sie war stärker geschminkt als sonst, wodurch ihre großen Augen besser zur Geltung kamen. Außerdem trug sie lauter neue Klamotten – eine dunkle Schlaghose, ein weißes Leinenhemd und eine Weste. Mit einer Weste hatte ich sie noch nie gesehen. Sie wirkte elfenhaft und irgendwie erwartungsvoll. Als sie mich entdeckte, winkte sie mich an den Tisch und schenkte mir ein Glas Wein ein.

»Cheers!«, sagte sie. »Du hast übrigens Farbe im Haar.« Am liebsten hätte ich ihr die Antwort gegeben, die mir immer auf der Zunge liegt, wenn ich das zu hören bekomme: dass es ganz normal ist, wenn ich Farbe im Haar habe, weil ich mein halbes Leben mit Streichen verbringe. Aber letztendlich sage ich es nie, und an diesem Abend würde ich es ganz bestimmt nicht sagen. Kerry sah so froh und erwartungsvoll aus. In froher Erwartung. Das konnte nicht sein, oder doch?

»Berufsrisiko«, antwortete ich.

Die Farbe befand sich an meinem Hinterkopf, wo ich sie ohne Spiegel schlecht lokalisieren konnte. Kerry begann in meinem Haar herumzuzupfen. Wir müssen ausgesehen haben wie zwei Schimpansen, die mitten im Lokal ihre Körperpflege betrieben. Ich weiß selbst nicht, wieso ich sie trotzdem gewähren ließ. Schließlich sagte sie, die Farbe gehe nicht ab, was ich irgendwie tröstlich fand. Ich nahm einen Schluck Wein.

»Scheint ein nettes Lokal zu sein«, stellte ich fest.

»Ich war letzte Woche schon mal hier«, erklärte Kerry. »Es ist großartig.«

»Dir geht’s im Moment recht gut, stimmt’s?«

»Du fragst dich wahrscheinlich, warum ich dich angerufen habe«, antwortete sie.

»Das muss ja keinen bestimmen Grund haben«, log ich.

»Ich habe Neuigkeiten für dich«, fuhr sie fort. »Ziemlich überraschende Neuigkeiten.«

Demnach war sie tatsächlich schwanger. Etwas anderes konnte es nicht sein. Was mich allerdings ein wenig erstaunte, war die Tatsache, dass sie Alkohol trank.

»Ich habe einen neuen Freund«, erklärte sie.

»Das freut mich, Kerry. Das ist eine großartige Neuigkeit.«

Ich war noch verwirrter als zuvor. Natürlich freute ich mich für sie, weil ich wusste, dass sie schon längere Zeit keinen Freund mehr gehabt hatte und deswegen bekümmert gewesen war. Meine Eltern hatten sich deswegen auch ein wenig gesorgt, was es für Kerry nicht gerade leichter machte. Trotzdem fand ich es seltsam, dass sie es auf diese förmliche Weise verkündete.

»Das Ganze ist ein bisschen problematisch«, fuhr sie fort. »Deswegen wollte ich zuerst mit dir darüber sprechen.«

»Was könnte daran problematisch sein?«

»Du hast Recht«, pflichtete sie mir sofort bereitwillig bei. »Du hast völlig Recht. Das habe ich auch gesagt. Es dürfte eigentlich überhaupt kein Problem sein, wenn wir keines daraus machen.«

Ich nahm noch einen Schluck Wein und zwang mich, geduldig zu sein. Das war eine weitere Eigenart von Kerry: Sie konnte so unkommunikativ sein, dass sie kein Wort von sich gab, aber auch ins andere Extrem verfallen und unzusammenhängendes Zeug vor sich hin plappern.

»Was für ein Problem?«

»Es ist jemand, den du kennst.«

»Wirklich?«

»Eigentlich sogar mehr als das. Du warst mal mit ihm zusammen. Es ist ein Exfreund von dir.«

Ich gab ihr darauf keine Antwort, weil meine Gedanken zu rasen begannen. Wer konnte das sein? Lucas und ich hatten uns nach einem Riesenkrach getrennt, außerdem lebte er inzwischen mit Cleo zusammen. Die Beziehung mit Paul hatte etwa ein Jahr gedauert, und bestimmt waren er und Kerry sich ein- oder zweimal über den Weg gelaufen. Alles Weitere waren uralte Geschichten. Natürlich hatte es am College ein paar Techtelmechtel gegeben, aber zu der Zeit hatte ich zu Kerry fast keinen Kontakt gehabt. Ich versuchte mir vorzustellen, welch unglaublicher Zufall meine Schwester mit einem Mann aus meiner fernen Vergangenheit zusammengebracht haben könnte, beispielsweise mit Rob. Damals waren die beiden sich nie begegnet, oder doch? Womöglich musste ich ja noch weiter zurückgehen, in die Urvergangenheit meiner Schulzeit. Tom kam mir in den Sinn. Das musste es sein. Vielleicht war sie auf einem Schultreffen gewesen …

»Es ist Brendan«, sagte sie. »Brendan Block.«

»Was? Was meinst du?«

»Ist das nicht erstaunlich? Er wird gleich kommen. Er hat gesagt, er fände es gut, wenn wir drei uns zusammensetzen würden.«

»Das kann nicht sein«, sagte ich.

»Ich weiß, dass es dir ein bisschen seltsam vorkommen muss …«

»Wo habt ihr euch kennen gelernt?«

»Das erzähle ich dir gleich«, antwortete sie. »Ich werde dir alles ganz genau berichten. Aber bevor Bren kommt, wollte ich dir noch schnell etwas anderes sagen.«

»Bren?«

»Meine schöne Miranda, ich möchte, dass du weißt, dass Bren mir alles erzählt hat. Ich hoffe, das ist dir nicht peinlich.«

»Was?«

Kerry beugte sich über den Tisch und legte die Hände auf meine. Aus ihren großen Augen sprach Mitgefühl.

»Miranda, ich weiß, dass eure Trennung sehr schmerzhaft für dich war.« Sie holte tief Luft und drückte meine Hände. »Ich weiß, dass Bren mit dir Schluss gemacht hat. Er hat mir erzählt, wie durcheinander du warst, wie wütend und verletzt. Aber er hofft, dass du inzwischen darüber hinweg bist. Er selbst hat kein...


French, Nicci
Nicci French - hinter diesem Namen verbirgt sich das Ehepaar Nicci Gerrard und Sean French. Seit über 20 Jahren sorgen sie mit ihren außergewöhnlichen Psychothrillern international für Furore und verkauften weltweit über 8 Mio. Exemplare. Besonders beliebt sind die Bände der Frieda-Klein-Serie. Die beiden leben in Südengland.



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