Fraser Felsen der Liebe
1. Auflage 2012
ISBN: 978-3-95576-046-5
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Liebesreise nach Cornwall
E-Book, Deutsch, 192 Seiten
ISBN: 978-3-95576-046-5
Verlag: MIRA Taschenbuch
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Der Blick aufs Meer ist atemberaubend, und Meg müsste überglücklich sein: Plötzlich gehört ihr die Hälfte von 'Heron's View', ein hoch auf den Klippen gelegenes majestätisches Anwesen! Doch der andere Besitzer ist Guy Delacroix. Vor Jahren hat sie eine einzige leidenschaftliche Nacht mit ihm verbracht - und Meg erkennt erst jetzt, dass sie nie aufgehört hat, ihn zu lieben.
Weitere Infos & Material
2. KAPITEL
“Draußen ist ein Mann”, verkündete Maxine etwas später, als sie zu Meg in die Küche kam.
“Ein Mann?” Sofort war Meg mit ihren Gedanken wieder in der Gegenwart.
“Er überlegt wohl, ob die Adresse stimmt. Ich habe dir doch erzählt, dass die Neun lose ist und sich umgedreht hat.”
“Ja.” Meg erinnerte sich daran, dass Maxine es ihr ein paar Mal gesagt hatte.
Als es klingelte, fuhr Maxine fort: “Wahrscheinlich hat er jetzt herausgefunden, dass es die Nummer neunzehn sein muss. An deiner Stelle würde ich die Nummer trotzdem mal befestigen, Mum.”
“Danke, Maxine, das werde ich.” Meg fragte sich, warum ihre Tochter so anders war als sie.
Maxine war ein richtiger Ordnungsfanatiker und regte sich ständig über ihren chaotischen Haushalt auf. Nun beobachtete sie missbilligend, wie sie, Meg, einen Stapel Papiere durchblätterte, der auf dem Küchentisch lag.
“Willst du nicht aufmachen?”, erkundigte sich Maxine, als es wieder klingelte.
“Machst du bitte auf?”, bat Meg. “Das wird der Kurier sein. Eine der Werbeagenturen hat ihn geschickt, damit er meine Entwürfe abholt. Ich kann sie nur nicht finden.”
“Also wirklich, Mum!”, sagte Maxine und stöhnte, bevor sie zur Tür lief. “Wie ein Kurier sieht er nicht gerade aus”, ließ sie sich dann aus dem Flur vernehmen.
Unterdessen suchte Meg weiter nach den Unterlagen mit den Jingles, die sie geschrieben hatte und in denen drei Tage Arbeit steckten.
Im nächsten Moment erschien Maxine wieder in der Küche. “Er möchte dich sprechen, aber er ist kein Kurier.”
“Hast du ihn nach seinem Namen gefragt?”
“Nein, aber er scheint ganz in Ordnung zu sein”, versicherte Maxine. “Er trägt einen Anzug und ist ziemlich höflich.”
“O nein, bestimmt ist er ein Vertreter für Doppelglasfenster.” Da die Metallrahmen der Fenster ihrer Doppelhaushälfte ziemlich verrostet waren, klingelten oft Vertreter solcher Firmen bei Meg. “Ich werde diese Typen einfach nicht los.”
“Sag ihm einfach, wir haben kein Geld”, verkündete Maxine, bevor sie wieder ins Wohnzimmer zu ihrer Freundin ging.
Meg fragte sich, ob das eine Feststellung, ein Ratschlag oder ein Vorwurf gewesen war – oder alles zusammen. Vor Jahren hatte sie sich damit getröstet, dass es einfacher war, eine Tochter großzuziehen als einen Sohn. Das war allerdings ein Irrtum gewesen.
Als sie zur Haustür ging und durch die Milchglasscheibe blickte, stellte sie fest, dass der Mann noch immer davorstand. Sie atmete tief durch, bevor sie die Tür einen Spaltbreit öffnete.
“Falls Sie wegen der Fenster kommen, hat es keinen Zweck”, erklärte sie, bevor der Mann zu dem üblichen Verkaufsgespräch ansetzen konnte. Im nächsten Moment stellte sie fest, dass er kein Vertreter war. Noch ehe er sich umgedreht hatte, hatte sie ihn an seiner kräftigen Statur erkannt.
Guy Delacroix wirbelte herum und schaute sie einen Moment schweigend an. Während sie seinen Blick erwiderte, spürte sie, wie ihr Herz schneller zu klopfen begann.
“Du hast dich verändert”, bemerkte er schließlich.
Guy dagegen hatte sich in den zwölf Jahren, die sie sich nicht gesehen hatten, kaum verändert. Er hatte ein paar graue Haare mehr und feine Lachfältchen in den Augenwinkeln. Gerade das Letztere wirkte merkwürdig an einem Mann, der selten lachte. Oder hatte er lachen gelernt, seit sie, Meg, aus Heron’s View – und vor ihm – weggelaufen war?
Unwillkürlich dachte sie daran, wie erstaunt er über ihren Anblick sein musste. Damals war sie zwanzig gewesen und hatte mädchenhafte Züge und langes Haar gehabt. Jetzt, mit zweiunddreißig, sah sie zwar für ihr Alter relativ jung aus, wirkte jedoch weiblicher und hatte kurzes Haar. In den Jeans und dem weißen T-Shirt sah sie nicht besonders vorteilhaft aus, wie ihr flüchtig durch den Kopf ging.
“Das war deine Tochter”, stellte Guy fest und brachte sie damit in die Gegenwart zurück.
“Ich …” Am liebsten hätte Meg Maxines Existenz geleugnet, aber das wäre absurd gewesen. Sicher hatte Jack ihm von ihr erzählt. “Ja … Maxine ist meine Tochter.”
“Du hast sie nach deinem Vater benannt. Allerdings ähnelt sie mehr meinem Vater.”
Meg erwiderte entsetzt Guys Blick. Er hatte die Ähnlichkeit also bemerkt. Doch warum hätte er es auch nicht merken sollen? Abgesehen von den Augen, kam Maxine ganz nach seiner Familie. Dann rief Meg sich jedoch ins Gedächtnis, dass sein Vater auch Jacks Vater war.
“Ich habe einige Neuigkeiten für dich”, fuhr Guy fort. “Kann ich reinkommen?”
Ohne auf eine Antwort zu warten, betrat er den Flur. Da Meg ihn nicht mit Maxine konfrontieren wollte, führte sie ihn in die Küche. Er schien den Raum zu beherrschen und wirkte in seinem konservativen Anzug seltsam fehl am Platz.
“Möchtest du dich setzen?” Sie versuchte, gegen die Gefühle anzukämpfen, die er in ihr weckte.
Guy schüttelte den Kopf. “Es dauert nicht lange. Wie ich bereits sagte, habe ich einige Neuigkeiten für dich.”
“Ich habe es schon im Radio gehört.” Energisch hob sie das Kinn, damit er ihr nicht anmerkte, wie sehr die Nachricht von Jacks Tod sie mitgenommen hatte.
“Und Maxine?”
“Sie wusste es bereits”, erwiderte Meg kurz angebunden.
Guy runzelte die Stirn. “Und wie hat sie darauf reagiert?”
Meg zuckte die Schultern. Offenbar dachte er, dass Maxine keinen besonders traurigen Eindruck gemacht hatte, doch was erwartete er? Ihm musste klar sein, dass sie ihren Vater kaum gekannt hatte.
“Wird sie zur Beerdigung gehen?”, erkundigte Guy sich.
“Ich weiß es noch nicht.” Darüber hatte Meg sich noch keine Gedanken gemacht.
“Und du?”
Sie sah ihn überrascht an. “Ich glaube nicht, dass Jack es gewollt hätte”, erklärte sie schließlich.
“Nein, vermutlich nicht. Bist du deswegen auch nicht zur Beerdigung meiner Mutter gekommen?”
Er hat sich nicht verändert, dachte Meg. Doch diesmal würde sie sich von seiner unverblümten Art nicht einschüchtern lassen.
“Nein. Ich bin nicht gekommen, weil ich dachte, du hättest etwas dagegen”, entgegnete sie scharf.
Guy betrachtete sie aus zusammengekniffenen Augen. “Stimmt, ich hatte etwas dagegen. Du bist trotzdem da gewesen, stimmt ‘s?”
“Was meinst du damit?”
“Ich bin später noch einmal auf dem Friedhof gewesen und habe dich gesehen.”
“Oh.” Das konnte sie natürlich nicht abstreiten. Auch nach ihrer Trennung von Jack war sie weiterhin mit Caroline Delacroix in Kontakt geblieben. Manchmal hatte Caroline sie in London besucht, um Maxine zu sehen, ihr einziges Enkelkind. Allerdings wusste Meg, dass Caroline ihren Söhnen nie von diesen Besuchen erzählt hatte.
“Ihr Anwalt hat mich angerufen”, erklärte Meg. “Er sagte, es sei ihr Wunsch gewesen, dass ich zu ihrer Beerdigung komme.”
Meg war mit dem Zug nach Penzance gefahren und hatte gewartet, bis die Trauerfeier vorüber war. Anschließend hatte sie einen Kranz am Grab niedergelegt, um sich von Caroline zu verabschieden.
Als Meg daran dachte, dass Guy sie beobachtet hatte, fragte sie sich, was in ihm vorgegangen sein mochte. Wahrscheinlich war er wütend auf sie gewesen, weil sie es gewagt hatte, dort zu erscheinen. Jetzt betrachtete er sie mit einem verächtlichen Ausdruck in den grauen Augen. “Du solltest nicht zur Beerdigung kommen, sondern nach Heron’s View, um bei der Verlesung des Testaments dabei zu sein.”
Meg hatte nicht erwartet, etwas von Caroline zu erben. Und falls Caroline ihr tatsächlich etwas hinterlassen hatte, hätte sie, Meg, es inzwischen sicher längst erfahren, denn seit Carolines Tod waren fast zwei Jahre vergangen.
“Hast du dich nie gefragt, ob meine Mutter dir etwas vererbt haben könnte?”, erkundigte sich Guy.
“Warum in aller Welt hätte sie das tun sollen? Sie war nicht für mich verantwortlich.”
“Nein, das war Jack.” Guy ließ seinen Blick durch die Küche schweifen.
Obwohl das Haus klein und die Möbel schäbig waren, hatte sie es geschafft, ihren vier Wänden eine gemütliche Atmosphäre zu verleihen. Der Küchentisch und die Stühle wiesen zwar starke Abnutzungsspuren auf, waren aber aus stabilem Pinienholz. Das wenige Geld, das sie übrig gehabt hatte, hatte sie schon lange für Fliesen und neue Tapeten ausgegeben.
Für Guy Delacroix hingegen, der ein Luxusapartment in Truro besaß und außerdem ein so prachtvolles Herrenhaus wie Heron’s View bewohnte, zeugte eine Doppelhaushälfte im Londoner Stadtteil Putney vermutlich von einem Dasein knapp oberhalb der Armutsgrenze.
“Von Jack hast du nicht viel Geld bekommen, stimmt ‘s?”, meinte Guy dann.
Meg schaute ihn ungläubig an. “Das habe ich ja wohl dir zu verdanken”, entgegnete sie bitter.
Er tat überrascht. “Könntest du mir das bitte erklären?”
“Komm schon. Du hast Jack doch gesagt, wie er sich am besten aus der Affäre ziehen kann. Dachtest du etwa wirklich, er würde es mir nicht erzählen?”
Nun war Guys Miene unergründlich wie immer. “Jack hat dir also erzählt, ich hätte ihn bei der Scheidung beraten.”
Meg nickte. “Wag ja nicht, es abzustreiten.”
“Also gut, ich streite es nicht ab”, bestätigte Guy kühl.
Sie zwang sich, seinem Blick standzuhalten, doch wie damals fühlte sie sich gleichzeitig zu ihm hingezogen und eingeschüchtert, als sie ihm in die Augen schaute.
...