E-Book, Deutsch, Band 3, 372 Seiten
Reihe: Georg Rubin ermittelt
Franzmann Die französische Agentin
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-98952-073-8
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Kriminalroman - Georg Rubin ermittelt 3
E-Book, Deutsch, Band 3, 372 Seiten
Reihe: Georg Rubin ermittelt
ISBN: 978-3-98952-073-8
Verlag: dotbooks
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Edgar Franzmann, 1948 in Krefeld geboren, lebt als Journalist und Schriftsteller in Köln. Er war Redakteur der Zeitung EXPRESS, Leiter der Online-Angebote von Kölner Stadt-Anzeiger und Kölnische Rundschau sowie Chefredakteur des Web-Portals koeln.de. Franzmann ist Mitglied des Syndikats, des Vereins deutschsprachiger Krimiautoren, von April 2012 bis Mai 2014 war er dessen geschäftsführender Sprecher. Die Website des Autors: https://www.franzmann.de Der Autor bei Facebook: https://www.facebook.com/efranzmann Der Autor auf Instagram: https://www.instagram.com/edgarf/ Der Autor bei Twitter: https://twitter.com/edgarf Bei dotbooks veröffentlichte der Autor die Kriminalromane um den Journalisten und Ermittler Georg Rubin mit den Bänden »Der Richter-Code«, »Adenauers Auge«, »Die französische Agentin« und »Das Molotow-Komplott« sowie das Prequel zur Rubin-Reihe »Millionenallee«.
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Kapitel 9
»Georg, ich muss mit dir reden.«
Gertrud Odenthal hatte auf der Lauer gelegen, um ihn abzupassen, als er nach Hause kam.
Rud, wie sie genannt werden wollte, war so etwas wie Georgs häusliche Cheforganisatorin. Sie kümmerte sich um seine Tochter Rosa und überließ ihr in ihrer Wohnung das Kinderzimmer, das sie ansonsten für ihre eigene Tochter Nicole freihielt. Die allerdings war schon vor Jahren ausgezogen und wollte auch nicht zurückkehren. »Aber hier ist schließlich ihr Zuhause. Sie soll wissen, dass sie jederzeit willkommen ist«, sagte Gertrud, wann immer das Thema aufkam, und ließ sich nicht beirren.
Sie ließ sich auch nicht darin beirren, mütterlich fürsorglich Georgs Liebesleben zu kommentieren und zu steuern. Früher hatte sie seine wechselnden Bekanntschaften missbilligt, jetzt sorgte sie sich schon seit Monaten darum, dass er gar keine Freundin mehr nach Hause brachte.
»Deine Tochter braucht eine Mutter. Und ein Mann braucht eine Frau«, sagte sie. Und da er die Lust am anderen Geschlecht verloren zu haben scheine, werde sie sich darum kümmern, dass endlich eine Frau ins Haus käme.
Georg selbst kam mit seiner Single-Rolle ganz gut klar. Ricarda Pereyra, seine argentinische Ex, war seit über einem Jahr die Freundin von Gerald Menden, Hauptkommissar bei der Kölner Polizei und einer von Georgs besten Kumpeln.
Ricarda war immer noch Georgs Tango-Lehrerin, sie trafen sich einmal die Woche und verstanden sich gut. Manchmal, für die drei Minuten eines Tangos, kamen sie sich sehr nahe, aber Liebe war nicht mehr im Spiel.
Blieb noch Carola Maar, Georgs Kollegin und Tanzpartnerin. Sie war elegant, zwei Jahre älter als er. In den letzten Herbstferien hatten sie zwei Wochen Tango-Urlaub in Buenos Aires gemacht. Sie hatte in einer Frauen-WG gewohnt, er in einem Hotel in der Nähe. Alle hatten sie für ein Liebespaar gehalten, aber sie waren nur gute Freunde, die den Tango liebten.
Außerdem war Carola verheiratet. Ihr Mann, Arthur, war Architekt, ziemlich beschäftigt und ein Tanzmuffel. »Ich bin Bewegungslegastheniker«, sagte er immer. Und er schien froh zu sein, dass Georg mit Carola tanzen ging. Von Eifersucht keine Spur. Warum auch.
Georg wunderte sich, wie Rud es mit einem einzigen Satz geschafft hatte, sein Gehirn in Besitz zu nehmen. Wo er zuvor noch gegrübelt hatte über Bergers Angebot, die Begegnung mit Amal Amirouche und die bevorstehende Aktion gegen die NSA, nisteten sich plötzlich wieder die zwischenmenschlichen Fragen ein. Vielleicht waren das ja doch die wirklich wichtigen Dinge.
Er schloss die Tür zu seiner Wohnung auf. Rud wiederholte ihren Satz »Georg, ich muss mit dir reden« und machte klar, dass sie die Absicht hatte, ihn in seine Wohnung zu begleiten.
»Espresso?«, fragte er.
»Ich hätte Lust auf Rotwein. Du hast doch einen im Haus?«
Rotwein, kein Kaffee. Das ließ hoffen, dass Ruds Gardinenpredigt nicht ganz so schlimm ausfallen würde. Er goss ihr ein Glas ein, selbst begnügte er sich mit einer Cola Zero.
Rud hatte sich auf einen von Georgs roten Klappstühlen am runden Glastisch in der Küchenecke gesetzt.
»Was macht dir Kummer, Rud?«, fragte Georg.
»Du«, sagte sie und hielt ihm das Glas hin, das schon wieder leer war. »Hast du noch einen Schluck?«
Georg schenkte nach, diesmal füllte er das Glas nur zu einem Drittel.
»Mit mir ist alles in Ordnung«, sagte Georg.
»Meinst du. Ich sehe das anders«, sagte Rud und leerte das Glas.
»Noch eins?«, fragte Georg.
»Nein. Es reicht. Ich wollte mir nur etwas Mut antrinken.«
»Wozu?«
»Um dir die Wahrheit zu sagen.«
»Ich dachte, du sagst immer die Wahrheit.«
»Sag ich auch.«
»Na dann los.«
»Vielleicht… doch noch … nur einen winzigen … Schluck.«
»Nein.«
Gertrud Odenthal richtete ihren Oberkörper auf. Mit großen Augen schaute sie Georg an.
»Nun sag schon, was los ist«, ermunterte er.
Rud senkte die Lider, fast schien es ihm, als ob sie errötete. Und dann sagte sie: »Ich habe einen Freund.«
Georg platzte raus vor Lachen. »Das ist doch wunderbar. Und darum druckst du hier so rum? Komm, ich schenke dir doch noch ein Glas ein. Das muss gefeiert werden. Ich nehme mir auch eins. Prost.«
»Nein«, sagte Rud.
»Wie jetzt?«
»Du verstehst nicht. Für mich ist es großartig, ja. Ich fühle mich wie im dritten Frühling. Aber was ist mit dir?«
»Was soll mit mir sein?«
»Ich werde für dich und für Rosa weniger Zeit haben.«
Oh, das könnte wirklich ein Problem werden. Georg genehmigte sich ein zweites Glas.
»Genau genommen habe ich ab sofort keine Zeit mehr. Rolf, er heißt Rolf, hat mich auf eine Kreuzfahrt mit der AIDA eingeladen. Vierzehn Tage Mittelmeer und Rotes Meer. Mallorca. Ibiza. Tunis. Malta. Kreta. Athen. Suezkanal. Kairo. Sharm El-Sheikh. Ein Sonderangebot, das man nicht ablehnen kann. Ich habe zugesagt. Wir fliegen Donnerstagmittag um dreizehn Uhr. Das ist er.«
Rud holte aus ihrer Handtasche ein Foto hervor, das einen gutaussehenden Mittfünfziger in Badehose an einem Strand zeigte. »Das ist Rolf. Auf Mallorca.«
»Rud, das mit ihm hättest du mir sagen müssen.«
»Ich habe es dir gerade gesagt.«
»Na, ein paar Tage früher.«
»Ich wollte es dir gestern Abend sagen. Aber du hattest ja nur Ohren für die Kanzlerin und diesen Putin. Rolf hat mich vorgestern erst mit der Reise überrascht. Wir kennen uns seit zwei Wochen. Wir standen in der Metzgerei auf der Venloer Straße an der Wursttheke. Stell dir vor, er hat ganz genau dasselbe wie ich bestellt. Zervelatwurst, gekochten Schinken und ein Stück Blutwurst. Er hat Blootwoosch gesagt wie ein echter Kölner. Er kann aber auch Hochdeutsch. Wir haben uns ein paarmal getroffen. Freitagabend hat er mich gefragt, welchen Traum er mir erfüllen könnte. Da habe ich ihm von einer Kreuzfahrt vorgeschwärmt. Die Müllers vom ersten Stock haben letztes Jahr eine kleine Mittelmeerreise gemacht. Mallorca. Cannes. Barcelona. Vollpension. Getränke inklusive. Jeden Abend Programm. Sogar Tanzkurse. Was haben die geschwärmt! Das wollte ich auch mal. Rolf ist gleich am Samstag ins Reisebüro und hat alles gebucht. Ich konnte ihn da doch nicht hängen lassen.«
»Nein. Sicher nicht. Es kommt nur so plötzlich. Und sehr ungelegen. Hast du eine Idee, was ich jetzt machen soll?«
»Also, erstens bin ich nur zwei Wochen weg. Zweitens kannst du meine Wohnung weiter nutzen. Und Rosa ihr Kinderzimmer. Und drittens: Rosa ist zwölf Jahre alt. Meinst du nicht, dass sie auch mal ein paar Stunden allein aushält? Und du selbst könntest dich auch mal ein bisschen mehr an deine Vaterpflichten erinnern. Ich finde, dass du dich in der letzten Zeit zu wenig gekümmert hast.«
»Ich hatte furchtbar viel Arbeit.«
»Ja. Das sagen Männer immer und hängen dann doch nur in der Kneipe rum oder vor dem Computer. Du bist ihr Vater. Du hast zugestimmt, dass sie bei dir wohnt. Ich helfe dir mehr, als man von einer Nachbarin eigentlich erwarten kann. Du musst endlich deine eigene Verantwortung wahrnehmen.«
Georg stand auf und umarmte Rud. »Du bist doch nicht irgendeine Nachbarin. Du gehörst zur Familie.«
»Mag sein. Aber auch ein Familienmitglied hat Recht auf Urlaub. Weißt du, wann ich das letzte Mal eine größere Reise gemacht habe? Vor vier Jahren. Eine Woche Eifel. Mit dem Kirchenchor. Und du? Warst du nicht gerade zwei Wochen in Argentinien?«
»Das war im Herbst. Und Rosa war in der Zeit bei ihrer Mutter.«
»Was willst du damit sagen? Dass ich einfach ganz selbstverständlich immer da sein muss? Wie eine Waschmaschine. Oder wie dein teurer Kaffeeautomat?«
»Ach, Rud, du weißt doch, wie ich das meine. Ich bin so dankbar, dass du mir hilfst. Ohne dich hätte das mit Rosa nie so gut geklappt. Wo ist sie überhaupt?«
»Das weißt du nicht? Heute ist Montag. Da hat sie nachmittags Ballettunterricht. Von vier bis sechs. Um sieben wird sie wieder hier sein.«
»Ballett. Klar. Hatte ich vergessen.«
»Dann wird es Zeit, dass du dir ihren Stundenplan merkst. Kannst du nicht ein paar Tage Urlaub nehmen? Das muss doch drin sein. Und dann suchst du dir Hilfe. Was ist mit deinen Freunden? Deiner Familie? Dein Vater lebt doch noch.«
»In Holland. Der kümmert sich seit der Rente nur noch um sein Schiff.«
»Dann rufst du ihn an und sagst, dass du Hilfe brauchst.«
»Du kennst Paul nicht. Der hat immer gesagt, ich müsste mich selbst um meine Sachen kümmern.«
»Aber das hat doch nichts damit zu tun, dass man mal Hilfe braucht. Man hilft sich als Familie. Bei uns ist das so. Wenn Nicole mich braucht, ich wäre sofort da. Dein Vater braucht irgendwann auch Hilfe. Dann wird er dich anrufen, oder?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Georg.
»Dann finde es heraus.«
»Weißt du, Rud, dass ich heute schon einmal an Paul gedacht habe? Ich hätte mich längst mal bei ihm melden müssen. Dumm, dass ich mich ausgerechnet dann melde, wenn ich was von ihm will.«
»Tja, Einsicht ist der erste Weg zur Besserung. Da musst du durch. Was uns angeht, sind wir uns also einig. Donnerstag bin ich weg. Morgen früh musst du Rosa zur Schule bringen. Ich muss zum Arzt. Reise-Check. Verstehst du doch.«
Georg wurde bewusst, wie stark Rud sich in den letzten Monaten verändert hatte. Sie hatte abgenommen. Sie kleidete sich viel flotter als früher. Sie war eine wirklich attraktive Frau.
Der weitere Abend verlief besser, als Georg erwartet hatte. Rosa war geradezu begeistert, als sie von Frau Odenthals Ferien erfuhr. Zwei Wochen sturmfreie Bude, was für Aussichten. Und dass Georg sie...