E-Book, Deutsch, Band 12, 256 Seiten
Reihe: Oda Wagner, Christine Cordes
Franke Mord mit Nordseeblick
1. Auflage 2025
ISBN: 978-3-98707-298-7
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Küsten Krimi
E-Book, Deutsch, Band 12, 256 Seiten
Reihe: Oda Wagner, Christine Cordes
ISBN: 978-3-98707-298-7
Verlag: Emons Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 0 - No protection
Christiane Franke lebt gern an der Nordsee, wo ihre bislang 30 Romane und ein Teil ihrer kriminellen Kurzgeschichten spielen. Sie ist Mitglied im PEN-Deutschland. Ihre beliebte Serie um die beiden Wilhelmshavener Kommissarinnen Oda Wagner und Christine Cordes stürmt jedes Mal die regionalen Bestsellerlisten. Für Rowohlt schreibt sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Cornelia Kuhnert die ostfriesische Spiegel-Bestseller-Kultreihe um den Dorfpolizisten Rudi, die Lehrerin Rosa und den Postboten Henner im beschaulichen Fischerhafen Neuharlingersiel. Im Goya Verlag erschien 2021 außerdem der Roman »Endlich wieder Meer«, und auch bei der internationalen Veranstaltung »Mord am Hellweg« ist sie regelmäßig zu Gast. Mehr unter www.christianefranke.de.
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Samstag
Als der Wecker klingelte, hätte Oda ihn am liebsten ignoriert. Doch es nützte nichts. Mit Schwung schmiss sie die Bettdecke zur Seite und hörte ein Aufstöhnen. Erschrocken sah sie zur anderen Seite des Bettes, wo Jürgen sie ausgeschlafen angrinste.
»Danke für das zärtliche Wecken, du kleine Schlafmütze. Zeit, aufzustehen. Nicht dass der neue Kollege dich ausbootet.« Er hatte sein Tablet auf den Knien und las die Zeitung.
»Kaffee?« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
»Das wäre wunderbar.«
Schnell stellte sie die Maschine an, sprang im Bad unter die Dusche und brachte die Becher im Bademantel ins Schlafzimmer. Kaum hatte sie sie abgestellt, packte Jürgen sie an der Taille und zog sie zu sich aufs Bett. »Endlich allein in der Wohnung.« Er küsste sie auf die Schulter.
»Hey, du Spinner«, protestierte sie. »Ich muss zum Dienst. Das hast du gerade selbst gesagt.«
»Aber erst, nachdem du mir vernünftig Guten Morgen gesagt hast.« Lachend kugelten sie über das Bett. Als Oda schließlich im Badezimmer in ihre Klamotten stieg, sah sie mit ernstem Blick in den Spiegel. Wie wirst du dich Christine gegenüber verhalten?, fragte sie sich. Sagst du es ihr oder nicht?
Obwohl sie gestern Abend, nachdem sie das Umzugsteam mit Pizzen versorgt und beim Ausräumen der Kartons geholfen hatte, müde ins Bett gefallen war, hatte sie nicht einschlafen können. Ihre Gedanken kreisten unentwegt um die Frage, ob sie Christine gegenüber erwähnen sollte, dass Phillip bei der Schwester der Toten gewesen war. Und welchen Eindruck sie von ihm und der Situation gehabt hatte. Als sie schließlich in den Schlaf hinübergedämmert war, war sie noch zu keinem Ergebnis gekommen.
Was soll’s, dachte sie nun. Ich sehe Christine erst am Montag. Da bleibt mir eine Galgenfrist. Und wer weiß, vielleicht erledigt sich die Angelegenheit bis dahin von allein.
»Drogen und Medikamente also.« Hendrik Siebelt verzog grübelnd das Gesicht, sodass die Furchen auf seiner Stirn deutlich hervortraten. Der anregende Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee waberte durch den Besprechungsraum; eine Dose mit Keksen aus einem Discounter stand neben den Zucker- und Milchbehältern. »Meint ihr, es handelt sich um eine Tat im Drogenmilieu? Zoff zwischen zwei Junkies?« Er angelte nach dem Zuckertopf und schaufelte drei gehäufte Löffel in seine Tasse. Oda schüttelte sich bei der Menge. Da brauchte Siebelt sich nicht zu wundern, dass er gesundheitliche Probleme hatte.
»Keine Ahnung. Bis jetzt kann man es weder bestätigen noch ausschließen«, entgegnete Oda. »Aber ich glaube es nicht. Wir haben ja keine Spritzen oder andere Utensilien zur intravenösen Gabe gefunden.«
»Nein, sie war wohl kein typischer Junkie. Die Einstiche an den Armen fehlten«, ergänzte Lürssen. »Ich hab auch erst gedacht, jep, das isses, aber dann hab ich alles noch mal gründlich überdacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass die Tatsache, dass im Nachttisch noch weitere Tütchen waren, zeigt, dass es nicht um Drogen ging. Das hättest du eigentlich auch erkennen können, Oda, du machst den Job doch nicht erst seit gestern.« Beifallheischend blickte er Siebelt an, der nur kurz die Augenbrauen in die Höhe zog.
»Die Tütchen könnten vom Täter mit Absicht liegen gelassen worden sein«, sagte Oda ruhiger, als sie sich fühlte. »Um vorzutäuschen, dass es eben um Drogen ging. In der Hoffnung, dass die Polizei den Köder schluckt.« Ihre Worte wählte sie mit Bedacht, am liebsten hätte sie »dass die Polizei dumm genug ist« gesagt. »Hätte bei dir ja anscheinend auch geklappt.« Sie steckte die Hände in die Vordertaschen ihrer Jeans und blickte zu Siebelt. »Aber das sind alles reine Spekulationen. Haben wir das Ergebnis der Obduktion schon?«
»Nein.« Ihr Chef lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »In der Rechtsmedizin herrscht gerade Personalnotstand. Sind einige Leute erkrankt. Krüger hofft allerdings, sich die Tote heute vornehmen zu können. Kollege Herz hat bei der Befragung der unmittelbaren Nachbarn der Horumersieler Wohnung leider nichts Nennenswertes herausgefunden. Niemand hat einen Streit oder eine Frau um Hilfe schreien gehört, es war aber auch nicht in jeder der Wohnungen jemand da. Vielleicht sind einige potenzielle Zeugen bereits abgereist, Samstag ist ja generell Bettenwechsel, und manche Gäste fahren schon am Freitag. Für die, die einfach nur essen waren, hat Herz dort, wo niemand geöffnet hat, an der Tür eine Nachricht hinterlassen und um Anruf gebeten.«
»Da hat sich aber noch nichts getan?«
Siebelt schüttelte den Kopf. »Nö.«
Es klopfte, und gleich darauf stand Christine in der Tür. »Entschuldigt, bin ich zu spät?«
Überrascht sah Oda sie an. »Was machst du denn hier?«
Auch Siebelt wirkte verwundert. Er deutete auf ihren Bauch. »Du gehörst nach Hause. Hier kannst du Montagmorgen wieder auftauchen.«
Ohne sich um die Äußerungen zu kümmern, trat Christine an den Tisch, hängte ihre Tasche an die Lehne eines freien Stuhls und ließ sich selbst darauf fallen. »Wenn ihr glaubt, ich lasse euch das hier allein machen und langweile mich daheim, habt ihr euch geschnitten. Außerdem wollt ihr sicher wissen, was ich auf dem Handy der Toten entdeckt habe.« Sie griente.
»Hat Phillip dich einfach so gehen lassen? An einem Samstag?«, fragte Oda skeptisch.
»Nein«, gab Christine zu. »Als ich heute Morgen wach wurde, war er joggen. Ihr wisst doch, er trainiert seit vier Monaten für den NordseeMan-Triathlon. Und als ich fertig war, war er immer noch nicht zurück. Ans Handy ging er auch nicht, da hab ich ihm einfach einen Zettel hingelegt und bin los.« Sie lächelte. »Ich hab geahnt, dass ihr euch heute hier treffen würdet. Schließlich machen wir das immer so, wenn ein Fall heiß ist.«
»Hast du gefrühstückt?«, wollte Oda wissen.
»Ja, Mama. Einen großen Becher Tee und Quark mit Äpfeln und Haferflocken.« Christine angelte nach ihrer Tasche und zog ein paar Zettel heraus. »Das Handy habe ich gestern Abend noch mal in die KTU gebracht, nachdem ich die letzten Telefonverbindungen rausgesucht und die Nummern et cetera notiert hatte. Vielleicht können die gelöschte Gesprächsverläufe wiederherstellen. Es gab nämlich um Mittag rum mehrere Anrufe von einer Zusi, die nicht angenommen wurden. Das passt zur Aussage eurer Zeugin. Einen Chat oder so was zwischen den beiden hab ich aber vergeblich gesucht.«
»Zusi für Zusanna«, erklärte Lürssen. »Zusanna Rother.«
Christine nickte. »Ja, die Ärztin. Phillip plant für sie und ihren Kollegen ein Ärztehaus. Ich hab das gestern erst gar nicht miteinander in Zusammenhang gebracht. Es fiel mir wieder ein, als Phillip nach Hause kam. Ist ja auch egal. Ich hab die Kollegen jedenfalls gebeten, weiter nach einem Chat zu suchen. Und auch, den Kalender auszudrucken. Das war vom Handy aus nicht möglich. Aber ich hab die Termine der letzten zwei Wochen aufgeschrieben. Wir können diese Einträge also mit der Anruferliste abgleichen. Per E-Mail hat Valeska Schmidt keine Verabredungen getroffen. Es gibt zwei Mailaccounts bei unterschiedlichen Anbietern, die beide keine großen Überraschungen bereithalten. Hier. Die Listen.« Sie reichte jedem von ihnen einen der kopierten Zettel.
Aufmerksam studierte Oda die Telefonliste, auch Siebelt und Lürssen gingen sie durch.
»Gut. Dr. Rother hat die Wahrheit gesagt«, stellte Siebelt fest. »Sie hat ihre Schwester gestern Mittag mehrfach angerufen.«
»Das kann sie absichtlich gemacht haben, um uns in die Irre zu führen«, meinte Lürssen. »Also, falls sie die Täterin ist.«
»Wir lassen überprüfen, in welchen Funkzellen sich ihr Handy befunden hat«, schlug Oda vor.
»Aber was soll das bringen? Erstens ist ja unstrittig, dass sie angerufen hat, sie hat sogar die Leiche entdeckt, und zweitens ist Valeska Schmidt am Vorabend ums Leben gekommen«, gab Siebelt zu bedenken. Er blickte erst Oda, dann Lürssen an. »Oder haben wir einen begründeten Anfangsverdacht, dass sie die Täterin ist?«
Beide schüttelten den Kopf.
»In Ordnung. Dann nehmen wir uns den Kalender und die Verabredungen der Toten vor«, ordnete Siebelt an. »Und du, Christine, gehst jetzt artig wieder nach Hause. Es ist aller Ehren wert, dass du uns unterstützen willst, aber du weißt, das darf ich nicht erlauben. Kümmer dich um das Babyzimmer, strick Hemdchen oder tu, was immer werdende Mütter nun mal tun. Hier will ich dich erst wieder am Montag sehen.« Er schob den Schwingsessel zurück und stand auf. An Oda und Lürssen gerichtet ergänzte er: »Bitte veranlasst außerdem die Herausgabe der Bankunterlagen, damit wir uns einen Überblick verschaffen können. Kontoauszüge und den ganzen Kram. Hatte sie ein Schließfach?«
»Keine Ahnung, so weit haben wir die Unterlagen aus der Wohnung noch nicht überprüft. Und es ist Samstag, da...