E-Book, Deutsch, 240 Seiten
ISBN: 978-3-8251-6260-3
Verlag: Urachhaus
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Wer ist dafür verantwortlich? Und was ist an den hanebüchenen Geschichten des netten "Schmitti" dran?
Astrid Frank lässt im zweiten Band ihrer Detektiv-Reihe die quirlige Toni erzählen - frech und direkt. In der Randspalte meldet sich der sensible Josh zu Wort - und so wird klar, was Toni alles nicht mitbekommt. Das Zusammenspiel dieser unterschiedlichen Stimmen macht die Geschichte zu einem schwungvollen Lesevergnügen mit Tiefgang - selbstverständlich wieder fabelhaft in Szene gesetzt mit den Bildern Regina Kehns!
Weitere Infos & Material
Kapitel 1 Kapitel 2 Kapitel 3 Kapitel 4 Kapitel 5 Kapitel 6 Kapitel 7 Kapitel 8 Kapitel 9 Kapitel 10 Kapitel 11 Kapitel 12 Kapitel 13 Kapitel 14 Kapitel 15 Kapitel 16 Kapitel 17 Kapitel 18 Kapitel 19 Kapitel 20 Kapitel 21 Kapitel 22 Kapitel 23
Die berühmteste Kunoichi hieß übrigens Mochizuki Chiyome. Sie lebte im 16. Jahrhundert, also vor ganz schön langer Zeit, und war die Frau eines berühmten Samurai-Kriegers, Mochizuki Nobumasa. HÄ? habe ich zuerst gedacht. Wieso haben die den gleichen Vornamen? Aber dann wurde mir klar, dass Mochizuki nicht der Vorname, sondern der Familienname ist. Das machen die in Japan so: erst der Familienname, dann der Vorname. Nachdem ihr Mann in einer Schlacht gefallen war, wohnte Chiyome im Haus irgendeines Onkels. Der soll ihr geholfen haben, ein geheimes Untergrundnetzwerk aufzubauen und Spionageagentinnen auszubilden. Chiyome eröffnete in einem Dorf eine Schule für weibliche Ninja. Die Dorfbewohner glaubten allerdings, es würde sich um ein Waisenhaus für Mädchen handeln. Und deshalb hielten sie große Stücke auf Chiyome. Dabei ahnte niemand, dass die jungen Frauen Spioninnen waren und sogar das Kämpfen beherrschten. Ganz schön ausgefuchst, was? Aber ich komme vom Thema ab. Oder auch nicht. Denn irgendwie gehört die Geschichte der Kunoichi doch dazu. Also zu der Geschichte, die wir in Wunderwelt erlebt haben. Ohne mich und ohne Miri wäre die Sache jedenfalls ganz anders ausgegangen. Und natürlich ohne Schmitti. Und Mücke. Aber der Reihe nach. Schmitti ist uns bereits an unserem ersten Tag in Wunderwelt über den Weg gelaufen. An unserem RICHTIGEN ersten Tag. Er stand da, auf seinen Besen gestützt, und lächelte uns schon von Weitem an, als wären wir alte Bekannte. Also sind wir eher ihm über den Weg gelaufen. »Ah, mein Herz geht auf, wenn ich euch seh’, da tun die Füße nicht mehr weh«, reimte er und freute sich am meisten selbst über seine Dichtkunst. Also ehrlich gesagt als Einziger. Dabei wackelte er mit einem seiner Füße, sodass wir wirklich gar keine Chance mehr hatten, seine knallbunten Samtschühchen zu übersehen, die mit glitzernden Pailletten in Papageienform bestickt waren. Dass die Pailletten die Form eines Papageien bildeten, habe ich erst gar nicht gesehen. Aber meinem Ninja entgeht eben nichts. Ich fand Schmitti vom ersten Moment an nett, aber Josh wirkte etwas verunsichert, und Emil sah aus, als wäre er einem Menschenfresser begegnet. Ach nee, warst du nicht diejenige, die gesagt hat, der wäre total verrückt? »Eine holde Maid mit ihren drei Rittern ohne Fehl und Adel.« Er kicherte. »Aber auf den Adel sind wir sowieso nicht gut zu sprechen, oder? Also ich jedenfalls nicht.« Er bemerkte Emils verstörten Blick. »Oh, ich hoffe, ich habe es nicht mit einer Durchlaucht zu tun, der ich soeben auf die Füße getreten bin? Herr von und zu …« Und er wackelte schon wieder mit einem seiner Schühchen. »Das ist Emil«, sagte ich. »Einfach nur Emil. Ich bin Toni, das ist Josh und er heißt Luis.« Luis winkte, Josh zog seine Mundwinkel nach oben, was er vermutlich für ein Lächeln hielt, und Emils weit aufgerissene Augen suchten vergeblich Halt im Nirgendwo. »Sehr erfreut, sehr erfreut«, sagte Schmitti und deutete eine Verbeugung an. »Ich bin Schmitti, einfach nur Schmitti.« »Hallo Herr Schmitti«, sagte Josh wie immer höflich. Aber Schmitti schüttelte energisch den Kopf. »Nein, nein, nein, Herr Schmitt nennen mich nur meine Feinde. Für meine Freunde heiße ich Schmitti.« Er schaute verliebt auf seine Schuhe. »Seid ihr nicht die, die diesen Juwelendieb zur Strecke gebracht haben?« Weil keiner meiner Ritter antworten wollte, übernahm ich das Reden: »Ja, aber wir waren das nicht allein, ohne …« »Respekt«, unterbrach mich Schmitti. »Wenn ich mich richtig erinnere, habt ihr dafür alle eine Jahreskarte fürs Wunderwelt bekommen?« Wir nickten. Alle. Das war immerhin schon ein Fortschritt. »Na, dann sehen wir uns ja jetzt wahrscheinlich öfter«, meinte Schmitti. »Aber macht euch keine falschen Hoffnungen. Hier in Wunderwelt passiert nie etwas. Eure Spürnasen könnt ihr also direkt einpacken.« Keiner von uns ahnte, wie falsch Schmitti damit liegen sollte. Am wenigsten Schmitti. »Was war das denn für einer?«, fragte Josh, als wir weitergegangen waren. »Keine Ahnung«, sagte ich, drehte mich um und sah, wie Schmitti uns hinterherwinkte. »Aber ich fand ihn eigentlich ganz nett.« Du hast gesagt, er wäre ein total durchgeknallter Psycho, vor dem wir uns in Acht nehmen müssten! »Ich habe Hunger«, sagte Emil. Er blickte sehnsüchtig zu einem der Stände, in denen gebrannte Mandeln, Liebesäpfel, Bananen mit Schokoladenglasur und Zuckerwatte angeboten wurden. Bei Süßigkeiten verwandelt Emil sich in einen Vielfraß. Ob Vielfraße so heißen, weil sie wirklich viel fressen? »Was Süßes? Echt jetzt ?« Luis wandte den Kopf in Richtung des Standes. Und ich fragte mich mal wieder, wie er wissen konnte, wo der Stand war und was es dort zu kaufen gab. Der Geruch nach Zucker war so stark, dass selbst ein Mensch ohne Nase ihn hätte riechen können. »Wir haben noch nicht ein einziges Fahrgeschäft benutzt!«, moserte Luis. »Wir können doch was essen, während wir uns in der Warteschlange anstellen«, schlug Josh vor. MEIN FAULTIER. Ich kenne keinen anderen Menschen, der so ist wie Josh: Er versteht immer alle und findet immer eine Möglichkeit, es allen rechtzumachen. »Okay«, seufzte Luis. »Zuckerwatte geht immer.« Der Anblick der Verkäuferin im Wunderweltdress verschlug meinen drei Rittern mal wieder die Sprache. Also bestellte ich vier Mal Zuckerwatte. Luis hat der Anblick wohl kaum die Sprache verschlagen, Emil hat überall hingeguckt, aber nicht zu der Frau, und ich war gerade dabei, meinen Mund zu öffnen, da hattest du die Bestellung schon rausgebrüllt. Die Frau lächelte, nahm das erste Holzstäbchen zur Hand und schaltete die Maschine ein. BUMM! Der Knall war so laut, dass wir alle erschreckt zusammenzuckten. Feine Zuckerkristalle wirbelten durch die Luft, rieselten auf uns herab und landeten auf Haut und Haaren. Das war der Moment, in dem ich zutiefst bereute, die pinke Zuckerwatte gewählt zu haben. »Oh, das … das tut mir leid«, stammelte die Frau hinter dem Verkaufstresen und versuchte ausgerechnet Emils Haare von den Zuckerresten zu befreien. Der letzte Rest Selbstbeherrschung verschwand aus Emils Gesicht. Ich zählte innerlich: Drei, zwei, eins … und wartete auf den Ausraster. »Das macht nichts«, sagte Josh schnell und stellte sich schützend vor den keuchenden Emil. »Ist wirklich nicht schlimm, geben Sie uns einfach stattdessen vier Tüten gebrannte Mandeln.« Emils Gesicht entspannte sich, während die Frau Josh vier bereits abgepackte Tütchen in die Hand drückte. »Tut mir wirklich leid, das ist noch nie passiert, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.« »Ach, uns passiert so was ständig«, sagte ich. »Das ist kein großes Ding. Wir gehen einfach auf Riverrodeo, dann sind wir wieder zuckerfrei.« Ich nahm Josh die Tüten ab. »Kommt!« Josh, Emil und Luis folgten mir wie Entenküken ihrer Mutter. Immerhin hatte ich die gebrannten Mandeln in der Hand und die Tüten waren schon leer, als wir schließlich an der Wildwasserbahn in eins der Boote kletterten. Ich hatte mindestens noch die Hälfte meiner Mandeln übrig und Luis auch. Ehrlich gesagt hatte ich vorher gedacht, Emil und Achterbahnen — das wird nichts. Emil, der nicht mit dem Bus fährt. Emil, der erstarrt, wenn ihm jemand zu nah kommt. Emil, der das Gesicht zu einer Grimasse verzieht, sobald es irgendwo plötzlich laut wird. Und genau dieser Emil soll Spaß daran haben, mit 80 Sachen durch die Luft geschleudert zu werden? Im Freefall-Tower ungebremst auf den Erdboden zuzurasen? Oder eben auf der Wildwasserbahn eine volle Ladung Wasser ins Gesicht geschüttet zu bekommen? Tja, so kann man sich irren. Emil kann gar nicht GENUG Kicks bekommen. Dafür nimmt er es sogar in Kauf, in einer langen, lauten, LÄRMENDEN Menschenschlange anzustehen. Da sieht er allerdings sehr unglücklich aus. Sogar Josh hatte mehr Probleme. Ständig fragte er: »Wird man da sehr nass?« Und sah dabei aus wie ein begossenes Faultier. »Klar wird man da sehr nass«, bestätigte ich ihm und musste über sein ängstliches Gesicht lachen. »Das ist ja der Sinn der Sache.« Vor allem klebten nachher meine gebrannten Mandeln aneinander....