Ford Die Wunschbox 1 - Das Geheimnis des Professors
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7320-0529-1
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 1, 272 Seiten
Reihe: Die Wunschbox
ISBN: 978-3-7320-0529-1
Verlag: Loewe
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Stell dir vor, du könntest all deine Wünsche wahr werden lassen!
Als Tim das erste Mal auf Professor Eisenstein und seine merkwürdige Kiste trifft, ahnt er nicht, was für eine wundersame Erfindung er in der Hand hält. Der schrullige Professor hat eine Wunschbox erschaffen: Alles, was man sich vorstellt, erscheint darin! Zum Beispiel Würstchen. Oder ein Raketenrucksack. Oder ein winzig kleines, sprechendes Äffchen namens Phil, das ganz verrückt nach Schokolade ist.
Das coolste Spielzeug der Welt oder eine unberechenbare Gefahr? Plötzlich verschwindet der Professor spurlos und Tim macht sich auf die Suche nach ihm.
Martyn Fords Kinderbuchdebüt steckt voller origineller Einfälle. Ein spannendes und fantasievolles Abenteuer mit witzigen Bildern für Mädchen und Jungs ab 10 Jahren.
Martyn Ford ist ein britischer Schriftsteller. Bisher war er im Journalismus tätig, veröffentlichte Kurzgeschichten für Erwachsene und verfasste Drehbücher. Die Wunschbox ist das erste Kinderbuch, das er geschrieben hat.
Weitere Infos & Material
2 Tims Zimmer, früher einmal Zimmer Nummer zwanzig, hatte genau dieselbe Aufteilung wie alle Gästesuiten im Gebäude, nur dass es »bewohnter« aussah, also weit mehr Unordnung zu bieten hatte. Im Schneidersitz auf seinem Bett legte er letzte Hand an seine Zeichnung und verwandelte Elisas Wasserklecks in eine Pfütze auf dem Gehsteig. Da klingelte das Telefon auf seinem Nachttisch. Es war Elisa, die ihn zum Abendessen rief. Sie kontaktierte ihn oft über die interne Rufanlage des Hotels, wodurch Tim sich nur noch mehr wie ein Gast vorkam und nicht wie ihr Sohn. Elisa und Chris Green, die Betreiber des Morgenstern, hatten ihn, eine oder zwei Wochen bevor sie eingezogen waren, adoptiert. Damals war für sie ein Traum in Erfüllung gegangen, weil Elisa schon seit ihrer Kindheit ein Hotel hatte führen wollen – was Tim komisch vorkam, denn hier schien sie nie glücklich zu sein. Ganz im Gegenteil sogar. Andauernd war sie angespannt und verbrachte ihre Zeit hauptsächlich damit, sich um Geld zu sorgen, sich darüber zu beklagen, wie schwer alles war, oder darüber zu schimpfen, wie anstrengend sie es fand, sich mit Tims Nonsens herumzuschlagen – wobei »Nonsens« so ziemlich alles einschloss, was Tim sagte oder tat. Allerdings war Tim das ganz recht, da er sowieso viel lieber alleine in irgendeiner Ecke hockte, als gezwungenermaßen Zeit mit Elisa zu verbringen. Was Chris anging … Nun, Tim mochte ihn sehr, aber er hatte kaum etwas von ihm, da Chris viel geschäftlich unterwegs war. Er arbeitete für irgendeine Internetfirma und flog regelmäßig kreuz und quer durch die Welt, um zu kaufen, zu verkaufen oder … irgendwelchen Kram zu besprechen. Doch wenn er da war, fragte er Tim jedes Mal, was er so trieb, und war immer an der Antwort interessiert. Tim fand es seltsam, dass Chris der perfekte Vater wäre, wäre er nur öfter zu Hause, und Elisa die perfekte Mutter, wäre sie nur öfter weg. Tim war klar, dass die Adoption eine dauerhafte Angelegenheit war und Papiere unterzeichnet worden waren, die Elisa und Chris in jeder Hinsicht zu seinen gesetzlichen Vormunden machten. Trotzdem wurde er einfach das Gefühl nicht los, dass die beiden nicht für immer seine Eltern sein würden. Früher oder später, so vermutete er, würde er wieder in einer der zahllosen Einrichtungen enden, in denen er sein Leben vor der Adoption verbracht hatte. Mehr als alles andere jedoch fand Tim das Hotel fürchterlich langweilig, trotz des Flurs aus Lava. Selbst ein Bruder oder eine Schwester hätte die Lage entscheidend verbessern können. »Ich bin viel zu beschäftigt für Kinder«, entgegnete Elisa jedes Mal seufzend, wenn er diesen Vorschlag unterbreitete, und schob ein schuldbewusstes Stirnrunzeln hinterher, da Tim selbstverständlich am besten wusste, wie recht sie damit hatte. Chris und Elisa bewohnten die ehemals größte Suite des Hotels, die zu einer Wohnung umgebaut worden war. Hier kamen sie als »Familie« zusammen, um gemeinsam in schweigsamer und für gewöhnlich verkrampfter Atmosphäre zu essen. Dieser Abend stellte keine Ausnahme dar. Elisa jammerte eine Weile, weil der Chefkoch des Hotels gekündigt hatte, bevor sie sich darüber beschwerte, dass alles so teuer wurde, insbesondere die Überwachungskameras, die sie hatte anbringen lassen, und die zusätzlichen Kosten des Beraters, den sie engagiert hatte. Außerdem erzählte sie Tim, dass in Zimmer Nummer neunzehn – das seinem Zimmer gegenüberlag – ein »wichtiger Gast« übernachtete. Er sollte sich also zusammenreißen und benehmen. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, hatte Chris gekocht, was bedeutete, dass das Essen im besten Fall fragwürdig war. Die Würste erinnerten an Kohle und das Püree war … na ja, Tim konnte nicht mal mit Sicherheit sagen, dass es aus Kartoffeln bestand. Ihm war es viel lieber, wenn Elisa kochte, auch wenn das für noch angespanntere Stimmung sorgte. Nach dem Abendessen zog sich Tim in sein Zimmer zurück und just in dem Moment, als er die Tür hinter sich schloss, hörte er draußen im Gang Gepolter. Er schnappte sich seinen Drehstuhl, rollte ihn über den Teppich, kniete sich darauf und spähte durchs Guckloch. Vor Zimmer neunzehn entdeckte er einen Mann, der mit einer großen Pappschachtel beladen war – es war der Wissenschaftler, sein Kuchenklau-Kumpel, und offensichtlich der »wichtige« Gast, den Elisa erwähnt hatte. Tim war fasziniert. Der alte Mann fummelte an dem Schloss herum, während er mit der anderen Hand die riesige Kiste balancierte, die scheinbar viel zu schwer für ihn war. Durch den Spion wirkte das Ganze umso komischer – verzerrt und gedehnt. »Komm schon, du rutschiger kleiner Wackel…«, murmelte der Mann unverständlich. Schon purzelte ihm der Schlüssel aus der Hand. Tim kletterte von seinem Ausguck und öffnete seine Tür. »Kann ich Ihnen vielleicht helfen?«, bot er an. Langsam drehte der Mann sich um und reckte den Hals. Er rang sich ein Lächeln ab, obwohl man in seinem Gesicht deutlich die Anstrengung ablesen konnte, die seine Fracht ihn kostete. »Ach, hallo. Gerne, wenn du mir den Schlüssel aufheben könntest? Da, auf dem Boden.« Er neigte den Kopf in besagte Richtung und zwinkerte dabei wie verrückt. Tim bückte sich und las den Schlüssel auf. »Ah, wunderbar«, fuhr der Mann fort. »Wenn du ihn mir jetzt in den Mund werfen könntest, dann kann ich die Tür womöglich mit den Zähnen aufsperren …« Der Wissenschaftler beugte sich vor und öffnete erwartungsvoll die Lippen. »Ähm, ich könnte … die Tür einfach für Sie aufsperren?« »Hmmmm, nein … warte … Ja! Viel bessere Idee. Machen wir es so.« Nachdem Tim ihn ins Zimmer gelassen hatte, stellte der Mann den Pappkarton vorsichtig auf den Boden und richtete sich ächzend auf. »Oh, oh, schon besser … Schön, den Rücken wieder durchstrecken zu können. Du bist das, nicht wahr? Tatsächlich.« Er linste mit zusammengekniffenen Augen durch seine Brillengläser. »Ich?« »Du, ja, ja, in der Tat, der Junge. Ich hoffe, du hast dein Versprechen gehalten und niemandem etwas verraten …« »Hab ich nicht. Obwohl Elisa in meinem Gesicht Schokolade entdeckt hat – ich bin also aufgeflogen.« Er hatte sich beim Abendessen ein höllisches Donnerwetter eingehandelt. Elisa hatte Tim an den Kopf geworfen, er täte nie, was man ihm sagte, und würde überhaupt nie richtig zuhören … oder so was in der Art. »Gewiss, ja, natürlich … Nein, warte … Elisa?« Sein neuer Zimmernachbar runzelte die Stirn. »Sie ist die Besitzerin, die Direktorin«, erklärte Tim. »Die Direktorin der Brownies? Was für ein schöner Beruf.« »Nein.« Tim lachte. »Sie ist die Hoteldirektorin. Meine Adoptivmutter – sie kümmert sich um mich. Na ja, sie sorgt dafür, dass ich nicht verhungere, und hat mir ein Zimmer gegeben, in dem ich schlafen kann …« »Oh ja, ja. Ich kenne Elisa. Und ich bin froh, dass du dein Versprechen gehalten hast. Ein Versprechen zwischen Freunden – nein, fürwahr, das darf man nicht brechen! Ich bin George Eisenstein.« Er reckte Tim den Arm entgegen. »Timothy Hart.« Sie gaben sich die Hand. »Elisa meint, dass ich Sie nicht stören darf«, fügte Tim hinzu und wandte sich zum Gehen. »Aber nein, nicht doch.« George lächelte. »Das hier ist mein Zimmer, für das ich keinen geringen Betrag gezahlt habe. Wahrhaftig nicht. Es ist allein meine Sache, wer hier kommt und geht. Außerdem, nun ja, hast du mir mit meiner Schachtel geholfen.« »Sie hat gesagt, ich soll Ihnen nicht auf den Wecker gehen.« »Zweifellos hat sie dir auch gesagt, dass du keinen Kuchen stehlen sollst. Du gehst mir nicht auf den Wecker, junger Mann. Nein, nein.« Eisenstein setzte sich aufs Bett, nahm die Brille ab und reinigte sie mit einem kleinen gelben viereckigen Tuch. Das Einzige, was Tims Fantasie noch übertraf, war seine Neugier. »Und … was ist in der Schachtel?«, wollte er wissen. Eisenstein warf einen Blick über die Schulter. »Meine Arbeit. Sie ist äußerst wichtig.« Die ungenaue Antwort machte Tim nur aufgeregter. »Und was genau heißt das?« »Geheim.« Der Professor lächelte verschwörerisch. »Ohnehin fürchte ich, dass es nichts großartig Interessantes ist. Meine Arbeit ist … noch nicht abgeschlossen. Und jetzt …«, Eisenstein zog eine kleine silberne Uhr aus seiner Brusttasche, um zu sehen, wie spät es war, »… muss ich los. Ich habe zu tun.« »Okay.« Eisenstein erhob sich. »Es war mir ein Vergnügen, dich kennenzulernen«, sagte er. Auf dem Weg nach draußen linste Tim ein letztes Mal sehnsüchtig zu der Kiste. Sein Wissensdurst war schon immer seine größte Schwäche gewesen, doch große geheimnisvolle Schachteln, in denen Geheimnisse verborgen lagen? Das war reinste Folter. Zurück in seinem Zimmer, kniete Tim sich erneut auf den Drehstuhl und sah durch den Spion zu, wie der Professor davonging. Dieser Mann war wirklich faszinierend, beschloss Tim. Ganz und gar ungewöhnlich und eindeutig Nachforschungen wert … Moment mal. Aus Zimmer neunzehn fiel ein Strahl Tageslicht in den Gang. Die Tür stand offen, nur einen winzigen Spaltbreit, aber immerhin. Professor Eisenstein hatte wohl angenommen, das Schloss sei mit dem ersten Klicken eingerastet. Aber tatsächlich war es so, dass diese alten Türen einen ordentlichen Ruck brauchten, um vollständig zu schließen. Interessant … Tim verließ noch einmal sein Zimmer. Alleine stand er im Flur und kaute auf seinem Daumennagel herum, während er sich...