Förster / Reulecke / Neumann | Der Königin Luise-Mythos | E-Book | sack.de
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E-Book, Deutsch, Band Band 046, 492 Seiten

Reihe: Formen der Erinnerung

Förster / Reulecke / Neumann Der Königin Luise-Mythos

Mediengeschichte des »Idealbilds deutscher Weiblichkeit«, 1860–1960

E-Book, Deutsch, Band Band 046, 492 Seiten

Reihe: Formen der Erinnerung

ISBN: 978-3-86234-810-7
Verlag: V&R unipress
Format: PDF
Kopierschutz: 0 - No protection



'Ein Idealbild deutscher Weiblichkeit' wurde die preußische Königin Luise (1776–1810) genannt. Der historische Mythos um ihre Person verband Geschlechterkonstruktion und Nationalismus, wie die Autorin nachweist. Sie beschränkt sich nicht darauf, zu beschreiben, wie in populären Unterhaltungsmedien zwischen 1860 und 1960 Deutungsmuster nationalisierter Weiblichkeit repräsentiert wurden, sondern gibt auch Auskunft über deren gesellschaftliche Bedeutung und Reichweite. Die mögliche Rezeption besonders populärer Darstellungen wird ebenso in die Analyse einbezogen wie die regionale und konfessionelle Verbreitung des Mythos und seine institutionelle Verankerung in Schulen. Festakte, Denkmalsenthüllungen sowie die Aktivitäten des Bundes Königin Luise zeigen gruppenspezifische Vereinnahmungen und soziale Praktiken. Die Arbeit ist die erste historische Untersuchung des Königin Luise-Mythos, die seine Adressaten und ihre jeweiligen Interpretationen, seine medienspezifischen Ausformungen und seine soziale, regionale und konfessionelle Verbreitung berücksichtigt.
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1;Inhalt;6
2;Danksagung;12
3;Einleitung;16
3.1;1 Das Forschungsfeld: Geschlechtergeschichte eines nationalen Mythos;18
3.2;2 Methode: Ansätze einer geschlechter- und mediengeschichtlich informierten Nationalismusforschung;27
3.3;3 Das Quellenkorpus: Populäre Medien und soziale Praktiken;33
3.4;4 Aufbau der Arbeit;37
4;I 1860–1870: Preußische oder deutsche Königin? Der Königin Luise-Mythos im Jahrzehnt vor der Nationalstaatsgründung;40
4.1;1 Idealtypische Elemente des Königin Luise-Mythos um 1860;42
4.1.1;1.1 Erziehung und Bildung;44
4.1.2;1.2 Die Ehe des Kronprinzen- bzw. Königspaares;45
4.1.3;1.3 Luise von Preußen als Königin;48
4.1.4;1.4 Flucht, Begegnung mit Napoleon und Tod;50
4.1.5;1.5 Erinnerungsappelle und Gegenwartsbezüge;51
4.2;2 Der Königin Luise-Mythos in Unterhaltungsmedien;53
4.2.1;2.1 Die Gartenlaube als Medium (klein)bürgerlicher Nationalvorstellungen;53
4.2.2;2.2 Königin Luise in der Gartenlaube;56
4.2.3;2.3 Die Popularisierung des Königin Luise-Mythos im Leihbibliotheksroman;64
4.2.4;2.4 Strategien der Emotionalisierung in Luise Mühlbachs Napoleon und Königin Luise (1858);68
4.3;3 Königin Luise im Schulunterricht in den 1860er Jahren;74
4.4;4 Neugründung und Verleihung des Luisenordens;80
4.5;5 Zwischenbilanz: Preußische oder deutsche Königin?;82
5;II 1870–1888: Symbolische Legitimation der Nationalstaatsgründung;86
5.1;1 Der 19. Juli 1870 und seine Implikationen für den Königin Luise-Mythos;88
5.2;2 Königin Luise im Schulunterricht nach der Nationalstaatsgründung 1871;93
5.3;3 Die mediale Repräsentation Königin Luises 1870./71 bis 1888;99
5.3.1;3.1 Die Verknüpfung von Germanen- und Königin Luise-Mythos;101
5.3.2;3.2 Die Dämonisierung Napoleons und die aggressive Abgrenzung von Frankreich;103
5.3.3;3.3 Geographische Konstruktionen der deutschen Königin: Prinzessin Luise in Straßburg;106
5.3.4;3.4 »Die Lieblingsblumen des Kaisers« 1887./1888;107
5.3.5;3.5 Zwischen Popularisierung und Exempel: Der Königin Luise-Mythos für junge Leserinnen und Leser;109
5.3.6;3.6 Bilder der Königin;114
5.3.7;3.7 Mediale Verdichtung: Die Auseinandersetzung um ›die ideale deutsche Frau‹ 1876;117
5.4;4 Der 100. Geburtstag Königin Luises am 10. März 1876;125
5.4.1;4.1 Die Feier der königlichen Familie;127
5.4.2;4.2 Die Schulfeiern anlässlich des 100. Geburtstages 1876;130
5.5;5 Das Luisenzimmer im Hohenzollern-Museum;133
5.6;6 » des Vaterlandes schönste Zierde!« als Denkmal im Berliner Tiergarten;140
5.6.1;6.1 »in schamhafter Stille.« Heinrich von Treitschkes Königin Luise-Mythos und Erdmann Enckes Visualisierung;144
5.6.2;6.2 Die Enthüllung des Denkmals am 10. März 1880;148
5.6.3;6.3 Ausschluss und Konkurrenz;152
5.7;7 Zwischenbilanz: Symbolische Legitimation der Nationalstaatsgründung;155
6;III 1888–1918: Neue Vereinnahmungen und Erinnerungskonkurrenzen;158
6.1;1 Akteure, Publikum und Akzentuierungen des Königin Luise-Mythos 1888–1918;158
6.1.1;1.1 Akzentuierungen des Mythos;161
6.1.2;1.2 Gegenmythen und negative Mythisierung;164
6.2;2 Nach dem ›Kaisererlass‹: Der Königin Luise-Mythos im Schulunterricht;169
6.3;3 Königin Luise als Vorbild ›für Volk und Jugend‹;182
6.4;4 Die Mutter des Reichsgründers: Das 25jährige Jubiläum der Reichsgründung und der 100. Geburtstag Wilhelms I.;191
6.4.1;4.1 Die Lichtbildvorführung des Bilderbogens Königin Luise (1896./1901);194
6.4.2;4.2 Königin Luise im Kolportageroman;199
6.5;5 Erinnerungspraktiken: Öffentliche Inszenierungen Königin Luises;203
6.5.1;5.1 Neue Erinnerungsorte: Denkmalserrichtungen und Kirchenbauten 1889–1915;204
6.5.2;5.2 (Schul)Festspiele, Schulfeiern und lebende Bilder als Erinnerungspraxis;212
6.5.2.1;5.2.1 Königin Luise auf der (Vereins)Bühne: lebende Bilder und Festspiele;218
6.5.2.2;5.2.2 Die Luisenburg bei Wunsiedel als Erinnerungs- und Festspielort;220
6.5.2.3;5.2.3 Umbenennung von Schulen: Die Königin Luise-Schule in Nordhausen;221
6.6;6 »Die Deutschlands große Zeit im Schoße trug«. Die Erinnerung an den 100. Todestag Königin Luises 1910;224
6.6.1;6.1 Die Feier in Gransee – eine preußisch-protestantische Erinnerungsgemeinschaft;228
6.6.2;6.2 Die Schulfeiern zum 100. Todestag;231
6.6.3;6.3 Wilhelm II. als Erinnerungsakteur;234
6.6.4;6.4 Königin Luise für Deutschlands Volk und Jugend. Publikationen zum 100. Todestag 1910;239
6.6.4.1;6.4.1 Erinnerungsschriften für junge Leserinnen und Leser;242
6.7;7 Die Erinnerung an Königin Luise im Kontext der 100-Jahrfeiern der Völkerschlacht bei Leipzig 1913;249
6.7.1;7.1 Der Film von der Königin Luise (1912./13);250
6.7.2;7.2 Völkische und antisemitische Versionen des Königin Luise-Mythos;256
6.7.3;7.3 Königin Luise und die Heldenmädchen und -Frauen aus großer Zeit;261
6.8;8 Der Königin Luise-Mythos im Ersten Weltkrieg;265
6.9;9 Zwischenbilanz: Neue Vereinnahmungen und Erinnerungskonkurrenzen;267
7;IV 1919–1945: Popularisierung, Heroisierung und Radikalisierung;270
7.1;1 Der Königin Luise-Mythos in Republik und Diktatur: Allgemeine Tendenzen;271
7.1.1;1.1 Neue Akzentuierungen des Mythos in der Weimarer Republik;272
7.1.2;1.2 Kontinuität, nicht Wandel im Nationalsozialismus;275
7.1.3;1.3 Kritik am Königin Luise-Mythos;284
7.1.4;1.4 Zusammenfassung;286
7.2;2 Popularisierung: Historisch-biographische Romane (1919–1940);287
7.2.1;2.1 Romane, Autorinnen und Autoren sowie Auflagenzahlen im Überblick;289
7.2.2;2.2 »Wehren Sie sich gegen Ihren Mann« – neue Geschlechterverhältnisse;294
7.2.3;2.3 ›Führerin‹, heroisches Opfer, Frau – Erweiterung und Ambivalenz weiblicher Handlungsräume;300
7.2.4;2.4 Kein »Recht auf [] persönliches Glück« – Liebe und Entsagung im Dienst der Nation;306
7.2.5;2.5 ›Dieser sogenannte Friedensschluss‹ – Kontinuität und Anpassungen des Königin Luise-Mythos 1919–1945;314
7.3;3 Königin Luise im Schulunterricht 1919–1945;322
7.4;4 Radikalisierung: Rechtskonservative Frauenverbände und der Königin Luise-Mythos (1923–1934);329
7.4.1;4.1 Der Bund Königin Luise (1923–1934);330
7.4.1.1;4.1.1 Organisationsstruktur und Handlungsfelder;331
7.4.1.2;4.1.2 Königin Luise in der ›gedachten Ordnung‹ des Bundes Königin Luise;336
7.4.1.3;4.1.3 Gescheiterte Anpassung: Der Bund Königin Luise im Nationalsozialismus;342
7.4.2;4.2 »Heldin und Dulderin«: Königin Luise als Vorbild für rechtskonservative Politikerinnen;347
7.4.3;4.3 Rechtskonservative Selbstbestätigung: Der Luisentag 1924–1933;352
7.5;5 »Luise lebt!« – die Erinnerung an den 150. Geburtstag Königin Luises 1926;356
7.6;6 Königin Luise auf der Bühne und im Kino;361
7.6.1;6.1 Wer sah Königin Luise im Kino? Die Publikumsstruktur in der Weimarer Republik;362
7.6.2;6.2 Erprobte Vorlage: Ludwig Bergers Dramen und ihre Filmadaptionen Die Jugend der Königin Luise und Königin Luise (1927./28);364
7.6.3;6.3 »ein Frauen- und Mutterschicksal zeigen«. Henny Portens Königin Luise;373
7.7;7. Zwischenbilanz: Heroisierung, Radikalisierung, Popularisierung;382
8;V Epilog 1949–1960: Bedeutungsverlust in der frühen Bundesrepublik;386
8.1;1 Das Ende Königin Luises als Vorbildfigur im Unterricht;389
8.2;2 Gescheiterte Neugründung: Der Bund Königin Luise in den 1950er Jahren;392
8.3;3 »Die Teilung ist das Schlimmste, was einem Volk widerfahren kann.« Anpassungen an die bundesrepublikanische Gegenwart in Königin Luise (1957);395
8.4;4 Ausblick;402
9;Resümee: Der Königin Luise-Mythos, 1860 bis 1960;404
10;Abbildungen;412
11;Anhang;418
11.1;Abbildungsverzeichnis;418
11.2;Abkürzungsverzeichnis;419
12;Quellen- und Literaturverzeichnis;420
12.1;1 Archivalien;420
12.2;2 Filmografie;423
12.3;3 Zeitschriften und Zeitungen;423
12.4;4 Gedruckte Quellen;424
12.4.1;4.1 Gedruckte Quellen über Königin Luise;424
12.4.2;4.2 Schulbücher, Handbücher und Bestimmungen der Länder Baden, Bayern und Preußen sowie Königreich./Provinz Hannover (Kurztitel);446
12.4.3;4.3 Schulprogramme;456
12.5;5 Literatur;458
13;Personenregister;488
14;Orts- und Sachregister;492


V Epilog 1949 – 1960: Bedeutungsverlust in der frühen Bundesrepublik (S. 385-386)

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor der Königin Luise-Mythos trotz verschiedener ›Wiederbelebungsversuche‹ seine Bedeutung als Vorbild weiblicher Nationalidentität. Dies zeigen sowohl die sinkende mediale Präsenz und die weitgehend ausbleibende Transformation des Mythos wie auch das nahezu vollkommene Fehlen von Erinnerungsfeiern und -publikationen anlässlich des 150. Todestages im Jahr 1960. In der Unterhaltungskultur war der Mythos zwar durch Neuauflagen der Romane von Mikeleitis,1 Molo und Naso noch präsent, neu veröffentlicht wurden jedoch nur zwei Romane, und diese unterschieden sich inhaltlich nicht wesentlich von den bereits genannten.

Eine Anpassung der mythischen Narration an die bundesrepublikanische Gegenwart fand in diesen Schriften nicht statt. Allenfalls der Spielfilm Königin Luise (1957) leistete dies in Ansätzen; er war die vorerst letzte Anpassung des Königin Luise-Mythos, die ein größeres Publikum erreichte und bis heute erreicht.3 Institutionell war der Mythos nicht mehr verankert: Aus dem Schulunterricht war Königin Luise fast vollständig verschwunden, der wiedergegründete Bund Königin Luise konnte nicht an seine früheren Mitgliederzahlen anknüpfen und löste sich alsbald auf.

Dass derMythos substantiell an Bedeutung verlor, hatte fünf Gründe, die zum Teil auf die veränderte geopolitische Situation, zum Teil auf soziokulturelle Veränderungen zurückzuführen sind. Grundlegend war erstens die allgemeine »Entlegitimierung des Nationalismus«4 angesichts der jüngsten nationalsozialistischen Vergangenheit. Damit einher ging der Verlust etablierter Deutungsmuster. 5 Der Topos der Verpflichtung gegenüber ›der Nation‹, der in politischen Debatten der Weimarer Republik und zu Beginn des Nationalsozialismus genauso wie in Bestsellern eine zentrale Rolle gespielt und den der Königin Luise- Mythos historisch untermauert hatte, entfiel nun. Gerade diese Argumentation hatte eineModernisierung desMythos jedoch ungemein gefördert:

Die Königin konnte aufgrund dieser Interpretation selbst in einen rechtskonservativen Deutungsrahmen als aktive Politikerin geschildert werden. An diese Formen einer antimodernen Modernisierung konnte nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder angeknüpft werden, was die wenig erfolgreicheNeugründung des Bundes Königin Luise deutlich belegt. Eine weitere Modernisierung sowohl ihrer Institution als auch ihrer Vorbildfigur gelang den Mitgliedern des Bundes nicht. Schließlich war es angesichts der deutschen Teilung und des »Provisoriumpostulats «6 schwierig, auf bereits bestehende Symbole zurückzugreifen. Auch andere Versuche, nationalstaatliche Symbole wiederzubeleben, scheiterten, wie Edgar Wolfrum am Beispiel politischer Feste am sogenannten ›Hermannsdenkmal‹ in den 1950er Jahren gezeigt hat.


Reulecke, Jürgen
Dr. Jürgen Reulecke ist Professor em. für Zeitgeschichte an der Universität Gießen.

Neumann, Birgit
Dr. Birgit Neumann ist Professorin für Englische Literaturwissenschaft/Anglophonie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.

Förster, Birte
Dr. Birte Förster ist seit 2008 Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der TU Darmstadt, wo sie unter anderem die Redaktion der Zeitschrift 'Neue Politische Literatur' leitet.


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