E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
Flores Gefährliche Intrigen
1. Auflage 2016
ISBN: 978-3-7337-7488-2
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, 130 Seiten
Reihe: Digital Edition
ISBN: 978-3-7337-7488-2
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Grace DeWilde, Chefin des berühmten Brautmoden-Unternehmens, hat sich nach 32 Ehejahren von ihrem Mann Jeffrey getrennt. Nun will sie in San Francisco ein eigenes Geschäft eröffnen. Hierfür engagiert sie die selbstbewusste Rita Shannon als Assistentin und den zuverlässigen Erik Mulholland als Finanzberater. Grace weiß nicht, dass Rita und Erik einst eine leidenschaftliche Affäre hatten. Und sie ahnt auch nicht, dass sie die beiden jetzt in große Gewissenskonflikte stürzt ...
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1. KAPITEL
Rita Shannon war zu spät dran. Sie hasste es, zu spät zu kommen, vor allem, wenn es um eine so wichtige Verabredung ging wie um die mit Grace DeWilde. Als sie den langen Flur des großen Wohnblocks in San Francisco, in dem sie sich verabredet hatten, entlanglief, erhaschte sie in einem Spiegel flüchtig ein Bild von sich und verzog das Gesicht. Ich hätte dieses langweilige grüne Ding nicht anziehen sollen, dachte sie, in dem ich so grässlich blass aussehe.
Es war aber zu spät, um sich über die Kleidung Gedanken zu machen. Rita hatte sich ohnehin schon fünfmal umgezogen. Sie hatte nacheinander das rote Kostüm, den Blazer, die Shorts und das schlichte schwarze Outfit verworfen und sich schließlich für das grüne Kleid entschieden – nicht, weil sie keine weitere Auswahl mehr gehabt hätte, sondern weil sie keine Zeit mehr hatte.
Nun war sie schon fast fünf Minuten zu spät. Was Grace DeWilde jetzt wohl von ihr denken würde? Diese Rita Shannon hat wirklich Nerven, sich für die Stelle als Assistentin der Geschäftsführung zu bewerben, würde sie denken. Rita dachte schon daran, umzukehren, vom Empfang aus anzurufen und die Verabredung abzusagen – aber in derselben Sekunde schalt sie sich selbst: Bin ich denn wahnsinnig? Wie kann ich nur daran denken, die Chance sausenzulassen, mit einer Frau zusammenzuarbeiten, die ich schon seit dem College bewundere? Rita hatte damals in einem Seminar namens „Frauen in Führungspositionen“ Grace DeWilde zum Thema ihrer Klassenarbeit gemacht. Aber, was noch wichtiger war, sie hatte ihr Vorbild entdeckt, eine Frau, der sie seitdem nachzueifern versucht hatte. Sie wollte so sein wie Grace.
Sie kniff die Lippen zusammen. Die Dinge hatten sich nicht gerade so entwickelt, wie sie es sich vorgestellt hatte, und nun war sie hier, raste den Flur entlang und kam zu spät zu einem Termin, der sich vermutlich als der wichtigste ihres Lebens herausstellen würde.
Am Schluss wendet sich doch immer alles zum Guten.
Tatsächlich? fragte sie sich. Manchmal bin ich wirklich versucht, den Spruch meiner Mutter anzuzweifeln. Das Komischste ist, dass ich heute nicht hier wäre, hätte ich nicht meinen Job bei Maxwell & Co. verloren.
Nun, sie hatte den Job in dem großen Kaufhaus in San Francisco nicht direkt verloren. Tatsache war, sie hatte gekündigt – ungefähr zwei Sekunden, bevor man sie gefeuert hätte. Trotzdem hatte es ihr eine große Befriedigung verschafft, ihrem Chef, diesem Spatzenhirn namens Gerald Hastings, die Meinung zu sagen.
„Ich sehe nicht, wo das Problem liegt, Gerald“, hatte sie an ihrem letzten Arbeitstag bei Maxwell gesagt. Sie hatte ihr Bestes getan, um ruhig zu bleiben – was bei ihrem impulsiven Wesen nicht leicht war –, denn die Sache war ihr wichtig. Aber sie und Gerald, der Chefeinkäufer, hatten schon mehr als eine Stunde über ihre Idee, eine Brautmodenabteilung aufzubauen, diskutiert, und waren dabei keinen Schritt weitergekommen.
Gerald hatte sie voller Verachtung angesehen. Er war der Neffe des Geschäftsführers, und er sorgte stets dafür, dass man das nie vergaß.
„Wie ich bereits sagte“, hatte er in diesem arroganten Ton erwidert, der Rita wahnsinnig machte, „eine Brautmodenabteilung wäre zu teuer. Die Betriebskosten sind zu hoch, die Gewinnspanne zu klein.“
Er hatte ihren sorgfältig ausgearbeiteten Vorschlagsbericht offenbar nicht einmal angesehen. „Wenn Sie die Zahlen, die ich für Sie zusammengestellt habe, noch einmal lesen würden …“
„Ich muss sie nicht lesen. Die Antwort ist Nein.“
„Ich glaube, Sie haben das noch nicht ausreichend durchdacht“, hatte sie zähneknirschend entgegnet. „Ich beanspruche nicht viel Platz – nur genug, um ein paar Kleider und Schleier auszustellen, einige Paar Schuhe und ein paar Dessous natürlich. Wir müssen keine Tischwäsche hinzunehmen, kein Porzellan, nicht einmal Schmuck – noch nicht. Ich weiß, dass es funktionieren wird, wenn wir der Sache einfach nur eine Chance geben.“
„Haben Sie nicht gehört, was ich gesagt habe?“
Am liebsten wäre sie ihm über den Schreibtisch hinweg an den Kragen gesprungen, aber sie wollte es sich nicht mit ihm verscherzen. Die Brautmodenabteilung bedeutete ihr alles, und sie war bereit, dafür zu kämpfen. „Doch, ich habe Sie gehört. Aber ich bin mir sicher, wenn Sie …“
„Ich muss wohl ganz deutlich werden. Eine Brautmodenabteilung kommt für Maxwell & Co. nicht in Frage. Wir brauchen keine, und ich will keine.“
Als sie sich gegenseitig anstarrten, wurde Rita bewusst, dass es nichts mehr gab, womit sie diesen phantasielosen Mann überzeugen konnte. Diese Feststellung machte sie so wütend, dass sie sagte: „Nun gut, Gerald. Vielleicht liegt die Entscheidung aber nicht nur bei Ihnen.“
„Wollen Sie damit andeuten, Sie möchten sich über meinen Kopf hinweg an meine Vorgesetzten wenden?“, fragte er kühl.
„Ich will gar nichts andeuten. Aber warum legen wir dieses Problem nicht Mr. Rossmore vor?“
Als sie den Geschäftsführer des Kaufhauses erwähnte, überzog eine Zornesröte Geralds Gesicht. „Ich fürchte, Sie vergessen, dass Sie nur meine Assistentin sind!“
„Wie könnte ich? Sie erinnern mich doch bei jeder Gelegenheit daran!“
„Nun nicht mehr! Denn ab dieser Sekunde sind Sie …“
„Warten Sie!“
Er war tatsächlich drauf und dran, sie zu feuern? Nach allem, was sie für das Kaufhaus geleistet hatte? Der einzige Grund, warum sie nach dem Führungswechsel auf ihrem Posten geblieben war, waren die Versprechungen des neuen Managements gewesen – Versprechungen, die nie eingehalten worden waren. Ich war so unglaublich dumm, dachte sie, Leuten zu glauben, die eine Firma wie Glencannon um eines höheren Marktanteiles willen zerstört haben. Ich hätte Jason Maxwell und Partnern nicht eine Minute meiner Arbeitszeit widmen sollen.
Gerald Hastings erwartete ganz offensichtlich eine Entschuldigung – aber diese Befriedigung würde sie ihm verflixt noch mal nicht verschaffen. „Sie können mich nicht feuern, Gerald“, sagte sie äußerlich unbewegt, während ihr Herz zum Zerspringen klopfte. War sie wirklich gerade dabei, ihren Job aufzugeben, ohne einen anderen in der Hinterhand zu haben?
„Ach, kann ich nicht?“, grinste er.
„Nein“, erklärte sie. „Weil ich nämlich kündige!“
Was war das für ein herrlicher Augenblick gewesen! dachte sie nun. Sie hatte die Tür aufgerissen und war erhobenen Hauptes hinausstolziert – und hinein in die Arbeitslosigkeit.
Endlich erblickte sie die Nummer der Wohnung von Grace DeWilde, die ihr die Arbeitsvermittlungsagentur genannt hatte. Sie blieb einen Augenblick vor der Tür stehen, um ihren Pulsschlag zu beruhigen. Ich werde irgendeinen dämlichen Fehler begehen, dachte sie nervös. Grace DeWilde wird auf den ersten Blick erkennen, was für ein Versager …
„Hör auf damit!“, schalt sie sich selbst. Es gab keinerlei Grund, ängstlich zu sein. Sie hatte die nötige Qualifikation, um diese Stelle perfekt auszufüllen. Sie brauchte nur eine Chance, das zu beweisen. Entschlossen klopfte sie an. Die Tür ging auf, und Rita stand plötzlich ihrem Vorbild gegenüber.
Sie hätte Grace DeWilde überall erkannt, denn sie hatte unzählige Fotos von ihr in Zeitschriften gesehen, die über ihre Karriere berichtet hatten. Aber sie nun als Person aus Fleisch und Blut vor sich zu haben – das blonde Haar perfekt frisiert, die großen blauen Augen strahlend, die schlanke Gestalt in ein perfekt sitzendes hellblaues Kostüm gekleidet –, das war so beeindruckend, dass Rita einige Sekunden lang fast bewegungsunfähig erstarrte.
Als ihr bewusst wurde, dass Grace DeWilde sie fragend ansah, riss sie sich schließlich zusammen. „Mrs. DeWilde? Ich bin Rita Shannon. Die Agentur Summit schickt mich.“
Grace DeWilde lächelte warm und streckte ihr eine Hand entgegen. „Hallo, Rita. Herzlich willkommen.“
Einen Augenblick später folgte Rita ihrem Vorbild in die Wohnung. Grace bedeutete Rita mit einer Handbewegung, Platz zu nehmen.
„Ich wollte gerade eine Tasse Tee trinken“, sagte sie. „Möchten Sie auch eine? Ich kann aber auch Kaffee kochen, wenn Sie den lieber mögen.“
„Ich nehme gerne eine Tasse Tee, vielen Dank“, antwortete Rita heiser.
Sie sah zu, wie Grace anmutig und sicher den Tee eingoss, und holte tief Luft. Sie, die sie noch nie um eine passende Bemerkung verlegen gewesen war, fühlte sich in Anwesenheit dieser erfolgreichen Frau stumm und hilflos. Wenn ich mich weiterhin so benehme, dachte sie, wird Mrs. DeWilde denken, sie hat es mit einer kompletten Idiotin zu tun.
„Zucker? Milch? Zitrone?“, fragte Grace. Die vielen Jahre, die sie in England gelebt hatte, hatten ihrem Tonfall einen charmanten britischen Akzent verliehen.
„Nichts, danke“, sagte Rita. Obwohl sie den Tee sonst gesüßt trank, wollte sie es jetzt nicht riskieren, nervös mit Löffel und Zuckerdose herumzuhantieren. Sie schaffte es auf wundersame Weise, die Tasse aus Grace’ Hand anzunehmen und auf dem...




