E-Book, Deutsch, Band 413, 256 Seiten
Reihe: Historical
Fletcher Hochzeitsnacht mit dem fremden Ritter
1. Auflage 2024
ISBN: 978-3-7515-2675-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
E-Book, Deutsch, Band 413, 256 Seiten
Reihe: Historical
ISBN: 978-3-7515-2675-3
Verlag: CORA Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark
Da ist er! Gebannt späht die junge Lady Constance über die Brüstung hinunter in die große Halle: Dort sitzt Matthew Wintour, breitschultrig im Kettenhemd, nach fünf langen Jahren in Frankreich zurückgekehrt - ihr Mann, der sie noch vor der Hochzeitsnacht für das Schlachtfeld verließ! Als sie das Ehegelübde sprachen, ängstigte Constance der Blick aus seinen eisgrauen Augen. Sie wusste, dass die Heirat ihm nur dazu diente, ihre geerbten Ländereien zu übernehmen. Doch nun ist sie mit ihren neunzehn Lenzen eine selbstbewusste Frau und entschlossen, dem Ritter erst kühn die Stirn zu bieten, bevor sie mit ihm das Schlafgemach teilt!
Jenni Fletcher wurde im Norden Schottlands geboren und lebt jetzt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Yorkshire. Schon als Kind wollte sie Autorin sein, doch ihr Lesehunger lenkte sie davon ab, und erst dreißig Jahre später kam sie endlich über ihren ersten Absatz hinaus. Sie hat Englisch in Cambridge und Hull studiert. Für ihre Romane wurde sie mehrfach für die britischen Romantic Novelists? Association Awards nominiert und hat 2020 den Rose Award für die beste Liebesgeschichte des Jahres gewonnen. Jenni Fletcher hatte zu viele Jobs, um sich an alle zu erinnern, aber hat nun endlich einen gefunden, den sie wirklich liebt: Schreiben, vorzugsweise historische Romane. Sie kann über Twitter @JenniAuthor oder über ihre Facebook-Seite JenniFletcherAuthor kontaktiert werden.
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1. KAPITEL
Lincoln, England – November 1214
Constance kauerte sich neben ihrer Cousine hin und drückte das Gesicht gegen den Spalt zwischen den Latten des Geländers hoch oben auf der Galerie über dem Großen Saal. Im schwachen Lichtschein des Kaminfeuers musterte sie jeden Neuankömmling und wartete darauf, dass eines der Gesichter eine lange vergessene Erinnerung weckte. Doch nichts geschah.
„Und?“ Isabella stieß ihr den Ellbogen in die Rippen. „Welcher von ihnen ist es?“
„Ich weiß es nicht.“
„Aber er ist dein Ehemann! Wie kannst du es da nicht wissen?“
„Weil ich ihm vor fünf Jahren einmal begegnet bin, und da war ich erst vierzehn! Das war noch, bevor ich hergekommen bin, um hier zu lebe. Weißt du noch?“
„Ja, das ich wahr …“ Isabella begann zu kichern. „Ich konnte es nicht fassen, dass du nur ein Jahr älter bist als ich und dass du schon verheiratet warst. Und dann auch noch mit Matthew Wintour!“
„Heute Sir Matthew, sagt mein Onkel.“
„Ganz egal, wer er ist, aber ich habe meinen Vater seitdem verrückt gemacht, dass er mir einen Ehemann suchen soll.“
„Ich weiß.“ Constance warf ihrer Cousinen einen teils liebevollen, teils aufgebrachten Blick zu. „Ich musste mir das auch anhören. Aber wenigstens bist du jetzt verlobt.“
„Endlich! Weißt er, er kennt vielleicht nicht so viele Leute, und er ist womöglich auch nicht so wichtig, aber ich würde Tristan immer und überall wiedererkennen, auch nach fünf Jahren.“
„Vielleicht liegt es daran, dass du verheiratet sein willst, ich aber nicht.“
„Tja, jetzt ist es wohl ein wenig zu spät, um daran noch etwas zu ändern. Aber du musst dich doch an irgendetwas erinnern, was ihn angeht. Was ist mit seinen Augen? Oder mit seinen Haaren? Sind sie dunkel oder hell?“
„Hell … glaube ich.“
„Glaubst du? Hast du denn gar keine Zeit mit ihm allein verbracht?“
„Nein. Es gab eine kurze Zeremonie, und dann sind er und sein Vater auch schon abgereist. Seitdem habe ich keinen von ihnen wiedergesehen.“
Sie hob die Hand an den Mund und begann beunruhigt an den Fingernägeln zu kauen. Soweit sie sich erinnern konnte, hatten sie und ihr sogenannter Ehemann am Tag ihrer Heirat nicht ein einziges Wort unter vier Augen geredet. Sie hatten sich ja sogar kaum angesehen, ausgenommen in dem einen kurzen, besorgniserregenden Moment, als er ihr den goldenen Ring an den Finger gesteckt hatte. Natürlich war er älter gewesen als sie, etwa so alt, wie sie heute war. Doch er hatte von ihr so gut wie gar keine Notiz genommen, während sie nur ein paar zögerliche Blicke in seine Richtung geworfen hatte. Sie hatten einfach Seite an Seite dagestanden und ihre Gelübde gesprochen, jeder von ihnen dem anderen so fremd, wie sie es einander nur sein konnten. Kein Wunder, dass sie ihn nicht wiedererkannte!
Dennoch erfüllten Isabellas Fragen sie mehr und mehr mit Unbehagen. Vielleicht hätte sie sich an mehr erinnern müssen, was diesen Mann anging, mit dem sie den Rest ihres Lebens verbringen sollte. Aber sie hatte sich an nichts erinnern wollen. Vielmehr hatte sie seit dem Tag ihrer Heirat sogar alles versucht, um ihn möglichst ganz und gar zu vergessen, als könnte sie damit auch vergessen, dass es überhaupt geschehen war. Was sie jedoch nicht hatte vergessen können, war dieser eisige, abweisende Eindruck, den er bei ihr hinterlassen hatte. Warum nur hatte ihr Onkel ausgerechnet diesen Mann ausgewählt? Warum hatte er sie nicht mit einem anderen verheiratet? Seit jenem Tag bereute sie ihr Gelübde, und sie hatte sich vor dem Tag gefürchtet, an dem er herkommen und sie für sich beanspruchen würde.
Jetzt war der Tag gekommen, und sie war mit ihren Nerven am Ende.
„Mehr ist tatsächlich nicht geschehen?“ Isabella klang sehr skeptisch. „Er hat dir nie geschrieben? Nie Geschenke geschickt?“
„Nein, und das weißt du auch.“ Irritiert drehte sich Constance zu ihr um. Nachdem sie fünf Jahre lang ein Schlafgemach geteilt hatten, musste Isabella doch wissen, dass man in diesem Zimmer unmöglich etwas vor dem anderen verstecken konnte.
„Nicht unbedingt“, wandte Isabella ein. „Ich weiß, dass du nicht über ihn reden willst. Deshalb dachte ich, du willst mir nichts verraten oder du hast seine Geschenke weggeworfen.“
„Weder noch. Ich habe seit dem Tag unserer Heirat nichts von ihm gehört. Mir ist nur bekannt, dass er in der Normandie für den König gekämpft hat. Mein Onkel sagt, es ist fünf Jahre her, seit er das letzte Mal in England war.“
„Nachrichten hätte er dennoch senden können“, sagte Isabella und klang so, als wäre sie stellvertretend für Constance beleidigt worden. „Wie seltsam das doch alles ist.“
„Mhm“, gab Constance so zurück, dass es alles Mögliche bedeuten konnte. Genau genommen hatte Isabella ja recht. Er hätte sich von Zeit zu Zeit bei ihr melden sollen. Nicht, dass sie sich das gewünscht hatte. Da er sie aber offensichtlich nicht vergessen hatte, wäre es schön gewesen, wenn er versucht hätte, galant zu erscheinen. Stattdessen tauchte er mit nicht einmal einer Woche Vorwarnzeit im Landsitz ihres Onkels auf und erwartete von ihr, dass sie zur Abreise bereit war. Mit dem einen oder anderen Brief hätte sie sich wenigstens wieder an den Gedanken gewöhnen können, dass sie eine Ehefrau war. Das einzig Gute an seinem Auftauchen war, dass sie endlich nach Lacelby und damit nach Hause zurückkehren konnte. Fünf Jahre fern ihrer Heimat waren einfach zu viel.
„Ich würde keinen Ehemann haben wollen, den ich einfach wieder vergessen kann.“ Ihre jüngere Cousine, die sechzehn Jahre alte Emma, lief in gebückter Haltung die Galerie entlang zu ihnen, um nicht von unten gesehen zu werden.
„Nicht so laut!“, zischte Isabella ihr verärgert zu. „Vater wird toben, wenn er dahinterkommt, dass wir hier oben sind. Außerdem kannst du froh, wenn du mit deinem langen Gesicht irgendeinen Mann abbekommst. Du siehst aus wie ein Pferd.“
„Das tue ich nicht. Nimm das zurück!“
„Nicht, wenn du andere Leute belauschst.“
„Wenn du es nicht zurücknimmst, werde ich Mutter sagen, dass du hier oben spionierst!“
Constance verdrehte die Augen, als die beiden sich gegenseitig zu beschimpfen begannen. Das kam regelmäßig vor, aber wenn sie aufhörten, immer gereizter zu tuscheln, dann würde ihr Vater noch auf sie aufmerksam werden.
Dabei gab es nicht einmal einen Grund für diese gegenseitigen Beleidigungen, denn beide waren sie mit ihren blauen Augen und den flachsblonden Haaren wunderschön anzusehen. Und sie waren von zierlicher Statur, während sie selbst …
Sie schaute grimmig an sich herab. Zunächst einmal war sie für eine Frau viel zu groß geraten, denn sie überragte viele Männer. Außerdem hasste sie ihre Kurven und ihren Busen, der jene Art von Aufmerksamkeit auf sich lenkte, die ihr gar nicht gefiel. Wenn, dann war sie es, die sich zwischen den beiden wie ein Pferd vorkam – ein großes Zugpferd umringt von zierlichen Zeltern. Selbst ihr Gesicht war mit der breiten Stirn und den runden Wangen weit von dem entfernt, was als ansprechend galt, nämlich jene blasse und zerbrechliche Schönheit, die die Natur ihren beiden Cousinen mit auf den Weg gegeben hatte. Das Einzige, was sie an sich leiden konnte, waren ihre dunklen Haare, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte. Volles, welliges Haar, das hinunterreichte bis zu ihren zu breiten Hüften. Allerdings entsprach selbst der dunkle Zobel-Farbton nicht dem, was gerade Mode war.
Sosehr sie ihre Cousinen auch liebte, war es nicht leicht für sie gewesen, von solcher weiblichen Schönheit umgeben aufzuwachsen. Von Männern wurden sie voller Bewunderung und Ehrfurcht angesehen, als wären Isabella und Emma rein und unberührbar, zwei vollkommene Frauen, die man nur von Weitem anhimmeln durfte. Sie selbst wurde dagegen nur mit Blicken bedacht, die finster und beängstigend waren. Unweigerlich fragte sie sich, ob ihr Ehemann sie auf die gleiche Weise betrachten würde. Oder würde er nur enttäuscht sein, weil er nicht eine ihrer strahlenden Cousinen geheiratet hatte?
Natürlich war es nicht wichtig, wie er über sie dachte, hielt sie sich vor Augen. In ihrer Ehe ging es nicht ums Aussehen, auch nicht darum, ob sie beide zusammenpassten. Und mit Liebe hatte das erst recht nichts zu tun, mit diesem allumfassenden Gefühl, von dem die Minnesänger in ihren Liedern erzählten. Hier ging es nur um ihr Erbe, um Eigentum und Vermögen, von dem kein Mann glaubte, dass es einer Frau zustand, darüber zu verfügen oder es selbst zu verwalten. Niemanden kümmerte es, ob sie bei ihrer Erziehung etwas gelernt hatte, was sie dafür vorbereitet haben könnte.
Sie war das einzige Kind von Philip und Eleanor Lacelby. Nachdem beide Elternteile kurz vor Constances vierzehntem Geburtstag mit nur wenigen Wochen Abstand der gleichen Krankheit zum Opfer gefallen waren, war sie mit einem Mal zur begehrtesten Erbin im Osten des Landes erklärt worden. Sie hatte sich in einer Position wiedergefunden, in der sie Schatzjägern, Verführern und Schurken gleichermaßen schutzlos ausgeliefert gewesen war. Nachdem sie wochenlang alles versucht hatte, um ihre Selbständigkeit zu erlangen, war ihr schließlich klar geworden, dass jeder Protest vergebens und eine...