Fischer | Weißer Tod im Paradies | E-Book | www2.sack.de
E-Book

E-Book, Deutsch, 218 Seiten

Fischer Weißer Tod im Paradies


1. Auflage 2021
ISBN: 978-3-7650-9147-6
Verlag: Lauinger Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark

E-Book, Deutsch, 218 Seiten

ISBN: 978-3-7650-9147-6
Verlag: Lauinger Verlag
Format: EPUB
Kopierschutz: 6 - ePub Watermark



Diana Mittermeier lebt seit vielen Jahren im Nordwesten der Ferieninsel Mallorca. Ihr sorgloses Dasein ändert sich schlagartig mit dem Tod von Konstantin Matern. Sie übernimmt die Aufsicht über dessen sechsjährigen Sohn Max und lernt zufällig die Clan-Chefin Pilar Martinez kennen. Ohne es zu ahnen, stolpert sie in kriminelle Machenschaften und wird immer tiefer in den Sumpf der Drogenmafia hineingezogen. Auch ihre Beziehung zu dem gutaussehenden Mallorquiner Antonio muss sie in Frage stellen. Was hat er mit dem Überfall auf ihren Bruder zu tun? Wie kann sie den sechsjährigen Max schützen? Und wieweit darf sie ihrer Freundin Pilar über den Weg trauen? Comisario Casas warnt sie vor der Macht der Drogen-Clans, doch Diana Mittermeier will nicht wahrhaben, was vor ihren Augen an Bösem passiert!

Heidi Fischer (*1954) lebt in Coburg und arbeitete als Lehrerin an einer privaten Förderschule. Sie ist Mitglied im Fränkischen Autorenverband und schreibt seit vielen Jahren Gedichte und Kurzgeschichten. Ihre Arbeiten wurden in unterschiedlichen Anthologien und der Literaturzeitschrift 'Wortlaut' veröffentlicht. Bisher erschienen bei Der Kleine Buch Verlag 'Laufmaschen im Strickstrumpf' (2013), 'Wer später stirbt, ist länger alt' (2015), 'Der verlorene Mann' (2016) und 'Tod der Schmetterlingsfrau (2018).
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MALLORCA – ANFANG MAI


Die Luft in der Szene-Disco am Ballermann von Mallorca war zum Schneiden. Im »Paradise« herrschte Hochstimmung. Es war Anfang Mai, noch keine Hauptsaison auf der Baleareninsel, doch die Lokale entlang der Partymeile, besser bekannt als Bier- und Schinkenstraße, waren gut besucht. Lautes Pfeifkonzert begleitete den unbeholfenen Strip einer neunzehnjährigen Touristin. Sie tänzelte unprofessionell, aber leidenschaftlich, über die Bühne. Nur mit hochhackigen Schuhen, Spitzen-BH und Minislip bekleidet, erfüllte sie sich und den meisten Besuchern der Disco ihren Traum von sexueller Freizügigkeit, oder was sie dafür hielten. Sie genoss die uneingeschränkte Bewunderung, der zum Großteil sturzbetrunkenen, männlichen Gäste. Die Happy-Hour war soeben unter dem Motto »Drei für Zwei« zu Ende gegangen, viele Urlauber hatten sich noch schnell mit reichlich Getränken eingedeckt. Prosecco, Bier und Schnaps flossen in Strömen, die Bedienungen kamen kaum nach mit dem Servieren.

Daheim in Deutschland arbeitete die Stripperin als brave Schreibkraft in einer Betonplattenfirma, im Urlaub verwirklichte sie sich einmal im Jahr ihren Wunsch nach dem Verbotenen. Vor einer halben Stunde hatte sie das erste Mal in ihrem Leben eine Ecstasy-Pille eingeworfen. Gemeinsam mit einigen Freundinnen, die ihren Auftritt mit Anfeuerungsrufen begleiteten. Der smarte Typ, der sie im Auftrag der Discobetreiber gestern am Strand angesprochen hatte, beobachtete von seinem Platz am Eingang zufrieden die enthemmende Wirkung der Droge und die Reaktionen der Zuschauer. Seine Augen wanderten prüfend über die Menge, er hielt Ausschau nach weiteren potentiellen Opfern.

Johlen und Klatschen, Kreischen und Pfeifen. Die Stimmung versprach gute Umsatzzahlen.

Drei Stockwerke höher, in einem Zimmer, das direkt über der Bühne lag, auf der die junge Frau aus Düsseldorf sich ihres Slips entledigte, ereilte zur gleichen Zeit Konstantin Matern ein jämmerlicher Tod.

Vielleicht hätte er länger gelebt, wenn er das Auto nicht gemietet hätte. Er hatte am Vormittag einen Golf Cabrio auf dem Flughafen Son Sant Joan von Palma de Mallorca abgeholt.

Vom Flughafen aus war es ein kurzer Schlenker auf dem Weg nach Palma, um in Son Banya an richtig guten Stoff zu kommen. Die Tatsache, dass er ein Auto zur Verfügung hatte, nutzte Konstantin für den Abstecher. Er freute sich auf das Eintauchen in die rauschhafte Euphorie des Kokains. Sein Einkommen war in letzter Zeit sehr schmal gewesen, hatte nur für Alkohol und ein paar Pillen gereicht. Am Ballermann wurde meist nur mäßig gutes Kokain vertickt. Der Reinheitsgehalt lag um die fünfunddreißig Prozent und es war im Verhältnis zur erzielten Wirkung viel zu teuer. In Son Banya kannte er einen zuverlässigen Dealer, der ihm bisher stets super Ware zu einem angemessenen Preis angeboten hatte.

Die Elendssiedlung am Rande von Palma stellte viele soziale Brennpunkte Europas in den Schatten. Zwischen Baracken und Müll lag in Son Banya das reinste Drogenparadies, das einschlägige Kunden anzog, um billig und unproblematisch an Rauschgift zu kommen. Schon vor einem Jahr hatte die mallorquinische Regierung den Abriss des Elendsviertels beschlossen, aber sowohl die geplante Umsiedlung der Einwohner, als auch das Einstampfen der Häuser gestaltete sich zögerlich. Kaum hatte das Abrisskommando der Regierung eine Baracke dem Erdboden gleichgemacht wurde sie von einem Bautrupp der Drogenclans wiederaufgebaut. Wäre die ganze Sache nicht kostspielig und von den Steuergeldern der Einwohner Mallorcas finanziert, hätte man sich darüber ausschütten können vor Lachen.

Konstantin hatte jedenfalls keine Mühe gehabt, sich eine großzügige Menge Koks und eine Handvoll Ecstasy-Pillen zu beschaffen. Der Dealer, er nannte sich augenzwinkernd Charlie, kannte ihn schon von früheren Geschäften. Er bat ihn um einen Gefallen, den er natürlich entsprechend honorierte. Konstantin bekam eine Extra-Portion reines Koks dafür. Mit einem Handschlag hatten sie den Deal besiegelt und ein unscheinbarer Beutel wechselte den Besitzer.

Für Konstantin Matern war die Fahrt nach Son Banya nur ein Umweg von zehn Minuten, aber ein paar Stunden später sollte dieser Umweg ihn das Leben kosten.

Dabei lief erst einmal alles wie am Schnürchen.

Seine Hände zitterten bereits erwartungsvoll, niemals würde er mehr als ein paar Tage auf eine Nase Weißes Gold verzichten können.

Als seine aktuelle Flamme Beatrix sechs Stunden später an seine Zimmertür klopfte, öffnete niemand. Aber es war nicht abgeschlossen und sie ging ganz selbstverständlich hinein. Sie kannten sich erst seit ein paar Tagen, ihr Verhältnis war jedoch bereits so weit gediehen, dass sie nicht auf eine Einladung zum Eintreten warten musste. Wie lange ihre Beziehung bestehen würde, war ungewiss. Als Beatrix das Hotelzimmer betrat, glaubte sie an ein dauerhaftes Band ihrer Freundschaft, so wie sie nie zu Beginn eines Verhältnisses die Ewigkeit anzweifelte. Und sie hatte schon viele Ewigkeiten hinter sich gebracht.

Mit Schwung schleuderte sie ihre Umhängetasche in die Ecke und kickte ihre Sandaletten hinterher. Ihre Füße schmerzten vom stundenlangen Gehen in dem unbequemen Schuhwerk. Sie trug am liebsten flache Sandalen, aber in ihrem Arbeitsvertrag war ausdrücklich angegeben, dass Absatzschuhe mit einer Mindesthöhe von sieben Zentimetern verpflichtend waren. Genauso wie das Tragen von Minirock und hautengem Top. Beatrix war nicht zimperlich, sie war es gewohnt, von gierigen Männerhänden begrabscht zu werden. Wer auf der Partymeile am Ballermann sein Geld verdiente, wusste, worauf er sich einließ.

»Diese scheißhohen Absätze muss ein Mann erfunden haben. Keine Frau käme auf so eine hirnverbrannte Idee.« Sie schaute sich im Zimmer um und stellte fest, dass Konstantin nicht zu sehen war. Aber sie hörte Geräusche aus dem Bad. »Mensch, war das heute ein beschissener Tag. Nichts als meckernde Arschgeigen und null Trinkgeld.«

Beatrix war bester Laune. Es sollte ein besonderer Abend werden, mit einer Fahrt im Cabrio. Das hatte ihr Konstantin versprochen. Schon lange träumte sie davon, einmal in einem Cabrio über die Insel zu düsen.

»Ich mach mir schon mal ein Bier auf. Hast du den Wagen abgeholt? Ich freu mich auf eine Spritztour!« Sie lauschte auf eine Antwort. Als keine Reaktion kam, legte sie sich rücklings auf das ungemachte Bett und schloss für einen Moment die Augen. Sie hatte Konstantin vor genau zehn Tagen am Strand getroffen. Er hatte eine Gitarre dabeigehabt und ganz in sich versunken ein Lied gespielt. Die Tattoos auf seinem Rücken waren ihr zuerst aufgefallen: eine Kobra, die sich um eine Rose schlängelte, darüber ein Adler mit ausgebreiteten Schwingen. Seine tiefe Singstimme und die Schlange hatten ihr gefallen, auch wenn sein Gesicht ziemlich verquollen ausgesehen hatte. Aber sein Lächeln hatte etwas Spitzbübisches, als er sie auf einen Drink einlud. Und sie durfte nicht allzu wählerisch sein, denn die Flugzeuge aus Deutschland brachten täglich neue Konkurrentinnen auf die Insel.

»Wir fahren bis nach Andratx rüber, schwimmen im Mondlicht, ich singe ein Lied nur für dich und dann gehen wir richtig schick essen.« Er spielte gerne den Romantiker und Beatrix war, wie die meisten Frauen, voller Hoffnung, dass sie diesmal den Richtigen gefunden hätte.

Konstantin hatte gestern seine erste Gage bekommen und wollte noch einmal so richtig abfeiern, bevor sein sechsjähriger Sohn bei ihm Urlaub machte.

»Was für eine Schnapsidee«, hatte sie geschimpft, als er ihr erzählte, dass er in diesem Hotel am Ballermann sein Kind einquartieren wollte. Aber wenn für sie bei dieser Aktion nächtliche Autofahrten und Einladungen zum Essen heraussprangen, würde sie nicht meckern.

Beinahe wäre sie eingenickt. Lautes Gejohle eines Betrunkenen auf dem Flur riss sie aus dem Halbschlaf.

»Kon, kommst du endlich? Was machst du denn so lange?« Sie stand vom Bett auf und klopfte an die Badezimmertür.

Von drinnen war nur ein Stöhnen zu hören.

»Kon, mir ist langweilig. Wir wollten doch ans Meer.«

Wieder nur Stöhnen.

»Kon!« Beatrix begann sauer zu werden.

Vorsichtig öffnete sie die Tür einen Spalt. Sie klemmte und ließ sich nicht weiter als ein paar Zentimeter aufschieben. Gestank nach Erbrochenem und Urin schwappte aus dem Raum. So hatte es gerochen, als sie im letzten Jahr einen Magen-Darm-Virus gehabt hatte und nicht mehr rechtzeitig zur Kloschüssel gekommen war.

Angewidert zuckte Beatrix zurück, sie spürte sofort, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. Ihr Herz wummerte bis hinauf in den Hals.

Mit schweißfeuchten Händen drückte sie gegen die Tür, stemmte sich mit aller Kraft dagegen. Als es ihr gelang, den Spalt um weitere zehn Zentimeter zu verbreitern, nahm sie ihren...


Heidi Fischer (*1954) lebt in Coburg und arbeitete als Lehrerin an einer privaten Förderschule. Sie ist Mitglied im Fränkischen Autorenverband und schreibt seit vielen Jahren Gedichte und Kurzgeschichten. Ihre Arbeiten wurden in unterschiedlichen Anthologien und der Literaturzeitschrift "Wortlaut" veröffentlicht. Bisher erschienen bei Der Kleine Buch Verlag "Laufmaschen im Strickstrumpf" (2013), "Wer später stirbt, ist länger alt" (2015), "Der verlorene Mann" (2016) und "Tod der Schmetterlingsfrau (2018).



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